Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.Daß übrigens schon im Jahre 1608 Fernröhre aus Holland gekommen sind, beweiset folgende von Weidler (Hist. astron. Cap. XV. §. 12.) angeführte Erzählung aus des Simon Marius Mundo Ioviali (Norib. 1614. 4.). Der marggräflich-brandenburg-anspachische Geheimderath, Johann Philipp Fuchs von Bimbach, besuchte in Frankfurt am Mayn die Herbstmesse des Jahres 1608. Ein Kaufmann erzählte ihm von ungefähr, es sey ein Holländer mit einem Instrumente angekommen, wodurch man entfernte Dinge sehr nahe und groß sehe. Der Geheimderath ließ den Holländer zu sich kommen, besahe und probirte das Instrument, welches sehr gute Wirkung that, obgleich das eine Glas einen Riß bekommen hatte. Er war Willens es zu kaufen; weil aber der Holländer einen ungeheuren Preis forderte, so zerschlug sich der Handel. Dies erzählte der Geheimderath dem Marius bey seiner Rückkunft in Anspach, gab ihm an, es müsse nothwendig ein Hohlglas mit einem erhabenen verbunden seyn, und machte ihm eine Zeichnung davon mit Kreide. Marius probirte die Sache sogleich mit zwey gemeinen Linsengläsern, und fand sie richtig. Da das Brillenglas allzu convex war, so bestellte er sich in Nürnberg Convexgläser von größern Brennweiten, wozu er die Form in Gyps abgedrückt mitschickte. Die Künstler konnten sie aber nicht zu Stande bringen. Endlich erhielt der Geheimderath im Sommer 1609 ein Fernrohr aus Holland, womit Marius im November d. I. die Jupiterstrabanten entdeckte. Galilei, welcher damals Professor der Mathematik zu Padua war, befand sich im April oder May 1609 zu Venedig, wo es erzählt ward, daß ein Holländer dem Prinzen Moritz von Nassau ein Werkzeug überreicht hätte, welches entfernte Dinge so zeigte, als ob sie nahe wären. Er ward davon auch aus Paris durch einen Brief des Jacob Badovere, eines französischen Edelmanns, versichert, kehrte sogleich nach Padua zurück, und dachte nach, was für ein Instrument dieses seyn möchte. Die folgende Nacht errieth er die Zusammensetzung, machte den Tag darauf sogleich das Werkzeug nach dem ersten Entwurfe mit einem Daß uͤbrigens ſchon im Jahre 1608 Fernroͤhre aus Holland gekommen ſind, beweiſet folgende von Weidler (Hiſt. aſtron. Cap. XV. §. 12.) angefuͤhrte Erzaͤhlung aus des Simon Marius Mundo Ioviali (Norib. 1614. 4.). Der marggraͤflich-brandenburg-anſpachiſche Geheimderath, Johann Philipp Fuchs von Bimbach, beſuchte in Frankfurt am Mayn die Herbſtmeſſe des Jahres 1608. Ein Kaufmann erzaͤhlte ihm von ungefaͤhr, es ſey ein Hollaͤnder mit einem Inſtrumente angekommen, wodurch man entfernte Dinge ſehr nahe und groß ſehe. Der Geheimderath ließ den Hollaͤnder zu ſich kommen, beſahe und probirte das Inſtrument, welches ſehr gute Wirkung that, obgleich das eine Glas einen Riß bekommen hatte. Er war Willens es zu kaufen; weil aber der Hollaͤnder einen ungeheuren Preis forderte, ſo zerſchlug ſich der Handel. Dies erzaͤhlte der Geheimderath dem Marius bey ſeiner Ruͤckkunft in Anſpach, gab ihm an, es muͤſſe nothwendig ein Hohlglas mit einem erhabenen verbunden ſeyn, und machte ihm eine Zeichnung davon mit Kreide. Marius probirte die Sache ſogleich mit zwey gemeinen Linſenglaͤſern, und fand ſie richtig. Da das Brillenglas allzu convex war, ſo beſtellte er ſich in Nuͤrnberg Convexglaͤſer von groͤßern Brennweiten, wozu er die Form in Gyps abgedruͤckt mitſchickte. Die Kuͤnſtler konnten ſie aber nicht zu Stande bringen. Endlich erhielt der Geheimderath im Sommer 1609 ein Fernrohr aus Holland, womit Marius im November d. I. die Jupiterstrabanten entdeckte. Galilei, welcher damals Profeſſor der Mathematik zu Padua war, befand ſich im April oder May 1609 zu Venedig, wo es erzaͤhlt ward, daß ein Hollaͤnder dem Prinzen Moritz von Naſſau ein Werkzeug uͤberreicht haͤtte, welches entfernte Dinge ſo zeigte, als ob ſie nahe waͤren. Er ward davon auch aus Paris durch einen Brief des Jacob Badovere, eines franzoͤſiſchen Edelmanns, verſichert, kehrte ſogleich nach Padua zuruͤck, und dachte nach, was fuͤr ein Inſtrument dieſes ſeyn moͤchte. Die folgende Nacht errieth er die Zuſammenſetzung, machte den Tag darauf ſogleich das Werkzeug nach dem erſten Entwurfe mit einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0187" xml:id="P.2.181" n="181"/><lb/> </p> <p>Daß uͤbrigens ſchon im Jahre 1608 Fernroͤhre aus Holland gekommen ſind, beweiſet folgende von <hi rendition="#b">Weidler</hi> (<hi rendition="#aq">Hiſt. aſtron. Cap. 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Marius probirte die Sache ſogleich mit zwey gemeinen Linſenglaͤſern, und fand ſie richtig. Da das Brillenglas allzu convex war, ſo beſtellte er ſich in Nuͤrnberg Convexglaͤſer von groͤßern Brennweiten, wozu er die Form in Gyps abgedruͤckt mitſchickte. Die Kuͤnſtler konnten ſie aber nicht zu Stande bringen. Endlich erhielt der Geheimderath im Sommer 1609 ein Fernrohr aus Holland, womit Marius im November d. I. die Jupiterstrabanten entdeckte.</p> <p><hi rendition="#b">Galilei,</hi> welcher damals Profeſſor der Mathematik zu Padua war, befand ſich im April oder May 1609 zu Venedig, wo es erzaͤhlt ward, daß ein Hollaͤnder dem Prinzen Moritz von Naſſau ein Werkzeug uͤberreicht haͤtte, welches entfernte Dinge ſo zeigte, als ob ſie nahe waͤren. Er ward davon auch aus Paris durch einen Brief des <hi rendition="#b">Jacob Badovere,</hi> eines franzoͤſiſchen Edelmanns, verſichert, kehrte ſogleich nach Padua zuruͤck, und dachte nach, was fuͤr ein Inſtrument dieſes ſeyn moͤchte. 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Daß uͤbrigens ſchon im Jahre 1608 Fernroͤhre aus Holland gekommen ſind, beweiſet folgende von Weidler (Hiſt. aſtron. Cap. XV. §. 12.) angefuͤhrte Erzaͤhlung aus des Simon Marius Mundo Ioviali (Norib. 1614. 4.). Der marggraͤflich-brandenburg-anſpachiſche Geheimderath, Johann Philipp Fuchs von Bimbach, beſuchte in Frankfurt am Mayn die Herbſtmeſſe des Jahres 1608. Ein Kaufmann erzaͤhlte ihm von ungefaͤhr, es ſey ein Hollaͤnder mit einem Inſtrumente angekommen, wodurch man entfernte Dinge ſehr nahe und groß ſehe. Der Geheimderath ließ den Hollaͤnder zu ſich kommen, beſahe und probirte das Inſtrument, welches ſehr gute Wirkung that, obgleich das eine Glas einen Riß bekommen hatte. Er war Willens es zu kaufen; weil aber der Hollaͤnder einen ungeheuren Preis forderte, ſo zerſchlug ſich der Handel. Dies erzaͤhlte der Geheimderath dem Marius bey ſeiner Ruͤckkunft in Anſpach, gab ihm an, es muͤſſe nothwendig ein Hohlglas mit einem erhabenen verbunden ſeyn, und machte ihm eine Zeichnung davon mit Kreide. Marius probirte die Sache ſogleich mit zwey gemeinen Linſenglaͤſern, und fand ſie richtig. Da das Brillenglas allzu convex war, ſo beſtellte er ſich in Nuͤrnberg Convexglaͤſer von groͤßern Brennweiten, wozu er die Form in Gyps abgedruͤckt mitſchickte. Die Kuͤnſtler konnten ſie aber nicht zu Stande bringen. Endlich erhielt der Geheimderath im Sommer 1609 ein Fernrohr aus Holland, womit Marius im November d. I. die Jupiterstrabanten entdeckte.
Galilei, welcher damals Profeſſor der Mathematik zu Padua war, befand ſich im April oder May 1609 zu Venedig, wo es erzaͤhlt ward, daß ein Hollaͤnder dem Prinzen Moritz von Naſſau ein Werkzeug uͤberreicht haͤtte, welches entfernte Dinge ſo zeigte, als ob ſie nahe waͤren. Er ward davon auch aus Paris durch einen Brief des Jacob Badovere, eines franzoͤſiſchen Edelmanns, verſichert, kehrte ſogleich nach Padua zuruͤck, und dachte nach, was fuͤr ein Inſtrument dieſes ſeyn moͤchte. Die folgende Nacht errieth er die Zuſammenſetzung, machte den Tag darauf ſogleich das Werkzeug nach dem erſten Entwurfe mit einem
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