Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Man hat das Brennbare bisher noch nicht abgesondert in palpabler Form darstellen können: es gehört also noch immer zu den blos angenommenen Stoffen. Daher giebt es auch ein System, das alle Erscheinungen ohne Phlogiston zu erklären sucht. Die angeführten Phänomene betreffen freylich nur die ver<*>rennlichen und unverbrennlichen Körper, nicht unmittelbar das Brennbare selbst; wer sie aber zusammen überdenkt, wird doch gewiß das Daseyn eines solchen Stofs sehr wahrscheinlich finden, wenn es auch nicht direct daraus erwiesen werden kan. Am freysten von fremden Verbindungen scheint sich das Phlogiston in der brennbaren Luft zu zeigen, in deren Zusammensetzung man nichts, als Brennbares, und vielleicht etwas Wasser, findet, und die daher auch von Kirwan für das reine Phlogiston in elastischer Form erklärt worden ist, s. Gas, brennbares (Th. II. S. 370.). Ich habe nun noch die Begriffe hinzuzusetzen, welche sich die neuern Chymiker, diesen Erfahrungen gemäß, vom Brennbaren gemacht haben. Scheele, der die dephlogistisirte oder Feuerluft selbst entdeckt und genaue Versuche darüber angestellt hatte (Chem. Abhandl. von Luft und Feuer, 2te Ausg. Leipzig, 1782, 8.), erklärte das Phlogiston für ein ganz einfaches elementarisches Wesen. Dieses Element, mit der Feuerluft verbunden, macht nach seinem System die umherstralende Hitze aus. Er gründet diese Behauptung auf Versuche, welche doch nichts weiter beweisen, als daß die Luft durch Verbrennung desto mehr vermindert werde, je mehr sie Feuerluft enthält. Er erklärt aber diese Verminderung für eine Verwendung der Feuerluft zu Erzeugung der Hitze, mit der sie sich alsdann durch die Wände der Gefäße zerstreue. Daß man die Hitze in Feuerluft und Phlogiston zerlegen könne, schließt er aus gewissen Reductionen der Metallkalke, welche durch bloße Hitze ohne
Man hat das Brennbare bisher noch nicht abgeſondert in palpabler Form darſtellen koͤnnen: es gehoͤrt alſo noch immer zu den blos angenommenen Stoffen. Daher giebt es auch ein Syſtem, das alle Erſcheinungen ohne Phlogiſton zu erklaͤren ſucht. Die angefuͤhrten Phaͤnomene betreffen freylich nur die ver<*>rennlichen und unverbrennlichen Koͤrper, nicht unmittelbar das Brennbare ſelbſt; wer ſie aber zuſammen uͤberdenkt, wird doch gewiß das Daſeyn eines ſolchen Stofs ſehr wahrſcheinlich finden, wenn es auch nicht direct daraus erwieſen werden kan. Am freyſten von fremden Verbindungen ſcheint ſich das Phlogiſton in der brennbaren Luft zu zeigen, in deren Zuſammenſetzung man nichts, als Brennbares, und vielleicht etwas Waſſer, findet, und die daher auch von Kirwan fuͤr das reine Phlogiſton in elaſtiſcher Form erklaͤrt worden iſt, ſ. Gas, brennbares (Th. II. S. 370.). Ich habe nun noch die Begriffe hinzuzuſetzen, welche ſich die neuern Chymiker, dieſen Erfahrungen gemaͤß, vom Brennbaren gemacht haben. Scheele, der die dephlogiſtiſirte oder Feuerluft ſelbſt entdeckt und genaue Verſuche daruͤber angeſtellt hatte (Chem. Abhandl. von Luft und Feuer, 2te Ausg. Leipzig, 1782, 8.), erklaͤrte das Phlogiſton fuͤr ein ganz einfaches elementariſches Weſen. Dieſes Element, mit der Feuerluft verbunden, macht nach ſeinem Syſtem die umherſtralende Hitze aus. Er gruͤndet dieſe Behauptung auf Verſuche, welche doch nichts weiter beweiſen, als daß die Luft durch Verbrennung deſto mehr vermindert werde, je mehr ſie Feuerluft enthaͤlt. Er erklaͤrt aber dieſe Verminderung fuͤr eine Verwendung der Feuerluft zu Erzeugung der Hitze, mit der ſie ſich alsdann durch die Waͤnde der Gefaͤße zerſtreue. Daß man die Hitze in Feuerluft und Phlogiſton zerlegen koͤnne, ſchließt er aus gewiſſen Reductionen der Metallkalke, welche durch bloße Hitze ohne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0473" xml:id="P.3.467" n="467"/><lb/> beym Weggehen ſeinen Platz derſelben wieder einraͤumt, daß alſo die Erſcheinungen noch nicht noͤthigen, wider alle Analogie einen leichtmachenden Stof anzunehmen.</p> <p>Man hat das Brennbare bisher noch nicht abgeſondert in palpabler Form darſtellen koͤnnen: es gehoͤrt alſo noch immer zu den blos <hi rendition="#b">angenommenen</hi> Stoffen. Daher giebt es auch ein Syſtem, das alle Erſcheinungen ohne Phlogiſton zu erklaͤren ſucht. Die angefuͤhrten Phaͤnomene betreffen freylich nur die ver<*>rennlichen und unverbrennlichen Koͤrper, nicht unmittelbar das Brennbare ſelbſt; wer ſie aber zuſammen uͤberdenkt, wird doch gewiß das Daſeyn eines ſolchen Stofs ſehr wahrſcheinlich finden, wenn es auch nicht direct daraus erwieſen werden kan. Am freyſten von fremden Verbindungen ſcheint ſich das Phlogiſton in der <hi rendition="#b">brennbaren Luft</hi> zu zeigen, in deren Zuſammenſetzung man nichts, als Brennbares, und vielleicht etwas Waſſer, findet, und die daher auch von Kirwan fuͤr das reine Phlogiſton in elaſtiſcher Form erklaͤrt worden iſt, ſ. <hi rendition="#b">Gas, brennbares</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 370.). Ich habe nun noch die Begriffe hinzuzuſetzen, welche ſich die neuern Chymiker, dieſen Erfahrungen gemaͤß, vom Brennbaren gemacht haben.</p> <p><hi rendition="#b">Scheele,</hi> der die dephlogiſtiſirte oder Feuerluft ſelbſt entdeckt und genaue Verſuche daruͤber angeſtellt hatte (Chem. Abhandl. von Luft und Feuer, 2te Ausg. Leipzig, 1782, 8.), erklaͤrte das Phlogiſton fuͤr ein ganz einfaches elementariſches Weſen. Dieſes Element, mit der Feuerluft verbunden, macht nach ſeinem Syſtem die umherſtralende Hitze aus. Er gruͤndet dieſe Behauptung auf Verſuche, welche doch nichts weiter beweiſen, als daß die Luft durch Verbrennung deſto mehr vermindert werde, je mehr ſie Feuerluft enthaͤlt. Er erklaͤrt aber dieſe Verminderung fuͤr eine Verwendung der Feuerluft zu Erzeugung der Hitze, mit der ſie ſich alsdann durch die Waͤnde der Gefaͤße zerſtreue. Daß man die Hitze in Feuerluft und Phlogiſton zerlegen koͤnne, ſchließt er aus gewiſſen Reductionen der Metallkalke, welche durch bloße Hitze ohne<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [467/0473]
beym Weggehen ſeinen Platz derſelben wieder einraͤumt, daß alſo die Erſcheinungen noch nicht noͤthigen, wider alle Analogie einen leichtmachenden Stof anzunehmen.
Man hat das Brennbare bisher noch nicht abgeſondert in palpabler Form darſtellen koͤnnen: es gehoͤrt alſo noch immer zu den blos angenommenen Stoffen. Daher giebt es auch ein Syſtem, das alle Erſcheinungen ohne Phlogiſton zu erklaͤren ſucht. Die angefuͤhrten Phaͤnomene betreffen freylich nur die ver<*>rennlichen und unverbrennlichen Koͤrper, nicht unmittelbar das Brennbare ſelbſt; wer ſie aber zuſammen uͤberdenkt, wird doch gewiß das Daſeyn eines ſolchen Stofs ſehr wahrſcheinlich finden, wenn es auch nicht direct daraus erwieſen werden kan. Am freyſten von fremden Verbindungen ſcheint ſich das Phlogiſton in der brennbaren Luft zu zeigen, in deren Zuſammenſetzung man nichts, als Brennbares, und vielleicht etwas Waſſer, findet, und die daher auch von Kirwan fuͤr das reine Phlogiſton in elaſtiſcher Form erklaͤrt worden iſt, ſ. Gas, brennbares (Th. II. S. 370.). Ich habe nun noch die Begriffe hinzuzuſetzen, welche ſich die neuern Chymiker, dieſen Erfahrungen gemaͤß, vom Brennbaren gemacht haben.
Scheele, der die dephlogiſtiſirte oder Feuerluft ſelbſt entdeckt und genaue Verſuche daruͤber angeſtellt hatte (Chem. Abhandl. von Luft und Feuer, 2te Ausg. Leipzig, 1782, 8.), erklaͤrte das Phlogiſton fuͤr ein ganz einfaches elementariſches Weſen. Dieſes Element, mit der Feuerluft verbunden, macht nach ſeinem Syſtem die umherſtralende Hitze aus. Er gruͤndet dieſe Behauptung auf Verſuche, welche doch nichts weiter beweiſen, als daß die Luft durch Verbrennung deſto mehr vermindert werde, je mehr ſie Feuerluft enthaͤlt. Er erklaͤrt aber dieſe Verminderung fuͤr eine Verwendung der Feuerluft zu Erzeugung der Hitze, mit der ſie ſich alsdann durch die Waͤnde der Gefaͤße zerſtreue. Daß man die Hitze in Feuerluft und Phlogiſton zerlegen koͤnne, ſchließt er aus gewiſſen Reductionen der Metallkalke, welche durch bloße Hitze ohne
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