Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


den Schein des brennenden oder glühenden Körpers selbst erleuchtet ward. Er führt selbst an, daß sich die aufsteigende Säule durch den Luftstrom eines Blasebalgs aus ihrer geraden Richtung bringen und nach der Seite oder unterwärts lenken lasse, welches doch für eine so feine Materie, die alle Körper durchdringen soll, eine sehr grobe Erscheinung ist. Uebrigens bringt er noch Versuche bey, welche gegen die Erfahrungen der mehresten Naturforscher erweisen sollen, daß die Körper, wenn sie heiß sind und glühen, schwerer werden. Er wählte hiezu solche Körper, die im Feuer nicht so leicht etwas von ihrer Substanz verlieren. Eine 6 Unzen wiegende silberne Kugel hatte bey dem Rothglühen 5 1/2 Gran mehr am Gewichte, und eine bis zum Weißglühen erhitzte kupferne Kugel von 15 Unzen und 6 Quentchen, wog, ohnerachtet sie nach dem Erkalten drey Gran von ihrer Substanz verlohren hatte, glühend doch zwey Gran mehr. Wenn dies richtig wäre, so bewiese es allerdings unläugbar, daß erhitzte Körper eine Materie in sich nehmen, die vielleicht oft auch nur hindurchgeht, ohne sich in ihnen festzusetzen, die sich doch aber auch bisweilen festsetzen kan. Nach Herrn Marat soll diese Materie, oder seine feurige Flüßigkeit, sogar specifisch schwerer, als die Luft, seyn, welcher Satz allzuparadox ist, als daß er nicht noch weit mehrerer Bestätigung bedürfen sollte. Aehnliche Versuche über die Schwere des Feuers hat schon Boyle (De ponderabilitate flammae in Opp.) angestellt. Er glaubte, eine Schwere des Feuers daraus schließen zu können, so wie Homberg 4 Unzen Spießglaskönig, die hinter dem großen pariser Brennglase einer starken Hitze waren ausgesetzt worden, 3 Drachmen schwerer, als vorher fand. Boerhaave bezeugt, daß er dies bey seinen Versuchen nie gefunden habe, und Musschenbroek bestreitet diese Abwägungen sehr richtig aus dem Grunde, weil ein Körper, den man einmal kalt, das anderemal heiß wiegt, das ersteremal in dichterer, das anderemal in dünnerer Luft gewogen wird, und also schon darum das letztemal schwerer scheinen muß. s. Gewicht.


den Schein des brennenden oder gluͤhenden Koͤrpers ſelbſt erleuchtet ward. Er fuͤhrt ſelbſt an, daß ſich die aufſteigende Saͤule durch den Luftſtrom eines Blaſebalgs aus ihrer geraden Richtung bringen und nach der Seite oder unterwaͤrts lenken laſſe, welches doch fuͤr eine ſo feine Materie, die alle Koͤrper durchdringen ſoll, eine ſehr grobe Erſcheinung iſt. Uebrigens bringt er noch Verſuche bey, welche gegen die Erfahrungen der mehreſten Naturforſcher erweiſen ſollen, daß die Koͤrper, wenn ſie heiß ſind und gluͤhen, ſchwerer werden. Er waͤhlte hiezu ſolche Koͤrper, die im Feuer nicht ſo leicht etwas von ihrer Subſtanz verlieren. Eine 6 Unzen wiegende ſilberne Kugel hatte bey dem Rothgluͤhen 5 1/2 Gran mehr am Gewichte, und eine bis zum Weißgluͤhen erhitzte kupferne Kugel von 15 Unzen und 6 Quentchen, wog, ohnerachtet ſie nach dem Erkalten drey Gran von ihrer Subſtanz verlohren hatte, gluͤhend doch zwey Gran mehr. Wenn dies richtig waͤre, ſo bewieſe es allerdings unlaͤugbar, daß erhitzte Koͤrper eine Materie in ſich nehmen, die vielleicht oft auch nur hindurchgeht, ohne ſich in ihnen feſtzuſetzen, die ſich doch aber auch bisweilen feſtſetzen kan. Nach Herrn Marat ſoll dieſe Materie, oder ſeine feurige Fluͤßigkeit, ſogar ſpecifiſch ſchwerer, als die Luft, ſeyn, welcher Satz allzuparadox iſt, als daß er nicht noch weit mehrerer Beſtaͤtigung beduͤrfen ſollte. Aehnliche Verſuche uͤber die Schwere des Feuers hat ſchon Boyle (De ponderabilitate flammae in Opp.) angeſtellt. Er glaubte, eine Schwere des Feuers daraus ſchließen zu koͤnnen, ſo wie Homberg 4 Unzen Spießglaskoͤnig, die hinter dem großen pariſer Brennglaſe einer ſtarken Hitze waren ausgeſetzt worden, 3 Drachmen ſchwerer, als vorher fand. Boerhaave bezeugt, daß er dies bey ſeinen Verſuchen nie gefunden habe, und Muſſchenbroek beſtreitet dieſe Abwaͤgungen ſehr richtig aus dem Grunde, weil ein Koͤrper, den man einmal kalt, das anderemal heiß wiegt, das erſteremal in dichterer, das anderemal in duͤnnerer Luft gewogen wird, und alſo ſchon darum das letztemal ſchwerer ſcheinen muß. ſ. Gewicht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0223" xml:id="P.2.217" n="217"/><lb/>
den Schein des brennenden oder glu&#x0364;henden Ko&#x0364;rpers &#x017F;elb&#x017F;t erleuchtet ward. Er fu&#x0364;hrt &#x017F;elb&#x017F;t an, daß &#x017F;ich die auf&#x017F;teigende Sa&#x0364;ule durch den Luft&#x017F;trom eines Bla&#x017F;ebalgs aus ihrer geraden Richtung bringen und nach der Seite oder unterwa&#x0364;rts lenken la&#x017F;&#x017F;e, welches doch fu&#x0364;r eine &#x017F;o feine Materie, die alle Ko&#x0364;rper durchdringen &#x017F;oll, eine &#x017F;ehr grobe Er&#x017F;cheinung i&#x017F;t. Uebrigens bringt er noch Ver&#x017F;uche bey, welche gegen die Erfahrungen der mehre&#x017F;ten Naturfor&#x017F;cher erwei&#x017F;en &#x017F;ollen, daß die Ko&#x0364;rper, wenn &#x017F;ie heiß &#x017F;ind und glu&#x0364;hen, <hi rendition="#b">&#x017F;chwerer</hi> werden. Er wa&#x0364;hlte hiezu &#x017F;olche Ko&#x0364;rper, die im Feuer nicht &#x017F;o leicht etwas von ihrer Sub&#x017F;tanz verlieren. Eine 6 Unzen wiegende &#x017F;ilberne Kugel hatte bey dem Rothglu&#x0364;hen 5 1/2 Gran mehr am Gewichte, und eine bis zum Weißglu&#x0364;hen erhitzte kupferne Kugel von 15 Unzen und 6 Quentchen, wog, ohnerachtet &#x017F;ie nach dem Erkalten drey Gran von ihrer Sub&#x017F;tanz verlohren hatte, glu&#x0364;hend doch zwey Gran mehr. Wenn dies richtig wa&#x0364;re, &#x017F;o bewie&#x017F;e es allerdings unla&#x0364;ugbar, daß erhitzte Ko&#x0364;rper eine Materie in &#x017F;ich nehmen, die vielleicht oft auch nur hindurchgeht, ohne &#x017F;ich in ihnen fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen, die &#x017F;ich doch aber auch bisweilen fe&#x017F;t&#x017F;etzen kan. Nach Herrn Marat &#x017F;oll die&#x017F;e Materie, oder &#x017F;eine feurige Flu&#x0364;ßigkeit, &#x017F;ogar &#x017F;pecifi&#x017F;ch &#x017F;chwerer, als die Luft, &#x017F;eyn, welcher Satz allzuparadox i&#x017F;t, als daß er nicht noch weit mehrerer Be&#x017F;ta&#x0364;tigung bedu&#x0364;rfen &#x017F;ollte. Aehnliche Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber die Schwere des Feuers hat &#x017F;chon <hi rendition="#b">Boyle</hi> (<hi rendition="#aq">De ponderabilitate flammae in Opp.</hi>) ange&#x017F;tellt. Er glaubte, eine Schwere des Feuers daraus &#x017F;chließen zu ko&#x0364;nnen, &#x017F;o wie <hi rendition="#b">Homberg</hi> 4 Unzen Spießglasko&#x0364;nig, die hinter dem großen pari&#x017F;er Brenngla&#x017F;e einer &#x017F;tarken Hitze waren ausge&#x017F;etzt worden, 3 Drachmen &#x017F;chwerer, als vorher fand. <hi rendition="#b">Boerhaave</hi> bezeugt, daß er dies bey &#x017F;einen Ver&#x017F;uchen nie gefunden habe, und <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> be&#x017F;treitet die&#x017F;e Abwa&#x0364;gungen &#x017F;ehr richtig aus dem Grunde, weil ein Ko&#x0364;rper, den man einmal kalt, das anderemal heiß wiegt, das er&#x017F;teremal in dichterer, das anderemal in du&#x0364;nnerer Luft gewogen wird, und al&#x017F;o &#x017F;chon darum das letztemal &#x017F;chwerer &#x017F;cheinen muß. &#x017F;. <hi rendition="#b">Gewicht.</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0223] den Schein des brennenden oder gluͤhenden Koͤrpers ſelbſt erleuchtet ward. Er fuͤhrt ſelbſt an, daß ſich die aufſteigende Saͤule durch den Luftſtrom eines Blaſebalgs aus ihrer geraden Richtung bringen und nach der Seite oder unterwaͤrts lenken laſſe, welches doch fuͤr eine ſo feine Materie, die alle Koͤrper durchdringen ſoll, eine ſehr grobe Erſcheinung iſt. Uebrigens bringt er noch Verſuche bey, welche gegen die Erfahrungen der mehreſten Naturforſcher erweiſen ſollen, daß die Koͤrper, wenn ſie heiß ſind und gluͤhen, ſchwerer werden. Er waͤhlte hiezu ſolche Koͤrper, die im Feuer nicht ſo leicht etwas von ihrer Subſtanz verlieren. Eine 6 Unzen wiegende ſilberne Kugel hatte bey dem Rothgluͤhen 5 1/2 Gran mehr am Gewichte, und eine bis zum Weißgluͤhen erhitzte kupferne Kugel von 15 Unzen und 6 Quentchen, wog, ohnerachtet ſie nach dem Erkalten drey Gran von ihrer Subſtanz verlohren hatte, gluͤhend doch zwey Gran mehr. Wenn dies richtig waͤre, ſo bewieſe es allerdings unlaͤugbar, daß erhitzte Koͤrper eine Materie in ſich nehmen, die vielleicht oft auch nur hindurchgeht, ohne ſich in ihnen feſtzuſetzen, die ſich doch aber auch bisweilen feſtſetzen kan. Nach Herrn Marat ſoll dieſe Materie, oder ſeine feurige Fluͤßigkeit, ſogar ſpecifiſch ſchwerer, als die Luft, ſeyn, welcher Satz allzuparadox iſt, als daß er nicht noch weit mehrerer Beſtaͤtigung beduͤrfen ſollte. Aehnliche Verſuche uͤber die Schwere des Feuers hat ſchon Boyle (De ponderabilitate flammae in Opp.) angeſtellt. Er glaubte, eine Schwere des Feuers daraus ſchließen zu koͤnnen, ſo wie Homberg 4 Unzen Spießglaskoͤnig, die hinter dem großen pariſer Brennglaſe einer ſtarken Hitze waren ausgeſetzt worden, 3 Drachmen ſchwerer, als vorher fand. Boerhaave bezeugt, daß er dies bey ſeinen Verſuchen nie gefunden habe, und Muſſchenbroek beſtreitet dieſe Abwaͤgungen ſehr richtig aus dem Grunde, weil ein Koͤrper, den man einmal kalt, das anderemal heiß wiegt, das erſteremal in dichterer, das anderemal in duͤnnerer Luft gewogen wird, und alſo ſchon darum das letztemal ſchwerer ſcheinen muß. ſ. Gewicht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/223
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/223>, abgerufen am 08.05.2024.