Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


der ihn hält, hat nicht mehr das ganze Gewicht des Körpers, sondern nur diesen Ueberrest, mit dem er sinken will, zu tragen, und die Wage, an deren Schale dieser Faden befestiget wird, zeigt nur diesen Ueberrest an. Das heißt: Der Körper verliert im Wasser von seinem Gewichte so viel, als ein gleich großer Theil Wasser wiegt. Wiegt z. B. eine Bleykugel 11 Loth, und eine gleich große Wasserkugel 1 Loth, so wird die Bleykugel in Wasser versenkt, 1 Loth von ihrem Gewichte verlieren. Versuche hierüber anzustellen, dient die hydrostatische Wage, s. Wage, hydrostatische, und Anwendungen hievon auf die Bestimmung der eigenthümlichen Gewichte der Körper findet man bey dem Worte: Schwere, specifische.

Hat der feste Körper, der sich in dem Wasser befindet, mit dem Wasser selbst einerley Gewicht, so verliert er sein ganzes Gewicht, und behält nichts übrig, womit er sinken könnte. Er bleibt also mitten im Wasser an seiner Stelle ruhig stehen, und ein Faden, an dem er hängt, hat nichts mehr zu tragen. So fühlt man das Gewicht eines Eimers mit Wasser, den man aus einem Brunnen zieht, gar nicht, so lang der Eimer völlig unter Wasser ist.

Ein fester Körper endlich, der weniger wiegt, als ein gleich großer Theil Wasser, wird von dem Wasser stärker aufwärts gehoben, als ihn sein Gewicht niedertreibt. Er wird also weder sinken, noch stehen bleiben, sondern vielmehr so lang aufwärts steigen, bis ihn das Wasser nicht mehr stärker heben kan, als ihn sein Gewicht abwärts treibt, d. h. er wird schwimmen. Eben dies wiederfährt auch einem flüßigen Körper, der sich nicht mit dem Wasser vermischt, und es wird hievon bey dem Worte: Schwimmen, ausführlich gehandelt werden.

Diese Sätze vom Gleichgewichte fester Körper mit flüßigen, sind Erfindungen des Archimedes ([fremdsprachliches Material] s. De insidentibus humido Libri II. in Opp. per David. Rivaltum. Paris 1615. fol. p. 487.), von welchem Vitruv (De architectura L. IX. c. 3.) das bekannte Märchen erzählt, daß er bey Veranlassung einer


der ihn haͤlt, hat nicht mehr das ganze Gewicht des Koͤrpers, ſondern nur dieſen Ueberreſt, mit dem er ſinken will, zu tragen, und die Wage, an deren Schale dieſer Faden befeſtiget wird, zeigt nur dieſen Ueberreſt an. Das heißt: Der Koͤrper verliert im Waſſer von ſeinem Gewichte ſo viel, als ein gleich großer Theil Waſſer wiegt. Wiegt z. B. eine Bleykugel 11 Loth, und eine gleich große Waſſerkugel 1 Loth, ſo wird die Bleykugel in Waſſer verſenkt, 1 Loth von ihrem Gewichte verlieren. Verſuche hieruͤber anzuſtellen, dient die hydroſtatiſche Wage, ſ. Wage, hydroſtatiſche, und Anwendungen hievon auf die Beſtimmung der eigenthuͤmlichen Gewichte der Koͤrper findet man bey dem Worte: Schwere, ſpecifiſche.

Hat der feſte Koͤrper, der ſich in dem Waſſer befindet, mit dem Waſſer ſelbſt einerley Gewicht, ſo verliert er ſein ganzes Gewicht, und behaͤlt nichts uͤbrig, womit er ſinken koͤnnte. Er bleibt alſo mitten im Waſſer an ſeiner Stelle ruhig ſtehen, und ein Faden, an dem er haͤngt, hat nichts mehr zu tragen. So fuͤhlt man das Gewicht eines Eimers mit Waſſer, den man aus einem Brunnen zieht, gar nicht, ſo lang der Eimer voͤllig unter Waſſer iſt.

Ein feſter Koͤrper endlich, der weniger wiegt, als ein gleich großer Theil Waſſer, wird von dem Waſſer ſtaͤrker aufwaͤrts gehoben, als ihn ſein Gewicht niedertreibt. Er wird alſo weder ſinken, noch ſtehen bleiben, ſondern vielmehr ſo lang aufwaͤrts ſteigen, bis ihn das Waſſer nicht mehr ſtaͤrker heben kan, als ihn ſein Gewicht abwaͤrts treibt, d. h. er wird ſchwimmen. Eben dies wiederfaͤhrt auch einem fluͤßigen Koͤrper, der ſich nicht mit dem Waſſer vermiſcht, und es wird hievon bey dem Worte: Schwimmen, ausfuͤhrlich gehandelt werden.

Dieſe Saͤtze vom Gleichgewichte feſter Koͤrper mit fluͤßigen, ſind Erfindungen des Archimedes ([fremdsprachliches Material] ſ. De inſidentibus humido Libri II. in Opp. per David. Rivaltum. Paris 1615. fol. p. 487.), von welchem Vitruv (De architectura L. IX. c. 3.) das bekannte Maͤrchen erzaͤhlt, daß er bey Veranlaſſung einer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0512" xml:id="P.2.506" n="506"/><lb/>
der ihn ha&#x0364;lt, hat nicht mehr das ganze Gewicht des Ko&#x0364;rpers, &#x017F;ondern nur die&#x017F;en Ueberre&#x017F;t, mit dem er &#x017F;inken will, zu tragen, und die Wage, an deren Schale die&#x017F;er Faden befe&#x017F;tiget wird, zeigt nur die&#x017F;en Ueberre&#x017F;t an. Das heißt: <hi rendition="#b">Der Ko&#x0364;rper verliert im Wa&#x017F;&#x017F;er von &#x017F;einem Gewichte &#x017F;o viel, als ein gleich großer Theil Wa&#x017F;&#x017F;er wiegt.</hi> Wiegt z. B. eine Bleykugel 11 Loth, und eine gleich große Wa&#x017F;&#x017F;erkugel 1 Loth, &#x017F;o wird die Bleykugel in Wa&#x017F;&#x017F;er ver&#x017F;enkt, 1 Loth von ihrem Gewichte verlieren. Ver&#x017F;uche hieru&#x0364;ber anzu&#x017F;tellen, dient die hydro&#x017F;tati&#x017F;che Wage, <hi rendition="#b">&#x017F;. Wage, hydro&#x017F;tati&#x017F;che,</hi> und Anwendungen hievon auf die Be&#x017F;timmung der eigenthu&#x0364;mlichen Gewichte der Ko&#x0364;rper findet man bey dem Worte: <hi rendition="#b">Schwere, &#x017F;pecifi&#x017F;che.</hi></p>
            <p>Hat der fe&#x017F;te Ko&#x0364;rper, der &#x017F;ich in dem Wa&#x017F;&#x017F;er befindet, mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t einerley Gewicht, &#x017F;o verliert er &#x017F;ein ganzes Gewicht, und beha&#x0364;lt nichts u&#x0364;brig, womit er &#x017F;inken ko&#x0364;nnte. Er bleibt al&#x017F;o mitten im Wa&#x017F;&#x017F;er an &#x017F;einer Stelle ruhig &#x017F;tehen, und ein Faden, an dem er ha&#x0364;ngt, hat nichts mehr zu tragen. So fu&#x0364;hlt man das Gewicht eines Eimers mit Wa&#x017F;&#x017F;er, den man aus einem Brunnen zieht, gar nicht, &#x017F;o lang der Eimer vo&#x0364;llig unter Wa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t.</p>
            <p>Ein fe&#x017F;ter Ko&#x0364;rper endlich, der weniger wiegt, als ein gleich großer Theil Wa&#x017F;&#x017F;er, wird von dem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ta&#x0364;rker aufwa&#x0364;rts gehoben, als ihn &#x017F;ein Gewicht niedertreibt. Er wird al&#x017F;o weder &#x017F;inken, noch &#x017F;tehen bleiben, &#x017F;ondern vielmehr &#x017F;o lang aufwa&#x0364;rts &#x017F;teigen, bis ihn das Wa&#x017F;&#x017F;er nicht mehr &#x017F;ta&#x0364;rker heben kan, als ihn &#x017F;ein Gewicht abwa&#x0364;rts treibt, d. h. er wird <hi rendition="#b">&#x017F;chwimmen.</hi> Eben dies wiederfa&#x0364;hrt auch einem flu&#x0364;ßigen Ko&#x0364;rper, der &#x017F;ich nicht mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er vermi&#x017F;cht, und es wird hievon bey dem Worte: <hi rendition="#b">Schwimmen,</hi> ausfu&#x0364;hrlich gehandelt werden.</p>
            <p>Die&#x017F;e Sa&#x0364;tze vom Gleichgewichte fe&#x017F;ter Ko&#x0364;rper mit  flu&#x0364;ßigen, &#x017F;ind Erfindungen des <hi rendition="#b">Archimedes</hi> (<foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">peri\ tw_n   o)xoume/nwn bibl. b.</note></foreign> <hi rendition="#aq">&#x017F;. De in&#x017F;identibus humido Libri II. in Opp. per David. Rivaltum. Paris 1615. fol. p. 487.),</hi> von welchem <hi rendition="#b">Vitruv</hi> <hi rendition="#aq">(De architectura L. IX. c. 3.)</hi> das bekannte Ma&#x0364;rchen erza&#x0364;hlt, daß er bey Veranla&#x017F;&#x017F;ung einer<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[506/0512] der ihn haͤlt, hat nicht mehr das ganze Gewicht des Koͤrpers, ſondern nur dieſen Ueberreſt, mit dem er ſinken will, zu tragen, und die Wage, an deren Schale dieſer Faden befeſtiget wird, zeigt nur dieſen Ueberreſt an. Das heißt: Der Koͤrper verliert im Waſſer von ſeinem Gewichte ſo viel, als ein gleich großer Theil Waſſer wiegt. Wiegt z. B. eine Bleykugel 11 Loth, und eine gleich große Waſſerkugel 1 Loth, ſo wird die Bleykugel in Waſſer verſenkt, 1 Loth von ihrem Gewichte verlieren. Verſuche hieruͤber anzuſtellen, dient die hydroſtatiſche Wage, ſ. Wage, hydroſtatiſche, und Anwendungen hievon auf die Beſtimmung der eigenthuͤmlichen Gewichte der Koͤrper findet man bey dem Worte: Schwere, ſpecifiſche. Hat der feſte Koͤrper, der ſich in dem Waſſer befindet, mit dem Waſſer ſelbſt einerley Gewicht, ſo verliert er ſein ganzes Gewicht, und behaͤlt nichts uͤbrig, womit er ſinken koͤnnte. Er bleibt alſo mitten im Waſſer an ſeiner Stelle ruhig ſtehen, und ein Faden, an dem er haͤngt, hat nichts mehr zu tragen. So fuͤhlt man das Gewicht eines Eimers mit Waſſer, den man aus einem Brunnen zieht, gar nicht, ſo lang der Eimer voͤllig unter Waſſer iſt. Ein feſter Koͤrper endlich, der weniger wiegt, als ein gleich großer Theil Waſſer, wird von dem Waſſer ſtaͤrker aufwaͤrts gehoben, als ihn ſein Gewicht niedertreibt. Er wird alſo weder ſinken, noch ſtehen bleiben, ſondern vielmehr ſo lang aufwaͤrts ſteigen, bis ihn das Waſſer nicht mehr ſtaͤrker heben kan, als ihn ſein Gewicht abwaͤrts treibt, d. h. er wird ſchwimmen. Eben dies wiederfaͤhrt auch einem fluͤßigen Koͤrper, der ſich nicht mit dem Waſſer vermiſcht, und es wird hievon bey dem Worte: Schwimmen, ausfuͤhrlich gehandelt werden. Dieſe Saͤtze vom Gleichgewichte feſter Koͤrper mit fluͤßigen, ſind Erfindungen des Archimedes (_ ſ. De inſidentibus humido Libri II. in Opp. per David. Rivaltum. Paris 1615. fol. p. 487.), von welchem Vitruv (De architectura L. IX. c. 3.) das bekannte Maͤrchen erzaͤhlt, daß er bey Veranlaſſung einer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/512
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/512>, abgerufen am 20.05.2024.