Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Mathematik, Größenlehre Mathesis, Mathemata, les Mathematiques. Die Wissenschaft der Grössen, oder dessen, was an den Gegenständen der Vermehrung und Verminderung fähig ist. Der griechische Name ([fremdsprachliches Material] ) bedeutet so viel, als Wissenschaft oder Unterricht (Disciplina, institutio). Man hat ihn der Lehre von den Größen vorzugsweise beygelegt, entweder, weil diese Lehre, wegen der Klarheit und Gewißheit ihrer Sätze vorzügliche Ansprüche auf den Namen einer Wissenschaft machen kan, oder weil mehrere philosophische Schulen Griechenlands den Anfang des Unterrichts mit mathematischen Sätzen zu machen pflegten. Man theilt die Mathematik in die reine und angewandre. Jene (mathesis pura, abstracta) betrachtet die Größe blos an sich und abgesondert von den Gegenständen, an welchen sie wahrgenommen wird; dlese (mathesis mixta, applicata) enthält Anwendungen von jener auf wirkliche in der Natur und dem menschlichen Leben vorkommende Gegenstände und Fälle. Die reine Mathematik zerfällt wiederum in zwo Hauptabtheilungen, weil man zwo von einander verschiedene Arten von Größen betrachten kan. Sieht man nehmlich die Größe blos als eine Menge einzelner Theile an, auf deren Verbindung und Lage gegen einander nichts ankömmt, so entsteht hieraus der Begrif einer Menge oder Anzahl (quantum discretum); betrachter man aber ein Ganzes, dessen Theile in ununterbrochenem Zusammenhange stehen, so hat man den Begrif des Kaumes, der ausgedehnten oder stetigen Größe (quantum continuum). Da die Mengen gezählt, die Räume gemessen werden, so erfordert jede Art der Größe eine eigne Behandlung, und die reine Mathematik theilt sich in Arithmetik oder Kechenkunst, und Geometrie oder Meßkunst ein. Weil sich aber die Räume auch der Berechnung unterwerfen lassen, und hiebey alles auf Berechnung der Dreyecke ankömmt, so verbindet sich hiemit noch eine dritte Wissenschaft unter dem Namen der Crigonometrie, in welcher Mathematik, Groͤßenlehre Matheſis, Mathemata, les Mathématiques. Die Wiſſenſchaft der Groͤſſen, oder deſſen, was an den Gegenſtaͤnden der Vermehrung und Verminderung faͤhig iſt. Der griechiſche Name ([fremdsprachliches Material] ) bedeutet ſo viel, als Wiſſenſchaft oder Unterricht (Diſciplina, inſtitutio). Man hat ihn der Lehre von den Groͤßen vorzugsweiſe beygelegt, entweder, weil dieſe Lehre, wegen der Klarheit und Gewißheit ihrer Saͤtze vorzuͤgliche Anſpruͤche auf den Namen einer Wiſſenſchaft machen kan, oder weil mehrere philoſophiſche Schulen Griechenlands den Anfang des Unterrichts mit mathematiſchen Saͤtzen zu machen pflegten. Man theilt die Mathematik in die reine und angewandre. Jene (matheſis pura, abſtracta) betrachtet die Groͤße blos an ſich und abgeſondert von den Gegenſtaͤnden, an welchen ſie wahrgenommen wird; dleſe (matheſis mixta, applicata) enthaͤlt Anwendungen von jener auf wirkliche in der Natur und dem menſchlichen Leben vorkommende Gegenſtaͤnde und Faͤlle. Die reine Mathematik zerfaͤllt wiederum in zwo Hauptabtheilungen, weil man zwo von einander verſchiedene Arten von Groͤßen betrachten kan. Sieht man nehmlich die Groͤße blos als eine Menge einzelner Theile an, auf deren Verbindung und Lage gegen einander nichts ankoͤmmt, ſo entſteht hieraus der Begrif einer Menge oder Anzahl (quantum diſcretum); betrachter man aber ein Ganzes, deſſen Theile in ununterbrochenem Zuſammenhange ſtehen, ſo hat man den Begrif des Kaumes, der ausgedehnten oder ſtetigen Groͤße (quantum continuum). Da die Mengen gezaͤhlt, die Raͤume gemeſſen werden, ſo erfordert jede Art der Groͤße eine eigne Behandlung, und die reine Mathematik theilt ſich in Arithmetik oder Kechenkunſt, und Geometrie oder Meßkunſt ein. Weil ſich aber die Raͤume auch der Berechnung unterwerfen laſſen, und hiebey alles auf Berechnung der Dreyecke ankoͤmmt, ſo verbindet ſich hiemit noch eine dritte Wiſſenſchaft unter dem Namen der Crigonometrie, in welcher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0163" xml:id="P.3.157" n="157"/><lb/> </p> </div> <div n="3"> <head>Mathematik, Groͤßenlehre</head><lb/> <p><hi rendition="#aq">Matheſis, Mathemata, <hi rendition="#i">les Mathématiques.</hi></hi> Die Wiſſenſchaft der Groͤſſen, oder deſſen, was an den Gegenſtaͤnden der Vermehrung und Verminderung faͤhig iſt. Der griechiſche Name (<foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">ma/qhsis, ma/qhma</note></foreign>) bedeutet ſo viel, als Wiſſenſchaft oder Unterricht <hi rendition="#aq">(Diſciplina, inſtitutio).</hi> Man hat ihn der Lehre von den Groͤßen vorzugsweiſe beygelegt, entweder, weil dieſe Lehre, wegen der Klarheit und Gewißheit ihrer Saͤtze vorzuͤgliche Anſpruͤche auf den Namen einer Wiſſenſchaft machen kan, oder weil mehrere philoſophiſche Schulen Griechenlands den Anfang des Unterrichts mit mathematiſchen Saͤtzen zu machen pflegten.</p> <p>Man theilt die Mathematik in <hi rendition="#b">die reine und angewandre.</hi> Jene <hi rendition="#aq">(matheſis pura, abſtracta)</hi> betrachtet die Groͤße blos an ſich und abgeſondert von den Gegenſtaͤnden, an welchen ſie wahrgenommen wird; dleſe <hi rendition="#aq">(matheſis mixta, applicata)</hi> enthaͤlt Anwendungen von jener auf wirkliche in der Natur und dem menſchlichen Leben vorkommende Gegenſtaͤnde und Faͤlle.</p> <p>Die reine Mathematik zerfaͤllt wiederum in zwo Hauptabtheilungen, weil man zwo von einander verſchiedene Arten von Groͤßen betrachten kan. Sieht man nehmlich die Groͤße blos als eine Menge einzelner Theile an, auf deren Verbindung und Lage gegen einander nichts ankoͤmmt, ſo entſteht hieraus der Begrif einer <hi rendition="#b">Menge</hi> oder <hi rendition="#b">Anzahl</hi> <hi rendition="#aq">(quantum diſcretum);</hi> betrachter man aber ein Ganzes, deſſen Theile in ununterbrochenem Zuſammenhange ſtehen, ſo hat man den Begrif des <hi rendition="#b">Kaumes,</hi> der <hi rendition="#b">ausgedehnten oder ſtetigen Groͤße</hi> <hi rendition="#aq">(quantum continuum).</hi> Da die Mengen <hi rendition="#b">gezaͤhlt,</hi> die Raͤume <hi rendition="#b">gemeſſen</hi> werden, ſo erfordert jede Art der Groͤße eine eigne Behandlung, und die reine Mathematik theilt ſich in <hi rendition="#b">Arithmetik</hi> oder <hi rendition="#b">Kechenkunſt,</hi> und <hi rendition="#b">Geometrie</hi> oder <hi rendition="#b">Meßkunſt</hi> ein. Weil ſich aber die Raͤume auch der Berechnung unterwerfen laſſen, und hiebey alles auf Berechnung der Dreyecke ankoͤmmt, ſo verbindet ſich hiemit noch eine dritte Wiſſenſchaft unter dem Namen der <hi rendition="#b">Crigonometrie,</hi> in welcher<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0163]
Mathematik, Groͤßenlehre
Matheſis, Mathemata, les Mathématiques. Die Wiſſenſchaft der Groͤſſen, oder deſſen, was an den Gegenſtaͤnden der Vermehrung und Verminderung faͤhig iſt. Der griechiſche Name (_ ) bedeutet ſo viel, als Wiſſenſchaft oder Unterricht (Diſciplina, inſtitutio). Man hat ihn der Lehre von den Groͤßen vorzugsweiſe beygelegt, entweder, weil dieſe Lehre, wegen der Klarheit und Gewißheit ihrer Saͤtze vorzuͤgliche Anſpruͤche auf den Namen einer Wiſſenſchaft machen kan, oder weil mehrere philoſophiſche Schulen Griechenlands den Anfang des Unterrichts mit mathematiſchen Saͤtzen zu machen pflegten.
Man theilt die Mathematik in die reine und angewandre. Jene (matheſis pura, abſtracta) betrachtet die Groͤße blos an ſich und abgeſondert von den Gegenſtaͤnden, an welchen ſie wahrgenommen wird; dleſe (matheſis mixta, applicata) enthaͤlt Anwendungen von jener auf wirkliche in der Natur und dem menſchlichen Leben vorkommende Gegenſtaͤnde und Faͤlle.
Die reine Mathematik zerfaͤllt wiederum in zwo Hauptabtheilungen, weil man zwo von einander verſchiedene Arten von Groͤßen betrachten kan. Sieht man nehmlich die Groͤße blos als eine Menge einzelner Theile an, auf deren Verbindung und Lage gegen einander nichts ankoͤmmt, ſo entſteht hieraus der Begrif einer Menge oder Anzahl (quantum diſcretum); betrachter man aber ein Ganzes, deſſen Theile in ununterbrochenem Zuſammenhange ſtehen, ſo hat man den Begrif des Kaumes, der ausgedehnten oder ſtetigen Groͤße (quantum continuum). Da die Mengen gezaͤhlt, die Raͤume gemeſſen werden, ſo erfordert jede Art der Groͤße eine eigne Behandlung, und die reine Mathematik theilt ſich in Arithmetik oder Kechenkunſt, und Geometrie oder Meßkunſt ein. Weil ſich aber die Raͤume auch der Berechnung unterwerfen laſſen, und hiebey alles auf Berechnung der Dreyecke ankoͤmmt, ſo verbindet ſich hiemit noch eine dritte Wiſſenſchaft unter dem Namen der Crigonometrie, in welcher
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |