Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


zwote der Brennbarkeit, und die dritte das metallische Principium. Diese Theorie hat die Veranlassung zu der systematischen Chymie und zu den wichtigsten neuern Entdeckungen gegeben; sie würde aber ohne Stahls Bemühungen um sie so fruchtbar nicht geworden seyn. Dieser berühmte Chymiker vertauschte die entzündliche Erde mit dem Phlogiston, das seit der Zeit ein für Chymie und Physik so wichtiger Stof geworden ist, und bemühte sich mit vielem Scharfsinn, das Daseyn eines metallischen Principiums zu beweisen, ohne es jedoch dabey weiter, als bis auf Muthmaßungen bringen zu können.

Macquer glaubt, weil Wasser und glasartige Erde entschiedene Grundstoffe wären, das Phlogiston aber nichts anders, als gebundenes Feuer sey, und die neuern Entdeckungen zeigten, daß auch die Luft einen Grundstof der Körper ausmache, so sey man gegenwärtig wieder auf die vier Elemente des Aristoteles, Feuer, Wasser, Luft und Erde zurückgekommen. Allein das Feuer ist wohl mit dem Phlogiston nicht geradehin zu verwechseln, das Wasser scheint nach den neusten Entdeckungen einer weitern Zerlegung fähig seyn, und die aus den Körpern enthaltene Luft besteht aus so mancherley verschiedentlich zusammengesetzten Gattungen, daß man dieser Behauptung keinesweges beypflichten kan, und vielmehr gestehen muß, daß sich die Anzahl und Beschaffenheit der ersten Grundstoffe noch gar nicht angeben lasse, s. Elemente.

Macquers chym. Wörterbuch, Art. Grundstoffe.

Gyps, Gypsum, Gypse, Platre.

Eine zarte steinichte Materie, die sich leicht ritzen läßt, und mit dem Stahle kein Feuer giebt. Sie macht oft ganze Anhöhen und langgedehnte Hügel aus. In durchsichtigen, glänzenden, dünnen Blättern, welche genau auf einander liegen, und ganze durchsichtige Massen bilden, heißt sie Frauenglas, Fraueneis, Spiegelstein (Glacies Mariae, Lapis specularis, Pierre speculaire), in Fasern, die der Länge nach über einander liegen, Stralengyps (Gypsum striatum, Gypse a filets), in halbdurchsichtigen körnichten


zwote der Brennbarkeit, und die dritte das metalliſche Principium. Dieſe Theorie hat die Veranlaſſung zu der ſyſtematiſchen Chymie und zu den wichtigſten neuern Entdeckungen gegeben; ſie wuͤrde aber ohne Stahls Bemuͤhungen um ſie ſo fruchtbar nicht geworden ſeyn. Dieſer beruͤhmte Chymiker vertauſchte die entzuͤndliche Erde mit dem Phlogiſton, das ſeit der Zeit ein fuͤr Chymie und Phyſik ſo wichtiger Stof geworden iſt, und bemuͤhte ſich mit vielem Scharfſinn, das Daſeyn eines metalliſchen Principiums zu beweiſen, ohne es jedoch dabey weiter, als bis auf Muthmaßungen bringen zu koͤnnen.

Macquer glaubt, weil Waſſer und glasartige Erde entſchiedene Grundſtoffe waͤren, das Phlogiſton aber nichts anders, als gebundenes Feuer ſey, und die neuern Entdeckungen zeigten, daß auch die Luft einen Grundſtof der Koͤrper ausmache, ſo ſey man gegenwaͤrtig wieder auf die vier Elemente des Ariſtoteles, Feuer, Waſſer, Luft und Erde zuruͤckgekommen. Allein das Feuer iſt wohl mit dem Phlogiſton nicht geradehin zu verwechſeln, das Waſſer ſcheint nach den neuſten Entdeckungen einer weitern Zerlegung faͤhig ſeyn, und die aus den Koͤrpern enthaltene Luft beſteht aus ſo mancherley verſchiedentlich zuſammengeſetzten Gattungen, daß man dieſer Behauptung keinesweges beypflichten kan, und vielmehr geſtehen muß, daß ſich die Anzahl und Beſchaffenheit der erſten Grundſtoffe noch gar nicht angeben laſſe, ſ. Elemente.

Macquers chym. Woͤrterbuch, Art. Grundſtoffe.

Gyps, Gypſum, Gypſe, Plâtre.

Eine zarte ſteinichte Materie, die ſich leicht ritzen laͤßt, und mit dem Stahle kein Feuer giebt. Sie macht oft ganze Anhoͤhen und langgedehnte Huͤgel aus. In durchſichtigen, glaͤnzenden, duͤnnen Blaͤttern, welche genau auf einander liegen, und ganze durchſichtige Maſſen bilden, heißt ſie Frauenglas, Fraueneis, Spiegelſtein (Glacies Mariae, Lapis ſpecularis, Pierre ſpeculaire), in Faſern, die der Laͤnge nach uͤber einander liegen, Stralengyps (Gypſum ſtriatum, Gypſe à filets), in halbdurchſichtigen koͤrnichten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0549" xml:id="P.2.543" n="543"/><lb/>
zwote der Brennbarkeit, und die dritte das metalli&#x017F;che Principium. Die&#x017F;e Theorie hat die Veranla&#x017F;&#x017F;ung zu der &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;chen Chymie und zu den wichtig&#x017F;ten neuern Entdeckungen gegeben; &#x017F;ie wu&#x0364;rde aber ohne <hi rendition="#b">Stahls</hi> Bemu&#x0364;hungen um &#x017F;ie &#x017F;o fruchtbar nicht geworden &#x017F;eyn. Die&#x017F;er beru&#x0364;hmte Chymiker vertau&#x017F;chte die entzu&#x0364;ndliche Erde mit dem <hi rendition="#b">Phlogi&#x017F;ton,</hi> das &#x017F;eit der Zeit ein fu&#x0364;r Chymie und Phy&#x017F;ik &#x017F;o wichtiger Stof geworden i&#x017F;t, und bemu&#x0364;hte &#x017F;ich mit vielem Scharf&#x017F;inn, das Da&#x017F;eyn eines metalli&#x017F;chen Principiums zu bewei&#x017F;en, ohne es jedoch dabey weiter, als bis auf Muthmaßungen bringen zu ko&#x0364;nnen.</p>
            <p><hi rendition="#b">Macquer</hi> glaubt, weil <hi rendition="#b">Wa&#x017F;&#x017F;er</hi> und glasartige <hi rendition="#b">Erde</hi> ent&#x017F;chiedene Grund&#x017F;toffe wa&#x0364;ren, das Phlogi&#x017F;ton aber nichts anders, als gebundenes <hi rendition="#b">Feuer</hi> &#x017F;ey, und die neuern Entdeckungen zeigten, daß auch die <hi rendition="#b">Luft</hi> einen Grund&#x017F;tof der Ko&#x0364;rper ausmache, &#x017F;o &#x017F;ey man gegenwa&#x0364;rtig wieder auf die vier Elemente des <hi rendition="#b">Ari&#x017F;toteles,</hi> Feuer, Wa&#x017F;&#x017F;er, Luft und Erde zuru&#x0364;ckgekommen. Allein das Feuer i&#x017F;t wohl mit dem Phlogi&#x017F;ton nicht geradehin zu verwech&#x017F;eln, das Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;cheint nach den neu&#x017F;ten Entdeckungen einer weitern Zerlegung fa&#x0364;hig &#x017F;eyn, und die aus den Ko&#x0364;rpern enthaltene Luft be&#x017F;teht aus &#x017F;o mancherley ver&#x017F;chiedentlich zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Gattungen, daß man die&#x017F;er Behauptung keinesweges beypflichten kan, und vielmehr ge&#x017F;tehen muß, daß &#x017F;ich die Anzahl und Be&#x017F;chaffenheit der er&#x017F;ten Grund&#x017F;toffe noch gar nicht angeben la&#x017F;&#x017F;e, <hi rendition="#b">&#x017F;. Elemente.</hi></p>
            <p><hi rendition="#b">Macquers</hi> chym. Wo&#x0364;rterbuch, <hi rendition="#b">Art. Grund&#x017F;toffe.</hi></p>
          </div>
          <div n="2">
            <head>Gyps, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Gyp&#x017F;um</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Gyp&#x017F;e, Plâtre</hi></foreign></name>.</head><lb/>
            <p>Eine zarte &#x017F;teinichte Materie, die &#x017F;ich leicht ritzen la&#x0364;ßt, und mit dem Stahle kein Feuer giebt. Sie macht oft ganze Anho&#x0364;hen und langgedehnte Hu&#x0364;gel aus. In durch&#x017F;ichtigen, gla&#x0364;nzenden, du&#x0364;nnen Bla&#x0364;ttern, welche genau auf einander liegen, und ganze durch&#x017F;ichtige Ma&#x017F;&#x017F;en bilden, heißt &#x017F;ie <hi rendition="#b">Frauenglas, Fraueneis, Spiegel&#x017F;tein</hi> <hi rendition="#aq">(Glacies Mariae, Lapis &#x017F;pecularis, <hi rendition="#i">Pierre &#x017F;peculaire),</hi></hi> in Fa&#x017F;ern, die der La&#x0364;nge nach u&#x0364;ber einander liegen, <hi rendition="#b">Stralengyps</hi> <hi rendition="#aq">(Gyp&#x017F;um &#x017F;triatum, <hi rendition="#i">Gyp&#x017F;e à filets),</hi></hi> in halbdurch&#x017F;ichtigen ko&#x0364;rnichten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[543/0549] zwote der Brennbarkeit, und die dritte das metalliſche Principium. Dieſe Theorie hat die Veranlaſſung zu der ſyſtematiſchen Chymie und zu den wichtigſten neuern Entdeckungen gegeben; ſie wuͤrde aber ohne Stahls Bemuͤhungen um ſie ſo fruchtbar nicht geworden ſeyn. Dieſer beruͤhmte Chymiker vertauſchte die entzuͤndliche Erde mit dem Phlogiſton, das ſeit der Zeit ein fuͤr Chymie und Phyſik ſo wichtiger Stof geworden iſt, und bemuͤhte ſich mit vielem Scharfſinn, das Daſeyn eines metalliſchen Principiums zu beweiſen, ohne es jedoch dabey weiter, als bis auf Muthmaßungen bringen zu koͤnnen. Macquer glaubt, weil Waſſer und glasartige Erde entſchiedene Grundſtoffe waͤren, das Phlogiſton aber nichts anders, als gebundenes Feuer ſey, und die neuern Entdeckungen zeigten, daß auch die Luft einen Grundſtof der Koͤrper ausmache, ſo ſey man gegenwaͤrtig wieder auf die vier Elemente des Ariſtoteles, Feuer, Waſſer, Luft und Erde zuruͤckgekommen. Allein das Feuer iſt wohl mit dem Phlogiſton nicht geradehin zu verwechſeln, das Waſſer ſcheint nach den neuſten Entdeckungen einer weitern Zerlegung faͤhig ſeyn, und die aus den Koͤrpern enthaltene Luft beſteht aus ſo mancherley verſchiedentlich zuſammengeſetzten Gattungen, daß man dieſer Behauptung keinesweges beypflichten kan, und vielmehr geſtehen muß, daß ſich die Anzahl und Beſchaffenheit der erſten Grundſtoffe noch gar nicht angeben laſſe, ſ. Elemente. Macquers chym. Woͤrterbuch, Art. Grundſtoffe. Gyps, Gypſum, Gypſe, Plâtre. Eine zarte ſteinichte Materie, die ſich leicht ritzen laͤßt, und mit dem Stahle kein Feuer giebt. Sie macht oft ganze Anhoͤhen und langgedehnte Huͤgel aus. In durchſichtigen, glaͤnzenden, duͤnnen Blaͤttern, welche genau auf einander liegen, und ganze durchſichtige Maſſen bilden, heißt ſie Frauenglas, Fraueneis, Spiegelſtein (Glacies Mariae, Lapis ſpecularis, Pierre ſpeculaire), in Faſern, die der Laͤnge nach uͤber einander liegen, Stralengyps (Gypſum ſtriatum, Gypſe à filets), in halbdurchſichtigen koͤrnichten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/549
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/549>, abgerufen am 20.05.2024.