Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
William Whiston (A new Theory of the earth. Cambridge, 1708. 8.) nimmt an, die Erde sey vor der Schöpfung oder Umbildung, welche von Mose erzählt wird, und deren Tage er für Jahre erklärt, ein Komet gewesen. Am ersten Tage änderte nach ihm der Schöpfer ihre Laufbahn; nun senkten sich die Theile des Schweifs gegen den Kern, und es ordneten sich, fast wie bey Burnet, Erde, Wasser und Luft über einander. Die schwersten Theile der Erde sanken am tiefsten; daher entstanden Vertiefungen, in denen sich das Wasser sammelte, und Ungleichheiten auf dem Trocknen. Nach und nach ward die Luft völlig hell, so daß im dritten Jahre durch den Einfluß der Sonnenwärme die Pflanzen hervorkamen, im vierten die Gestirne völlig erschienen, und im fünften und sechsten Thiere und Menschen hervorgebracht wurden. Nach 600 Jahren kam ein anderer Komet der Erde nahe, sein Schweif stürzte sich in Regengüssen herab, das von ihm angezogene unterirdische Wasser durchbrach die Rinde, oder erhob sie an mehreren Stellen, wodurch die großen Bergketten entstanden. Als der Komet sich wieder entfernte, verlief sich das Wasser theils in die entstandenen Höhlen, theils in eine Hauptvertiefung, welche nun das große Weltmeer bildete. Die kleinen Seen im Lande vertrockneten daher, und ließen die Ueberbleibsel ihrer Schalthiere auf dem Boden zurück. Man wird in dieser sonst sinnreichen Hypothese die vielen willkührlichen Voraussetzungen bald erkennen, obgleich sonst der Gedanke, unter den Schöpfungstagen Jahre oder Perioden von unbestimmter Dauer zu verstehen, allgemeinen Beyfall verdient, und die Erklärung der Sündfluth durch einen Kometen allenfalls auch Traditionen und Schriftstellen (z. B. Amos V, 8.) für sich hat (s. Christ Geschichte des Erdkörpers, S. 50. 51.). John Woodward (Historia naturalis telluris. Lond.
William Whiſton (A new Theory of the earth. Cambridge, 1708. 8.) nimmt an, die Erde ſey vor der Schoͤpfung oder Umbildung, welche von Moſe erzaͤhlt wird, und deren Tage er fuͤr Jahre erklaͤrt, ein Komet geweſen. Am erſten Tage aͤnderte nach ihm der Schoͤpfer ihre Laufbahn; nun ſenkten ſich die Theile des Schweifs gegen den Kern, und es ordneten ſich, faſt wie bey Burnet, Erde, Waſſer und Luft uͤber einander. Die ſchwerſten Theile der Erde ſanken am tiefſten; daher entſtanden Vertiefungen, in denen ſich das Waſſer ſammelte, und Ungleichheiten auf dem Trocknen. Nach und nach ward die Luft voͤllig hell, ſo daß im dritten Jahre durch den Einfluß der Sonnenwaͤrme die Pflanzen hervorkamen, im vierten die Geſtirne voͤllig erſchienen, und im fuͤnften und ſechſten Thiere und Menſchen hervorgebracht wurden. Nach 600 Jahren kam ein anderer Komet der Erde nahe, ſein Schweif ſtuͤrzte ſich in Regenguͤſſen herab, das von ihm angezogene unterirdiſche Waſſer durchbrach die Rinde, oder erhob ſie an mehreren Stellen, wodurch die großen Bergketten entſtanden. Als der Komet ſich wieder entfernte, verlief ſich das Waſſer theils in die entſtandenen Hoͤhlen, theils in eine Hauptvertiefung, welche nun das große Weltmeer bildete. Die kleinen Seen im Lande vertrockneten daher, und ließen die Ueberbleibſel ihrer Schalthiere auf dem Boden zuruͤck. Man wird in dieſer ſonſt ſinnreichen Hypotheſe die vielen willkuͤhrlichen Vorausſetzungen bald erkennen, obgleich ſonſt der Gedanke, unter den Schoͤpfungstagen Jahre oder Perioden von unbeſtimmter Dauer zu verſtehen, allgemeinen Beyfall verdient, und die Erklaͤrung der Suͤndfluth durch einen Kometen allenfalls auch Traditionen und Schriftſtellen (z. B. Amos V, 8.) fuͤr ſich hat (ſ. Chriſt Geſchichte des Erdkoͤrpers, S. 50. 51.). John Woodward (Hiſtoria naturalis telluris. Lond. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" xml:id="P.2.56" n="56"/><lb/> ſolchen allgemeinen Einſturzes angiebt, und in deren Schichten auch keine Seethiere begraben werden konnten, zu einer Zeit, da ſie keine Meere hatte. <hi rendition="#b">Keil</hi> (<hi rendition="#aq">Examen theoriae telluris a Burneto editae. Oxon. 1698. 8.</hi>) hat daſſelbe ſchon ſehr gruͤndlich widerlegt.</p> <p><hi rendition="#b">William Whiſton</hi> (<hi rendition="#aq">A new Theory of the earth. Cambridge, 1708. 8.</hi>) nimmt an, die Erde ſey vor der Schoͤpfung oder Umbildung, welche von Moſe erzaͤhlt wird, und deren Tage er fuͤr Jahre erklaͤrt, ein <hi rendition="#b">Komet</hi> geweſen. Am erſten Tage aͤnderte nach ihm der Schoͤpfer ihre Laufbahn; nun ſenkten ſich die Theile des Schweifs gegen den Kern, und es ordneten ſich, faſt wie bey <hi rendition="#b">Burnet,</hi> Erde, Waſſer und Luft uͤber einander. Die ſchwerſten Theile der Erde ſanken am tiefſten; daher entſtanden Vertiefungen, in denen ſich das Waſſer ſammelte, und Ungleichheiten auf dem Trocknen. Nach und nach ward die Luft voͤllig hell, ſo daß im dritten Jahre durch den Einfluß der Sonnenwaͤrme die Pflanzen hervorkamen, im vierten die Geſtirne voͤllig erſchienen, und im fuͤnften und ſechſten Thiere und Menſchen hervorgebracht wurden. Nach 600 Jahren kam ein anderer Komet der Erde nahe, ſein Schweif ſtuͤrzte ſich in Regenguͤſſen herab, das von ihm angezogene unterirdiſche Waſſer durchbrach die Rinde, oder erhob ſie an mehreren Stellen, wodurch die großen Bergketten entſtanden. Als der Komet ſich wieder entfernte, verlief ſich das Waſſer theils in die entſtandenen Hoͤhlen, theils in eine Hauptvertiefung, welche nun das große Weltmeer bildete. Die kleinen Seen im Lande vertrockneten daher, und ließen die Ueberbleibſel ihrer Schalthiere auf dem Boden zuruͤck. Man wird in dieſer ſonſt ſinnreichen Hypotheſe die vielen willkuͤhrlichen Vorausſetzungen bald erkennen, obgleich ſonſt der Gedanke, unter den Schoͤpfungstagen Jahre oder Perioden von unbeſtimmter Dauer zu verſtehen, allgemeinen Beyfall verdient, und die Erklaͤrung der Suͤndfluth durch einen Kometen allenfalls auch Traditionen und Schriftſtellen (z. B. Amos <hi rendition="#aq">V,</hi> 8.) fuͤr ſich hat (ſ. <hi rendition="#b">Chriſt</hi> Geſchichte des Erdkoͤrpers, S. 50. 51.).</p> <p><hi rendition="#b">John Woodward</hi> (<hi rendition="#aq">Hiſtoria naturalis telluris. Lond.</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0062]
ſolchen allgemeinen Einſturzes angiebt, und in deren Schichten auch keine Seethiere begraben werden konnten, zu einer Zeit, da ſie keine Meere hatte. Keil (Examen theoriae telluris a Burneto editae. Oxon. 1698. 8.) hat daſſelbe ſchon ſehr gruͤndlich widerlegt.
William Whiſton (A new Theory of the earth. Cambridge, 1708. 8.) nimmt an, die Erde ſey vor der Schoͤpfung oder Umbildung, welche von Moſe erzaͤhlt wird, und deren Tage er fuͤr Jahre erklaͤrt, ein Komet geweſen. Am erſten Tage aͤnderte nach ihm der Schoͤpfer ihre Laufbahn; nun ſenkten ſich die Theile des Schweifs gegen den Kern, und es ordneten ſich, faſt wie bey Burnet, Erde, Waſſer und Luft uͤber einander. Die ſchwerſten Theile der Erde ſanken am tiefſten; daher entſtanden Vertiefungen, in denen ſich das Waſſer ſammelte, und Ungleichheiten auf dem Trocknen. Nach und nach ward die Luft voͤllig hell, ſo daß im dritten Jahre durch den Einfluß der Sonnenwaͤrme die Pflanzen hervorkamen, im vierten die Geſtirne voͤllig erſchienen, und im fuͤnften und ſechſten Thiere und Menſchen hervorgebracht wurden. Nach 600 Jahren kam ein anderer Komet der Erde nahe, ſein Schweif ſtuͤrzte ſich in Regenguͤſſen herab, das von ihm angezogene unterirdiſche Waſſer durchbrach die Rinde, oder erhob ſie an mehreren Stellen, wodurch die großen Bergketten entſtanden. Als der Komet ſich wieder entfernte, verlief ſich das Waſſer theils in die entſtandenen Hoͤhlen, theils in eine Hauptvertiefung, welche nun das große Weltmeer bildete. Die kleinen Seen im Lande vertrockneten daher, und ließen die Ueberbleibſel ihrer Schalthiere auf dem Boden zuruͤck. Man wird in dieſer ſonſt ſinnreichen Hypotheſe die vielen willkuͤhrlichen Vorausſetzungen bald erkennen, obgleich ſonſt der Gedanke, unter den Schoͤpfungstagen Jahre oder Perioden von unbeſtimmter Dauer zu verſtehen, allgemeinen Beyfall verdient, und die Erklaͤrung der Suͤndfluth durch einen Kometen allenfalls auch Traditionen und Schriftſtellen (z. B. Amos V, 8.) fuͤr ſich hat (ſ. Chriſt Geſchichte des Erdkoͤrpers, S. 50. 51.).
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