Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Die meisten dieser Höhlen, vorzüglich diejenigen, welche in Kalkgebirgen angetroffen werden, und auf dem Boden Wasser enthalten, scheinen vom Wasser gebildet zu seyn, welches beym Durchseihen durch die Zwischenräume des Gesteins, die in Schichten oder Nestern liegenden kalkartigen Materien nach und nach erweicht, und mit sich hinweg geführt hat. Die Vergrößerung solcher Höhlen daur<*> hin und wieder noch jetzt fort; denn man findet, daß von den Decken dieser Gewölber noch immer Wasser herabtröpfelt. Findet ein solcher Tropfen bey seinem Falle eine Basis, so setzt er an dieselbe die Kalktheile ab, die er mit sich führet, und bildet dadurch mit der Zeit die Tropfsteine oder Stalactiten, die sich in dergleichen Hölen so häufig in Form der Eiszapfen, Säulen, Krusten und unter mancherley andern seltsamen Gestalten erzeugen. Noch jetzt spühlt das durchseihende Thau- und Regenwasser in den Kalkgebirgen ganze Schichten aus, und macht dadurch die Oefnungen, welche die Bergleute Kalkschlotten zu nennen pflegen (s. de Lüc Briefe über die Geschichte der Erde und des Menschen, II. Th. 112. Brief.). Bisweilen stürzt dadurch ein Theil des darüberliegenden Bodens ein, und veranlasset die sogenannten Erdfälle, dergleichen sich an vielen Orten, z. B. in der Gegend um Pyrmont (s. Markard Beschreibung von Pyrmont, I. Th. II. Abschn. Cap. 2. S. 185.) sehr häufig finden. Ist eine solche Kalkschicht mit Materien vermischt, die das Wasser nicht
Die meiſten dieſer Hoͤhlen, vorzuͤglich diejenigen, welche in Kalkgebirgen angetroffen werden, und auf dem Boden Waſſer enthalten, ſcheinen vom Waſſer gebildet zu ſeyn, welches beym Durchſeihen durch die Zwiſchenraͤume des Geſteins, die in Schichten oder Neſtern liegenden kalkartigen Materien nach und nach erweicht, und mit ſich hinweg gefuͤhrt hat. Die Vergroͤßerung ſolcher Hoͤhlen daur<*> hin und wieder noch jetzt fort; denn man findet, daß von den Decken dieſer Gewoͤlber noch immer Waſſer herabtroͤpfelt. Findet ein ſolcher Tropfen bey ſeinem Falle eine Baſis, ſo ſetzt er an dieſelbe die Kalktheile ab, die er mit ſich fuͤhret, und bildet dadurch mit der Zeit die Tropfſteine oder Stalactiten, die ſich in dergleichen Hoͤlen ſo haͤufig in Form der Eiszapfen, Saͤulen, Kruſten und unter mancherley andern ſeltſamen Geſtalten erzeugen. Noch jetzt ſpuͤhlt das durchſeihende Thau- und Regenwaſſer in den Kalkgebirgen ganze Schichten aus, und macht dadurch die Oefnungen, welche die Bergleute Kalkſchlotten zu nennen pflegen (ſ. de Luͤc Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen, II. Th. 112. Brief.). Bisweilen ſtuͤrzt dadurch ein Theil des daruͤberliegenden Bodens ein, und veranlaſſet die ſogenannten Erdfaͤlle, dergleichen ſich an vielen Orten, z. B. in der Gegend um Pyrmont (ſ. Markard Beſchreibung von Pyrmont, I. Th. II. Abſchn. Cap. 2. S. 185.) ſehr haͤufig finden. Iſt eine ſolche Kalkſchicht mit Materien vermiſcht, die das Waſſer nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0646" xml:id="P.2.640" n="640"/><lb/> Relief auf zwo Linlen dick erhalten, welches weißer iſt, als der Stein. <hi rendition="#b">Tournefort</hi> ſieht dieſen Labyrinth, wenigſtens zum Theil, fuͤr ein Werk der Menſchen an; <hi rendition="#b">Pocock</hi> vermuthet, daß es ein Steinbruch geweſen ſey, welches aber wegen des weichen Steins, der Beſchaffenheit der Gaͤnge und der Schwierigkeit der Ausfoͤrderung ſehr unwahrſcheinlich iſt. In dem alten Achaja, jetzt Livadia, iſt die <hi rendition="#b">Grotte des Trophonius,</hi> welche im Alterthum wegen eines Orakels bekannt war. Sie liegt zwiſchen einem See und dem Meere, unter einem hohen Berge, durch welchen auf 40 unterirdiſche Gaͤnge hindurch gehen, und zum Theil dem See zum Abfluſſe dienen.</p> <p>Die meiſten dieſer Hoͤhlen, vorzuͤglich diejenigen, welche in Kalkgebirgen angetroffen werden, und auf dem Boden Waſſer enthalten, ſcheinen vom <hi rendition="#b">Waſſer</hi> gebildet zu ſeyn, welches beym Durchſeihen durch die Zwiſchenraͤume des Geſteins, die in Schichten oder Neſtern liegenden kalkartigen Materien nach und nach erweicht, und mit ſich hinweg gefuͤhrt hat. Die Vergroͤßerung ſolcher Hoͤhlen daur<*> hin und wieder noch jetzt fort; denn man findet, daß von den Decken dieſer Gewoͤlber noch immer Waſſer herabtroͤpfelt. Findet ein ſolcher Tropfen bey ſeinem Falle eine Baſis, ſo ſetzt er an dieſelbe die Kalktheile ab, die er mit ſich fuͤhret, und bildet dadurch mit der Zeit die <hi rendition="#b">Tropfſteine</hi> oder <hi rendition="#b">Stalactiten,</hi> die ſich in dergleichen Hoͤlen ſo haͤufig in Form der Eiszapfen, Saͤulen, Kruſten und unter mancherley andern ſeltſamen Geſtalten erzeugen. Noch jetzt ſpuͤhlt das durchſeihende Thau- und Regenwaſſer in den Kalkgebirgen ganze Schichten aus, und macht dadurch die Oefnungen, welche die Bergleute <hi rendition="#b">Kalkſchlotten</hi> zu nennen pflegen (<hi rendition="#b">ſ. de Luͤc</hi> Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen, <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. 112. Brief.). Bisweilen ſtuͤrzt dadurch ein Theil des daruͤberliegenden Bodens ein, und veranlaſſet die ſogenannten <hi rendition="#b">Erdfaͤlle,</hi> dergleichen ſich an vielen Orten, z. B. in der Gegend um Pyrmont (<hi rendition="#b">ſ. Markard</hi> Beſchreibung von Pyrmont, <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> Abſchn. Cap. 2. S. 185.) ſehr haͤufig finden. Iſt eine ſolche Kalkſchicht mit Materien vermiſcht, die das Waſſer nicht<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [640/0646]
Relief auf zwo Linlen dick erhalten, welches weißer iſt, als der Stein. Tournefort ſieht dieſen Labyrinth, wenigſtens zum Theil, fuͤr ein Werk der Menſchen an; Pocock vermuthet, daß es ein Steinbruch geweſen ſey, welches aber wegen des weichen Steins, der Beſchaffenheit der Gaͤnge und der Schwierigkeit der Ausfoͤrderung ſehr unwahrſcheinlich iſt. In dem alten Achaja, jetzt Livadia, iſt die Grotte des Trophonius, welche im Alterthum wegen eines Orakels bekannt war. Sie liegt zwiſchen einem See und dem Meere, unter einem hohen Berge, durch welchen auf 40 unterirdiſche Gaͤnge hindurch gehen, und zum Theil dem See zum Abfluſſe dienen.
Die meiſten dieſer Hoͤhlen, vorzuͤglich diejenigen, welche in Kalkgebirgen angetroffen werden, und auf dem Boden Waſſer enthalten, ſcheinen vom Waſſer gebildet zu ſeyn, welches beym Durchſeihen durch die Zwiſchenraͤume des Geſteins, die in Schichten oder Neſtern liegenden kalkartigen Materien nach und nach erweicht, und mit ſich hinweg gefuͤhrt hat. Die Vergroͤßerung ſolcher Hoͤhlen daur<*> hin und wieder noch jetzt fort; denn man findet, daß von den Decken dieſer Gewoͤlber noch immer Waſſer herabtroͤpfelt. Findet ein ſolcher Tropfen bey ſeinem Falle eine Baſis, ſo ſetzt er an dieſelbe die Kalktheile ab, die er mit ſich fuͤhret, und bildet dadurch mit der Zeit die Tropfſteine oder Stalactiten, die ſich in dergleichen Hoͤlen ſo haͤufig in Form der Eiszapfen, Saͤulen, Kruſten und unter mancherley andern ſeltſamen Geſtalten erzeugen. Noch jetzt ſpuͤhlt das durchſeihende Thau- und Regenwaſſer in den Kalkgebirgen ganze Schichten aus, und macht dadurch die Oefnungen, welche die Bergleute Kalkſchlotten zu nennen pflegen (ſ. de Luͤc Briefe uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen, II. Th. 112. Brief.). Bisweilen ſtuͤrzt dadurch ein Theil des daruͤberliegenden Bodens ein, und veranlaſſet die ſogenannten Erdfaͤlle, dergleichen ſich an vielen Orten, z. B. in der Gegend um Pyrmont (ſ. Markard Beſchreibung von Pyrmont, I. Th. II. Abſchn. Cap. 2. S. 185.) ſehr haͤufig finden. Iſt eine ſolche Kalkſchicht mit Materien vermiſcht, die das Waſſer nicht
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