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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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kehren, wie sich Unerfahrne bisweilen vorstellen, wenn sie die Figur und die Worte: oben, unten blos auf den Ort o beziehen. Jedem Menschen heißt das oben, wohin sich sein Haupt, und das unten, wogegen sich seine Füße kehren. Für die in n ist also N oben und C unten, und die Richtung der Schwere treibt bey ihnen eben sowohl, als bey uns, die Körper niederwärts, daher sie von ihrer Stellung gegen Himmel und Erde eben die Empfindung, wie wir von der unsrigen, haben. Alles dies ist durch die wirklichen Erfahrungen der vielen Weltumsegler vollkommen bestätiget worden. In Vergleichung mit einander aber kehren sich die in n und die in o wirklich die Füße zu, daher auch die Benennungen ihren Ursprung haben.

Gegenfüßler wohnen in gleichen, aber entgegengesetzten Breiten, und die Längen ihrer Wohnplätze unterscheiden sich um 180°. Daher sind ihre Jahrszeiten gerade entgegengesetzt, und ihre Stunden um 12 St. unterschieden. Unsere Antipoden haben Frühling, wenn wir Herbst, Mitternacht, wenn wir Mittag haben. Für Leipzig fällt der entgegengesetzte Ort der Erdfläche in die Südsee zwischen Neuseeland und die südliche Spitze von Amerika, daß wir also keine eigentlichen Gegenfüßler haben.

Die Idee von Antipoden findet sich schon bey den griechischen Weltweisen, und namentlich beym Plato, zu dessen Zeiten man die Kugelgestalt der Erde längstens aus Schlüßen kannte. Sehr viele Schriftsteller, z. B. Cicero (Quaest. Acad. IV. 39.), Plinius (H. N. II. 65.). Plutarch (De facie lunae) gedenken der Antipoden, zum Theil umständlich. Die Kirchenväter hingegen fingen an, sich sehr heftig gegen die Meinung von der Kugelgestalt der Erde zu erklären. Lactantius (Inslit. Divin. III. 24.) und Augustinus (De civit. Dei XVI. 9.) läugnen das Daseyn der Gegenfüßler, und Cosmas nennt die Vertheidiger der Runde der Erde homines nomine Christiano indignos, qui S. Scripturam abnegent, utpote quae mundum esse tabernaculum testetur. Im achten Jahrhunderte n. C. G. vertheidigte Vergilius, der aus Irland nach


kehren, wie ſich Unerfahrne bisweilen vorſtellen, wenn ſie die Figur und die Worte: oben, unten blos auf den Ort o beziehen. Jedem Menſchen heißt das oben, wohin ſich ſein Haupt, und das unten, wogegen ſich ſeine Fuͤße kehren. Fuͤr die in n iſt alſo N oben und C unten, und die Richtung der Schwere treibt bey ihnen eben ſowohl, als bey uns, die Koͤrper niederwaͤrts, daher ſie von ihrer Stellung gegen Himmel und Erde eben die Empfindung, wie wir von der unſrigen, haben. Alles dies iſt durch die wirklichen Erfahrungen der vielen Weltumſegler vollkommen beſtaͤtiget worden. In Vergleichung mit einander aber kehren ſich die in n und die in o wirklich die Fuͤße zu, daher auch die Benennungen ihren Urſprung haben.

Gegenfuͤßler wohnen in gleichen, aber entgegengeſetzten Breiten, und die Laͤngen ihrer Wohnplaͤtze unterſcheiden ſich um 180°. Daher ſind ihre Jahrszeiten gerade entgegengeſetzt, und ihre Stunden um 12 St. unterſchieden. Unſere Antipoden haben Fruͤhling, wenn wir Herbſt, Mitternacht, wenn wir Mittag haben. Fuͤr Leipzig faͤllt der entgegengeſetzte Ort der Erdflaͤche in die Suͤdſee zwiſchen Neuſeeland und die ſuͤdliche Spitze von Amerika, daß wir alſo keine eigentlichen Gegenfuͤßler haben.

Die Idee von Antipoden findet ſich ſchon bey den griechiſchen Weltweiſen, und namentlich beym Plato, zu deſſen Zeiten man die Kugelgeſtalt der Erde laͤngſtens aus Schluͤßen kannte. Sehr viele Schriftſteller, z. B. Cicero (Quaeſt. Acad. IV. 39.), Plinius (H. N. II. 65.). Plutarch (De facie lunae) gedenken der Antipoden, zum Theil umſtaͤndlich. Die Kirchenvaͤter hingegen fingen an, ſich ſehr heftig gegen die Meinung von der Kugelgeſtalt der Erde zu erklaͤren. Lactantius (Inſlit. Divin. III. 24.) und Auguſtinus (De civit. Dei XVI. 9.) laͤugnen das Daſeyn der Gegenfuͤßler, und Coſmas nennt die Vertheidiger der Runde der Erde homines nomine Chriſtiano indignos, qui S. Scripturam abnegent, utpote quae mundum eſſe tabernaculum teſtetur. Im achten Jahrhunderte n. C. G. vertheidigte Vergilius, der aus Irland nach

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[440/0446] kehren, wie ſich Unerfahrne bisweilen vorſtellen, wenn ſie die Figur und die Worte: oben, unten blos auf den Ort o beziehen. Jedem Menſchen heißt das oben, wohin ſich ſein Haupt, und das unten, wogegen ſich ſeine Fuͤße kehren. Fuͤr die in n iſt alſo N oben und C unten, und die Richtung der Schwere treibt bey ihnen eben ſowohl, als bey uns, die Koͤrper niederwaͤrts, daher ſie von ihrer Stellung gegen Himmel und Erde eben die Empfindung, wie wir von der unſrigen, haben. Alles dies iſt durch die wirklichen Erfahrungen der vielen Weltumſegler vollkommen beſtaͤtiget worden. In Vergleichung mit einander aber kehren ſich die in n und die in o wirklich die Fuͤße zu, daher auch die Benennungen ihren Urſprung haben. Gegenfuͤßler wohnen in gleichen, aber entgegengeſetzten Breiten, und die Laͤngen ihrer Wohnplaͤtze unterſcheiden ſich um 180°. Daher ſind ihre Jahrszeiten gerade entgegengeſetzt, und ihre Stunden um 12 St. unterſchieden. Unſere Antipoden haben Fruͤhling, wenn wir Herbſt, Mitternacht, wenn wir Mittag haben. Fuͤr Leipzig faͤllt der entgegengeſetzte Ort der Erdflaͤche in die Suͤdſee zwiſchen Neuſeeland und die ſuͤdliche Spitze von Amerika, daß wir alſo keine eigentlichen Gegenfuͤßler haben. Die Idee von Antipoden findet ſich ſchon bey den griechiſchen Weltweiſen, und namentlich beym Plato, zu deſſen Zeiten man die Kugelgeſtalt der Erde laͤngſtens aus Schluͤßen kannte. Sehr viele Schriftſteller, z. B. Cicero (Quaeſt. Acad. IV. 39.), Plinius (H. N. II. 65.). Plutarch (De facie lunae) gedenken der Antipoden, zum Theil umſtaͤndlich. Die Kirchenvaͤter hingegen fingen an, ſich ſehr heftig gegen die Meinung von der Kugelgeſtalt der Erde zu erklaͤren. Lactantius (Inſlit. Divin. III. 24.) und Auguſtinus (De civit. Dei XVI. 9.) laͤugnen das Daſeyn der Gegenfuͤßler, und Coſmas nennt die Vertheidiger der Runde der Erde homines nomine Chriſtiano indignos, qui S. Scripturam abnegent, utpote quae mundum eſſe tabernaculum teſtetur. Im achten Jahrhunderte n. C. G. vertheidigte Vergilius, der aus Irland nach

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/446>, abgerufen am 22.11.2024.