Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


die Farben der Flammen verschieden; die reinsten des Weingeists und Schwefels sind blau, Kupfer mit Kochsalzsäure brennt grün, der Talk gelb, Kampher und Spießglas weiß u. f. w.

Die Flamme steigt in der freyen Luft in die Höhe, ohne Zweifel wegen ihrer specifischen Leichtigkeit. Sie nimmt dabey insgemein eine konische Gestalt an, und verlängert sich sehr beträchtlich, wenn man sie mit einem engen Ringe umgiebt, oder mit einer dünnen Glasröhre von etwa 7 bis 8 Lin. Durchmesser auffängt. Eben diese Verlängerung zeigt sich auch, wenn man die Flammen zwoer Kerzen mit einander in Berührung bringt.

Es wird zur Erzeugung und Unterhaltung der Flamme ein gewisser Grad der Hitze erfordert, welchen de Lüc, wie ich bereits bey dem Worte: Feuer angeführt habe, auf 650 Grad des Fahrenheitischen Thermometers setzt, und die brennende Wärme nennt. So bald die Theile der Flamme, welcher durch die benachbarte kalte Luft, vielleicht auch durch die Verdampfung der Theile des brennbaren Körpers viel Wärme entzogen wird, diesen Grad der Hitze verlieren, so zeigen sie sich nicht mehr brennend oder leuchtend, und die Flamme hat an dieser Stelle ihre Grenzen.

Manche Materien, z. B. der Weingeist, erhitzen sich so schnell, daß ihre Oberflächen durch ihre eigne Flamme immer den zum Brennen nöthigen Grad der Wärme geschwind genug erhalten können. Daher brennt angezündeter Weingeist immer fort, bis er verzehrt ist, ohne weitere Hülfsmittel. Oel, Talg, Wachs u. dgl. erhitzen sich langsamer, und erhalten an den Oberflächen den gehörigen Grad der Wärme zu spät, um eine Flamme ununterbrochen zu erhalten. Daher sind bey den Kerzen und Lampen Dachte (ellychnia, cotonea, meches) nöthig, in deren feinen Canälen das Oel oder geschmolzene Wachs und Talg in zarte Theile zertrennt bis zur Flamme in die Höhe steigen kan. Bey dieser Zertrennung nimmt es die erforderliche Hitze leicht an, da hingegen der Zufluß einer großen Masse von Oel oder Wachs die Hitze plötzlich vermindern und die Flamme auslöschen würde. Diese letztere steht auch


die Farben der Flammen verſchieden; die reinſten des Weingeiſts und Schwefels ſind blau, Kupfer mit Kochſalzſaͤure brennt gruͤn, der Talk gelb, Kampher und Spießglas weiß u. f. w.

Die Flamme ſteigt in der freyen Luft in die Hoͤhe, ohne Zweifel wegen ihrer ſpecifiſchen Leichtigkeit. Sie nimmt dabey insgemein eine koniſche Geſtalt an, und verlaͤngert ſich ſehr betraͤchtlich, wenn man ſie mit einem engen Ringe umgiebt, oder mit einer duͤnnen Glasroͤhre von etwa 7 bis 8 Lin. Durchmeſſer auffaͤngt. Eben dieſe Verlaͤngerung zeigt ſich auch, wenn man die Flammen zwoer Kerzen mit einander in Beruͤhrung bringt.

Es wird zur Erzeugung und Unterhaltung der Flamme ein gewiſſer Grad der Hitze erfordert, welchen de Luͤc, wie ich bereits bey dem Worte: Feuer angefuͤhrt habe, auf 650 Grad des Fahrenheitiſchen Thermometers ſetzt, und die brennende Waͤrme nennt. So bald die Theile der Flamme, welcher durch die benachbarte kalte Luft, vielleicht auch durch die Verdampfung der Theile des brennbaren Koͤrpers viel Waͤrme entzogen wird, dieſen Grad der Hitze verlieren, ſo zeigen ſie ſich nicht mehr brennend oder leuchtend, und die Flamme hat an dieſer Stelle ihre Grenzen.

Manche Materien, z. B. der Weingeiſt, erhitzen ſich ſo ſchnell, daß ihre Oberflaͤchen durch ihre eigne Flamme immer den zum Brennen noͤthigen Grad der Waͤrme geſchwind genug erhalten koͤnnen. Daher brennt angezuͤndeter Weingeiſt immer fort, bis er verzehrt iſt, ohne weitere Huͤlfsmittel. Oel, Talg, Wachs u. dgl. erhitzen ſich langſamer, und erhalten an den Oberflaͤchen den gehoͤrigen Grad der Waͤrme zu ſpaͤt, um eine Flamme ununterbrochen zu erhalten. Daher ſind bey den Kerzen und Lampen Dachte (ellychnia, cotonea, mêches) noͤthig, in deren feinen Canaͤlen das Oel oder geſchmolzene Wachs und Talg in zarte Theile zertrennt bis zur Flamme in die Hoͤhe ſteigen kan. Bey dieſer Zertrennung nimmt es die erforderliche Hitze leicht an, da hingegen der Zufluß einer großen Maſſe von Oel oder Wachs die Hitze ploͤtzlich vermindern und die Flamme ausloͤſchen wuͤrde. Dieſe letztere ſteht auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0284" xml:id="P.2.278" n="278"/><lb/>
die Farben der Flammen ver&#x017F;chieden; die rein&#x017F;ten des Weingei&#x017F;ts und Schwefels &#x017F;ind blau, Kupfer mit Koch&#x017F;alz&#x017F;a&#x0364;ure brennt gru&#x0364;n, der Talk gelb, Kampher und Spießglas weiß u. f. w.</p>
            <p>Die Flamme &#x017F;teigt in der freyen Luft in die Ho&#x0364;he, ohne Zweifel wegen ihrer &#x017F;pecifi&#x017F;chen Leichtigkeit. Sie nimmt dabey insgemein eine koni&#x017F;che Ge&#x017F;talt an, und verla&#x0364;ngert &#x017F;ich &#x017F;ehr betra&#x0364;chtlich, wenn man &#x017F;ie mit einem engen Ringe umgiebt, oder mit einer du&#x0364;nnen Glasro&#x0364;hre von etwa 7 bis 8 Lin. Durchme&#x017F;&#x017F;er auffa&#x0364;ngt. Eben die&#x017F;e Verla&#x0364;ngerung zeigt &#x017F;ich auch, wenn man die Flammen zwoer Kerzen mit einander in Beru&#x0364;hrung bringt.</p>
            <p>Es wird zur Erzeugung und Unterhaltung der Flamme ein gewi&#x017F;&#x017F;er Grad der Hitze erfordert, welchen <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;c,</hi> wie ich bereits bey dem Worte: <hi rendition="#b">Feuer</hi> angefu&#x0364;hrt habe, auf 650 Grad des Fahrenheiti&#x017F;chen Thermometers &#x017F;etzt, und die <hi rendition="#b">brennende Wa&#x0364;rme</hi> nennt. So bald die Theile der Flamme, welcher durch die benachbarte kalte Luft, vielleicht auch durch die Verdampfung der Theile des brennbaren Ko&#x0364;rpers viel Wa&#x0364;rme entzogen wird, die&#x017F;en Grad der Hitze verlieren, &#x017F;o zeigen &#x017F;ie &#x017F;ich nicht mehr brennend oder leuchtend, und die Flamme hat an die&#x017F;er Stelle ihre Grenzen.</p>
            <p>Manche Materien, z. B. der Weingei&#x017F;t, erhitzen &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;chnell, daß ihre Oberfla&#x0364;chen durch ihre eigne Flamme immer den zum Brennen no&#x0364;thigen Grad der Wa&#x0364;rme ge&#x017F;chwind genug erhalten ko&#x0364;nnen. Daher brennt angezu&#x0364;ndeter Weingei&#x017F;t immer fort, bis er verzehrt i&#x017F;t, ohne weitere Hu&#x0364;lfsmittel. Oel, Talg, Wachs u. dgl. erhitzen &#x017F;ich lang&#x017F;amer, und erhalten an den Oberfla&#x0364;chen den geho&#x0364;rigen Grad der Wa&#x0364;rme zu &#x017F;pa&#x0364;t, um eine Flamme ununterbrochen zu erhalten. Daher &#x017F;ind bey den Kerzen und Lampen <hi rendition="#b">Dachte</hi> <hi rendition="#aq">(ellychnia, cotonea, <hi rendition="#i">mêches</hi>)</hi> no&#x0364;thig, in deren feinen Cana&#x0364;len das Oel oder ge&#x017F;chmolzene Wachs und Talg in zarte Theile zertrennt bis zur Flamme in die Ho&#x0364;he &#x017F;teigen kan. Bey die&#x017F;er Zertrennung nimmt es die erforderliche Hitze leicht an, da hingegen der Zufluß einer großen Ma&#x017F;&#x017F;e von Oel oder Wachs die Hitze plo&#x0364;tzlich vermindern und die Flamme auslo&#x0364;&#x017F;chen wu&#x0364;rde. Die&#x017F;e letztere &#x017F;teht auch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0284] die Farben der Flammen verſchieden; die reinſten des Weingeiſts und Schwefels ſind blau, Kupfer mit Kochſalzſaͤure brennt gruͤn, der Talk gelb, Kampher und Spießglas weiß u. f. w. Die Flamme ſteigt in der freyen Luft in die Hoͤhe, ohne Zweifel wegen ihrer ſpecifiſchen Leichtigkeit. Sie nimmt dabey insgemein eine koniſche Geſtalt an, und verlaͤngert ſich ſehr betraͤchtlich, wenn man ſie mit einem engen Ringe umgiebt, oder mit einer duͤnnen Glasroͤhre von etwa 7 bis 8 Lin. Durchmeſſer auffaͤngt. Eben dieſe Verlaͤngerung zeigt ſich auch, wenn man die Flammen zwoer Kerzen mit einander in Beruͤhrung bringt. Es wird zur Erzeugung und Unterhaltung der Flamme ein gewiſſer Grad der Hitze erfordert, welchen de Luͤc, wie ich bereits bey dem Worte: Feuer angefuͤhrt habe, auf 650 Grad des Fahrenheitiſchen Thermometers ſetzt, und die brennende Waͤrme nennt. So bald die Theile der Flamme, welcher durch die benachbarte kalte Luft, vielleicht auch durch die Verdampfung der Theile des brennbaren Koͤrpers viel Waͤrme entzogen wird, dieſen Grad der Hitze verlieren, ſo zeigen ſie ſich nicht mehr brennend oder leuchtend, und die Flamme hat an dieſer Stelle ihre Grenzen. Manche Materien, z. B. der Weingeiſt, erhitzen ſich ſo ſchnell, daß ihre Oberflaͤchen durch ihre eigne Flamme immer den zum Brennen noͤthigen Grad der Waͤrme geſchwind genug erhalten koͤnnen. Daher brennt angezuͤndeter Weingeiſt immer fort, bis er verzehrt iſt, ohne weitere Huͤlfsmittel. Oel, Talg, Wachs u. dgl. erhitzen ſich langſamer, und erhalten an den Oberflaͤchen den gehoͤrigen Grad der Waͤrme zu ſpaͤt, um eine Flamme ununterbrochen zu erhalten. Daher ſind bey den Kerzen und Lampen Dachte (ellychnia, cotonea, mêches) noͤthig, in deren feinen Canaͤlen das Oel oder geſchmolzene Wachs und Talg in zarte Theile zertrennt bis zur Flamme in die Hoͤhe ſteigen kan. Bey dieſer Zertrennung nimmt es die erforderliche Hitze leicht an, da hingegen der Zufluß einer großen Maſſe von Oel oder Wachs die Hitze ploͤtzlich vermindern und die Flamme ausloͤſchen wuͤrde. Dieſe letztere ſteht auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/284
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/284>, abgerufen am 10.05.2024.