er belehrt uns auch, daß die Theile der Materie auf uns und auf einander selbst, auch wir auf sie, wirken, daß diese Wirkungen in Bewegung oder in Streben nach Bewegung bestehen, daß dies Ursachen, die wir Kräfte nennen, voraussetze u. s. w. Wir bemerken zugleich, daß die Thätigkeiten und Zustände unsers eignen Selbst den Ideen, die wir von außen her durch die Materie empfangen, durchaus unähnlich sind, und nach ganz andern Gesetzen erfolgen. Daher nennen wir unser Selbst einen Geist, unterscheiden die Materie von uns, und von dem Selbst anderer Menschen, die eben dasselbe Gefühl von Geistigkeit offenbaren, und theilen so die ganze Welt in geistige und materielle Dinge ein. Die Physik, welche blos die Eigenschaften, Erscheinungen und Gesetze des Materiellen nach dem allgemeinen sinnlichen Scheine untersucht, überläßt zwar alle Fragen über das wahre Wesen der Materie, über ihren Unterschied von den geistigen Dingen, die Art ihrer Einwirkung auf den Geist, die Natur der Kräfte u. s. w. der Metaphysik. Da doch aber die Materie einmal den Gegenstand der Physik ausmacht, so wird es nicht ganz unschicklich seyn, etwas von den Vorstellungen anzuführen, welche sich die Weltweisen von dem Wesen derselben und von der wahren Beschaffenheit der Körperwelt gemacht haben.
Die Meinungen der ältesten Philosophen scheinen dahin gegangen zu seyn, daß die materielle Welt aus Theilen bestehe, in welchen lebendige und seelenartige Kräfte wohnten, die man als Theile und Ausflüsse eines allgemeinen Weltgeistes betrachtete. Darinn vereinigen sich die Behauptungen der meisten philosophischen Schulen Griechenlands. Sie erkannten die Materie für etwas aus Theilen Zusammengesetztes, und nannten die Kräfte, die sie diesen Theilen zuschrieben, [fremdsprachliches Material]*poiothtas, welches Wort Cicero(Quaest. Acad. I. 7. und De nat. Deor. II. 37.) durch qualitates übersetzt hat. Man wird sich hieraus den Ursprung der in der scholastischen Philosophie so häufig vorkommenden verborgnen Qualitäten, z. B. der Furcht für der Leere, des Bildungstriebes, und anderer der Natur beygelegten Neigungen, erklären können. Inzwischen stellte man sich diese
er belehrt uns auch, daß die Theile der Materie auf uns und auf einander ſelbſt, auch wir auf ſie, wirken, daß dieſe Wirkungen in Bewegung oder in Streben nach Bewegung beſtehen, daß dies Urſachen, die wir Kraͤfte nennen, vorausſetze u. ſ. w. Wir bemerken zugleich, daß die Thaͤtigkeiten und Zuſtaͤnde unſers eignen Selbſt den Ideen, die wir von außen her durch die Materie empfangen, durchaus unaͤhnlich ſind, und nach ganz andern Geſetzen erfolgen. Daher nennen wir unſer Selbſt einen Geiſt, unterſcheiden die Materie von uns, und von dem Selbſt anderer Menſchen, die eben daſſelbe Gefuͤhl von Geiſtigkeit offenbaren, und theilen ſo die ganze Welt in geiſtige und materielle Dinge ein. Die Phyſik, welche blos die Eigenſchaften, Erſcheinungen und Geſetze des Materiellen nach dem allgemeinen ſinnlichen Scheine unterſucht, uͤberlaͤßt zwar alle Fragen uͤber das wahre Weſen der Materie, uͤber ihren Unterſchied von den geiſtigen Dingen, die Art ihrer Einwirkung auf den Geiſt, die Natur der Kraͤfte u. ſ. w. der Metaphyſik. Da doch aber die Materie einmal den Gegenſtand der Phyſik ausmacht, ſo wird es nicht ganz unſchicklich ſeyn, etwas von den Vorſtellungen anzufuͤhren, welche ſich die Weltweiſen von dem Weſen derſelben und von der wahren Beſchaffenheit der Koͤrperwelt gemacht haben.
Die Meinungen der aͤlteſten Philoſophen ſcheinen dahin gegangen zu ſeyn, daß die materielle Welt aus Theilen beſtehe, in welchen lebendige und ſeelenartige Kraͤfte wohnten, die man als Theile und Ausfluͤſſe eines allgemeinen Weltgeiſtes betrachtete. Darinn vereinigen ſich die Behauptungen der meiſten philoſophiſchen Schulen Griechenlands. Sie erkannten die Materie fuͤr etwas aus Theilen Zuſammengeſetztes, und nannten die Kraͤfte, die ſie dieſen Theilen zuſchrieben, [fremdsprachliches Material]*poiothtas, welches Wort Cicero(Quaeſt. Acad. I. 7. und De nat. Deor. II. 37.) durch qualitates uͤberſetzt hat. Man wird ſich hieraus den Urſprung der in der ſcholaſtiſchen Philoſophie ſo haͤufig vorkommenden verborgnen Qualitaͤten, z. B. der Furcht fuͤr der Leere, des Bildungstriebes, und anderer der Natur beygelegten Neigungen, erklaͤren koͤnnen. Inzwiſchen ſtellte man ſich dieſe
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er belehrt uns auch, daß die Theile der Materie auf uns und auf einander ſelbſt, auch wir auf ſie, wirken, daß dieſe Wirkungen in Bewegung oder in Streben nach Bewegung beſtehen, daß dies Urſachen, die wir Kraͤfte nennen, vorausſetze u. ſ. w. Wir bemerken zugleich, daß die Thaͤtigkeiten und Zuſtaͤnde unſers eignen Selbſt den Ideen, die wir von außen her durch die Materie empfangen, durchaus unaͤhnlich ſind, und nach ganz andern Geſetzen erfolgen. Daher nennen wir unſer Selbſt einen Geiſt, unterſcheiden die Materie von uns, und von dem Selbſt anderer Menſchen, die eben daſſelbe Gefuͤhl von Geiſtigkeit offenbaren, und theilen ſo die ganze Welt in geiſtige und materielle Dinge ein. Die Phyſik, welche blos die Eigenſchaften, Erſcheinungen und Geſetze des Materiellen nach dem allgemeinen ſinnlichen Scheine unterſucht, uͤberlaͤßt zwar alle Fragen uͤber das wahre Weſen der Materie, uͤber ihren Unterſchied von den geiſtigen Dingen, die Art ihrer Einwirkung auf den Geiſt, die Natur der Kraͤfte u. ſ. w. der Metaphyſik. Da doch aber die Materie einmal den Gegenſtand der Phyſik ausmacht, ſo wird es nicht ganz unſchicklich ſeyn, etwas von den Vorſtellungen anzufuͤhren, welche ſich die Weltweiſen von dem Weſen derſelben und von der wahren Beſchaffenheit der Koͤrperwelt gemacht haben.
Die Meinungen der aͤlteſten Philoſophen ſcheinen dahin gegangen zu ſeyn, daß die materielle Welt aus Theilen beſtehe, in welchen lebendige und ſeelenartige Kraͤfte wohnten, die man als Theile und Ausfluͤſſe eines allgemeinen Weltgeiſtes betrachtete. Darinn vereinigen ſich die Behauptungen der meiſten philoſophiſchen Schulen Griechenlands. Sie erkannten die Materie fuͤr etwas aus Theilen Zuſammengeſetztes, und nannten die Kraͤfte, die ſie dieſen Theilen zuſchrieben, _ , welches Wort Cicero (Quaeſt. Acad. I. 7. und De nat. Deor. II. 37.) durch qualitates uͤberſetzt hat. Man wird ſich hieraus den Urſprung der in der ſcholaſtiſchen Philoſophie ſo haͤufig vorkommenden verborgnen Qualitaͤten, z. B. der Furcht fuͤr der Leere, des Bildungstriebes, und anderer der Natur beygelegten Neigungen, erklaͤren koͤnnen. Inzwiſchen ſtellte man ſich dieſe
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/153>, abgerufen am 25.11.2024.
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