Menge darüber vorgetragener Hypothesen die Sache immer ein unerforschliches Räthsel. Meyer glaubte es durch das Kausticum, oder Acidum pingue aufzulösen, welches er vom brennbaren Wesen unterschied, und aus dem Küchenfeuer in die Kalke übergehen ließ; allein es fehlte dieser angenommenen Ursache überhaupt an hinlänglichen Beweisen Die Herren de Morveau, Maret und Dürande(Elemens de Chymie theorique et pratique. a Dijon, 1777. 12mo. übers. von Weigel, Leipz. III. Th. 1778--1780.) haben das Phlogiston als eine Materie ohne Schwere, oder gar als eine solche betrachtet, welche durch absolute Leichtigkeit das Gewicht der Körper, denen sie beytritt, vermindere, welcher Begriff, ob ihn gleich manche neuere Chymiker annehmen, dennoch mit den ausgemachtesten Grundsätzen der Physik streitet, nach welchen jede Materie schwer ist. Wollte man auch diese Verminderung blos auf das relative Gewicht beziehen, das die Körper in der Luft haben, so wie ein Stein unter Wasser leichter wird, wenn man eine Blase voll Luft daran bindet, so würde doch dieser Erklärung der Umstand entgegen stehen, daß die Metalle zugleich specifisch schwerer sind, als ihre Kalke.
Die neuern Bearbeitungen der Lehre von den Gasarten haben endlich auf die alte schon von Rey vorgetragne Meynung wieder zurückgeführt, nachdem auch Hales und Priestley gefunden hatten, daß die Metallkalke eine große Menge gasartige Materien enthielten. Wenn man diese Kalke durch Schmelzen mit zugesetztem Phlogiston zu Metallen wiederherstellet, oder reduciret, so entsteht allezeit ein starkes Aufbrausen, und es entwickelt sich eine Menge gasartiger Materie. Lavoisier(Opuscules chym. et phys. To. I. p. 285. To. II. p. 311. sq.) und Bayen(in Rozier Journ. de phys. To. III. p. 120. T. VI. p. 487. To. VII. p. 390. sq.) haben es durch zahlreiche Versuche höchst wahrscheinlich gemacht, daß dem Metalle bey der Verkalkung ein Antheil von dephlogistisirter Luft aus der Atmosphäre beytrete. Die vorzüglichsten Beweise dafür sind, daß die Verkalkung nie ohne Zutritt der Luft von statten geht, daß sich bey der Reduction der Kalke Gasarten entwickeln,
Menge daruͤber vorgetragener Hypotheſen die Sache immer ein unerforſchliches Raͤthſel. Meyer glaubte es durch das Kauſticum, oder Acidum pingue aufzuloͤſen, welches er vom brennbaren Weſen unterſchied, und aus dem Kuͤchenfeuer in die Kalke uͤbergehen ließ; allein es fehlte dieſer angenommenen Urſache uͤberhaupt an hinlaͤnglichen Beweiſen Die Herren de Morveau, Maret und Duͤrande(Elemens de Chymie theorique et prâtique. à Dijon, 1777. 12mo. uͤberſ. von Weigel, Leipz. III. Th. 1778—1780.) haben das Phlogiſton als eine Materie ohne Schwere, oder gar als eine ſolche betrachtet, welche durch abſolute Leichtigkeit das Gewicht der Koͤrper, denen ſie beytritt, vermindere, welcher Begriff, ob ihn gleich manche neuere Chymiker annehmen, dennoch mit den ausgemachteſten Grundſaͤtzen der Phyſik ſtreitet, nach welchen jede Materie ſchwer iſt. Wollte man auch dieſe Verminderung blos auf das relative Gewicht beziehen, das die Koͤrper in der Luft haben, ſo wie ein Stein unter Waſſer leichter wird, wenn man eine Blaſe voll Luft daran bindet, ſo wuͤrde doch dieſer Erklaͤrung der Umſtand entgegen ſtehen, daß die Metalle zugleich ſpecifiſch ſchwerer ſind, als ihre Kalke.
Die neuern Bearbeitungen der Lehre von den Gasarten haben endlich auf die alte ſchon von Rey vorgetragne Meynung wieder zuruͤckgefuͤhrt, nachdem auch Hales und Prieſtley gefunden hatten, daß die Metallkalke eine große Menge gasartige Materien enthielten. Wenn man dieſe Kalke durch Schmelzen mit zugeſetztem Phlogiſton zu Metallen wiederherſtellet, oder reduciret, ſo entſteht allezeit ein ſtarkes Aufbrauſen, und es entwickelt ſich eine Menge gasartiger Materie. Lavoiſier(Opuſcules chym. et phyſ. To. I. p. 285. To. II. p. 311. ſq.) und Bayen(in Rozier Journ. de phyſ. To. III. p. 120. T. VI. p. 487. To. VII. p. 390. ſq.) haben es durch zahlreiche Verſuche hoͤchſt wahrſcheinlich gemacht, daß dem Metalle bey der Verkalkung ein Antheil von dephlogiſtiſirter Luft aus der Atmoſphaͤre beytrete. Die vorzuͤglichſten Beweiſe dafuͤr ſind, daß die Verkalkung nie ohne Zutritt der Luft von ſtatten geht, daß ſich bey der Reduction der Kalke Gasarten entwickeln,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="2"><p><pbfacs="#f0741"xml:id="P.2.735"n="735"/><lb/>
Menge daruͤber vorgetragener Hypotheſen die Sache immer ein unerforſchliches Raͤthſel. <hirendition="#b">Meyer</hi> glaubte es durch das Kauſticum, oder <hirendition="#aq">Acidum pingue</hi> aufzuloͤſen, welches er vom brennbaren Weſen unterſchied, und aus dem Kuͤchenfeuer in die Kalke uͤbergehen ließ; allein es fehlte dieſer angenommenen <hirendition="#b">Urſache</hi> uͤberhaupt an hinlaͤnglichen Beweiſen Die Herren <hirendition="#b">de Morveau, Maret</hi> und <hirendition="#b">Duͤrande</hi><hirendition="#aq">(Elemens de Chymie theorique et prâtique. à Dijon, 1777. 12mo.</hi> uͤberſ. von <hirendition="#b">Weigel,</hi> Leipz. <hirendition="#aq">III.</hi> Th. 1778—1780.) haben das Phlogiſton als eine Materie ohne Schwere, oder gar als eine ſolche betrachtet, welche durch abſolute Leichtigkeit das Gewicht der Koͤrper, denen ſie beytritt, vermindere, welcher Begriff, ob ihn gleich manche neuere Chymiker annehmen, dennoch mit den ausgemachteſten Grundſaͤtzen der Phyſik ſtreitet, nach welchen jede Materie ſchwer iſt. Wollte man auch dieſe Verminderung blos auf das <hirendition="#b">relative Gewicht</hi> beziehen, das die Koͤrper in der Luft haben, ſo wie ein Stein unter Waſſer leichter wird, wenn man eine Blaſe voll Luft daran bindet, ſo wuͤrde doch dieſer Erklaͤrung der Umſtand entgegen ſtehen, daß die Metalle zugleich <hirendition="#b">ſpecifiſch ſchwerer</hi>ſind, als ihre Kalke.</p><p>Die neuern Bearbeitungen der Lehre von den Gasarten haben endlich auf die alte ſchon von <hirendition="#b">Rey</hi> vorgetragne Meynung wieder zuruͤckgefuͤhrt, nachdem auch <hirendition="#b">Hales</hi> und <hirendition="#b">Prieſtley</hi> gefunden hatten, daß die Metallkalke eine große Menge gasartige Materien enthielten. Wenn man dieſe Kalke durch Schmelzen mit zugeſetztem Phlogiſton zu Metallen <hirendition="#b">wiederherſtellet,</hi> oder <hirendition="#b">reduciret,</hi>ſo entſteht allezeit ein ſtarkes Aufbrauſen, und es entwickelt ſich eine Menge gasartiger Materie. <hirendition="#b">Lavoiſier</hi><hirendition="#aq">(Opuſcules chym. et phyſ. To. I. p. 285. To. II. p. 311. ſq.)</hi> und <hirendition="#b">Bayen</hi><hirendition="#aq">(in <hirendition="#i">Rozier</hi> Journ. de phyſ. To. III. p. 120. T. VI. p. 487. To. VII. p. 390. ſq.)</hi> haben es durch zahlreiche Verſuche hoͤchſt wahrſcheinlich gemacht, daß dem Metalle bey der Verkalkung ein Antheil von <hirendition="#b">dephlogiſtiſirter Luft</hi> aus der Atmoſphaͤre beytrete. Die vorzuͤglichſten Beweiſe dafuͤr ſind, daß die Verkalkung nie ohne Zutritt der Luft von ſtatten geht, daß ſich bey der Reduction der Kalke Gasarten entwickeln,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[735/0741]
Menge daruͤber vorgetragener Hypotheſen die Sache immer ein unerforſchliches Raͤthſel. Meyer glaubte es durch das Kauſticum, oder Acidum pingue aufzuloͤſen, welches er vom brennbaren Weſen unterſchied, und aus dem Kuͤchenfeuer in die Kalke uͤbergehen ließ; allein es fehlte dieſer angenommenen Urſache uͤberhaupt an hinlaͤnglichen Beweiſen Die Herren de Morveau, Maret und Duͤrande (Elemens de Chymie theorique et prâtique. à Dijon, 1777. 12mo. uͤberſ. von Weigel, Leipz. III. Th. 1778—1780.) haben das Phlogiſton als eine Materie ohne Schwere, oder gar als eine ſolche betrachtet, welche durch abſolute Leichtigkeit das Gewicht der Koͤrper, denen ſie beytritt, vermindere, welcher Begriff, ob ihn gleich manche neuere Chymiker annehmen, dennoch mit den ausgemachteſten Grundſaͤtzen der Phyſik ſtreitet, nach welchen jede Materie ſchwer iſt. Wollte man auch dieſe Verminderung blos auf das relative Gewicht beziehen, das die Koͤrper in der Luft haben, ſo wie ein Stein unter Waſſer leichter wird, wenn man eine Blaſe voll Luft daran bindet, ſo wuͤrde doch dieſer Erklaͤrung der Umſtand entgegen ſtehen, daß die Metalle zugleich ſpecifiſch ſchwerer ſind, als ihre Kalke.
Die neuern Bearbeitungen der Lehre von den Gasarten haben endlich auf die alte ſchon von Rey vorgetragne Meynung wieder zuruͤckgefuͤhrt, nachdem auch Hales und Prieſtley gefunden hatten, daß die Metallkalke eine große Menge gasartige Materien enthielten. Wenn man dieſe Kalke durch Schmelzen mit zugeſetztem Phlogiſton zu Metallen wiederherſtellet, oder reduciret, ſo entſteht allezeit ein ſtarkes Aufbrauſen, und es entwickelt ſich eine Menge gasartiger Materie. Lavoiſier (Opuſcules chym. et phyſ. To. I. p. 285. To. II. p. 311. ſq.) und Bayen (in Rozier Journ. de phyſ. To. III. p. 120. T. VI. p. 487. To. VII. p. 390. ſq.) haben es durch zahlreiche Verſuche hoͤchſt wahrſcheinlich gemacht, daß dem Metalle bey der Verkalkung ein Antheil von dephlogiſtiſirter Luft aus der Atmoſphaͤre beytrete. Die vorzuͤglichſten Beweiſe dafuͤr ſind, daß die Verkalkung nie ohne Zutritt der Luft von ſtatten geht, daß ſich bey der Reduction der Kalke Gasarten entwickeln,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/741>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.