Absicht in gedachtem Jahre die zehn letzten Tage des Februars zugleich mit dem in selbiges Jahr nach dem alten Styl einfallenden Schalttage hinweg, so daß auf den 18ten Febr. sogleich der erste März folgte, und die Tage nunmehr mit dem neuen Styl übereinstimmten. Die Einschaltung ward eben so, wie im gregorianischen Kalender, eingerichtet; in Absicht auf den Mondlauf und das Osterfest aber ward die cyklische Festrechnung(computus ecclesiaslicus) verworfen, und dagegen vorgeschrieben, den Ostervollmond nach Keplers rudolphinischen Tafeln für den Mittagskreis von Uranienburg, wo Tycho beobachtet hat, zu berechnen, den Tag, auf welchen dieser Vollmond fällt, von Mitternacht an gerechnet, für die Ostergrenze(terminum paschalem) zu nehmen, und den nächsten Sonntag darauf das Osterfest zu feyern.
Diese astronomische Rechnung kan von der cyklischen um einen Tag abweichen, und wenn der Ostervollmond innerhalb Sonnabends und Sonntags fällt, in Feyrung des Osterfestes eine Woche Unterschied verursachen. Ein solcher Fall trat schon 1724 ein, da der Ostervollmond nach den rudolphinischen Tafeln und für den Meridian von Uranienburg d. 8 April um 4 Uhr Nachmitt. einfiel. Dieser Tag war ein Sonnabend, folglich Ostern der Protestanten Sonntags darauf den 9 April. Die cyklische Rechnung hingegen gab den Ostervollmond Sonntags den 9 Apr.; mithin die Ostern der Katholiken erst den 16 April (Müller, de ratione computandi Paschatos exemplo anni 1724. illustrata. Altorf. 1723. 4.). Eben dies ereignete sich im Jahre 1744, da Ostern bey den Protestanten auf den 29 März, bey den Katholiktn auf den 5 April fiel. Im Jahre 1778 fiel das gregorianische Osterfest den 19 April; nach der astronomischen Rechnung eigentlich auf den 12ten, ward aber, weil es da mit dem Pascha der Iuden zusammenkam, durch einen eignen Schluß der evangelischen Stände auf den 19ten verlegt. (Borz de die paschatos anni 1778. Lips. 1775. 4. und De Paschate anni 1778. Iudaico, Lips. 1776. 4.). Alle diese Weitläuftigkeiten sind über eine Anordnung entstanden, die man nicht einmal für den
Abſicht in gedachtem Jahre die zehn letzten Tage des Februars zugleich mit dem in ſelbiges Jahr nach dem alten Styl einfallenden Schalttage hinweg, ſo daß auf den 18ten Febr. ſogleich der erſte Maͤrz folgte, und die Tage nunmehr mit dem neuen Styl uͤbereinſtimmten. Die Einſchaltung ward eben ſo, wie im gregorianiſchen Kalender, eingerichtet; in Abſicht auf den Mondlauf und das Oſterfeſt aber ward die cykliſche Feſtrechnung(computus eccleſiaſlicus) verworfen, und dagegen vorgeſchrieben, den Oſtervollmond nach Keplers rudolphiniſchen Tafeln fuͤr den Mittagskreis von Uranienburg, wo Tycho beobachtet hat, zu berechnen, den Tag, auf welchen dieſer Vollmond faͤllt, von Mitternacht an gerechnet, fuͤr die Oſtergrenze(terminum paſchalem) zu nehmen, und den naͤchſten Sonntag darauf das Oſterfeſt zu feyern.
Dieſe aſtronomiſche Rechnung kan von der cykliſchen um einen Tag abweichen, und wenn der Oſtervollmond innerhalb Sonnabends und Sonntags faͤllt, in Feyrung des Oſterfeſtes eine Woche Unterſchied verurſachen. Ein ſolcher Fall trat ſchon 1724 ein, da der Oſtervollmond nach den rudolphiniſchen Tafeln und fuͤr den Meridian von Uranienburg d. 8 April um 4 Uhr Nachmitt. einfiel. Dieſer Tag war ein Sonnabend, folglich Oſtern der Proteſtanten Sonntags darauf den 9 April. Die cykliſche Rechnung hingegen gab den Oſtervollmond Sonntags den 9 Apr.; mithin die Oſtern der Katholiken erſt den 16 April (Müller, de ratione computandi Paſchatos exemplo anni 1724. illuſtrata. Altorf. 1723. 4.). Eben dies ereignete ſich im Jahre 1744, da Oſtern bey den Proteſtanten auf den 29 Maͤrz, bey den Katholiktn auf den 5 April fiel. Im Jahre 1778 fiel das gregorianiſche Oſterfeſt den 19 April; nach der aſtronomiſchen Rechnung eigentlich auf den 12ten, ward aber, weil es da mit dem Paſcha der Iuden zuſammenkam, durch einen eignen Schluß der evangeliſchen Staͤnde auf den 19ten verlegt. (Borz de die paſchatos anni 1778. Lipſ. 1775. 4. und De Paſchate anni 1778. Iudaico, Lipſ. 1776. 4.). Alle dieſe Weitlaͤuftigkeiten ſind uͤber eine Anordnung entſtanden, die man nicht einmal fuͤr den
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Abſicht in gedachtem Jahre die zehn letzten Tage des Februars zugleich mit dem in ſelbiges Jahr nach dem alten Styl einfallenden Schalttage hinweg, ſo daß auf den 18ten Febr. ſogleich der erſte Maͤrz folgte, und die Tage nunmehr mit dem neuen Styl uͤbereinſtimmten. Die Einſchaltung ward eben ſo, wie im gregorianiſchen Kalender, eingerichtet; in Abſicht auf den Mondlauf und das Oſterfeſt aber ward die <hirendition="#b">cykliſche Feſtrechnung</hi><hirendition="#aq">(computus eccleſiaſlicus)</hi> verworfen, und dagegen vorgeſchrieben, den Oſtervollmond nach <hirendition="#b">Keplers</hi> rudolphiniſchen Tafeln fuͤr den Mittagskreis von Uranienburg, wo Tycho beobachtet hat, zu berechnen, den Tag, auf welchen dieſer Vollmond faͤllt, von Mitternacht an gerechnet, fuͤr die <hirendition="#b">Oſtergrenze</hi><hirendition="#aq">(terminum paſchalem)</hi> zu nehmen, und den naͤchſten Sonntag darauf das Oſterfeſt zu feyern.</p><p>Dieſe aſtronomiſche Rechnung kan von der cykliſchen um einen Tag abweichen, und wenn der Oſtervollmond innerhalb Sonnabends und Sonntags faͤllt, in Feyrung des Oſterfeſtes eine Woche Unterſchied verurſachen. Ein ſolcher Fall trat ſchon 1724 ein, da der Oſtervollmond nach den rudolphiniſchen Tafeln und fuͤr den Meridian von Uranienburg d. 8 April um 4 Uhr Nachmitt. einfiel. Dieſer Tag war ein Sonnabend, folglich Oſtern der Proteſtanten Sonntags darauf den 9 April. Die cykliſche Rechnung hingegen gab den Oſtervollmond Sonntags den 9 Apr.; mithin die Oſtern der Katholiken erſt den 16 April <hirendition="#aq">(<hirendition="#i">Müller,</hi> de ratione computandi Paſchatos exemplo anni 1724. illuſtrata. Altorf. 1723. 4.).</hi> Eben dies ereignete ſich im Jahre 1744, da Oſtern bey den Proteſtanten auf den 29 Maͤrz, bey den Katholiktn auf den 5 April fiel. Im Jahre 1778 fiel das gregorianiſche Oſterfeſt den 19 April; nach der aſtronomiſchen Rechnung eigentlich auf den 12ten, ward aber, weil es da mit dem Paſcha der Iuden zuſammenkam, durch einen eignen Schluß der evangeliſchen Staͤnde auf den 19ten verlegt. <hirendition="#aq">(<hirendition="#i">Borz</hi> de die paſchatos anni 1778. Lipſ. 1775. 4.</hi> und <hirendition="#aq">De Paſchate anni 1778. Iudaico, Lipſ. 1776. 4.).</hi> Alle dieſe Weitlaͤuftigkeiten ſind uͤber eine Anordnung entſtanden, die man nicht einmal fuͤr den<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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Abſicht in gedachtem Jahre die zehn letzten Tage des Februars zugleich mit dem in ſelbiges Jahr nach dem alten Styl einfallenden Schalttage hinweg, ſo daß auf den 18ten Febr. ſogleich der erſte Maͤrz folgte, und die Tage nunmehr mit dem neuen Styl uͤbereinſtimmten. Die Einſchaltung ward eben ſo, wie im gregorianiſchen Kalender, eingerichtet; in Abſicht auf den Mondlauf und das Oſterfeſt aber ward die cykliſche Feſtrechnung (computus eccleſiaſlicus) verworfen, und dagegen vorgeſchrieben, den Oſtervollmond nach Keplers rudolphiniſchen Tafeln fuͤr den Mittagskreis von Uranienburg, wo Tycho beobachtet hat, zu berechnen, den Tag, auf welchen dieſer Vollmond faͤllt, von Mitternacht an gerechnet, fuͤr die Oſtergrenze (terminum paſchalem) zu nehmen, und den naͤchſten Sonntag darauf das Oſterfeſt zu feyern.
Dieſe aſtronomiſche Rechnung kan von der cykliſchen um einen Tag abweichen, und wenn der Oſtervollmond innerhalb Sonnabends und Sonntags faͤllt, in Feyrung des Oſterfeſtes eine Woche Unterſchied verurſachen. Ein ſolcher Fall trat ſchon 1724 ein, da der Oſtervollmond nach den rudolphiniſchen Tafeln und fuͤr den Meridian von Uranienburg d. 8 April um 4 Uhr Nachmitt. einfiel. Dieſer Tag war ein Sonnabend, folglich Oſtern der Proteſtanten Sonntags darauf den 9 April. Die cykliſche Rechnung hingegen gab den Oſtervollmond Sonntags den 9 Apr.; mithin die Oſtern der Katholiken erſt den 16 April (Müller, de ratione computandi Paſchatos exemplo anni 1724. illuſtrata. Altorf. 1723. 4.). Eben dies ereignete ſich im Jahre 1744, da Oſtern bey den Proteſtanten auf den 29 Maͤrz, bey den Katholiktn auf den 5 April fiel. Im Jahre 1778 fiel das gregorianiſche Oſterfeſt den 19 April; nach der aſtronomiſchen Rechnung eigentlich auf den 12ten, ward aber, weil es da mit dem Paſcha der Iuden zuſammenkam, durch einen eignen Schluß der evangeliſchen Staͤnde auf den 19ten verlegt. (Borz de die paſchatos anni 1778. Lipſ. 1775. 4. und De Paſchate anni 1778. Iudaico, Lipſ. 1776. 4.). Alle dieſe Weitlaͤuftigkeiten ſind uͤber eine Anordnung entſtanden, die man nicht einmal fuͤr den
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/729>, abgerufen am 22.11.2024.
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