Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Zwo Kugeln gravitiren in den vorerwähnten beyden Fällen so gegen einander, als ob ihre ganzen Massen in ihren Schwerpunkten wären (pr. 75.). Bey allen andern Gesetzen der Gravitation würden die ganzen Kugeln nicht einerley Gesetz mit den einzelnen Theilen befolgen; denn dies ist ein besonderer Vorzug der gedachten beyden Fälle, in welchem auch Maupertuis (Mem. de Paris 1737.) die Ursache finden will, warum der Schöpfer das Gesetz des umgekehrten Verhältnisses der Quadrate gewählt habe. Aus diesem Gesetze lassen sich nun, wenn man blos die Gravitation gegen die Sonne betrachtet, die elliptischen Bewegungen der Planeten so ableiten, wie bey dem Worte: Centralbewegung (Th. I. S. 474. u. f.) gezeigt worden ist. Da aber die Schwere wechselseitig ist, so gravitirt auch die Sonne gegen die Planeten (Newt. L. I. Sect. XI.) und ist daher nicht ganz unbeweglich. Liefe nur ein Planet um sie, so würden beyde um ihren gemeinschaftlichen Schwerpunkt ähnliche Ellipsen beschreiben. Kömmt noch ein dritter hinzu, so wird die Auflösung verwickelter, und macht einen Fall der berühmten Aufgabe von drey Körpern aus. So läßt sich übersehen, daß in unserm Sonnensystem die Planeten nicht um den Mittelpunkt der Sonne, sondern um den gemeinschaftlichen Schwerpunkt aller dazu gehörigen Körper laufen, welches der einzige unbewegliche Punkt des Systems ist. Die Sonne selbst bewegt sich um denselben, aber ihre überwiegend große Masse macht, daß dieser Schwerpunkt ihrem Mittelpunkte sehr nahe liegt, daher ihre Bewegung unmerklich wird. Inzwischen ändert sich dadurch das Gesetz des gleichen Verhältnisses der Flächenräume und der Zeiten ein wenig, und es kömmt daher die Bewegung der Apsiden und der Knotenlinien (Newton L. III. prop. 14. Schol.). Bey dem Laufe der Monden um ihre Hauptplaneten bewirkt ebenfalls die Schwere gegen die Sonne große Abweichungen. Diese machen den zweyten Fall der Aufgabe von drey Körpern aus. Es ist z. B. nicht die Erde selbst,
Zwo Kugeln gravitiren in den vorerwaͤhnten beyden Faͤllen ſo gegen einander, als ob ihre ganzen Maſſen in ihren Schwerpunkten waͤren (pr. 75.). Bey allen andern Geſetzen der Gravitation wuͤrden die ganzen Kugeln nicht einerley Geſetz mit den einzelnen Theilen befolgen; denn dies iſt ein beſonderer Vorzug der gedachten beyden Faͤlle, in welchem auch Maupertuis (Mém. de Paris 1737.) die Urſache finden will, warum der Schoͤpfer das Geſetz des umgekehrten Verhaͤltniſſes der Quadrate gewaͤhlt habe. Aus dieſem Geſetze laſſen ſich nun, wenn man blos die Gravitation gegen die Sonne betrachtet, die elliptiſchen Bewegungen der Planeten ſo ableiten, wie bey dem Worte: Centralbewegung (Th. I. S. 474. u. f.) gezeigt worden iſt. Da aber die Schwere wechſelſeitig iſt, ſo gravitirt auch die Sonne gegen die Planeten (Newt. L. I. Sect. XI.) und iſt daher nicht ganz unbeweglich. Liefe nur ein Planet um ſie, ſo wuͤrden beyde um ihren gemeinſchaftlichen Schwerpunkt aͤhnliche Ellipſen beſchreiben. Koͤmmt noch ein dritter hinzu, ſo wird die Aufloͤſung verwickelter, und macht einen Fall der beruͤhmten Aufgabe von drey Koͤrpern aus. So laͤßt ſich uͤberſehen, daß in unſerm Sonnenſyſtem die Planeten nicht um den Mittelpunkt der Sonne, ſondern um den gemeinſchaftlichen Schwerpunkt aller dazu gehoͤrigen Koͤrper laufen, welches der einzige unbewegliche Punkt des Syſtems iſt. Die Sonne ſelbſt bewegt ſich um denſelben, aber ihre uͤberwiegend große Maſſe macht, daß dieſer Schwerpunkt ihrem Mittelpunkte ſehr nahe liegt, daher ihre Bewegung unmerklich wird. Inzwiſchen aͤndert ſich dadurch das Geſetz des gleichen Verhaͤltniſſes der Flaͤchenraͤume und der Zeiten ein wenig, und es koͤmmt daher die Bewegung der Apſiden und der Knotenlinien (Newton L. III. prop. 14. Schol.). Bey dem Laufe der Monden um ihre Hauptplaneten bewirkt ebenfalls die Schwere gegen die Sonne große Abweichungen. Dieſe machen den zweyten Fall der Aufgabe von drey Koͤrpern aus. Es iſt z. B. nicht die Erde ſelbſt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0537" xml:id="P.2.531" n="531"/><lb/> naͤher koͤmmt. Im Innern einer <hi rendition="#b">hohlen</hi> Sphaͤre heben ſich die Anziehungen von allen Seiten auf <hi rendition="#aq">(prop. 70.).</hi></p> <p>Zwo Kugeln gravitiren in den vorerwaͤhnten beyden Faͤllen ſo gegen einander, als ob ihre ganzen Maſſen in ihren Schwerpunkten waͤren <hi rendition="#aq">(pr. 75.).</hi> Bey allen andern Geſetzen der Gravitation wuͤrden die ganzen Kugeln nicht einerley Geſetz mit den einzelnen Theilen befolgen; denn dies iſt ein beſonderer Vorzug der gedachten beyden Faͤlle, in welchem auch <hi rendition="#b">Maupertuis</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris 1737.)</hi> die Urſache finden will, warum der Schoͤpfer das Geſetz des umgekehrten Verhaͤltniſſes der Quadrate gewaͤhlt habe.</p> <p>Aus dieſem Geſetze laſſen ſich nun, wenn man blos die Gravitation gegen die Sonne betrachtet, die elliptiſchen Bewegungen der Planeten ſo ableiten, wie bey dem Worte: <hi rendition="#b">Centralbewegung</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 474. u. f.) gezeigt worden iſt. Da aber die Schwere wechſelſeitig iſt, ſo gravitirt auch die Sonne gegen die Planeten <hi rendition="#aq">(Newt. L. I. Sect. XI.)</hi> und iſt daher nicht ganz unbeweglich. Liefe nur ein Planet um ſie, ſo wuͤrden beyde um ihren gemeinſchaftlichen Schwerpunkt aͤhnliche Ellipſen beſchreiben. Koͤmmt noch ein dritter hinzu, ſo wird die Aufloͤſung verwickelter, und macht einen Fall der beruͤhmten <hi rendition="#b">Aufgabe von drey Koͤrpern</hi> aus. So laͤßt ſich uͤberſehen, daß in unſerm Sonnenſyſtem die Planeten nicht um den Mittelpunkt der Sonne, ſondern um den gemeinſchaftlichen Schwerpunkt aller dazu gehoͤrigen Koͤrper laufen, welches der einzige unbewegliche Punkt des Syſtems iſt. Die Sonne ſelbſt bewegt ſich um denſelben, aber ihre uͤberwiegend große Maſſe macht, daß dieſer Schwerpunkt ihrem Mittelpunkte ſehr nahe liegt, daher ihre Bewegung unmerklich wird. Inzwiſchen aͤndert ſich dadurch das Geſetz des gleichen Verhaͤltniſſes der Flaͤchenraͤume und der Zeiten ein wenig, und es koͤmmt daher die Bewegung der Apſiden und der Knotenlinien <hi rendition="#aq">(Newton L. III. prop. 14. Schol.).</hi></p> <p>Bey dem Laufe der Monden um ihre Hauptplaneten bewirkt ebenfalls die Schwere gegen die Sonne große Abweichungen. Dieſe machen den zweyten Fall der Aufgabe von drey Koͤrpern aus. Es iſt z. B. nicht die Erde ſelbſt,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [531/0537]
naͤher koͤmmt. Im Innern einer hohlen Sphaͤre heben ſich die Anziehungen von allen Seiten auf (prop. 70.).
Zwo Kugeln gravitiren in den vorerwaͤhnten beyden Faͤllen ſo gegen einander, als ob ihre ganzen Maſſen in ihren Schwerpunkten waͤren (pr. 75.). Bey allen andern Geſetzen der Gravitation wuͤrden die ganzen Kugeln nicht einerley Geſetz mit den einzelnen Theilen befolgen; denn dies iſt ein beſonderer Vorzug der gedachten beyden Faͤlle, in welchem auch Maupertuis (Mém. de Paris 1737.) die Urſache finden will, warum der Schoͤpfer das Geſetz des umgekehrten Verhaͤltniſſes der Quadrate gewaͤhlt habe.
Aus dieſem Geſetze laſſen ſich nun, wenn man blos die Gravitation gegen die Sonne betrachtet, die elliptiſchen Bewegungen der Planeten ſo ableiten, wie bey dem Worte: Centralbewegung (Th. I. S. 474. u. f.) gezeigt worden iſt. Da aber die Schwere wechſelſeitig iſt, ſo gravitirt auch die Sonne gegen die Planeten (Newt. L. I. Sect. XI.) und iſt daher nicht ganz unbeweglich. Liefe nur ein Planet um ſie, ſo wuͤrden beyde um ihren gemeinſchaftlichen Schwerpunkt aͤhnliche Ellipſen beſchreiben. Koͤmmt noch ein dritter hinzu, ſo wird die Aufloͤſung verwickelter, und macht einen Fall der beruͤhmten Aufgabe von drey Koͤrpern aus. So laͤßt ſich uͤberſehen, daß in unſerm Sonnenſyſtem die Planeten nicht um den Mittelpunkt der Sonne, ſondern um den gemeinſchaftlichen Schwerpunkt aller dazu gehoͤrigen Koͤrper laufen, welches der einzige unbewegliche Punkt des Syſtems iſt. Die Sonne ſelbſt bewegt ſich um denſelben, aber ihre uͤberwiegend große Maſſe macht, daß dieſer Schwerpunkt ihrem Mittelpunkte ſehr nahe liegt, daher ihre Bewegung unmerklich wird. Inzwiſchen aͤndert ſich dadurch das Geſetz des gleichen Verhaͤltniſſes der Flaͤchenraͤume und der Zeiten ein wenig, und es koͤmmt daher die Bewegung der Apſiden und der Knotenlinien (Newton L. III. prop. 14. Schol.).
Bey dem Laufe der Monden um ihre Hauptplaneten bewirkt ebenfalls die Schwere gegen die Sonne große Abweichungen. Dieſe machen den zweyten Fall der Aufgabe von drey Koͤrpern aus. Es iſt z. B. nicht die Erde ſelbſt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |