der Farbenzerstreuung durch M -- m ausdrücken. Man nimmt nemlich hiebey die Winkel so klein an, daß sie sich ohne Fehler statt ihrer Sinus gebrauchen lassen. So ist für die Brechung aus Glas in Luft (s. Brechbarkeit) m = (31/20); M = (78/50), also m -- 1 = (11/20); M -- 1 = (28/50), M -- m = (1/100), d. i. der violette Stral weicht von dem mittlern um ein Hunderttheilchen des Einfallswinkels ab.
Nun sey für ein anderes Mittel, z. B. Wasser, das Brechungsverhältniß in Luft für die mittlern Stralen n:1, für die äußersten N:1; so werden sich hiebey die Brechungen durch n -- 1; N -- 1, die Farbenverbreitung durch N -- n ausdrücken lassen. Alsdann heißt das Verhältniß M -- m:N -- n,das Verhältniß der Farbenzerstreuung (ratio dispersionis, le rapport de la dispersion) für beyde Mittel.
Aus Newtons Versuche (Optice L.I.P. II. Exp. 8.) würde, wenn er richtig wäre, folgen, daß sich die Farbenzerstreuungen allezeit, wie die mittlern Brechungen verhielten, oder daß .
Man hatte auf diese ganze Lehre wenig Aufmerksamkeit verwendet, als Euler (Sur la perfection des verres objectifs des lunettes, in den Mem. de l' acad. Roy. de Prusse 1747.) mit einer neuen Theorie hervortrat, welche ganz auf algebraische Speculationen, ohne alle Erfahrungen, gebaut war. Er setzte nemlich fest, N müsse durch n eben so, wie M durch m, ausgedrückt werden; wenn m = 1 sey, müsse auch M = 1 werden; wenn man für m setze 1/m so müsse sich auch M in 1/M verwandlen; und wenn man mn statt m setze, müsse auch MN statt mn herauskommen. Diese Bedingungen, welche freylich statt finden müssen, wofern sich M überhaupt aus m bestimmen läst, oder stets nach m richtet, können nicht anders erfüllt werden, als wenn .
Diese Theorie nahm also Euler, als die einzige mögliche
der Farbenzerſtreuung durch M — m ausdruͤcken. Man nimmt nemlich hiebey die Winkel ſo klein an, daß ſie ſich ohne Fehler ſtatt ihrer Sinus gebrauchen laſſen. So iſt fuͤr die Brechung aus Glas in Luft (ſ. Brechbarkeit) m = (31/20); M = (78/50), alſo m — 1 = (11/20); M — 1 = (28/50), M — m = (1/100), d. i. der violette Stral weicht von dem mittlern um ein Hunderttheilchen des Einfallswinkels ab.
Nun ſey fuͤr ein anderes Mittel, z. B. Waſſer, das Brechungsverhaͤltniß in Luft fuͤr die mittlern Stralen n:1, fuͤr die aͤußerſten N:1; ſo werden ſich hiebey die Brechungen durch n — 1; N — 1, die Farbenverbreitung durch N — n ausdruͤcken laſſen. Alsdann heißt das Verhaͤltniß M — m:N — n,das Verhaͤltniß der Farbenzerſtreuung (ratio diſperſionis, le rapport de la diſperſion) fuͤr beyde Mittel.
Aus Newtons Verſuche (Optice L.I.P. II. Exp. 8.) wuͤrde, wenn er richtig waͤre, folgen, daß ſich die Farbenzerſtreuungen allezeit, wie die mittlern Brechungen verhielten, oder daß .
Man hatte auf dieſe ganze Lehre wenig Aufmerkſamkeit verwendet, als Euler (Sur la perfection des verres objectifs des lunettes, in den Mém. de l' acad. Roy. de Pruſſe 1747.) mit einer neuen Theorie hervortrat, welche ganz auf algebraiſche Speculationen, ohne alle Erfahrungen, gebaut war. Er ſetzte nemlich feſt, N muͤſſe durch n eben ſo, wie M durch m, ausgedruͤckt werden; wenn m = 1 ſey, muͤſſe auch M = 1 werden; wenn man fuͤr m ſetze 1/m ſo muͤſſe ſich auch M in 1/M verwandlen; und wenn man mn ſtatt m ſetze, muͤſſe auch MN ſtatt mn herauskommen. Dieſe Bedingungen, welche freylich ſtatt finden muͤſſen, wofern ſich M uͤberhaupt aus m beſtimmen laͤſt, oder ſtets nach m richtet, koͤnnen nicht anders erfuͤllt werden, als wenn .
Dieſe Theorie nahm alſo Euler, als die einzige moͤgliche
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der Farbenzerſtreuung durch M — m ausdruͤcken. Man nimmt nemlich hiebey die Winkel ſo klein an, daß ſie ſich ohne Fehler ſtatt ihrer Sinus gebrauchen laſſen. So iſt fuͤr die Brechung aus Glas in Luft (ſ. Brechbarkeit) m = (31/20); M = (78/50), alſo m — 1 = (11/20); M — 1 = (28/50), M — m = (1/100), d. i. der violette Stral weicht von dem mittlern um ein Hunderttheilchen des Einfallswinkels ab.
Nun ſey fuͤr ein anderes Mittel, z. B. Waſſer, das Brechungsverhaͤltniß in Luft fuͤr die mittlern Stralen n:1, fuͤr die aͤußerſten N:1; ſo werden ſich hiebey die Brechungen durch n — 1; N — 1, die Farbenverbreitung durch N — n ausdruͤcken laſſen. Alsdann heißt das Verhaͤltniß M — m:N — n, das Verhaͤltniß der Farbenzerſtreuung (ratio diſperſionis, le rapport de la diſperſion) fuͤr beyde Mittel.
Aus Newtons Verſuche (Optice L.I.P. II. Exp. 8.) wuͤrde, wenn er richtig waͤre, folgen, daß ſich die Farbenzerſtreuungen allezeit, wie die mittlern Brechungen verhielten, oder daß .
Man hatte auf dieſe ganze Lehre wenig Aufmerkſamkeit verwendet, als Euler (Sur la perfection des verres objectifs des lunettes, in den Mém. de l' acad. Roy. de Pruſſe 1747.) mit einer neuen Theorie hervortrat, welche ganz auf algebraiſche Speculationen, ohne alle Erfahrungen, gebaut war. Er ſetzte nemlich feſt, N muͤſſe durch n eben ſo, wie M durch m, ausgedruͤckt werden; wenn m = 1 ſey, muͤſſe auch M = 1 werden; wenn man fuͤr m ſetze 1/m ſo muͤſſe ſich auch M in 1/M verwandlen; und wenn man mn ſtatt m ſetze, muͤſſe auch MN ſtatt mn herauskommen. Dieſe Bedingungen, welche freylich ſtatt finden muͤſſen, wofern ſich M uͤberhaupt aus m beſtimmen laͤſt, oder ſtets nach m richtet, koͤnnen nicht anders erfuͤllt werden, als wenn . Dieſe Theorie nahm alſo Euler, als die einzige moͤgliche
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/177>, abgerufen am 16.02.2025.
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