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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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senne schon 1646 den Mathematikern zur Auflösung vorgelegt und besonders Descartes, Robervaln und den damals noch jungen Huygens dazu aufgefordert. Ob sie gleich die Kräfte der damaligen Mechanik überstieg, fanden dennoch Descartes und Roberval Auflösungen für einzelne Fälle, die von einander verschieden waren. Sie führten darüber einen ziemlich heftigen Streit, worinn beyde Unrecht hatten. Was sie nemlich fanden, war eigentlich Mittelpunkt des Stoßes, der nur zufälliger Weise in diesen Fällen mit dem Mittelpunkte des Schwunges einerley ist. Huygens war weit glücklicher, betrachtete die Sache von der rechten Seite und fand zuerst eine richtige allgemeine Theorie, welche folgenden Satz lehrt.

Man dividire das Moment der Trägheit des Pendels für den Punkt C, durch das statische Moment desselben für eben diesen Punkt, der Quotient giebt den gesuchten Abstand CO.

Er. An der geraden Linie ohne Schwere CD, Taf. XVII. Fig. 54. schwingen um C, die Massen A, B, C. Man sucht CO oder den Abstand des Mittelpunkts des Schwunges O. Die Momente der Trägheit um C sind CA. A, CB. B, CD. D, s. Moment der Trägheit. Die statischen Momente um C sind CA. A, CB. B, CD. D, s. Moment, statisches. Daher . Für ganze Körper, welche nicht blos in einzelnen Punkten A, B, D, sondern überall schwere Masse haben, sucht man die Momente nach den Regel, die unter den angeführten Artikeln dieses Wörterbuchs vorgeschrieben sind. Ist z. B. CD eine durchaus gleich dichte prismatische Stange von der Masse M, so ist ihr Moment der Trägheit um C =1/3M. CD; ihr statisches Moment =1/2M. CD. Folglich CO=2/3CD. Ist D der Mittelpunkt einer Kugel vom Halbmesser r, und der Masse M, und CD ein Faden, dessen Gewicht man vernachläßigen kan, so ist das Moment der Trägheit der Kugel = (CD+2/5r). M, das


ſenne ſchon 1646 den Mathematikern zur Aufloͤſung vorgelegt und beſonders Descartes, Robervaln und den damals noch jungen Huygens dazu aufgefordert. Ob ſie gleich die Kraͤfte der damaligen Mechanik uͤberſtieg, fanden dennoch Descartes und Roberval Aufloͤſungen fuͤr einzelne Faͤlle, die von einander verſchieden waren. Sie fuͤhrten daruͤber einen ziemlich heftigen Streit, worinn beyde Unrecht hatten. Was ſie nemlich fanden, war eigentlich Mittelpunkt des Stoßes, der nur zufaͤlliger Weiſe in dieſen Faͤllen mit dem Mittelpunkte des Schwunges einerley iſt. Huygens war weit gluͤcklicher, betrachtete die Sache von der rechten Seite und fand zuerſt eine richtige allgemeine Theorie, welche folgenden Satz lehrt.

Man dividire das Moment der Traͤgheit des Pendels fuͤr den Punkt C, durch das ſtatiſche Moment deſſelben fuͤr eben dieſen Punkt, der Quotient giebt den geſuchten Abſtand CO.

Er. An der geraden Linie ohne Schwere CD, Taf. XVII. Fig. 54. ſchwingen um C, die Maſſen A, B, C. Man ſucht CO oder den Abſtand des Mittelpunkts des Schwunges O. Die Momente der Traͤgheit um C ſind CA. A, CB. B, CD. D, ſ. Moment der Traͤgheit. Die ſtatiſchen Momente um C ſind CA. A, CB. B, CD. D, ſ. Moment, ſtatiſches. Daher . Fuͤr ganze Koͤrper, welche nicht blos in einzelnen Punkten A, B, D, ſondern uͤberall ſchwere Maſſe haben, ſucht man die Momente nach den Regel, die unter den angefuͤhrten Artikeln dieſes Woͤrterbuchs vorgeſchrieben ſind. Iſt z. B. CD eine durchaus gleich dichte priſmatiſche Stange von der Maſſe M, ſo iſt ihr Moment der Traͤgheit um C =1/3M. CD; ihr ſtatiſches Moment =1/2M. CD. Folglich CO=2/3CD. Iſt D der Mittelpunkt einer Kugel vom Halbmeſſer r, und der Maſſe M, und CD ein Faden, deſſen Gewicht man vernachlaͤßigen kan, ſo iſt das Moment der Traͤgheit der Kugel = (CD+2/5r). M, das

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[256/0262] ſenne ſchon 1646 den Mathematikern zur Aufloͤſung vorgelegt und beſonders Descartes, Robervaln und den damals noch jungen Huygens dazu aufgefordert. Ob ſie gleich die Kraͤfte der damaligen Mechanik uͤberſtieg, fanden dennoch Descartes und Roberval Aufloͤſungen fuͤr einzelne Faͤlle, die von einander verſchieden waren. Sie fuͤhrten daruͤber einen ziemlich heftigen Streit, worinn beyde Unrecht hatten. Was ſie nemlich fanden, war eigentlich Mittelpunkt des Stoßes, der nur zufaͤlliger Weiſe in dieſen Faͤllen mit dem Mittelpunkte des Schwunges einerley iſt. Huygens war weit gluͤcklicher, betrachtete die Sache von der rechten Seite und fand zuerſt eine richtige allgemeine Theorie, welche folgenden Satz lehrt. Man dividire das Moment der Traͤgheit des Pendels fuͤr den Punkt C, durch das ſtatiſche Moment deſſelben fuͤr eben dieſen Punkt, der Quotient giebt den geſuchten Abſtand CO. Er. An der geraden Linie ohne Schwere CD, Taf. XVII. Fig. 54. ſchwingen um C, die Maſſen A, B, C. Man ſucht CO oder den Abſtand des Mittelpunkts des Schwunges O. Die Momente der Traͤgheit um C ſind CA. A, CB. B, CD. D, ſ. Moment der Traͤgheit. Die ſtatiſchen Momente um C ſind CA. A, CB. B, CD. D, ſ. Moment, ſtatiſches. Daher . Fuͤr ganze Koͤrper, welche nicht blos in einzelnen Punkten A, B, D, ſondern uͤberall ſchwere Maſſe haben, ſucht man die Momente nach den Regel, die unter den angefuͤhrten Artikeln dieſes Woͤrterbuchs vorgeſchrieben ſind. Iſt z. B. CD eine durchaus gleich dichte priſmatiſche Stange von der Maſſe M, ſo iſt ihr Moment der Traͤgheit um C =1/3M. CD; ihr ſtatiſches Moment =1/2M. CD. Folglich CO=2/3CD. Iſt D der Mittelpunkt einer Kugel vom Halbmeſſer r, und der Maſſe M, und CD ein Faden, deſſen Gewicht man vernachlaͤßigen kan, ſo iſt das Moment der Traͤgheit der Kugel = (CD+2/5r). M, das

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/262>, abgerufen am 22.11.2024.