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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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and Obs. Vol. I. P. I. Sect. 4.),
nachdem er sich lange mit vergeblichen Versuchen über die Verbesserung verdorbner Luft beschäftigt hatte. Er fand, daß die durch das Athmen der in ihr gestorbnen Thiere vollkommen tödtlich gewordene Luft durch die Vegetation der Pflanzen so gut wieder hergestellt ward, daß nach Verlauf einiger Tage ein Thier in ihr wieder eben so gut und so lange lebte, als in einer gleichen Menge gemeiner Luft. Er bediente sich bey diesen Versuchen vornehmlich der Münze (Menta piperitis, Linn.), und setzte im August des Jahres 1771 einen Stengel von dieser Pflanze in Luft, in welcher er Mäuse hatte athmen und sterben lassen. Acht oder neun Tage darauf war diese Luft wiederum völlig respirabel geworden, und eine Maus befand sich wohl in derselben, dagegen eine andere in dem zurückbehaltenen Reste jener verdorbnen Luft augenblicklich starb.

Zwar wollten diese Versuche einigen andern Naturforschern nicht gelingen, und selbst Priestley fand im Jahre 1778 bey Wiederholung derselben mit einer Menge anderer Pflanzen (Exp. and Obs. Vol. IV. p. 302.) ihr Resultat zweifelhaft. Allein die im Jahre 1779 bekannt gewordenen Versuche des D. Ingenhouß (Exp. upon vegetables London, 1779. 8. Versuche mit Pflanzen, wodurch entdeckt worden, daß sie die Kraft besitzen, die atmosphärische Luft beym Sonnenschein zu reinigen, des Nachts aber zu verschlimmern, Leipzig 1780. 8.) klärten einen großen Theil dieser Misverständniße auf. Dieser Gelehrte bemerkte, 1<*> daß die meisten Pflanzen die Kraft haben, schlechte Luft in wenigen Stunden zu verbessern, wenn sie dem Sonnenlichte ausgesetzt werden, daß sie hingegen in der Nacht oder im Schatten die gemeine Luft verderben, 2) daß die Pflanzen aus ihrer eignen Substanz am Sonnenlichte eine reine dephlogistisirte Luft, in der Nacht aber oder im Schatten eine sehr unreine Luft geben, 3) daß nicht alle Theile der Pflanzen, sondern nur die grünen Stengel und Blätter, besonders durch ihre untere Seite, diese Wirkung thun, 4) daß die Entwicklung der dephlogistisirten Luft erst einige Stunden nach Erscheinung der Sonne über dem Horizonte anfange, und mit Ende des Tages aufhöre, und


and Obſ. Vol. I. P. I. Sect. 4.),
nachdem er ſich lange mit vergeblichen Verſuchen uͤber die Verbeſſerung verdorbner Luft beſchaͤftigt hatte. Er fand, daß die durch das Athmen der in ihr geſtorbnen Thiere vollkommen toͤdtlich gewordene Luft durch die Vegetation der Pflanzen ſo gut wieder hergeſtellt ward, daß nach Verlauf einiger Tage ein Thier in ihr wieder eben ſo gut und ſo lange lebte, als in einer gleichen Menge gemeiner Luft. Er bediente ſich bey dieſen Verſuchen vornehmlich der Muͤnze (Menta piperitis, Linn.), und ſetzte im Auguſt des Jahres 1771 einen Stengel von dieſer Pflanze in Luft, in welcher er Maͤuſe hatte athmen und ſterben laſſen. Acht oder neun Tage darauf war dieſe Luft wiederum voͤllig reſpirabel geworden, und eine Maus befand ſich wohl in derſelben, dagegen eine andere in dem zuruͤckbehaltenen Reſte jener verdorbnen Luft augenblicklich ſtarb.

Zwar wollten dieſe Verſuche einigen andern Naturforſchern nicht gelingen, und ſelbſt Prieſtley fand im Jahre 1778 bey Wiederholung derſelben mit einer Menge anderer Pflanzen (Exp. and Obſ. Vol. IV. p. 302.) ihr Reſultat zweifelhaft. Allein die im Jahre 1779 bekannt gewordenen Verſuche des D. Ingenhouß (Exp. upon vegetables London, 1779. 8. Verſuche mit Pflanzen, wodurch entdeckt worden, daß ſie die Kraft beſitzen, die atmoſphaͤriſche Luft beym Sonnenſchein zu reinigen, des Nachts aber zu verſchlimmern, Leipzig 1780. 8.) klaͤrten einen großen Theil dieſer Misverſtaͤndniße auf. Dieſer Gelehrte bemerkte, 1<*> daß die meiſten Pflanzen die Kraft haben, ſchlechte Luft in wenigen Stunden zu verbeſſern, wenn ſie dem Sonnenlichte ausgeſetzt werden, daß ſie hingegen in der Nacht oder im Schatten die gemeine Luft verderben, 2) daß die Pflanzen aus ihrer eignen Subſtanz am Sonnenlichte eine reine dephlogiſtiſirte Luft, in der Nacht aber oder im Schatten eine ſehr unreine Luft geben, 3) daß nicht alle Theile der Pflanzen, ſondern nur die gruͤnen Stengel und Blaͤtter, beſonders durch ihre untere Seite, dieſe Wirkung thun, 4) daß die Entwicklung der dephlogiſtiſirten Luft erſt einige Stunden nach Erſcheinung der Sonne uͤber dem Horizonte anfange, und mit Ende des Tages aufhoͤre, und

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[358/0364] and Obſ. Vol. I. P. I. Sect. 4.), nachdem er ſich lange mit vergeblichen Verſuchen uͤber die Verbeſſerung verdorbner Luft beſchaͤftigt hatte. Er fand, daß die durch das Athmen der in ihr geſtorbnen Thiere vollkommen toͤdtlich gewordene Luft durch die Vegetation der Pflanzen ſo gut wieder hergeſtellt ward, daß nach Verlauf einiger Tage ein Thier in ihr wieder eben ſo gut und ſo lange lebte, als in einer gleichen Menge gemeiner Luft. Er bediente ſich bey dieſen Verſuchen vornehmlich der Muͤnze (Menta piperitis, Linn.), und ſetzte im Auguſt des Jahres 1771 einen Stengel von dieſer Pflanze in Luft, in welcher er Maͤuſe hatte athmen und ſterben laſſen. Acht oder neun Tage darauf war dieſe Luft wiederum voͤllig reſpirabel geworden, und eine Maus befand ſich wohl in derſelben, dagegen eine andere in dem zuruͤckbehaltenen Reſte jener verdorbnen Luft augenblicklich ſtarb. Zwar wollten dieſe Verſuche einigen andern Naturforſchern nicht gelingen, und ſelbſt Prieſtley fand im Jahre 1778 bey Wiederholung derſelben mit einer Menge anderer Pflanzen (Exp. and Obſ. Vol. IV. p. 302.) ihr Reſultat zweifelhaft. Allein die im Jahre 1779 bekannt gewordenen Verſuche des D. Ingenhouß (Exp. upon vegetables London, 1779. 8. Verſuche mit Pflanzen, wodurch entdeckt worden, daß ſie die Kraft beſitzen, die atmoſphaͤriſche Luft beym Sonnenſchein zu reinigen, des Nachts aber zu verſchlimmern, Leipzig 1780. 8.) klaͤrten einen großen Theil dieſer Misverſtaͤndniße auf. Dieſer Gelehrte bemerkte, 1<*> daß die meiſten Pflanzen die Kraft haben, ſchlechte Luft in wenigen Stunden zu verbeſſern, wenn ſie dem Sonnenlichte ausgeſetzt werden, daß ſie hingegen in der Nacht oder im Schatten die gemeine Luft verderben, 2) daß die Pflanzen aus ihrer eignen Subſtanz am Sonnenlichte eine reine dephlogiſtiſirte Luft, in der Nacht aber oder im Schatten eine ſehr unreine Luft geben, 3) daß nicht alle Theile der Pflanzen, ſondern nur die gruͤnen Stengel und Blaͤtter, beſonders durch ihre untere Seite, dieſe Wirkung thun, 4) daß die Entwicklung der dephlogiſtiſirten Luft erſt einige Stunden nach Erſcheinung der Sonne uͤber dem Horizonte anfange, und mit Ende des Tages aufhoͤre, und

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/364>, abgerufen am 19.05.2024.