"wenn man alle Gestalten und Bewegungen dieses Lichts "beschreiben wollte. Seine gewöhnlichste Bewegung giebt "den Anschein, als ob Fahnen in der Luft geschwungen wür"den, die man nach ihren Farbenschattirungen für große "Streifen von geflammtem Taffet halten sollte." Am 18 Dec. 1736 sahe Herr von Maupertuis zu Ofwer-Torneä, während der beständigen Nacht, gegen Mittag ein so lebhaftes rothes Licht, daß das ganze Sternbild des Orion in Blut getaucht schien. Bald darauf verwandelte sich dasselbe in Violet und Blau, und bildete eine Krone nicht weit vom Zenith, deren Glanz durch den sehr hellen Mondschein nicht im Mindesten verdunkelt ward. Er bemerkt dabey, daß die rothen Lichter in diesen Gegenden selten sind, ob gleich alle andere Farben häufig erscheinen.
Von 224 Nordlichtern, welche Celsius(Observationes de lumine boreali. Norimb. 1733. 4.) von 1716 bis 1732 in Upsal gesehen hat, ist nur der sechste Theil diese Zeit über in Frankreich bemerkt worden. In Italien sind sie noch seltner, und das südlichste Land, wo man bis hieher ein Nordlicht mit einiger Gewißheit gesehen hat, ist Portugall, wo unter 37° nördl. Breite das große Phänomen vom 19. Oct. 1726, das man in ganz Europa sahe, ebenfalls bemerkt worden ist.
Die Nordlichter zeigen sich rings um den Nordpol der Erde. Die vom 16. Febr., 3. und 19. Apr. 1750 wurden in Schweden und zugleich von Kalm in Nordamerika, 90° weiter westwärts gesehen. Dies scheint anzuzeigen, daß der heile Bogen, welcher nordwärts erscheint, den Nordpol der Erde, wie ein Ring in der Höhe umgebe. Doch scheint dieser Ring nicht den Pol zum Mittelpunkte zu haben, weil die größte Höhe des Bogens gemeiniglich mehr westwärts fällt. Diese Abweichung nach Westen scheint die Ursache zu seyn, warum in Amerika die Nordlichter häufiger, als in Europa, gesehen werden; wie denn nach Kalms Beobachtungen (Schwed. Abhdl. v. Jahre 1752.) Pensylvanien weit mehr Norolichter hat, als Spanien, obgleich beyde Länder unter einerley geographischen Breiten liegen.
”wenn man alle Geſtalten und Bewegungen dieſes Lichts ”beſchreiben wollte. Seine gewoͤhnlichſte Bewegung giebt ”den Anſchein, als ob Fahnen in der Luft geſchwungen wuͤr”den, die man nach ihren Farbenſchattirungen fuͤr große ”Streifen von geflammtem Taffet halten ſollte.“ Am 18 Dec. 1736 ſahe Herr von Maupertuis zu Ofwer-Torneaͤ, waͤhrend der beſtaͤndigen Nacht, gegen Mittag ein ſo lebhaftes rothes Licht, daß das ganze Sternbild des Orion in Blut getaucht ſchien. Bald darauf verwandelte ſich daſſelbe in Violet und Blau, und bildete eine Krone nicht weit vom Zenith, deren Glanz durch den ſehr hellen Mondſchein nicht im Mindeſten verdunkelt ward. Er bemerkt dabey, daß die rothen Lichter in dieſen Gegenden ſelten ſind, ob gleich alle andere Farben haͤufig erſcheinen.
Von 224 Nordlichtern, welche Celſius(Obſervationes de lumine boreali. Norimb. 1733. 4.) von 1716 bis 1732 in Upſal geſehen hat, iſt nur der ſechſte Theil dieſe Zeit uͤber in Frankreich bemerkt worden. In Italien ſind ſie noch ſeltner, und das ſuͤdlichſte Land, wo man bis hieher ein Nordlicht mit einiger Gewißheit geſehen hat, iſt Portugall, wo unter 37° noͤrdl. Breite das große Phaͤnomen vom 19. Oct. 1726, das man in ganz Europa ſahe, ebenfalls bemerkt worden iſt.
Die Nordlichter zeigen ſich rings um den Nordpol der Erde. Die vom 16. Febr., 3. und 19. Apr. 1750 wurden in Schweden und zugleich von Kalm in Nordamerika, 90° weiter weſtwaͤrts geſehen. Dies ſcheint anzuzeigen, daß der heile Bogen, welcher nordwaͤrts erſcheint, den Nordpol der Erde, wie ein Ring in der Hoͤhe umgebe. Doch ſcheint dieſer Ring nicht den Pol zum Mittelpunkte zu haben, weil die groͤßte Hoͤhe des Bogens gemeiniglich mehr weſtwaͤrts faͤllt. Dieſe Abweichung nach Weſten ſcheint die Urſache zu ſeyn, warum in Amerika die Nordlichter haͤufiger, als in Europa, geſehen werden; wie denn nach Kalms Beobachtungen (Schwed. Abhdl. v. Jahre 1752.) Penſylvanien weit mehr Norolichter hat, als Spanien, obgleich beyde Laͤnder unter einerley geographiſchen Breiten liegen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0372"xml:id="P.3.366"n="366"/><lb/>”wenn man alle Geſtalten und Bewegungen dieſes Lichts ”beſchreiben wollte. Seine gewoͤhnlichſte Bewegung giebt ”den Anſchein, als ob Fahnen in der Luft geſchwungen wuͤr”den, die man nach ihren Farbenſchattirungen fuͤr große ”Streifen von geflammtem Taffet halten ſollte.“ Am 18 Dec. 1736 ſahe Herr <hirendition="#b">von Maupertuis</hi> zu Ofwer-Torneaͤ, waͤhrend der beſtaͤndigen Nacht, gegen Mittag ein ſo lebhaftes rothes Licht, daß das ganze Sternbild des Orion in Blut getaucht ſchien. Bald darauf verwandelte ſich daſſelbe in Violet und Blau, und bildete eine Krone nicht weit vom Zenith, deren Glanz durch den ſehr hellen Mondſchein nicht im Mindeſten verdunkelt ward. Er bemerkt dabey, daß die rothen Lichter in dieſen Gegenden ſelten ſind, ob gleich alle andere Farben haͤufig erſcheinen.</p><p>Von 224 Nordlichtern, welche <hirendition="#b">Celſius</hi><hirendition="#aq">(Obſervationes de lumine boreali. Norimb. 1733. 4.)</hi> von 1716 bis 1732 in Upſal geſehen hat, iſt nur der ſechſte Theil dieſe Zeit uͤber in Frankreich bemerkt worden. In Italien ſind ſie noch ſeltner, und das ſuͤdlichſte Land, wo man bis hieher ein Nordlicht mit einiger Gewißheit geſehen hat, iſt Portugall, wo unter 37° noͤrdl. Breite das große Phaͤnomen vom 19. Oct. 1726, das man in ganz Europa ſahe, ebenfalls bemerkt worden iſt.</p><p>Die Nordlichter zeigen ſich rings um den Nordpol der Erde. Die vom 16. Febr., 3. und 19. Apr. 1750 wurden in Schweden und zugleich von <hirendition="#b">Kalm</hi> in Nordamerika, 90° weiter weſtwaͤrts geſehen. Dies ſcheint anzuzeigen, daß der heile Bogen, welcher nordwaͤrts erſcheint, den Nordpol der Erde, wie ein Ring in der Hoͤhe umgebe. Doch ſcheint dieſer Ring nicht den Pol zum Mittelpunkte zu haben, weil die groͤßte Hoͤhe des Bogens gemeiniglich mehr weſtwaͤrts faͤllt. Dieſe Abweichung nach Weſten ſcheint die Urſache zu ſeyn, warum in Amerika die Nordlichter haͤufiger, als in Europa, geſehen werden; wie denn nach <hirendition="#b">Kalms</hi> Beobachtungen (Schwed. Abhdl. v. Jahre 1752.) Penſylvanien weit mehr Norolichter hat, als Spanien, obgleich beyde Laͤnder unter einerley geographiſchen Breiten liegen.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[366/0372]
”wenn man alle Geſtalten und Bewegungen dieſes Lichts ”beſchreiben wollte. Seine gewoͤhnlichſte Bewegung giebt ”den Anſchein, als ob Fahnen in der Luft geſchwungen wuͤr”den, die man nach ihren Farbenſchattirungen fuͤr große ”Streifen von geflammtem Taffet halten ſollte.“ Am 18 Dec. 1736 ſahe Herr von Maupertuis zu Ofwer-Torneaͤ, waͤhrend der beſtaͤndigen Nacht, gegen Mittag ein ſo lebhaftes rothes Licht, daß das ganze Sternbild des Orion in Blut getaucht ſchien. Bald darauf verwandelte ſich daſſelbe in Violet und Blau, und bildete eine Krone nicht weit vom Zenith, deren Glanz durch den ſehr hellen Mondſchein nicht im Mindeſten verdunkelt ward. Er bemerkt dabey, daß die rothen Lichter in dieſen Gegenden ſelten ſind, ob gleich alle andere Farben haͤufig erſcheinen.
Von 224 Nordlichtern, welche Celſius (Obſervationes de lumine boreali. Norimb. 1733. 4.) von 1716 bis 1732 in Upſal geſehen hat, iſt nur der ſechſte Theil dieſe Zeit uͤber in Frankreich bemerkt worden. In Italien ſind ſie noch ſeltner, und das ſuͤdlichſte Land, wo man bis hieher ein Nordlicht mit einiger Gewißheit geſehen hat, iſt Portugall, wo unter 37° noͤrdl. Breite das große Phaͤnomen vom 19. Oct. 1726, das man in ganz Europa ſahe, ebenfalls bemerkt worden iſt.
Die Nordlichter zeigen ſich rings um den Nordpol der Erde. Die vom 16. Febr., 3. und 19. Apr. 1750 wurden in Schweden und zugleich von Kalm in Nordamerika, 90° weiter weſtwaͤrts geſehen. Dies ſcheint anzuzeigen, daß der heile Bogen, welcher nordwaͤrts erſcheint, den Nordpol der Erde, wie ein Ring in der Hoͤhe umgebe. Doch ſcheint dieſer Ring nicht den Pol zum Mittelpunkte zu haben, weil die groͤßte Hoͤhe des Bogens gemeiniglich mehr weſtwaͤrts faͤllt. Dieſe Abweichung nach Weſten ſcheint die Urſache zu ſeyn, warum in Amerika die Nordlichter haͤufiger, als in Europa, geſehen werden; wie denn nach Kalms Beobachtungen (Schwed. Abhdl. v. Jahre 1752.) Penſylvanien weit mehr Norolichter hat, als Spanien, obgleich beyde Laͤnder unter einerley geographiſchen Breiten liegen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/372>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.