richtigen Begriff von Hypothesen zu führen, indem er (Princip. L. III. sub i<*>t.) unter diesem Namen einige Sätze vortrug, die jeder gern einräumt, ob sie gleich nicht mit mathematischer Schärfe zu erweisen sind (wie die Postulata oder Hypotheses der alten Mathematiker). Unter diesen Sätzen befinden sich z. B. die vortreflichen Regeln, daß man nicht mehr Ursachen der Naturbegebenheiten annehmen müsse, als wirklich erwiesen und zur Erklärung der Erscheinungen hinreichend sind; daß einerley oder ähnliche natürliche Wirkungen einerley Ursachen haben; das copernikanische System, die keplerischen Regeln u. s. w. -- Voraussetzungen, welche sich von den cartesianischen Hypothesen sehr merklich unterscheiden. Er gab endlich den Physikern durch seine Schriften ein vortrefliches Beyspiel, so wenig als möglich vorauszusetzen, und so viel als möglich, aus Erfahrung und Induction zu schließen. Nach einem langen Streite zwischen seinen und des Descartes Anhängern hat doch endlich die bessere Methode gesiegt, und obgleich die Anzahl der Hypothesen, besonders in den dunklern Fächern und in dem chymischen Theile der Naturlehre, seitdem noch ansehnlich vermehrt worden ist, und noch immer zunimmt, so scheinen sie doch in unsern Tagen mit mehrerer Mäßigung behandelt, und nicht so oft, als sonst, zum Nachtheil der Wahrheit gemißbraucht zu werden.
Discours sur les dispositions, qu'il faut avoir pour faire du progres dans l'etude de la physique par M. Nollet, vor dem er- <*> Bande s. Lecons de phys. exp.
Senebier Kunst zu beobachten, a. d. Franz. v. Gmelin, Leipzig, 1776. 8. II. B. 9--11. Abschn.
J
Jahr, Annus, An, Annee.
Die Zeit, binnen welcher die Erde ihre Bahn um die Sonne einmal durchläuft. Nach Ablauf dieser Zeit kömmt sie also wieder in ihre vorige Stellung gegen die Sonne, und es kehren den Orten auf ihrer Oberfläche die vorigen Jahrszeiten, und die übrigen von der Sonne abhängenden Erscheinungen zurück. Eben
richtigen Begriff von Hypotheſen zu fuͤhren, indem er (Princip. L. III. ſub i<*>t.) unter dieſem Namen einige Saͤtze vortrug, die jeder gern einraͤumt, ob ſie gleich nicht mit mathematiſcher Schaͤrfe zu erweiſen ſind (wie die Poſtulata oder Hypotheſes der alten Mathematiker). Unter dieſen Saͤtzen befinden ſich z. B. die vortreflichen Regeln, daß man nicht mehr Urſachen der Naturbegebenheiten annehmen muͤſſe, als wirklich erwieſen und zur Erklaͤrung der Erſcheinungen hinreichend ſind; daß einerley oder aͤhnliche natuͤrliche Wirkungen einerley Urſachen haben; das copernikaniſche Syſtem, die kepleriſchen Regeln u. ſ. w. — Vorausſetzungen, welche ſich von den carteſianiſchen Hypotheſen ſehr merklich unterſcheiden. Er gab endlich den Phyſikern durch ſeine Schriften ein vortrefliches Beyſpiel, ſo wenig als moͤglich vorauszuſetzen, und ſo viel als moͤglich, aus Erfahrung und Induction zu ſchließen. Nach einem langen Streite zwiſchen ſeinen und des Descartes Anhaͤngern hat doch endlich die beſſere Methode geſiegt, und obgleich die Anzahl der Hypotheſen, beſonders in den dunklern Faͤchern und in dem chymiſchen Theile der Naturlehre, ſeitdem noch anſehnlich vermehrt worden iſt, und noch immer zunimmt, ſo ſcheinen ſie doch in unſern Tagen mit mehrerer Maͤßigung behandelt, und nicht ſo oft, als ſonſt, zum Nachtheil der Wahrheit gemißbraucht zu werden.
Diſcours ſur les dispoſitions, qu'il faut avoir pour faire du progrès dans l'étude de la phyſique par M. Nollet, vor dem er- <*> Bande ſ. Leçons de phyſ. exp.
Senebier Kunſt zu beobachten, a. d. Franz. v. Gmelin, Leipzig, 1776. 8. II. B. 9—11. Abſchn.
J
Jahr, Annus, An, Année.
Die Zeit, binnen welcher die Erde ihre Bahn um die Sonne einmal durchlaͤuft. Nach Ablauf dieſer Zeit koͤmmt ſie alſo wieder in ihre vorige Stellung gegen die Sonne, und es kehren den Orten auf ihrer Oberflaͤche die vorigen Jahrszeiten, und die uͤbrigen von der Sonne abhaͤngenden Erſcheinungen zuruͤck. Eben
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richtigen Begriff von Hypotheſen zu fuͤhren, indem er (Princip. L. III. ſub i<*>t.) unter dieſem Namen einige Saͤtze vortrug, die jeder gern einraͤumt, ob ſie gleich nicht mit mathematiſcher Schaͤrfe zu erweiſen ſind (wie die Poſtulata oder Hypotheſes der alten Mathematiker). Unter dieſen Saͤtzen befinden ſich z. B. die vortreflichen Regeln, daß man nicht mehr Urſachen der Naturbegebenheiten annehmen muͤſſe, als wirklich erwieſen und zur Erklaͤrung der Erſcheinungen hinreichend ſind; daß einerley oder aͤhnliche natuͤrliche Wirkungen einerley Urſachen haben; das copernikaniſche Syſtem, die kepleriſchen Regeln u. ſ. w. — Vorausſetzungen, welche ſich von den carteſianiſchen Hypotheſen ſehr merklich unterſcheiden. Er gab endlich den Phyſikern durch ſeine Schriften ein vortrefliches Beyſpiel, ſo wenig als moͤglich vorauszuſetzen, und ſo viel als moͤglich, aus Erfahrung und Induction zu ſchließen. Nach einem langen Streite zwiſchen ſeinen und des Descartes Anhaͤngern hat doch endlich die beſſere Methode geſiegt, und obgleich die Anzahl der Hypotheſen, beſonders in den dunklern Faͤchern und in dem chymiſchen Theile der Naturlehre, ſeitdem noch anſehnlich vermehrt worden iſt, und noch immer zunimmt, ſo ſcheinen ſie doch in unſern Tagen mit mehrerer Maͤßigung behandelt, und nicht ſo oft, als ſonſt, zum Nachtheil der Wahrheit gemißbraucht zu werden.
Diſcours ſur les dispoſitions, qu'il faut avoir pour faire du progrès dans l'étude de la phyſique par M. Nollet, vor dem er- <*> Bande ſ. Leçons de phyſ. exp.
Senebier Kunſt zu beobachten, a. d. Franz. v. Gmelin, Leipzig, 1776. 8. II. B. 9—11. Abſchn.
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Jahr, Annus, An, Année.
Die Zeit, binnen welcher die Erde ihre Bahn um die Sonne einmal durchlaͤuft. Nach Ablauf dieſer Zeit koͤmmt ſie alſo wieder in ihre vorige Stellung gegen die Sonne, und es kehren den Orten auf ihrer Oberflaͤche die vorigen Jahrszeiten, und die uͤbrigen von der Sonne abhaͤngenden Erſcheinungen zuruͤck. Eben
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/685>, abgerufen am 22.11.2024.
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