Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Descartes in seinen Meteoren und der Dioptrik gab die erste, aber sehr unglückliche, Erklärung der Nebensonnen aus der Reflerion der Sonnenstralen durch die in der Luft schwebenden Eistheile. Er glaubt nemlich, es werde bisweilen das Eis durch entgegengesetzte Winde zusammengetrieben und in einen ungeheuren Eiscylinder vereiniget, der durch Zurückwerfung des Lichts nach allen Seiten den großen horizontalen Kreis bilde. Die übrigen Umstände seiner Erklärung sind eben so unwahrscheinlich als unzureichend. Dechales schreibt die Nebensonnen blos im Allgemeinen einem Spiegeln der Sonne in den Wolken zu, und erzählt, daß sich zu Vesoul in Bourgogne einst ein Bild des Erzengels Michael auf eine ähnliche Art in den Wolken gespiegelt und alle Zuschauer in Schrecken gesetzt habe. Die beste Theorie der Nebensonnen ist noch bis jetzt die des Huygens (Philos. Trans. Vol. V. no. 60. Diss. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis. Amst. 1728.4.) s. Höfe. So wie dieser scharssinnige Physiker die Höfe aus durchsichtigen Kügelchen mit undurchsichtigen Kernen erklärt hatte, so nahm er sür die weißen Ringe und Nebensonnen kleine durchsichtige ausrechtschwebende Cylinder oder Eisnadeln (spicula glacialia) mit undurchsichtigen Kernen an. Hieraus zeigt er die Entstehung des großen horizontalen Kreises sehr natürlich durch Zeichnung eines solchen Cylinders im Großen und des Weges der von ihm zurückgeworfenen Sonnenstralen. Jeder Punkt der Sonne erleuchtet einen Kreis von solchen Eisnadeln, dessen scheinbare Höhe mit der Höhe des erleuchtenden Punlts einerley ist. Daburch muß also nothwendig die Erscheinung eines horizontalen Ringes, von gleicher Breite mit der Sonne selbst, entstrhen. Die nächsten Nebensonnen bey N und K, Taf. XVII. Fig. 61, läßt Huygens aus eben diesen aufrechtschwebenden Cylindern durch eine gedoppelte Brechung der Sonnenstralen entstehen. Wegen des undurchsichtigen Schneekerns nemlich können von den Cylindern zwischen K und N keine Stralen ins Auge kommen, daher auch nach ihm die Entfernung
Descartes in ſeinen Meteoren und der Dioptrik gab die erſte, aber ſehr ungluͤckliche, Erklaͤrung der Nebenſonnen aus der Reflerion der Sonnenſtralen durch die in der Luft ſchwebenden Eistheile. Er glaubt nemlich, es werde bisweilen das Eis durch entgegengeſetzte Winde zuſammengetrieben und in einen ungeheuren Eiscylinder vereiniget, der durch Zuruͤckwerfung des Lichts nach allen Seiten den großen horizontalen Kreis bilde. Die uͤbrigen Umſtaͤnde ſeiner Erklaͤrung ſind eben ſo unwahrſcheinlich als unzureichend. Dechales ſchreibt die Nebenſonnen blos im Allgemeinen einem Spiegeln der Sonne in den Wolken zu, und erzaͤhlt, daß ſich zu Veſoul in Bourgogne einſt ein Bild des Erzengels Michael auf eine aͤhnliche Art in den Wolken geſpiegelt und alle Zuſchauer in Schrecken geſetzt habe. Die beſte Theorie der Nebenſonnen iſt noch bis jetzt die des Huygens (Philoſ. Trans. Vol. V. no. 60. Diſſ. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis. Amſt. 1728.4.) ſ. Hoͤfe. So wie dieſer ſcharſſinnige Phyſiker die Hoͤfe aus durchſichtigen Kuͤgelchen mit undurchſichtigen Kernen erklaͤrt hatte, ſo nahm er ſuͤr die weißen Ringe und Nebenſonnen kleine durchſichtige auſrechtſchwebende Cylinder oder Eisnadeln (ſpicula glacialia) mit undurchſichtigen Kernen an. Hieraus zeigt er die Entſtehung des großen horizontalen Kreiſes ſehr natuͤrlich durch Zeichnung eines ſolchen Cylinders im Großen und des Weges der von ihm zuruͤckgeworfenen Sonnenſtralen. Jeder Punkt der Sonne erleuchtet einen Kreis von ſolchen Eisnadeln, deſſen ſcheinbare Hoͤhe mit der Hoͤhe des erleuchtenden Punlts einerley iſt. Daburch muß alſo nothwendig die Erſcheinung eines horizontalen Ringes, von gleicher Breite mit der Sonne ſelbſt, entſtrhen. Die naͤchſten Nebenſonnen bey N und K, Taf. XVII. Fig. 61, laͤßt Huygens aus eben dieſen aufrechtſchwebenden Cylindern durch eine gedoppelte Brechung der Sonnenſtralen entſtehen. Wegen des undurchſichtigen Schneekerns nemlich koͤnnen von den Cylindern zwiſchen K und N keine Stralen ins Auge kommen, daher auch nach ihm die Entfernung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0349" xml:id="P.3.343" n="343"/><lb/> hat dergleichen Beobachtungen ſehr fleißig zuſammengetragen.</p> <p><hi rendition="#b">Descartes</hi> in ſeinen Meteoren und der Dioptrik gab die erſte, aber ſehr ungluͤckliche, Erklaͤrung der Nebenſonnen aus der Reflerion der Sonnenſtralen durch die in der Luft ſchwebenden Eistheile. Er glaubt nemlich, es werde bisweilen das Eis durch entgegengeſetzte Winde zuſammengetrieben und in einen ungeheuren Eiscylinder vereiniget, der durch Zuruͤckwerfung des Lichts nach allen Seiten den großen horizontalen Kreis bilde. Die uͤbrigen Umſtaͤnde ſeiner Erklaͤrung ſind eben ſo unwahrſcheinlich als unzureichend. <hi rendition="#b">Dechales</hi> ſchreibt die Nebenſonnen blos im Allgemeinen einem Spiegeln der Sonne in den Wolken zu, und erzaͤhlt, daß ſich zu Veſoul in Bourgogne einſt ein Bild des Erzengels Michael auf eine aͤhnliche Art in den Wolken geſpiegelt und alle Zuſchauer in Schrecken geſetzt habe.</p> <p>Die beſte Theorie der Nebenſonnen iſt noch bis jetzt die des <hi rendition="#b">Huygens</hi> <hi rendition="#aq">(Philoſ. Trans. Vol. V. no. 60. Diſſ. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis. Amſt. 1728.4.)</hi> ſ. <hi rendition="#b">Hoͤfe.</hi> So wie dieſer ſcharſſinnige Phyſiker die Hoͤfe aus durchſichtigen Kuͤgelchen mit undurchſichtigen Kernen erklaͤrt hatte, ſo nahm er ſuͤr die weißen Ringe und Nebenſonnen kleine durchſichtige auſrechtſchwebende <hi rendition="#b">Cylinder</hi> oder <hi rendition="#b">Eisnadeln</hi> <hi rendition="#aq">(ſpicula glacialia)</hi> mit undurchſichtigen Kernen an. Hieraus zeigt er die Entſtehung des großen horizontalen Kreiſes ſehr natuͤrlich durch Zeichnung eines ſolchen Cylinders im Großen und des Weges der von ihm zuruͤckgeworfenen Sonnenſtralen. Jeder Punkt der Sonne erleuchtet einen Kreis von ſolchen Eisnadeln, deſſen ſcheinbare Hoͤhe mit der Hoͤhe des erleuchtenden Punlts einerley iſt. Daburch muß alſo nothwendig die Erſcheinung eines horizontalen Ringes, von gleicher Breite mit der Sonne ſelbſt, entſtrhen. Die naͤchſten Nebenſonnen bey <hi rendition="#aq">N</hi> und <hi rendition="#aq">K,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XVII.</hi> Fig. 61, laͤßt <hi rendition="#b">Huygens</hi> aus eben dieſen aufrechtſchwebenden Cylindern durch eine gedoppelte Brechung der Sonnenſtralen entſtehen. Wegen des undurchſichtigen Schneekerns nemlich koͤnnen von den Cylindern zwiſchen <hi rendition="#aq">K</hi> und <hi rendition="#aq">N</hi> keine Stralen ins Auge kommen, daher auch nach ihm die Entfernung<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [343/0349]
hat dergleichen Beobachtungen ſehr fleißig zuſammengetragen.
Descartes in ſeinen Meteoren und der Dioptrik gab die erſte, aber ſehr ungluͤckliche, Erklaͤrung der Nebenſonnen aus der Reflerion der Sonnenſtralen durch die in der Luft ſchwebenden Eistheile. Er glaubt nemlich, es werde bisweilen das Eis durch entgegengeſetzte Winde zuſammengetrieben und in einen ungeheuren Eiscylinder vereiniget, der durch Zuruͤckwerfung des Lichts nach allen Seiten den großen horizontalen Kreis bilde. Die uͤbrigen Umſtaͤnde ſeiner Erklaͤrung ſind eben ſo unwahrſcheinlich als unzureichend. Dechales ſchreibt die Nebenſonnen blos im Allgemeinen einem Spiegeln der Sonne in den Wolken zu, und erzaͤhlt, daß ſich zu Veſoul in Bourgogne einſt ein Bild des Erzengels Michael auf eine aͤhnliche Art in den Wolken geſpiegelt und alle Zuſchauer in Schrecken geſetzt habe.
Die beſte Theorie der Nebenſonnen iſt noch bis jetzt die des Huygens (Philoſ. Trans. Vol. V. no. 60. Diſſ. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis. Amſt. 1728.4.) ſ. Hoͤfe. So wie dieſer ſcharſſinnige Phyſiker die Hoͤfe aus durchſichtigen Kuͤgelchen mit undurchſichtigen Kernen erklaͤrt hatte, ſo nahm er ſuͤr die weißen Ringe und Nebenſonnen kleine durchſichtige auſrechtſchwebende Cylinder oder Eisnadeln (ſpicula glacialia) mit undurchſichtigen Kernen an. Hieraus zeigt er die Entſtehung des großen horizontalen Kreiſes ſehr natuͤrlich durch Zeichnung eines ſolchen Cylinders im Großen und des Weges der von ihm zuruͤckgeworfenen Sonnenſtralen. Jeder Punkt der Sonne erleuchtet einen Kreis von ſolchen Eisnadeln, deſſen ſcheinbare Hoͤhe mit der Hoͤhe des erleuchtenden Punlts einerley iſt. Daburch muß alſo nothwendig die Erſcheinung eines horizontalen Ringes, von gleicher Breite mit der Sonne ſelbſt, entſtrhen. Die naͤchſten Nebenſonnen bey N und K, Taf. XVII. Fig. 61, laͤßt Huygens aus eben dieſen aufrechtſchwebenden Cylindern durch eine gedoppelte Brechung der Sonnenſtralen entſtehen. Wegen des undurchſichtigen Schneekerns nemlich koͤnnen von den Cylindern zwiſchen K und N keine Stralen ins Auge kommen, daher auch nach ihm die Entfernung
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