gleichen Winkel von 31 Min. an der Oefnung überspannen sollte. Nun war zwar die Breite des Bilds, von einer Seitenlinie zur andern gerechnet, wirklich 2 3/8 Zoll; die Länge aber war 13 Zoll, und überspannte an der Oefnung im Laden einen Winkel von 2° 49'. Diese Abweichung war zu groß, als daß er sie von blos zufälligen Ursachen hätte herleiten, oder die längliche Gestalt aus den ungleichen Einfallswinkeln der Stralen, die von verschiedenen Punkten der Sonnenscheibe kamen, erklären können. Nach einigen andern ebenfalls durch die Prüfung widerlegten Muthmaßungen zeigte ihm endlich sein entscheidender Versuch (s. den Artikel: Brechbarkeit, Num. 2.) die wahre Ursache des Phänomens. Sie liegt darinn, daß das Licht bey der Brechung in eine unzählbare Menge von Farbenstralen zerspalten wird, für deren jeden ein anderes Brechungsverhältniß statt findet.
Sind alle Stralen gleich brechbar, wie dies vor Newtons Entdeckung in der Theorie angenommen ward, so muß das im finstern Zimmer aufgefangene Sonnenlicht, auf einer gegen seinen Weg senkrecht gehaltenen Tafel, auch nach der Brechung durch ein Prisma ein kreisrundes Sonnenbild darstellen. Hat aber jeder einfache Farbenstral seinen eignen Grad der Brechbarkeit, so gilt dieser Satz nur noch von denen Stralen, die unter sich gleich brechbar sind, d. i. von denen, die einerley Farbe zeigen. Mithin entwerfen die rothen Stralen für sich ein eignes kreisrundes Sonnenbild, die blauen ein anderes, die grünen ein anderes u. s. w. und es entstehen anstatt eines einzigen Bildes so viele, als Farben sind, d. i. unzählige.
In der Taf. IV. Fig. 68. angenommenen Stellung des Prisma, da sich der brechende Winkel C unterwärts kehret, sammlen sich die rothen Stralen, welche am wenigsten gebrochen werden, unten bey T, die violetten am meisten gebrochnen oben bey P. Wenn man sich nun, wie Taf. VIII. Fig. 21
[Abbildung]
., für die sieben kenntlichsten Abstufungen der prismatischen Farben sieben über einander stehende Kreise von gleichem Durchmesser gedenkt, und mit Hülfe der Einbildungskraft unzählbare dazwischen fallende Kreise für
gleichen Winkel von 31 Min. an der Oefnung uͤberſpannen ſollte. Nun war zwar die Breite des Bilds, von einer Seitenlinie zur andern gerechnet, wirklich 2 3/8 Zoll; die Laͤnge aber war 13 Zoll, und uͤberſpannte an der Oefnung im Laden einen Winkel von 2° 49′. Dieſe Abweichung war zu groß, als daß er ſie von blos zufaͤlligen Urſachen haͤtte herleiten, oder die laͤngliche Geſtalt aus den ungleichen Einfallswinkeln der Stralen, die von verſchiedenen Punkten der Sonnenſcheibe kamen, erklaͤren koͤnnen. Nach einigen andern ebenfalls durch die Pruͤfung widerlegten Muthmaßungen zeigte ihm endlich ſein entſcheidender Verſuch (ſ. den Artikel: Brechbarkeit, Num. 2.) die wahre Urſache des Phaͤnomens. Sie liegt darinn, daß das Licht bey der Brechung in eine unzaͤhlbare Menge von Farbenſtralen zerſpalten wird, fuͤr deren jeden ein anderes Brechungsverhaͤltniß ſtatt findet.
Sind alle Stralen gleich brechbar, wie dies vor Newtons Entdeckung in der Theorie angenommen ward, ſo muß das im finſtern Zimmer aufgefangene Sonnenlicht, auf einer gegen ſeinen Weg ſenkrecht gehaltenen Tafel, auch nach der Brechung durch ein Prisma ein kreisrundes Sonnenbild darſtellen. Hat aber jeder einfache Farbenſtral ſeinen eignen Grad der Brechbarkeit, ſo gilt dieſer Satz nur noch von denen Stralen, die unter ſich gleich brechbar ſind, d. i. von denen, die einerley Farbe zeigen. Mithin entwerfen die rothen Stralen fuͤr ſich ein eignes kreisrundes Sonnenbild, die blauen ein anderes, die gruͤnen ein anderes u. ſ. w. und es entſtehen anſtatt eines einzigen Bildes ſo viele, als Farben ſind, d. i. unzaͤhlige.
In der Taf. IV. Fig. 68. angenommenen Stellung des Prisma, da ſich der brechende Winkel C unterwaͤrts kehret, ſammlen ſich die rothen Stralen, welche am wenigſten gebrochen werden, unten bey T, die violetten am meiſten gebrochnen oben bey P. Wenn man ſich nun, wie Taf. VIII. Fig. 21
[Abbildung]
., fuͤr die ſieben kenntlichſten Abſtufungen der prismatiſchen Farben ſieben uͤber einander ſtehende Kreiſe von gleichem Durchmeſſer gedenkt, und mit Huͤlfe der Einbildungskraft unzaͤhlbare dazwiſchen fallende Kreiſe fuͤr
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gleichen Winkel von 31 Min. an der Oefnung uͤberſpannen ſollte. Nun war zwar die Breite des Bilds, von einer Seitenlinie zur andern gerechnet, wirklich 2 3/8 Zoll; die Laͤnge aber war 13 Zoll, und uͤberſpannte an der Oefnung im Laden einen Winkel von 2° 49′. Dieſe Abweichung war zu groß, als daß er ſie von blos zufaͤlligen Urſachen haͤtte herleiten, oder die laͤngliche Geſtalt aus den ungleichen Einfallswinkeln der Stralen, die von verſchiedenen Punkten der Sonnenſcheibe kamen, erklaͤren koͤnnen. Nach einigen andern ebenfalls durch die Pruͤfung widerlegten Muthmaßungen zeigte ihm endlich ſein <hirendition="#b">entſcheidender Verſuch</hi> (ſ. den Artikel: <hirendition="#b">Brechbarkeit,</hi> Num. 2.) die wahre Urſache des Phaͤnomens. Sie liegt darinn, daß das Licht bey der Brechung in eine unzaͤhlbare Menge von Farbenſtralen zerſpalten wird, fuͤr deren jeden ein anderes Brechungsverhaͤltniß ſtatt findet.</p><p>Sind alle Stralen gleich brechbar, wie dies vor Newtons Entdeckung in der Theorie angenommen ward, ſo muß das im finſtern Zimmer aufgefangene Sonnenlicht, auf einer gegen ſeinen Weg ſenkrecht gehaltenen Tafel, auch nach der Brechung durch ein Prisma ein kreisrundes Sonnenbild darſtellen. Hat aber jeder einfache Farbenſtral ſeinen eignen Grad der Brechbarkeit, ſo gilt dieſer Satz nur noch von denen Stralen, die unter ſich gleich brechbar ſind, d. i. von denen, die einerley Farbe zeigen. Mithin entwerfen die rothen Stralen fuͤr ſich ein eignes kreisrundes Sonnenbild, die blauen ein anderes, die gruͤnen ein anderes u. ſ. w. und es entſtehen anſtatt eines einzigen Bildes ſo viele, als Farben ſind, d. i. unzaͤhlige.</p><p>In der Taf. <hirendition="#aq">IV.</hi> Fig. 68. angenommenen Stellung des Prisma, da ſich der brechende Winkel <hirendition="#aq">C</hi> unterwaͤrts kehret, ſammlen ſich die rothen Stralen, welche am wenigſten gebrochen werden, unten bey <hirendition="#aq">T,</hi> die violetten am meiſten gebrochnen oben bey <hirendition="#aq">P.</hi> Wenn man ſich nun, wie Taf. <hirendition="#aq">VIII.</hi> Fig. 21 <figure/>., fuͤr die ſieben kenntlichſten Abſtufungen der prismatiſchen Farben ſieben uͤber einander ſtehende Kreiſe von gleichem Durchmeſſer gedenkt, und mit Huͤlfe der Einbildungskraft unzaͤhlbare dazwiſchen fallende Kreiſe fuͤr<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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gleichen Winkel von 31 Min. an der Oefnung uͤberſpannen ſollte. Nun war zwar die Breite des Bilds, von einer Seitenlinie zur andern gerechnet, wirklich 2 3/8 Zoll; die Laͤnge aber war 13 Zoll, und uͤberſpannte an der Oefnung im Laden einen Winkel von 2° 49′. Dieſe Abweichung war zu groß, als daß er ſie von blos zufaͤlligen Urſachen haͤtte herleiten, oder die laͤngliche Geſtalt aus den ungleichen Einfallswinkeln der Stralen, die von verſchiedenen Punkten der Sonnenſcheibe kamen, erklaͤren koͤnnen. Nach einigen andern ebenfalls durch die Pruͤfung widerlegten Muthmaßungen zeigte ihm endlich ſein entſcheidender Verſuch (ſ. den Artikel: Brechbarkeit, Num. 2.) die wahre Urſache des Phaͤnomens. Sie liegt darinn, daß das Licht bey der Brechung in eine unzaͤhlbare Menge von Farbenſtralen zerſpalten wird, fuͤr deren jeden ein anderes Brechungsverhaͤltniß ſtatt findet.
Sind alle Stralen gleich brechbar, wie dies vor Newtons Entdeckung in der Theorie angenommen ward, ſo muß das im finſtern Zimmer aufgefangene Sonnenlicht, auf einer gegen ſeinen Weg ſenkrecht gehaltenen Tafel, auch nach der Brechung durch ein Prisma ein kreisrundes Sonnenbild darſtellen. Hat aber jeder einfache Farbenſtral ſeinen eignen Grad der Brechbarkeit, ſo gilt dieſer Satz nur noch von denen Stralen, die unter ſich gleich brechbar ſind, d. i. von denen, die einerley Farbe zeigen. Mithin entwerfen die rothen Stralen fuͤr ſich ein eignes kreisrundes Sonnenbild, die blauen ein anderes, die gruͤnen ein anderes u. ſ. w. und es entſtehen anſtatt eines einzigen Bildes ſo viele, als Farben ſind, d. i. unzaͤhlige.
In der Taf. IV. Fig. 68. angenommenen Stellung des Prisma, da ſich der brechende Winkel C unterwaͤrts kehret, ſammlen ſich die rothen Stralen, welche am wenigſten gebrochen werden, unten bey T, die violetten am meiſten gebrochnen oben bey P. Wenn man ſich nun, wie Taf. VIII. Fig. 21
[Abbildung]
., fuͤr die ſieben kenntlichſten Abſtufungen der prismatiſchen Farben ſieben uͤber einander ſtehende Kreiſe von gleichem Durchmeſſer gedenkt, und mit Huͤlfe der Einbildungskraft unzaͤhlbare dazwiſchen fallende Kreiſe fuͤr
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/165>, abgerufen am 21.11.2024.
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