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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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wird unter dem Artikel: Wärme, specifische etwas mehreres vorkommen.

Absolute Wärme hingegen heißt die Summe aller in einem gegebnen Körper enthaltenen Wärme - Materie. Bey gleichartigen Materien von gleicher Temperatur werden sich natürlich die absoluten Wärmen, wie die Massen verhalten. Bey ungleichartigen Materien aber, oder beym Uebergange der Körper aus einem Zustande in den andern findet sich hierinn eine sehr große Verschiedenheit. Schon Wilke (Von des Schnees Kälte beym Schmelzen, in den schwed. Abhdl. 34. Band für das Jahr 1772. S. 93.) hat einen merkwürdigen hieher gehörigen Versuch angestellt. Wenn man 162° warmes Wasser mit 32° kaltem zu gleichen Theilen vermischt, so ist die Temperatur der Mischung den obigen Regeln gemäß 97°. Mischt man aber mit eben dem warmen Wasser gleich viel 32° kaltes Eis oder Schnee dem Gewicht nach, so steigt die Temperatur des Gemisches nicht über 32°, und es bleibt oft noch ein Theil des Schnees ungeschmolzen. Hieraus erhellet augenscheinlich, daß das 32° kalte Eis, um ein eben so kaltes Wasser zu werden, so viel Feuer nöthig hat, als sonst hinreichend ist, eine gleiche Quantität Wasser bis auf 162° zu erhitzen, oder daß es 130° Wärme verschluckt und bindet, daß sie nicht mehr aufs Gefühl und Thermometer wirken kan. Dagegen muß das Wasser beym Gefrieren, oder wenn es sich in Eis verwandelt, eben so viel Feuer oder absolute Wärme absetzen. Aehnliche Phänomene zeigen sich beym Zerschmelzen und Anschießen der Salze, bey dem Erstarren der geschmolzenen Metalle, bey der Verwandlung des Wassers in Dämpfe und der Verdichtung der letztern zu Wasser. Man hat hierauf Methoden gegründet, die Menge der absoluten Wärme in den Körpern zu bestimmen, d. i. auszumachen, wie hoch sie ein Thermometer treiben würde, wenn man sie auf einmal in Freyheit setzte. So hat man gefunden, daß eiskaltes noch nicht gefrornes Wasser noch so viel gebundne Wärme enthält, daß dieselbe, wenn sie auf einmal frey würde, eine empfindbare Hitze von 1300 fahrenheitischen Graden erregen würde, eine Hitze, welche überflüßig hinreichend


wird unter dem Artikel: Waͤrme, ſpecifiſche etwas mehreres vorkommen.

Abſolute Waͤrme hingegen heißt die Summe aller in einem gegebnen Koͤrper enthaltenen Waͤrme - Materie. Bey gleichartigen Materien von gleicher Temperatur werden ſich natuͤrlich die abſoluten Waͤrmen, wie die Maſſen verhalten. Bey ungleichartigen Materien aber, oder beym Uebergange der Koͤrper aus einem Zuſtande in den andern findet ſich hierinn eine ſehr große Verſchiedenheit. Schon Wilke (Von des Schnees Kaͤlte beym Schmelzen, in den ſchwed. Abhdl. 34. Band fuͤr das Jahr 1772. S. 93.) hat einen merkwuͤrdigen hieher gehoͤrigen Verſuch angeſtellt. Wenn man 162° warmes Waſſer mit 32° kaltem zu gleichen Theilen vermiſcht, ſo iſt die Temperatur der Miſchung den obigen Regeln gemaͤß 97°. Miſcht man aber mit eben dem warmen Waſſer gleich viel 32° kaltes Eis oder Schnee dem Gewicht nach, ſo ſteigt die Temperatur des Gemiſches nicht uͤber 32°, und es bleibt oft noch ein Theil des Schnees ungeſchmolzen. Hieraus erhellet augenſcheinlich, daß das 32° kalte Eis, um ein eben ſo kaltes Waſſer zu werden, ſo viel Feuer noͤthig hat, als ſonſt hinreichend iſt, eine gleiche Quantitaͤt Waſſer bis auf 162° zu erhitzen, oder daß es 130° Waͤrme verſchluckt und bindet, daß ſie nicht mehr aufs Gefuͤhl und Thermometer wirken kan. Dagegen muß das Waſſer beym Gefrieren, oder wenn es ſich in Eis verwandelt, eben ſo viel Feuer oder abſolute Waͤrme abſetzen. Aehnliche Phaͤnomene zeigen ſich beym Zerſchmelzen und Anſchießen der Salze, bey dem Erſtarren der geſchmolzenen Metalle, bey der Verwandlung des Waſſers in Daͤmpfe und der Verdichtung der letztern zu Waſſer. Man hat hierauf Methoden gegruͤndet, die Menge der abſoluten Waͤrme in den Koͤrpern zu beſtimmen, d. i. auszumachen, wie hoch ſie ein Thermometer treiben wuͤrde, wenn man ſie auf einmal in Freyheit ſetzte. So hat man gefunden, daß eiskaltes noch nicht gefrornes Waſſer noch ſo viel gebundne Waͤrme enthaͤlt, daß dieſelbe, wenn ſie auf einmal frey wuͤrde, eine empfindbare Hitze von 1300 fahrenheitiſchen Graden erregen wuͤrde, eine Hitze, welche uͤberfluͤßig hinreichend

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[221/0227] wird unter dem Artikel: Waͤrme, ſpecifiſche etwas mehreres vorkommen. Abſolute Waͤrme hingegen heißt die Summe aller in einem gegebnen Koͤrper enthaltenen Waͤrme - Materie. Bey gleichartigen Materien von gleicher Temperatur werden ſich natuͤrlich die abſoluten Waͤrmen, wie die Maſſen verhalten. Bey ungleichartigen Materien aber, oder beym Uebergange der Koͤrper aus einem Zuſtande in den andern findet ſich hierinn eine ſehr große Verſchiedenheit. Schon Wilke (Von des Schnees Kaͤlte beym Schmelzen, in den ſchwed. Abhdl. 34. Band fuͤr das Jahr 1772. S. 93.) hat einen merkwuͤrdigen hieher gehoͤrigen Verſuch angeſtellt. Wenn man 162° warmes Waſſer mit 32° kaltem zu gleichen Theilen vermiſcht, ſo iſt die Temperatur der Miſchung den obigen Regeln gemaͤß 97°. Miſcht man aber mit eben dem warmen Waſſer gleich viel 32° kaltes Eis oder Schnee dem Gewicht nach, ſo ſteigt die Temperatur des Gemiſches nicht uͤber 32°, und es bleibt oft noch ein Theil des Schnees ungeſchmolzen. Hieraus erhellet augenſcheinlich, daß das 32° kalte Eis, um ein eben ſo kaltes Waſſer zu werden, ſo viel Feuer noͤthig hat, als ſonſt hinreichend iſt, eine gleiche Quantitaͤt Waſſer bis auf 162° zu erhitzen, oder daß es 130° Waͤrme verſchluckt und bindet, daß ſie nicht mehr aufs Gefuͤhl und Thermometer wirken kan. Dagegen muß das Waſſer beym Gefrieren, oder wenn es ſich in Eis verwandelt, eben ſo viel Feuer oder abſolute Waͤrme abſetzen. Aehnliche Phaͤnomene zeigen ſich beym Zerſchmelzen und Anſchießen der Salze, bey dem Erſtarren der geſchmolzenen Metalle, bey der Verwandlung des Waſſers in Daͤmpfe und der Verdichtung der letztern zu Waſſer. Man hat hierauf Methoden gegruͤndet, die Menge der abſoluten Waͤrme in den Koͤrpern zu beſtimmen, d. i. auszumachen, wie hoch ſie ein Thermometer treiben wuͤrde, wenn man ſie auf einmal in Freyheit ſetzte. So hat man gefunden, daß eiskaltes noch nicht gefrornes Waſſer noch ſo viel gebundne Waͤrme enthaͤlt, daß dieſelbe, wenn ſie auf einmal frey wuͤrde, eine empfindbare Hitze von 1300 fahrenheitiſchen Graden erregen wuͤrde, eine Hitze, welche uͤberfluͤßig hinreichend

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/227>, abgerufen am 21.11.2024.