Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


p. 198.)
äußert er, sichtbare und hörbare Dinge kämen darinn überein, daß von beyden keine körperlichen Substanzen ausführen, oder merkliche Bewegungen des umgebenden Mittels verursacht würden, sondern blos gewisse propagines spiritales von unbekannter Natur dabey entstünden.

Descartes (Princip. philos. P. III. §. 55. 63. 64. Dioptrica C. I. §. 3. 4. sqq.) ließ die Sonne und die leuchtenden Körper aus den Theilchen seines ersten Elements bestehen, und erfüllte den ganzen Weltraum mit den vollkommen harten Kügelchen des zweyten Elements, s. Aether. Die Theile der leuchtenden Körper sind nach ihm in einer beständigen Bewegung; durch diese werden die Kügelchen des zweyten Elements gestoßen, und da es zwischen denselben keinen leeren Raum giebt, sondern immer ein Kügelchen das andere auf das genauste berühret, so pflanzt sich dieser Stoß durch alle geradlinigte Reihen dieser Kügelchen in einem Augenblicke fort. So vergleicht er die Fortpflanzung des Lichts mit der Bewegung eines Stabs, dessen letztes Ende in eben dem Augenblicke bewegt wird, in welchem man das erste fortstößt. Eine solche Bewegung oder Druck kan seiner Meynung nach auch vom Auge verursachet werden, und er erklärt daraus, wie Katzen und andere Thiere, deren Augen leuchten, im Finstern sehen können. Diesem System steht entgegen, daß sich geradlinichte Kugelstäbe von dieser Art gar nicht denken lassen, und daß die geringste Bewegung diese Lage der Kügelchen stören müste; auch daß sich das Licht in der That nicht augenblicklich, sondern allmählig, fortpflanzt. Wollte man kleine Räume zwischen diese Kugeln setzen, so würde sich alsdann die Fortpflanzung des Lichts nicht mit den Gesetzen des Stoßes harter Körper vereinigen lassen.

Daher haben auch die spätern Cartesianer die Härte der Kügelchen aufgegeben, und das Fluidum, wodurch das Licht fortgepflanzt wird, elastisch angenommen. Der P. Mallebranche (Mem. de Paris, 1699. p. 32.) setzt an die Stelle der harten Kugeln kleine flüßige Wirbel, deren


p. 198.)
aͤußert er, ſichtbare und hoͤrbare Dinge kaͤmen darinn uͤberein, daß von beyden keine koͤrperlichen Subſtanzen ausfuͤhren, oder merkliche Bewegungen des umgebenden Mittels verurſacht wuͤrden, ſondern blos gewiſſe propagines ſpiritales von unbekannter Natur dabey entſtuͤnden.

Descartes (Princip. philoſ. P. III. §. 55. 63. 64. Dioptrica C. I. §. 3. 4. ſqq.) ließ die Sonne und die leuchtenden Koͤrper aus den Theilchen ſeines erſten Elements beſtehen, und erfuͤllte den ganzen Weltraum mit den vollkommen harten Kuͤgelchen des zweyten Elements, ſ. Aether. Die Theile der leuchtenden Koͤrper ſind nach ihm in einer beſtaͤndigen Bewegung; durch dieſe werden die Kuͤgelchen des zweyten Elements geſtoßen, und da es zwiſchen denſelben keinen leeren Raum giebt, ſondern immer ein Kuͤgelchen das andere auf das genauſte beruͤhret, ſo pflanzt ſich dieſer Stoß durch alle geradlinigte Reihen dieſer Kuͤgelchen in einem Augenblicke fort. So vergleicht er die Fortpflanzung des Lichts mit der Bewegung eines Stabs, deſſen letztes Ende in eben dem Augenblicke bewegt wird, in welchem man das erſte fortſtoͤßt. Eine ſolche Bewegung oder Druck kan ſeiner Meynung nach auch vom Auge verurſachet werden, und er erklaͤrt daraus, wie Katzen und andere Thiere, deren Augen leuchten, im Finſtern ſehen koͤnnen. Dieſem Syſtem ſteht entgegen, daß ſich geradlinichte Kugelſtaͤbe von dieſer Art gar nicht denken laſſen, und daß die geringſte Bewegung dieſe Lage der Kuͤgelchen ſtoͤren muͤſte; auch daß ſich das Licht in der That nicht augenblicklich, ſondern allmaͤhlig, fortpflanzt. Wollte man kleine Raͤume zwiſchen dieſe Kugeln ſetzen, ſo wuͤrde ſich alsdann die Fortpflanzung des Lichts nicht mit den Geſetzen des Stoßes harter Koͤrper vereinigen laſſen.

Daher haben auch die ſpaͤtern Carteſianer die Haͤrte der Kuͤgelchen aufgegeben, und das Fluidum, wodurch das Licht fortgepflanzt wird, elaſtiſch angenommen. Der P. Mallebranche (Mém. de Paris, 1699. p. 32.) ſetzt an die Stelle der harten Kugeln kleine fluͤßige Wirbel, deren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0898" xml:id="P.2.892" n="892"/><lb/>
p. 198.)</hi> a&#x0364;ußert er, &#x017F;ichtbare und ho&#x0364;rbare Dinge ka&#x0364;men darinn u&#x0364;berein, daß von beyden keine ko&#x0364;rperlichen Sub&#x017F;tanzen ausfu&#x0364;hren, oder merkliche Bewegungen des umgebenden Mittels verur&#x017F;acht wu&#x0364;rden, &#x017F;ondern blos gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">propagines &#x017F;piritales</hi> von unbekannter Natur dabey ent&#x017F;tu&#x0364;nden.</p>
            <p><hi rendition="#b">Descartes</hi><hi rendition="#aq">(Princip. philo&#x017F;. P. III. §. 55. 63. 64. Dioptrica C. I. §. 3. 4. &#x017F;qq.)</hi> ließ die Sonne und die leuchtenden Ko&#x0364;rper aus den Theilchen &#x017F;eines er&#x017F;ten Elements be&#x017F;tehen, und erfu&#x0364;llte den ganzen Weltraum mit den vollkommen harten Ku&#x0364;gelchen des zweyten Elements, <hi rendition="#b">&#x017F;. Aether.</hi> Die Theile der leuchtenden Ko&#x0364;rper &#x017F;ind nach ihm in einer be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Bewegung; durch die&#x017F;e werden die Ku&#x0364;gelchen des zweyten Elements ge&#x017F;toßen, und da es zwi&#x017F;chen den&#x017F;elben keinen leeren Raum giebt, &#x017F;ondern immer ein Ku&#x0364;gelchen das andere auf das genau&#x017F;te beru&#x0364;hret, &#x017F;o pflanzt &#x017F;ich die&#x017F;er Stoß durch alle geradlinigte Reihen die&#x017F;er Ku&#x0364;gelchen <hi rendition="#b">in einem Augenblicke</hi> fort. So vergleicht er die Fortpflanzung des Lichts mit der Bewegung eines Stabs, de&#x017F;&#x017F;en letztes Ende in eben dem Augenblicke bewegt wird, in welchem man das er&#x017F;te fort&#x017F;to&#x0364;ßt. Eine &#x017F;olche Bewegung oder Druck kan &#x017F;einer Meynung nach auch vom Auge verur&#x017F;achet werden, und er erkla&#x0364;rt daraus, wie Katzen und andere Thiere, deren Augen leuchten, im Fin&#x017F;tern &#x017F;ehen ko&#x0364;nnen. Die&#x017F;em Sy&#x017F;tem &#x017F;teht entgegen, daß &#x017F;ich geradlinichte Kugel&#x017F;ta&#x0364;be von die&#x017F;er Art gar nicht denken la&#x017F;&#x017F;en, und daß die gering&#x017F;te Bewegung die&#x017F;e Lage der Ku&#x0364;gelchen &#x017F;to&#x0364;ren mu&#x0364;&#x017F;te; auch daß &#x017F;ich das Licht in der That nicht augenblicklich, &#x017F;ondern allma&#x0364;hlig, fortpflanzt. Wollte man kleine Ra&#x0364;ume zwi&#x017F;chen die&#x017F;e Kugeln &#x017F;etzen, &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ich alsdann die Fortpflanzung des Lichts nicht mit den Ge&#x017F;etzen des Stoßes harter Ko&#x0364;rper vereinigen la&#x017F;&#x017F;en.</p>
            <p>Daher haben auch die &#x017F;pa&#x0364;tern Carte&#x017F;ianer die Ha&#x0364;rte der Ku&#x0364;gelchen aufgegeben, und das Fluidum, wodurch das Licht fortgepflanzt wird, <hi rendition="#b">ela&#x017F;ti&#x017F;ch</hi> angenommen. Der <hi rendition="#b">P. Mallebranche</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris, 1699. p. 32.)</hi> &#x017F;etzt an die Stelle der harten Kugeln kleine flu&#x0364;ßige Wirbel, deren<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[892/0898] p. 198.) aͤußert er, ſichtbare und hoͤrbare Dinge kaͤmen darinn uͤberein, daß von beyden keine koͤrperlichen Subſtanzen ausfuͤhren, oder merkliche Bewegungen des umgebenden Mittels verurſacht wuͤrden, ſondern blos gewiſſe propagines ſpiritales von unbekannter Natur dabey entſtuͤnden. Descartes (Princip. philoſ. P. III. §. 55. 63. 64. Dioptrica C. I. §. 3. 4. ſqq.) ließ die Sonne und die leuchtenden Koͤrper aus den Theilchen ſeines erſten Elements beſtehen, und erfuͤllte den ganzen Weltraum mit den vollkommen harten Kuͤgelchen des zweyten Elements, ſ. Aether. Die Theile der leuchtenden Koͤrper ſind nach ihm in einer beſtaͤndigen Bewegung; durch dieſe werden die Kuͤgelchen des zweyten Elements geſtoßen, und da es zwiſchen denſelben keinen leeren Raum giebt, ſondern immer ein Kuͤgelchen das andere auf das genauſte beruͤhret, ſo pflanzt ſich dieſer Stoß durch alle geradlinigte Reihen dieſer Kuͤgelchen in einem Augenblicke fort. So vergleicht er die Fortpflanzung des Lichts mit der Bewegung eines Stabs, deſſen letztes Ende in eben dem Augenblicke bewegt wird, in welchem man das erſte fortſtoͤßt. Eine ſolche Bewegung oder Druck kan ſeiner Meynung nach auch vom Auge verurſachet werden, und er erklaͤrt daraus, wie Katzen und andere Thiere, deren Augen leuchten, im Finſtern ſehen koͤnnen. Dieſem Syſtem ſteht entgegen, daß ſich geradlinichte Kugelſtaͤbe von dieſer Art gar nicht denken laſſen, und daß die geringſte Bewegung dieſe Lage der Kuͤgelchen ſtoͤren muͤſte; auch daß ſich das Licht in der That nicht augenblicklich, ſondern allmaͤhlig, fortpflanzt. Wollte man kleine Raͤume zwiſchen dieſe Kugeln ſetzen, ſo wuͤrde ſich alsdann die Fortpflanzung des Lichts nicht mit den Geſetzen des Stoßes harter Koͤrper vereinigen laſſen. Daher haben auch die ſpaͤtern Carteſianer die Haͤrte der Kuͤgelchen aufgegeben, und das Fluidum, wodurch das Licht fortgepflanzt wird, elaſtiſch angenommen. Der P. Mallebranche (Mém. de Paris, 1699. p. 32.) ſetzt an die Stelle der harten Kugeln kleine fluͤßige Wirbel, deren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/898
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 892. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/898>, abgerufen am 18.05.2024.