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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Farben, wie bey der Flamme des Weingeists: heftigere und schnellere Schwingungen erzeugen gelbe und rothe Farben. Daher auch die Flamme eines Lichts unten blau, in der Mitte gelb, oben roth ist. Diese Erklärung ist sehr leicht und ungezwungen.

Dunkle Körper sehen roth aus, wenn die meisten Theile auf ihrer Oberfläche die Spannung haben, daß sie dem Aether diejenige Geschwindigkeit eindrücken, welche der rothen Farbe zugehört u. s. w. Weiß ist ein Körper, wenn er dem Aether Schläge mit allerley proportionirlichen Geschwindigkeiten mittheilt; schwarz, wenn er ihm gar keine eindrückt. Ueberhaupt ist nach Eulern das Licht, wodurch ein farbiger Körper sichtbar wird, nicht mehr ein Theil desjenigen Lichts, das ihn erleuchtet, sondern es besteht aus neuen auf der Oberfläche des Körpers erst erregten Schwingungen. Zinnober sieht roth aus, nicht weil er einen Theil der Schwingungen des Sonnenlichts zurücksendet, sondern weil die Schläge des Sonnenlichts seine Oberfläche in Bewegung setzen, die in dem Aether hinwiederum neue Schläge mit der zur rothen Farbe erforderlichen Geschwindigkeit hervorbringt. Zurückwerfende und durchsichtige Körper hingegen pflanzen die Schwingungen des auffallenden Lichts selbst fort. So zerfallen alle Körper in Absicht auf das Licht in vier Classen: Leuchtende, Zurückwerfende, Durchsichtige, Undurchsichtige oder Dunkle.

Diese Eulerische Theorie macht aus den Farben für das Auge dasjenige, was die Töne für das Ohr sind, Vibrationen eines elastischen Mittels, die sich mit gewissen Geschwindigkeiten folgen, wobey Violet der tiefere, Roth der höhere Ton, Weiß ein Gemisch von allen Tönen, gleichsam ein Schall ohne bestimmten Ton ist. Dieses ganze System, welches das Licht dem Schalle ähnlich macht, ist in Eulers Briefen an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände der Physik und Philosophie (I. Th. 17. u. f. Briefe) sehr faßlich vorgetragen.

Es wird wenige Erscheinungen geben, die sich nicht eben sowohl nach dem Emissionssystem als nach Eulers Theorie


Farben, wie bey der Flamme des Weingeiſts: heftigere und ſchnellere Schwingungen erzeugen gelbe und rothe Farben. Daher auch die Flamme eines Lichts unten blau, in der Mitte gelb, oben roth iſt. Dieſe Erklaͤrung iſt ſehr leicht und ungezwungen.

Dunkle Koͤrper ſehen roth aus, wenn die meiſten Theile auf ihrer Oberflaͤche die Spannung haben, daß ſie dem Aether diejenige Geſchwindigkeit eindruͤcken, welche der rothen Farbe zugehoͤrt u. ſ. w. Weiß iſt ein Koͤrper, wenn er dem Aether Schlaͤge mit allerley proportionirlichen Geſchwindigkeiten mittheilt; ſchwarz, wenn er ihm gar keine eindruͤckt. Ueberhaupt iſt nach Eulern das Licht, wodurch ein farbiger Koͤrper ſichtbar wird, nicht mehr ein Theil desjenigen Lichts, das ihn erleuchtet, ſondern es beſteht aus neuen auf der Oberflaͤche des Koͤrpers erſt erregten Schwingungen. Zinnober ſieht roth aus, nicht weil er einen Theil der Schwingungen des Sonnenlichts zuruͤckſendet, ſondern weil die Schlaͤge des Sonnenlichts ſeine Oberflaͤche in Bewegung ſetzen, die in dem Aether hinwiederum neue Schlaͤge mit der zur rothen Farbe erforderlichen Geſchwindigkeit hervorbringt. Zuruͤckwerfende und durchſichtige Koͤrper hingegen pflanzen die Schwingungen des auffallenden Lichts ſelbſt fort. So zerfallen alle Koͤrper in Abſicht auf das Licht in vier Claſſen: Leuchtende, Zuruͤckwerfende, Durchſichtige, Undurchſichtige oder Dunkle.

Dieſe Euleriſche Theorie macht aus den Farben fuͤr das Auge dasjenige, was die Toͤne fuͤr das Ohr ſind, Vibrationen eines elaſtiſchen Mittels, die ſich mit gewiſſen Geſchwindigkeiten folgen, wobey Violet der tiefere, Roth der hoͤhere Ton, Weiß ein Gemiſch von allen Toͤnen, gleichſam ein Schall ohne beſtimmten Ton iſt. Dieſes ganze Syſtem, welches das Licht dem Schalle aͤhnlich macht, iſt in Eulers Briefen an eine deutſche Prinzeſſin uͤber verſchiedene Gegenſtaͤnde der Phyſik und Philoſophie (I. Th. 17. u. f. Briefe) ſehr faßlich vorgetragen.

Es wird wenige Erſcheinungen geben, die ſich nicht eben ſowohl nach dem Emiſſionsſyſtem als nach Eulers Theorie

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[151/0157] Farben, wie bey der Flamme des Weingeiſts: heftigere und ſchnellere Schwingungen erzeugen gelbe und rothe Farben. Daher auch die Flamme eines Lichts unten blau, in der Mitte gelb, oben roth iſt. Dieſe Erklaͤrung iſt ſehr leicht und ungezwungen. Dunkle Koͤrper ſehen roth aus, wenn die meiſten Theile auf ihrer Oberflaͤche die Spannung haben, daß ſie dem Aether diejenige Geſchwindigkeit eindruͤcken, welche der rothen Farbe zugehoͤrt u. ſ. w. Weiß iſt ein Koͤrper, wenn er dem Aether Schlaͤge mit allerley proportionirlichen Geſchwindigkeiten mittheilt; ſchwarz, wenn er ihm gar keine eindruͤckt. Ueberhaupt iſt nach Eulern das Licht, wodurch ein farbiger Koͤrper ſichtbar wird, nicht mehr ein Theil desjenigen Lichts, das ihn erleuchtet, ſondern es beſteht aus neuen auf der Oberflaͤche des Koͤrpers erſt erregten Schwingungen. Zinnober ſieht roth aus, nicht weil er einen Theil der Schwingungen des Sonnenlichts zuruͤckſendet, ſondern weil die Schlaͤge des Sonnenlichts ſeine Oberflaͤche in Bewegung ſetzen, die in dem Aether hinwiederum neue Schlaͤge mit der zur rothen Farbe erforderlichen Geſchwindigkeit hervorbringt. Zuruͤckwerfende und durchſichtige Koͤrper hingegen pflanzen die Schwingungen des auffallenden Lichts ſelbſt fort. So zerfallen alle Koͤrper in Abſicht auf das Licht in vier Claſſen: Leuchtende, Zuruͤckwerfende, Durchſichtige, Undurchſichtige oder Dunkle. Dieſe Euleriſche Theorie macht aus den Farben fuͤr das Auge dasjenige, was die Toͤne fuͤr das Ohr ſind, Vibrationen eines elaſtiſchen Mittels, die ſich mit gewiſſen Geſchwindigkeiten folgen, wobey Violet der tiefere, Roth der hoͤhere Ton, Weiß ein Gemiſch von allen Toͤnen, gleichſam ein Schall ohne beſtimmten Ton iſt. Dieſes ganze Syſtem, welches das Licht dem Schalle aͤhnlich macht, iſt in Eulers Briefen an eine deutſche Prinzeſſin uͤber verſchiedene Gegenſtaͤnde der Phyſik und Philoſophie (I. Th. 17. u. f. Briefe) ſehr faßlich vorgetragen. Es wird wenige Erſcheinungen geben, die ſich nicht eben ſowohl nach dem Emiſſionsſyſtem als nach Eulers Theorie

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/157>, abgerufen am 21.11.2024.