Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Wahrscheinlicher ist die Muthmaßung, welche Canton zuerst geäußert hat, daß die Luft, wie der Turmalin, durch die Abwechselungen der Wärme und Kälte elektrisirt werde. Wilke stimmt dieser Meinung bey, und hält die Spitzen der Berge, an welchen so oft Gewitterwolken entstehen, ebenfalls für solche Turmaline, deren Elektricität durch die Hitze verstärkt ist. Sie ziehen alsdann die leitenden Dünste an, die eine Wolke bilden, durch die Mittheilung eine gleichartige Elektricität mit dem Berge erhalten. und alsdann von selbigem abgestoßen werden, u. s. w. Er bemerkt auch, daß die schwüle Hige, welche des Sommers vor den Gewittern vorhergeht, in unserm Körper ganz andere Empfindungen errege, als sonst die gewöhnliche, oft cben so starke Wärme. Diese schwüle Luft macht träg, und der Wind bedeckt uns alsdann gleichsam mit einer heissen Wolke: wir empfinden eben die Beklemmung und Bangigkeit, welche man bey starkem Elektrisiren fühlt, und empfindliche Personen ahnden ganze Tage lang das bevorstehende Gewitter. Die gewöhnliche Abkühlung der Luft, die man insgemein als Folge der Gewitter betrachtet, läßt sich nach diesen Grundsätzen eher als Ursache derselben ansehen, die sich nur später in die untern Regionen verbreitet. Man s. den Art. Blitz (dieses Wörterb. Th. I. S. 374.). Endlich haben neuere, mit dem Condensator der Elektricität angestellte, Versuche gelehrt, daß jeder aufsteigende unsichtbare Dunst clektrisch sey. Wenn man z. B. ein Feuerbecken mit Kohlen isolirt, und die Platte, worauf es steht, mit dem Condensator verbindet, so entsteht Elektricität, zumal wenn man Wasser auf die Kohlen spritzt. Diese ist gemeiniglich negativ -- ein Zeichen, daß der aufsteigende Dampf positiv sey. Da nun in den Luftkreis unaufhörlich unsichtbare Dünste aufsteigen, und die
Wahrſcheinlicher iſt die Muthmaßung, welche Canton zuerſt geaͤußert hat, daß die Luft, wie der Turmalin, durch die Abwechſelungen der Waͤrme und Kaͤlte elektriſirt werde. Wilke ſtimmt dieſer Meinung bey, und haͤlt die Spitzen der Berge, an welchen ſo oft Gewitterwolken entſtehen, ebenfalls fuͤr ſolche Turmaline, deren Elektricitaͤt durch die Hitze verſtaͤrkt iſt. Sie ziehen alsdann die leitenden Duͤnſte an, die eine Wolke bilden, durch die Mittheilung eine gleichartige Elektricitaͤt mit dem Berge erhalten. und alsdann von ſelbigem abgeſtoßen werden, u. ſ. w. Er bemerkt auch, daß die ſchwuͤle Hige, welche des Sommers vor den Gewittern vorhergeht, in unſerm Koͤrper ganz andere Empfindungen errege, als ſonſt die gewoͤhnliche, oft cben ſo ſtarke Waͤrme. Dieſe ſchwuͤle Luft macht traͤg, und der Wind bedeckt uns alsdann gleichſam mit einer heiſſen Wolke: wir empfinden eben die Beklemmung und Bangigkeit, welche man bey ſtarkem Elektriſiren fuͤhlt, und empfindliche Perſonen ahnden ganze Tage lang das bevorſtehende Gewitter. Die gewoͤhnliche Abkuͤhlung der Luft, die man insgemein als Folge der Gewitter betrachtet, laͤßt ſich nach dieſen Grundſaͤtzen eher als Urſache derſelben anſehen, die ſich nur ſpaͤter in die untern Regionen verbreitet. Man ſ. den Art. Blitz (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 374.). Endlich haben neuere, mit dem Condenſator der Elektricitaͤt angeſtellte, Verſuche gelehrt, daß jeder aufſteigende unſichtbare Dunſt clektriſch ſey. Wenn man z. B. ein Feuerbecken mit Kohlen iſolirt, und die Platte, worauf es ſteht, mit dem Condenſator verbindet, ſo entſteht Elektricitaͤt, zumal wenn man Waſſer auf die Kohlen ſpritzt. Dieſe iſt gemeiniglich negativ — ein Zeichen, daß der aufſteigende Dampf poſitiv ſey. Da nun in den Luftkreis unaufhoͤrlich unſichtbare Duͤnſte aufſteigen, und die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0040" xml:id="P.3.34" n="34"/><lb/> Verduͤnnung von ſelbſt negativ elektriſirt, daher waͤren alle Wolken, beſonders die Seewolken, auch ohne Reibung elektriſch; <hi rendition="#b">Beccaria</hi> hingegen ſahe die Wolken blos als Leiter an, welche die Elektricitaͤt des Erdbodens aus einem Orte in den andern uͤberfuͤhrten.</p> <p>Wahrſcheinlicher iſt die Muthmaßung, welche <hi rendition="#b">Canton</hi> zuerſt geaͤußert hat, daß die Luft, wie der Turmalin, durch die Abwechſelungen der Waͤrme und Kaͤlte elektriſirt werde. <hi rendition="#b">Wilke</hi> ſtimmt dieſer Meinung bey, und haͤlt die Spitzen der Berge, an welchen ſo oft Gewitterwolken entſtehen, ebenfalls fuͤr ſolche Turmaline, deren Elektricitaͤt durch die Hitze verſtaͤrkt iſt. Sie ziehen alsdann die leitenden Duͤnſte an, die eine Wolke bilden, durch die Mittheilung eine gleichartige Elektricitaͤt mit dem Berge erhalten. und alsdann von ſelbigem abgeſtoßen werden, u. ſ. w. Er bemerkt auch, daß die <hi rendition="#b">ſchwuͤle Hige,</hi> welche des Sommers vor den Gewittern vorhergeht, in unſerm Koͤrper ganz andere Empfindungen errege, als ſonſt die gewoͤhnliche, oft cben ſo ſtarke Waͤrme. Dieſe ſchwuͤle Luft macht traͤg, und der Wind bedeckt uns alsdann gleichſam mit einer heiſſen Wolke: wir empfinden eben die Beklemmung und Bangigkeit, welche man bey ſtarkem Elektriſiren fuͤhlt, und empfindliche Perſonen ahnden ganze Tage lang das bevorſtehende Gewitter. Die gewoͤhnliche Abkuͤhlung der Luft, die man insgemein als Folge der Gewitter betrachtet, laͤßt ſich nach dieſen Grundſaͤtzen eher als Urſache derſelben anſehen, die ſich nur ſpaͤter in die untern Regionen verbreitet. Man ſ. den Art. <hi rendition="#b">Blitz</hi> (dieſes Woͤrterb. Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 374.).</p> <p>Endlich haben neuere, mit dem Condenſator der Elektricitaͤt angeſtellte, Verſuche gelehrt, daß jeder aufſteigende unſichtbare Dunſt clektriſch ſey. Wenn man z. B. ein Feuerbecken mit Kohlen iſolirt, und die Platte, worauf es ſteht, mit dem Condenſator verbindet, ſo entſteht Elektricitaͤt, zumal wenn man Waſſer auf die Kohlen ſpritzt. Dieſe iſt gemeiniglich negativ — ein Zeichen, daß der aufſteigende Dampf <hi rendition="#b">poſitiv</hi> ſey. Da nun in den Luftkreis unaufhoͤrlich unſichtbare Duͤnſte aufſteigen, und die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0040]
Verduͤnnung von ſelbſt negativ elektriſirt, daher waͤren alle Wolken, beſonders die Seewolken, auch ohne Reibung elektriſch; Beccaria hingegen ſahe die Wolken blos als Leiter an, welche die Elektricitaͤt des Erdbodens aus einem Orte in den andern uͤberfuͤhrten.
Wahrſcheinlicher iſt die Muthmaßung, welche Canton zuerſt geaͤußert hat, daß die Luft, wie der Turmalin, durch die Abwechſelungen der Waͤrme und Kaͤlte elektriſirt werde. Wilke ſtimmt dieſer Meinung bey, und haͤlt die Spitzen der Berge, an welchen ſo oft Gewitterwolken entſtehen, ebenfalls fuͤr ſolche Turmaline, deren Elektricitaͤt durch die Hitze verſtaͤrkt iſt. Sie ziehen alsdann die leitenden Duͤnſte an, die eine Wolke bilden, durch die Mittheilung eine gleichartige Elektricitaͤt mit dem Berge erhalten. und alsdann von ſelbigem abgeſtoßen werden, u. ſ. w. Er bemerkt auch, daß die ſchwuͤle Hige, welche des Sommers vor den Gewittern vorhergeht, in unſerm Koͤrper ganz andere Empfindungen errege, als ſonſt die gewoͤhnliche, oft cben ſo ſtarke Waͤrme. Dieſe ſchwuͤle Luft macht traͤg, und der Wind bedeckt uns alsdann gleichſam mit einer heiſſen Wolke: wir empfinden eben die Beklemmung und Bangigkeit, welche man bey ſtarkem Elektriſiren fuͤhlt, und empfindliche Perſonen ahnden ganze Tage lang das bevorſtehende Gewitter. Die gewoͤhnliche Abkuͤhlung der Luft, die man insgemein als Folge der Gewitter betrachtet, laͤßt ſich nach dieſen Grundſaͤtzen eher als Urſache derſelben anſehen, die ſich nur ſpaͤter in die untern Regionen verbreitet. Man ſ. den Art. Blitz (dieſes Woͤrterb. Th. I. S. 374.).
Endlich haben neuere, mit dem Condenſator der Elektricitaͤt angeſtellte, Verſuche gelehrt, daß jeder aufſteigende unſichtbare Dunſt clektriſch ſey. Wenn man z. B. ein Feuerbecken mit Kohlen iſolirt, und die Platte, worauf es ſteht, mit dem Condenſator verbindet, ſo entſteht Elektricitaͤt, zumal wenn man Waſſer auf die Kohlen ſpritzt. Dieſe iſt gemeiniglich negativ — ein Zeichen, daß der aufſteigende Dampf poſitiv ſey. Da nun in den Luftkreis unaufhoͤrlich unſichtbare Duͤnſte aufſteigen, und die
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