Gregoriano, Romae, 1603. fol. und in Chph. Clavii Opp. mathemat. Mogunt. 1612. fol. To. V.). Die Hauptfehler, welche man dem gregorianischen Kalender mit Grunde vorwarf, sind 1) daß bey dieser Einschaltungsform die Nachtgleiche noch immer vom 21 März auf den 20sten und 19ten übergeht, besonders in denjenigen Schaltjahren, welche vor dem ersten gemeinen Secularjahre vorhergehen, wie 1696 u. s. f. 2) daß man bey der Verbesserung des Mondcykels nur drey Tage Vorrücken der Neumonde seit dem Nicänischen Concilium angenommen hat, da doch dasselbe, wie Jedermann eingestehen muß, bis auf vier Tage gegangen ist; daher denn die astronomischen Neumonde einen ganzen Tag, und oft noch drüber, vor den kirchlichen vorhergehen. Clavius entschuldigt zwar den letztern Fehler mit der Absicht, dadurch zu verhüten, daß der 14te Tag des kirchlichen Mondalters nie vor den astronomischen Vollmond fallen und also Ostern vor dem wahren Vollmonde gefeyert werden möchte; allein es bleibt demohngeachtet eine offenbare Abweichung von den Verordnungen, welche die Congregation im Jahre 1580 einhellig festsetzte, wie auch Cassini(Mem. de l'acad. des Sc. 1702.) eingesteht.
Die protestantischen Staaten nahmen diese von Rom aus veranstaltete Kalenderverbesserung nicht an. Man darf sie deswegen eben nicht, wie Wolf thut, eines ungegründeten Eifers beschuldigen. Wenn sie gleich das Fehlerhafte der alten Einrichtungen eben sowohl einsahen, so konnten sie doch abgeneigt seyn, Verbesserungen, die an sich selbst entbehrlich waren, auf Befehl einer Gewalt, der sie nicht mehr gehorchten, anzunehmen, zumal da die Verbesserung selbst wegen des Gebrauchs der Epakten noch keine astronomische Richtigkeit gewährte. Diese Verschiedenheit veranlaßte die Namen des alten und neuen Styls. Endlich bewog die Beschwerlichkeit des Gebrauchs von zweyerley Kalendern bey Glaubensgenossen, die unter einander wohnten und stets Geschäfte mit einander hatten, die evangelischen Stände des teutschen Reichs, im Jahre 1700 den verbesserten Kalender einzuführen. Man ließ in dieser
Gregoriano, Romae, 1603. fol. und in Chph. Clavii Opp. mathemat. Mogunt. 1612. fol. To. V.). Die Hauptfehler, welche man dem gregorianiſchen Kalender mit Grunde vorwarf, ſind 1) daß bey dieſer Einſchaltungsform die Nachtgleiche noch immer vom 21 Maͤrz auf den 20ſten und 19ten uͤbergeht, beſonders in denjenigen Schaltjahren, welche vor dem erſten gemeinen Secularjahre vorhergehen, wie 1696 u. ſ. f. 2) daß man bey der Verbeſſerung des Mondcykels nur drey Tage Vorruͤcken der Neumonde ſeit dem Nicaͤniſchen Concilium angenommen hat, da doch daſſelbe, wie Jedermann eingeſtehen muß, bis auf vier Tage gegangen iſt; daher denn die aſtronomiſchen Neumonde einen ganzen Tag, und oft noch druͤber, vor den kirchlichen vorhergehen. Clavius entſchuldigt zwar den letztern Fehler mit der Abſicht, dadurch zu verhuͤten, daß der 14te Tag des kirchlichen Mondalters nie vor den aſtronomiſchen Vollmond fallen und alſo Oſtern vor dem wahren Vollmonde gefeyert werden moͤchte; allein es bleibt demohngeachtet eine offenbare Abweichung von den Verordnungen, welche die Congregation im Jahre 1580 einhellig feſtſetzte, wie auch Caſſini(Mém. de l'acad. des Sc. 1702.) eingeſteht.
Die proteſtantiſchen Staaten nahmen dieſe von Rom aus veranſtaltete Kalenderverbeſſerung nicht an. Man darf ſie deswegen eben nicht, wie Wolf thut, eines ungegruͤndeten Eifers beſchuldigen. Wenn ſie gleich das Fehlerhafte der alten Einrichtungen eben ſowohl einſahen, ſo konnten ſie doch abgeneigt ſeyn, Verbeſſerungen, die an ſich ſelbſt entbehrlich waren, auf Befehl einer Gewalt, der ſie nicht mehr gehorchten, anzunehmen, zumal da die Verbeſſerung ſelbſt wegen des Gebrauchs der Epakten noch keine aſtronomiſche Richtigkeit gewaͤhrte. Dieſe Verſchiedenheit veranlaßte die Namen des alten und neuen Styls. Endlich bewog die Beſchwerlichkeit des Gebrauchs von zweyerley Kalendern bey Glaubensgenoſſen, die unter einander wohnten und ſtets Geſchaͤfte mit einander hatten, die evangeliſchen Staͤnde des teutſchen Reichs, im Jahre 1700 den verbeſſerten Kalender einzufuͤhren. Man ließ in dieſer
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Gregoriano, Romae, 1603. fol. und in Chph. Clavii Opp. mathemat. Mogunt. 1612. fol. To. V.). Die Hauptfehler, welche man dem gregorianiſchen Kalender mit Grunde vorwarf, ſind 1) daß bey dieſer Einſchaltungsform die Nachtgleiche noch immer vom 21 Maͤrz auf den 20ſten und 19ten uͤbergeht, beſonders in denjenigen Schaltjahren, welche vor dem erſten gemeinen Secularjahre vorhergehen, wie 1696 u. ſ. f. 2) daß man bey der Verbeſſerung des Mondcykels nur drey Tage Vorruͤcken der Neumonde ſeit dem Nicaͤniſchen Concilium angenommen hat, da doch daſſelbe, wie Jedermann eingeſtehen muß, bis auf vier Tage gegangen iſt; daher denn die aſtronomiſchen Neumonde einen ganzen Tag, und oft noch druͤber, vor den kirchlichen vorhergehen. Clavius entſchuldigt zwar den letztern Fehler mit der Abſicht, dadurch zu verhuͤten, daß der 14te Tag des kirchlichen Mondalters nie vor den aſtronomiſchen Vollmond fallen und alſo Oſtern vor dem wahren Vollmonde gefeyert werden moͤchte; allein es bleibt demohngeachtet eine offenbare Abweichung von den Verordnungen, welche die Congregation im Jahre 1580 einhellig feſtſetzte, wie auch Caſſini (Mém. de l'acad. des Sc. 1702.) eingeſteht.
Die proteſtantiſchen Staaten nahmen dieſe von Rom aus veranſtaltete Kalenderverbeſſerung nicht an. Man darf ſie deswegen eben nicht, wie Wolf thut, eines ungegruͤndeten Eifers beſchuldigen. Wenn ſie gleich das Fehlerhafte der alten Einrichtungen eben ſowohl einſahen, ſo konnten ſie doch abgeneigt ſeyn, Verbeſſerungen, die an ſich ſelbſt entbehrlich waren, auf Befehl einer Gewalt, der ſie nicht mehr gehorchten, anzunehmen, zumal da die Verbeſſerung ſelbſt wegen des Gebrauchs der Epakten noch keine aſtronomiſche Richtigkeit gewaͤhrte. Dieſe Verſchiedenheit veranlaßte die Namen des alten und neuen Styls. Endlich bewog die Beſchwerlichkeit des Gebrauchs von zweyerley Kalendern bey Glaubensgenoſſen, die unter einander wohnten und ſtets Geſchaͤfte mit einander hatten, die evangeliſchen Staͤnde des teutſchen Reichs, im Jahre 1700 den verbeſſerten Kalender einzufuͤhren. Man ließ in dieſer
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 722. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/728>, abgerufen am 22.11.2024.
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