Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


ist, Eisen rothglühend zu machen. s. Wärme, absolure.

Nach den hierüber angestellten Versuchen enthält die gemeine Luft gegen 19mal mehr Feuer oder absolute Wärme, und die dephlogistisirte gegen 87mal mehr als ein gleiches Gewicht Wasser von gleicher Temperatur; auch die gemeine Luft 69 und die dephlogistisirte 322mal mehr, als das Gewicht gleich viel fixer und phlogistisirter Luft. Die Metalle enthalten weniger Feuer, als ihre Kalke, z. B. der Spießglaskönig, beynahe 3mal weniger, als der Spießglaskalk. Vitriolsäure enthält mehr denn 4mal so viel Feuer, als der Schwefel; das Pulsadernblut mehr, als das in den Blutadern; das Wasser mehr als das Eis. Mehrere Beyspiele hievon zeigen die bey dem Worte: Wärme, specifische mitgetheilten Tabellen. Alle diese Beyspiele aber scheinen nachfolgende Regel zu bestätigen.

Wenn mit einer Masse mehr Phlogiston verbunden wird, so wird dadurch ihre Fähigkeit, das Feuer zu binden, vermindert, und ein Theil ihrer absoluten Wärme ausgetrieben. Wird ihr hingegen Phlogiston entzogen, so wird ihre Fähigkeit, das Feuer zu binden, verstärkt, und sie verschluckt einen Theil des Feuers aus den sie berührenden Körpern.

Diesem Grundsatze. zu Folge sieht Crawford das Phlogiston als ein dem Feuer entgegengesetztes Wesen an, dessen Vereinigung mit einem Körper das Feuer aus demselben heraus treibt, dagegen durch die Wirkung des Feuers auf eine Masse die Anziehung derselben gegen das Phlogiston vermindert wird. Er erklärt hieraus die Unterhaltung der Wärme in den Körpern der lebenden Menschen und Thiere (s. Athemholen, Wärme, thierische) ingleichen die Entzündung und Verbrennung, nebst den meisten dabey vorkommenden Erscheinungen sehr glücklich.

Freyes Feuer wirkt auf alle Körper, welche Brennbares enthalten, als Auflösungsmittel. Kömmt nun hiezu ein freyer Zutritt der Luft, deren reiner Theil eine starke Verwandschaft gegen das Phlogiston hat, so wird dieselbe sich mit dem aus dem Körper entwickelten Phlogiston verbinden,


iſt, Eiſen rothgluͤhend zu machen. ſ. Waͤrme, abſolure.

Nach den hieruͤber angeſtellten Verſuchen enthaͤlt die gemeine Luft gegen 19mal mehr Feuer oder abſolute Waͤrme, und die dephlogiſtiſirte gegen 87mal mehr als ein gleiches Gewicht Waſſer von gleicher Temperatur; auch die gemeine Luft 69 und die dephlogiſtiſirte 322mal mehr, als das Gewicht gleich viel fixer und phlogiſtiſirter Luft. Die Metalle enthalten weniger Feuer, als ihre Kalke, z. B. der Spießglaskoͤnig, beynahe 3mal weniger, als der Spießglaskalk. Vitriolſaͤure enthaͤlt mehr denn 4mal ſo viel Feuer, als der Schwefel; das Pulsadernblut mehr, als das in den Blutadern; das Waſſer mehr als das Eis. Mehrere Beyſpiele hievon zeigen die bey dem Worte: Waͤrme, ſpecifiſche mitgetheilten Tabellen. Alle dieſe Beyſpiele aber ſcheinen nachfolgende Regel zu beſtaͤtigen.

Wenn mit einer Maſſe mehr Phlogiſton verbunden wird, ſo wird dadurch ihre Faͤhigkeit, das Feuer zu binden, vermindert, und ein Theil ihrer abſoluten Waͤrme ausgetrieben. Wird ihr hingegen Phlogiſton entzogen, ſo wird ihre Faͤhigkeit, das Feuer zu binden, verſtaͤrkt, und ſie verſchluckt einen Theil des Feuers aus den ſie beruͤhrenden Koͤrpern.

Dieſem Grundſatze. zu Folge ſieht Crawford das Phlogiſton als ein dem Feuer entgegengeſetztes Weſen an, deſſen Vereinigung mit einem Koͤrper das Feuer aus demſelben heraus treibt, dagegen durch die Wirkung des Feuers auf eine Maſſe die Anziehung derſelben gegen das Phlogiſton vermindert wird. Er erklaͤrt hieraus die Unterhaltung der Waͤrme in den Koͤrpern der lebenden Menſchen und Thiere (ſ. Athemholen, Waͤrme, thieriſche) ingleichen die Entzuͤndung und Verbrennung, nebſt den meiſten dabey vorkommenden Erſcheinungen ſehr gluͤcklich.

Freyes Feuer wirkt auf alle Koͤrper, welche Brennbares enthalten, als Aufloͤſungsmittel. Koͤmmt nun hiezu ein freyer Zutritt der Luft, deren reiner Theil eine ſtarke Verwandſchaft gegen das Phlogiſton hat, ſo wird dieſelbe ſich mit dem aus dem Koͤrper entwickelten Phlogiſton verbinden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0228" xml:id="P.2.222" n="222"/><lb/>
i&#x017F;t, Ei&#x017F;en rothglu&#x0364;hend zu machen. <hi rendition="#b">&#x017F;. Wa&#x0364;rme, ab&#x017F;olure.</hi></p>
            <p>Nach den hieru&#x0364;ber ange&#x017F;tellten Ver&#x017F;uchen entha&#x0364;lt die gemeine Luft gegen 19mal mehr <hi rendition="#b">Feuer</hi> oder ab&#x017F;olute Wa&#x0364;rme, und die dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte gegen 87mal mehr als ein gleiches Gewicht Wa&#x017F;&#x017F;er von gleicher Temperatur; auch die gemeine Luft 69 und die dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte 322mal mehr, als das Gewicht gleich viel fixer und phlogi&#x017F;ti&#x017F;irter Luft. Die Metalle enthalten weniger Feuer, als ihre Kalke, z. B. der Spießglasko&#x0364;nig, beynahe 3mal weniger, als der Spießglaskalk. Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure entha&#x0364;lt mehr denn 4mal &#x017F;o viel Feuer, als der Schwefel; das Pulsadernblut mehr, als das in den Blutadern; das Wa&#x017F;&#x017F;er mehr als das Eis. Mehrere Bey&#x017F;piele hievon zeigen die bey dem Worte: <hi rendition="#b">Wa&#x0364;rme, &#x017F;pecifi&#x017F;che</hi> mitgetheilten Tabellen. Alle die&#x017F;e Bey&#x017F;piele aber &#x017F;cheinen nachfolgende Regel zu be&#x017F;ta&#x0364;tigen.</p>
            <p>Wenn mit einer Ma&#x017F;&#x017F;e mehr Phlogi&#x017F;ton verbunden wird, &#x017F;o wird dadurch ihre Fa&#x0364;higkeit, das Feuer zu binden, vermindert, und ein Theil ihrer ab&#x017F;oluten Wa&#x0364;rme ausgetrieben. Wird ihr hingegen Phlogi&#x017F;ton entzogen, &#x017F;o wird ihre Fa&#x0364;higkeit, das Feuer zu binden, ver&#x017F;ta&#x0364;rkt, und &#x017F;ie ver&#x017F;chluckt einen Theil des Feuers aus den &#x017F;ie beru&#x0364;hrenden Ko&#x0364;rpern.</p>
            <p>Die&#x017F;em Grund&#x017F;atze. zu Folge &#x017F;ieht <hi rendition="#b">Crawford</hi> das <hi rendition="#b">Phlogi&#x017F;ton</hi> als ein dem <hi rendition="#b">Feuer</hi> entgegenge&#x017F;etztes We&#x017F;en an, de&#x017F;&#x017F;en Vereinigung mit einem Ko&#x0364;rper das Feuer aus dem&#x017F;elben heraus treibt, dagegen durch die Wirkung des Feuers auf eine Ma&#x017F;&#x017F;e die Anziehung der&#x017F;elben gegen das Phlogi&#x017F;ton vermindert wird. Er erkla&#x0364;rt hieraus die Unterhaltung der Wa&#x0364;rme in den Ko&#x0364;rpern der lebenden Men&#x017F;chen und Thiere (<hi rendition="#b">&#x017F;. Athemholen, Wa&#x0364;rme, thieri&#x017F;che</hi>) ingleichen die Entzu&#x0364;ndung und Verbrennung, neb&#x017F;t den mei&#x017F;ten dabey vorkommenden Er&#x017F;cheinungen &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich.</p>
            <p>Freyes Feuer wirkt auf alle Ko&#x0364;rper, welche Brennbares enthalten, als Auflo&#x0364;&#x017F;ungsmittel. Ko&#x0364;mmt nun hiezu ein freyer Zutritt der Luft, deren reiner Theil eine &#x017F;tarke Verwand&#x017F;chaft gegen das Phlogi&#x017F;ton hat, &#x017F;o wird die&#x017F;elbe &#x017F;ich mit dem aus dem Ko&#x0364;rper entwickelten Phlogi&#x017F;ton verbinden,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0228] iſt, Eiſen rothgluͤhend zu machen. ſ. Waͤrme, abſolure. Nach den hieruͤber angeſtellten Verſuchen enthaͤlt die gemeine Luft gegen 19mal mehr Feuer oder abſolute Waͤrme, und die dephlogiſtiſirte gegen 87mal mehr als ein gleiches Gewicht Waſſer von gleicher Temperatur; auch die gemeine Luft 69 und die dephlogiſtiſirte 322mal mehr, als das Gewicht gleich viel fixer und phlogiſtiſirter Luft. Die Metalle enthalten weniger Feuer, als ihre Kalke, z. B. der Spießglaskoͤnig, beynahe 3mal weniger, als der Spießglaskalk. Vitriolſaͤure enthaͤlt mehr denn 4mal ſo viel Feuer, als der Schwefel; das Pulsadernblut mehr, als das in den Blutadern; das Waſſer mehr als das Eis. Mehrere Beyſpiele hievon zeigen die bey dem Worte: Waͤrme, ſpecifiſche mitgetheilten Tabellen. Alle dieſe Beyſpiele aber ſcheinen nachfolgende Regel zu beſtaͤtigen. Wenn mit einer Maſſe mehr Phlogiſton verbunden wird, ſo wird dadurch ihre Faͤhigkeit, das Feuer zu binden, vermindert, und ein Theil ihrer abſoluten Waͤrme ausgetrieben. Wird ihr hingegen Phlogiſton entzogen, ſo wird ihre Faͤhigkeit, das Feuer zu binden, verſtaͤrkt, und ſie verſchluckt einen Theil des Feuers aus den ſie beruͤhrenden Koͤrpern. Dieſem Grundſatze. zu Folge ſieht Crawford das Phlogiſton als ein dem Feuer entgegengeſetztes Weſen an, deſſen Vereinigung mit einem Koͤrper das Feuer aus demſelben heraus treibt, dagegen durch die Wirkung des Feuers auf eine Maſſe die Anziehung derſelben gegen das Phlogiſton vermindert wird. Er erklaͤrt hieraus die Unterhaltung der Waͤrme in den Koͤrpern der lebenden Menſchen und Thiere (ſ. Athemholen, Waͤrme, thieriſche) ingleichen die Entzuͤndung und Verbrennung, nebſt den meiſten dabey vorkommenden Erſcheinungen ſehr gluͤcklich. Freyes Feuer wirkt auf alle Koͤrper, welche Brennbares enthalten, als Aufloͤſungsmittel. Koͤmmt nun hiezu ein freyer Zutritt der Luft, deren reiner Theil eine ſtarke Verwandſchaft gegen das Phlogiſton hat, ſo wird dieſelbe ſich mit dem aus dem Koͤrper entwickelten Phlogiſton verbinden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/228
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/228>, abgerufen am 09.05.2024.