Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


das Brennbare selbst, wirke, daher er ihr den Begriff eines einfachen Stoffs nicht beylegen wollte. Es lassen sich aber gegen die Schlüsse, welche er aus seinen Versuchen gezogen hat, noch sehr erhebliche Einwendungen machen, welche man beym Wallerius in der vorhin angeführten Dissertation De materiali differentia luminis et ignis vorgetragen findet, so wie es auch schwer zu begreifen ist, wie man so oft Leuchten ohne Wärme, und Hitze ohne Licht empfinden könne, wenn das Licht in nichts anderm, als einer mit mehrerem Brennbaren übersetzten Wärme besteht. Dennoch weicht in vielen Stücken das Scheelische System von den neuern so weit nicht ab, als es anfänglich scheinet.

Lavoisier (Memoire sur la combustion in Mem. de l'acad. roy. des Sc. a Paris, 1777. p. 592. deutsch in s. Werken von Weigel übersetzt, Th. III. Greifsw. 1783. 8. S. 170. auch in Crells neusten Entdeckungen, Th. V. S. 188.) nimmt den Stoff des Feuers, oder der Hitze und des Lichts für einerley an, und glaubt, dieser Stoff sey das Auflösungsmittel, welches mit einem andern Grundtheile verbunden, die reine Luft ausmache. Wenn nun ein hinlänglich erhitzter Körper mit der atmosphärischen Luft (welche zum Theil reine Luft enthält) in Berührung komme, so entziehe er ihr den Grundtheil, der Feuerstoff werde frey, und gehe mit Hitze und Licht, d. i. mit Flamme davon. So werde der reine Theil der Luft zersetzt, und es bleibe nur der verdorbene, oder die sonst so genannte phlogistisirte Luft übrig; der angezogne Grundtheil der reinen Luft aber bleibe im Reste des verbrannten Körpers zurück. Diese Theorie hat viel Einnehmendes und Einfaches, erklärt viele Erscheinungen, und fand deswegen in Frankreich großen Beyfall. Da aber hiebey gar kein Phlogiston angenommen wird, für dessen Daseyn doch viel Gründe vorhanden sind; da auch die Lichtmaterie schwerlich ganz einerley mit dem Feuerstoff seyn kan, und der Grundtheil der Luft in dem Rückstande der Verbrennung noch nicht überzeugend hat dargestellt werden können: so hat diese Hypothese viel von ihrem Ansehen verlohren. (s. Gren Obs. et Exp. circa genesin aeris fixi et phlogisticati. Halae, 1786. 8.)


das Brennbare ſelbſt, wirke, daher er ihr den Begriff eines einfachen Stoffs nicht beylegen wollte. Es laſſen ſich aber gegen die Schluͤſſe, welche er aus ſeinen Verſuchen gezogen hat, noch ſehr erhebliche Einwendungen machen, welche man beym Wallerius in der vorhin angefuͤhrten Diſſertation De materiali differentia luminis et ignis vorgetragen findet, ſo wie es auch ſchwer zu begreifen iſt, wie man ſo oft Leuchten ohne Waͤrme, und Hitze ohne Licht empfinden koͤnne, wenn das Licht in nichts anderm, als einer mit mehrerem Brennbaren uͤberſetzten Waͤrme beſteht. Dennoch weicht in vielen Stuͤcken das Scheeliſche Syſtem von den neuern ſo weit nicht ab, als es anfaͤnglich ſcheinet.

Lavoiſier (Mémoire ſur la combuſtion in Mém. de l'acad. roy. des Sc. à Paris, 1777. p. 592. deutſch in ſ. Werken von Weigel uͤberſetzt, Th. III. Greifsw. 1783. 8. S. 170. auch in Crells neuſten Entdeckungen, Th. V. S. 188.) nimmt den Stoff des Feuers, oder der Hitze und des Lichts fuͤr einerley an, und glaubt, dieſer Stoff ſey das Aufloͤſungsmittel, welches mit einem andern Grundtheile verbunden, die reine Luft ausmache. Wenn nun ein hinlaͤnglich erhitzter Koͤrper mit der atmoſphaͤriſchen Luft (welche zum Theil reine Luft enthaͤlt) in Beruͤhrung komme, ſo entziehe er ihr den Grundtheil, der Feuerſtoff werde frey, und gehe mit Hitze und Licht, d. i. mit Flamme davon. So werde der reine Theil der Luft zerſetzt, und es bleibe nur der verdorbene, oder die ſonſt ſo genannte phlogiſtiſirte Luft uͤbrig; der angezogne Grundtheil der reinen Luft aber bleibe im Reſte des verbrannten Koͤrpers zuruͤck. Dieſe Theorie hat viel Einnehmendes und Einfaches, erklaͤrt viele Erſcheinungen, und fand deswegen in Frankreich großen Beyfall. Da aber hiebey gar kein Phlogiſton angenommen wird, fuͤr deſſen Daſeyn doch viel Gruͤnde vorhanden ſind; da auch die Lichtmaterie ſchwerlich ganz einerley mit dem Feuerſtoff ſeyn kan, und der Grundtheil der Luft in dem Ruͤckſtande der Verbrennung noch nicht uͤberzeugend hat dargeſtellt werden koͤnnen: ſo hat dieſe Hypotheſe viel von ihrem Anſehen verlohren. (ſ. Gren Obſ. et Exp. circa geneſin aëris fixi et phlogiſticati. Halae, 1786. 8.)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0221" xml:id="P.2.215" n="215"/><lb/>
das Brennbare &#x017F;elb&#x017F;t, wirke, daher er ihr den Begriff eines einfachen Stoffs nicht beylegen wollte. Es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich aber gegen die Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, welche er aus &#x017F;einen Ver&#x017F;uchen gezogen hat, noch &#x017F;ehr erhebliche Einwendungen machen, welche man beym <hi rendition="#b">Wallerius</hi> in der vorhin angefu&#x0364;hrten Di&#x017F;&#x017F;ertation <hi rendition="#aq">De materiali differentia luminis et ignis</hi> vorgetragen findet, &#x017F;o wie es auch &#x017F;chwer zu begreifen i&#x017F;t, wie man &#x017F;o oft Leuchten ohne Wa&#x0364;rme, und Hitze ohne Licht empfinden ko&#x0364;nne, wenn das Licht in nichts anderm, als einer mit mehrerem Brennbaren u&#x0364;ber&#x017F;etzten Wa&#x0364;rme be&#x017F;teht. Dennoch weicht in vielen Stu&#x0364;cken das Scheeli&#x017F;che Sy&#x017F;tem von den neuern &#x017F;o weit nicht ab, als es anfa&#x0364;nglich &#x017F;cheinet.</p>
            <p><hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> (<hi rendition="#aq">Mémoire &#x017F;ur la combu&#x017F;tion</hi> in <hi rendition="#aq">Mém. de l'acad. roy. des Sc. à Paris, 1777. p.</hi> 592. deut&#x017F;ch in &#x017F;. Werken von <hi rendition="#b">Weigel</hi> u&#x0364;ber&#x017F;etzt, Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> Greifsw. 1783. 8. S. 170. auch in <hi rendition="#b">Crells</hi> neu&#x017F;ten Entdeckungen, Th. <hi rendition="#aq">V.</hi> S. 188.) nimmt den Stoff des Feuers, oder der Hitze und des Lichts fu&#x0364;r einerley an, und glaubt, die&#x017F;er Stoff &#x017F;ey das Auflo&#x0364;&#x017F;ungsmittel, welches mit einem andern Grundtheile verbunden, die reine Luft ausmache. Wenn nun ein hinla&#x0364;nglich erhitzter Ko&#x0364;rper mit der atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Luft (welche zum Theil reine Luft entha&#x0364;lt) in Beru&#x0364;hrung komme, &#x017F;o entziehe er ihr den Grundtheil, der Feuer&#x017F;toff werde frey, und gehe mit Hitze und Licht, d. i. mit Flamme davon. So werde der reine Theil der Luft zer&#x017F;etzt, und es bleibe nur der verdorbene, oder die &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o genannte phlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft u&#x0364;brig; der angezogne Grundtheil der reinen Luft aber bleibe im Re&#x017F;te des verbrannten Ko&#x0364;rpers zuru&#x0364;ck. Die&#x017F;e Theorie hat viel Einnehmendes und Einfaches, erkla&#x0364;rt viele Er&#x017F;cheinungen, und fand deswegen in Frankreich großen Beyfall. Da aber hiebey gar kein Phlogi&#x017F;ton angenommen wird, fu&#x0364;r de&#x017F;&#x017F;en Da&#x017F;eyn doch viel Gru&#x0364;nde vorhanden &#x017F;ind; da auch die Lichtmaterie &#x017F;chwerlich ganz einerley mit dem Feuer&#x017F;toff &#x017F;eyn kan, und der Grundtheil der Luft in dem Ru&#x0364;ck&#x017F;tande der Verbrennung noch nicht u&#x0364;berzeugend hat darge&#x017F;tellt werden ko&#x0364;nnen: &#x017F;o hat die&#x017F;e Hypothe&#x017F;e viel von ihrem An&#x017F;ehen verlohren. (&#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gren</hi> Ob&#x017F;. et Exp. circa gene&#x017F;in aëris fixi et phlogi&#x017F;ticati. Halae, 1786. 8.</hi>)<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0221] das Brennbare ſelbſt, wirke, daher er ihr den Begriff eines einfachen Stoffs nicht beylegen wollte. Es laſſen ſich aber gegen die Schluͤſſe, welche er aus ſeinen Verſuchen gezogen hat, noch ſehr erhebliche Einwendungen machen, welche man beym Wallerius in der vorhin angefuͤhrten Diſſertation De materiali differentia luminis et ignis vorgetragen findet, ſo wie es auch ſchwer zu begreifen iſt, wie man ſo oft Leuchten ohne Waͤrme, und Hitze ohne Licht empfinden koͤnne, wenn das Licht in nichts anderm, als einer mit mehrerem Brennbaren uͤberſetzten Waͤrme beſteht. Dennoch weicht in vielen Stuͤcken das Scheeliſche Syſtem von den neuern ſo weit nicht ab, als es anfaͤnglich ſcheinet. Lavoiſier (Mémoire ſur la combuſtion in Mém. de l'acad. roy. des Sc. à Paris, 1777. p. 592. deutſch in ſ. Werken von Weigel uͤberſetzt, Th. III. Greifsw. 1783. 8. S. 170. auch in Crells neuſten Entdeckungen, Th. V. S. 188.) nimmt den Stoff des Feuers, oder der Hitze und des Lichts fuͤr einerley an, und glaubt, dieſer Stoff ſey das Aufloͤſungsmittel, welches mit einem andern Grundtheile verbunden, die reine Luft ausmache. Wenn nun ein hinlaͤnglich erhitzter Koͤrper mit der atmoſphaͤriſchen Luft (welche zum Theil reine Luft enthaͤlt) in Beruͤhrung komme, ſo entziehe er ihr den Grundtheil, der Feuerſtoff werde frey, und gehe mit Hitze und Licht, d. i. mit Flamme davon. So werde der reine Theil der Luft zerſetzt, und es bleibe nur der verdorbene, oder die ſonſt ſo genannte phlogiſtiſirte Luft uͤbrig; der angezogne Grundtheil der reinen Luft aber bleibe im Reſte des verbrannten Koͤrpers zuruͤck. Dieſe Theorie hat viel Einnehmendes und Einfaches, erklaͤrt viele Erſcheinungen, und fand deswegen in Frankreich großen Beyfall. Da aber hiebey gar kein Phlogiſton angenommen wird, fuͤr deſſen Daſeyn doch viel Gruͤnde vorhanden ſind; da auch die Lichtmaterie ſchwerlich ganz einerley mit dem Feuerſtoff ſeyn kan, und der Grundtheil der Luft in dem Ruͤckſtande der Verbrennung noch nicht uͤberzeugend hat dargeſtellt werden koͤnnen: ſo hat dieſe Hypotheſe viel von ihrem Anſehen verlohren. (ſ. Gren Obſ. et Exp. circa geneſin aëris fixi et phlogiſticati. Halae, 1786. 8.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/221
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/221>, abgerufen am 09.11.2024.