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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Man hat bisweilen neue Fixsterne an Orten gesehen, wo vorher keine waren. Hipparch ward durch eine solche Erscheinung 125 Jahr v. C. G. bewogen, ein Sternverzeichniß zu verfertigen. Das bekannteste Beyspiel ist die Erscheinung des neuen Sterns im Bilde der Cassiopea, welcher sich im November 1572 auf einmal mit einen. Glanze zeigte, der das Licht des Sirius und selbst des Iupiters übertraf, und am hellen Tage zu sehen war. Er fieng vom December 1572 an abzunehmen, und ward endlich im März 1574 unsichtbar. Tycho (Progymnasmata Astron. Frf. 1602. 4. L. I.) hat ihn sehr fleißig beobachtet, und keine Parallaxe an ihm wahrgenommen. Einen fast eben so glänzenden Stern beobachtete Kepler (De stella nova in pede Serpentarii. Prag. 1606. 4.) am Fuß des Schlangenträgers im Jahre 1604, der ebenfalls keine Parallaxe zeigte, und im folgenden Jahre wieder unsichtbar ward. Der jüngere Cassini (Elemens d'Astron. p. 73.) führt noch mehrere ähnliche Beyspiele von kleinern neuen Sternen an.

Andere Fixsterne, die man wunderbare oder veränderliche nennt, erscheinen bald heller, bald dunkler, und verschwinden wohl gar auf einige Zeit, halten aber doch bey diesen Abwechselungen ihres Lichts regelmäßige Perioden von bestimmter Dauer. Im Sternbilde des Schwans allein sind drey dergleichen veränderliche Sterne, die Bayer in seiner Uranometrie für unveränderlich gehalten, die ersten beyden mit kh und P bezeichnet, den dritten aber nahe am Kopfe des Schwans unter die ungebildeten gesetzt hat. Der merkwürdigste ist der mit kh bezeichnete. Kirch hat seine Lichtveränderungen 1686 zuerst beobachtet; Cassini (Mem. de l' Acad. roy. des Sc. 1759.) setzt die Periode derselben auf 405 Tage. Am Halse des Wallfisches ward 1596 von Fabricius der veränderliche Stern (mira in collo Ceti) beobachtet, welchen Bayer o nennet, und der nach Hevel (Historia mirae stellae in collo Ceti. Gedan. 1662. fol.) binnen einer Periode von 11 Monaten von der dritten Größe bis zum Verschwinden ab-, und dann nach der Wiedererscheinung wieder bis zur dritten Größe zunimmt. Neuerlich hat Goodricke in England eine merkwürdige


Man hat bisweilen neue Fixſterne an Orten geſehen, wo vorher keine waren. Hipparch ward durch eine ſolche Erſcheinung 125 Jahr v. C. G. bewogen, ein Sternverzeichniß zu verfertigen. Das bekannteſte Beyſpiel iſt die Erſcheinung des neuen Sterns im Bilde der Caſſiopea, welcher ſich im November 1572 auf einmal mit einen. Glanze zeigte, der das Licht des Sirius und ſelbſt des Iupiters uͤbertraf, und am hellen Tage zu ſehen war. Er fieng vom December 1572 an abzunehmen, und ward endlich im Maͤrz 1574 unſichtbar. Tycho (Progymnaſmata Aſtron. Frf. 1602. 4. L. I.) hat ihn ſehr fleißig beobachtet, und keine Parallaxe an ihm wahrgenommen. Einen faſt eben ſo glaͤnzenden Stern beobachtete Kepler (De ſtella nova in pede Serpentarii. Prag. 1606. 4.) am Fuß des Schlangentraͤgers im Jahre 1604, der ebenfalls keine Parallaxe zeigte, und im folgenden Jahre wieder unſichtbar ward. Der juͤngere Caſſini (Elemens d'Aſtron. p. 73.) fuͤhrt noch mehrere aͤhnliche Beyſpiele von kleinern neuen Sternen an.

Andere Fixſterne, die man wunderbare oder veraͤnderliche nennt, erſcheinen bald heller, bald dunkler, und verſchwinden wohl gar auf einige Zeit, halten aber doch bey dieſen Abwechſelungen ihres Lichts regelmaͤßige Perioden von beſtimmter Dauer. Im Sternbilde des Schwans allein ſind drey dergleichen veraͤnderliche Sterne, die Bayer in ſeiner Uranometrie fuͤr unveraͤnderlich gehalten, die erſten beyden mit χ und P bezeichnet, den dritten aber nahe am Kopfe des Schwans unter die ungebildeten geſetzt hat. Der merkwuͤrdigſte iſt der mit χ bezeichnete. Kirch hat ſeine Lichtveraͤnderungen 1686 zuerſt beobachtet; Caſſini (Mém. de l' Acad. roy. des Sc. 1759.) ſetzt die Periode derſelben auf 405 Tage. Am Halſe des Wallfiſches ward 1596 von Fabricius der veraͤnderliche Stern (mira in collo Ceti) beobachtet, welchen Bayer ο nennet, und der nach Hevel (Hiſtoria mirae ſtellae in collo Ceti. Gedan. 1662. fol.) binnen einer Periode von 11 Monaten von der dritten Groͤße bis zum Verſchwinden ab-, und dann nach der Wiedererſcheinung wieder bis zur dritten Groͤße zunimmt. Neuerlich hat Goodricke in England eine merkwuͤrdige

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[268/0274] Man hat bisweilen neue Fixſterne an Orten geſehen, wo vorher keine waren. Hipparch ward durch eine ſolche Erſcheinung 125 Jahr v. C. G. bewogen, ein Sternverzeichniß zu verfertigen. Das bekannteſte Beyſpiel iſt die Erſcheinung des neuen Sterns im Bilde der Caſſiopea, welcher ſich im November 1572 auf einmal mit einen. Glanze zeigte, der das Licht des Sirius und ſelbſt des Iupiters uͤbertraf, und am hellen Tage zu ſehen war. Er fieng vom December 1572 an abzunehmen, und ward endlich im Maͤrz 1574 unſichtbar. Tycho (Progymnaſmata Aſtron. Frf. 1602. 4. L. I.) hat ihn ſehr fleißig beobachtet, und keine Parallaxe an ihm wahrgenommen. Einen faſt eben ſo glaͤnzenden Stern beobachtete Kepler (De ſtella nova in pede Serpentarii. Prag. 1606. 4.) am Fuß des Schlangentraͤgers im Jahre 1604, der ebenfalls keine Parallaxe zeigte, und im folgenden Jahre wieder unſichtbar ward. Der juͤngere Caſſini (Elemens d'Aſtron. p. 73.) fuͤhrt noch mehrere aͤhnliche Beyſpiele von kleinern neuen Sternen an. Andere Fixſterne, die man wunderbare oder veraͤnderliche nennt, erſcheinen bald heller, bald dunkler, und verſchwinden wohl gar auf einige Zeit, halten aber doch bey dieſen Abwechſelungen ihres Lichts regelmaͤßige Perioden von beſtimmter Dauer. Im Sternbilde des Schwans allein ſind drey dergleichen veraͤnderliche Sterne, die Bayer in ſeiner Uranometrie fuͤr unveraͤnderlich gehalten, die erſten beyden mit χ und P bezeichnet, den dritten aber nahe am Kopfe des Schwans unter die ungebildeten geſetzt hat. Der merkwuͤrdigſte iſt der mit χ bezeichnete. Kirch hat ſeine Lichtveraͤnderungen 1686 zuerſt beobachtet; Caſſini (Mém. de l' Acad. roy. des Sc. 1759.) ſetzt die Periode derſelben auf 405 Tage. Am Halſe des Wallfiſches ward 1596 von Fabricius der veraͤnderliche Stern (mira in collo Ceti) beobachtet, welchen Bayer ο nennet, und der nach Hevel (Hiſtoria mirae ſtellae in collo Ceti. Gedan. 1662. fol.) binnen einer Periode von 11 Monaten von der dritten Groͤße bis zum Verſchwinden ab-, und dann nach der Wiedererſcheinung wieder bis zur dritten Groͤße zunimmt. Neuerlich hat Goodricke in England eine merkwuͤrdige

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/274>, abgerufen am 10.05.2024.