Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


deutlich sieht, daß Newton diese Erklärung der physikalischen Beschaffenheit des Lichts für die wahrscheinlichste gehalten habe, so kan man es zulassen, sie als sein System anzusehen, welches von dem Ausfließen oder Ausströmen des Lichts aus den leuchtenden Körpern die angeführten Namen erhalten hat. Die vornehmsten Gründe, welche man dem Emanationssystem entgegensetzen kan, hat Euler (Nova theoria lucis et colorum in Opusc. varii argumenti, Berol. 1746. 4. p. 171--182.) vorgetragen. Man s. auch die Briefe an eine deutsche Prinzessin über verschiedene Gegenstände der Physik und Philosophie, Th. I. 24. Brief, und in diesem Wörterbuche den Artikel: Licht.

Entfernung, wahre, Abstand, Distantia, Distance.

Die kürzeste Linie, welche zwischen zween Gegenständen gezogen werden kan. So wird die Entfernung zweener Punkte von einander durch die gerade Linie zwischen beyden, die Entfernung eines Punkts von einer Linie durch den Perpendikel angegeben, der sich von jenem auf diese fällen läßt.

In der Physik, wo die Rede von Körpern ist, nimmt man, wenn Entfernungen zu bestimmen sind, an oder in diesen Körpern gewisse Punkte von bekannter Lage an, z. B. bey kugelförmigen Körpern ihre Mittelpunkte. So heißt Entfernung der Erde von der Sonne die gerade Linie zwischen den Mittelpunkten dieser Weltkörper.

Auf der Erdkugel, die man hiebey als eine völlige Kugel betrachtet, wird die Entfernung der Orte, dieser Gestalt wegen, nicht für die gerade Linie, sondern für den zwischen beyden enthaltenen Bogen eines größten Kreises angenommen.

Die Mittel, Entfernungen zu messen, lehrt die Geometrie, auch für solche Fälle, wo man zu den Punkten selbst nicht kommen kan. Die Anwendungen dieser Mittel auf physikalische Gegenstände, besonders auf die Entfernungen der Weltkörper und entlegner Orte auf der Erdfläche, gehören unter diejenigen Erfindungen, welche dem menschlichen Verstande vorzüglich zur Ehre gereichen.


deutlich ſieht, daß Newton dieſe Erklaͤrung der phyſikaliſchen Beſchaffenheit des Lichts fuͤr die wahrſcheinlichſte gehalten habe, ſo kan man es zulaſſen, ſie als ſein Syſtem anzuſehen, welches von dem Ausfließen oder Ausſtroͤmen des Lichts aus den leuchtenden Koͤrpern die angefuͤhrten Namen erhalten hat. Die vornehmſten Gruͤnde, welche man dem Emanationsſyſtem entgegenſetzen kan, hat Euler (Nova theoria lucis et colorum in Opuſc. varii argumenti, Berol. 1746. 4. p. 171—182.) vorgetragen. Man ſ. auch die Briefe an eine deutſche Prinzeſſin uͤber verſchiedene Gegenſtaͤnde der Phyſik und Philoſophie, Th. I. 24. Brief, und in dieſem Woͤrterbuche den Artikel: Licht.

Entfernung, wahre, Abſtand, Diſtantia, Diſtance.

Die kuͤrzeſte Linie, welche zwiſchen zween Gegenſtaͤnden gezogen werden kan. So wird die Entfernung zweener Punkte von einander durch die gerade Linie zwiſchen beyden, die Entfernung eines Punkts von einer Linie durch den Perpendikel angegeben, der ſich von jenem auf dieſe faͤllen laͤßt.

In der Phyſik, wo die Rede von Koͤrpern iſt, nimmt man, wenn Entfernungen zu beſtimmen ſind, an oder in dieſen Koͤrpern gewiſſe Punkte von bekannter Lage an, z. B. bey kugelfoͤrmigen Koͤrpern ihre Mittelpunkte. So heißt Entfernung der Erde von der Sonne die gerade Linie zwiſchen den Mittelpunkten dieſer Weltkoͤrper.

Auf der Erdkugel, die man hiebey als eine voͤllige Kugel betrachtet, wird die Entfernung der Orte, dieſer Geſtalt wegen, nicht fuͤr die gerade Linie, ſondern fuͤr den zwiſchen beyden enthaltenen Bogen eines groͤßten Kreiſes angenommen.

Die Mittel, Entfernungen zu meſſen, lehrt die Geometrie, auch fuͤr ſolche Faͤlle, wo man zu den Punkten ſelbſt nicht kommen kan. Die Anwendungen dieſer Mittel auf phyſikaliſche Gegenſtaͤnde, beſonders auf die Entfernungen der Weltkoͤrper und entlegner Orte auf der Erdflaͤche, gehoͤren unter diejenigen Erfindungen, welche dem menſchlichen Verſtande vorzuͤglich zur Ehre gereichen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0851" xml:id="P.1.837" n="837"/><lb/>
deutlich &#x017F;ieht, daß Newton die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung der phy&#x017F;ikali&#x017F;chen Be&#x017F;chaffenheit des Lichts fu&#x0364;r die wahr&#x017F;cheinlich&#x017F;te gehalten habe, &#x017F;o kan man es zula&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie als &#x017F;ein Sy&#x017F;tem anzu&#x017F;ehen, welches von dem Ausfließen oder Aus&#x017F;tro&#x0364;men des Lichts aus den leuchtenden Ko&#x0364;rpern die angefu&#x0364;hrten Namen erhalten hat. Die vornehm&#x017F;ten Gru&#x0364;nde, welche man dem Emanations&#x017F;y&#x017F;tem entgegen&#x017F;etzen kan, hat <hi rendition="#b">Euler</hi> <hi rendition="#aq">(Nova theoria lucis et colorum in Opu&#x017F;c. varii argumenti, Berol. 1746. 4. p. 171&#x2014;182.)</hi> vorgetragen. Man &#x017F;. auch die Briefe an eine deut&#x017F;che Prinze&#x017F;&#x017F;in u&#x0364;ber ver&#x017F;chiedene Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde der Phy&#x017F;ik und Philo&#x017F;ophie, Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> 24. Brief, und in die&#x017F;em Wo&#x0364;rterbuche den Artikel: <hi rendition="#b">Licht.</hi></p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Entfernung, wahre, Ab&#x017F;tand, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Di&#x017F;tantia</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Di&#x017F;tance</hi></foreign></name>.</head><lb/>
          <p>Die ku&#x0364;rze&#x017F;te Linie, welche zwi&#x017F;chen zween Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden gezogen werden kan. So wird die Entfernung zweener Punkte von einander durch die gerade Linie zwi&#x017F;chen beyden, die Entfernung eines Punkts von einer Linie durch den Perpendikel angegeben, der &#x017F;ich von jenem auf die&#x017F;e fa&#x0364;llen la&#x0364;ßt.</p>
          <p>In der Phy&#x017F;ik, wo die Rede von Ko&#x0364;rpern i&#x017F;t, nimmt man, wenn Entfernungen zu be&#x017F;timmen &#x017F;ind, an oder in die&#x017F;en Ko&#x0364;rpern gewi&#x017F;&#x017F;e Punkte von bekannter Lage an, z. B. bey kugelfo&#x0364;rmigen Ko&#x0364;rpern ihre Mittelpunkte. So heißt Entfernung der Erde von der Sonne die gerade Linie zwi&#x017F;chen den Mittelpunkten die&#x017F;er Weltko&#x0364;rper.</p>
          <p>Auf der Erdkugel, die man hiebey als eine vo&#x0364;llige Kugel betrachtet, wird die Entfernung der Orte, die&#x017F;er Ge&#x017F;talt wegen, nicht fu&#x0364;r die gerade Linie, &#x017F;ondern fu&#x0364;r den zwi&#x017F;chen beyden enthaltenen Bogen eines gro&#x0364;ßten Krei&#x017F;es angenommen.</p>
          <p>Die Mittel, Entfernungen zu me&#x017F;&#x017F;en, lehrt die Geometrie, auch fu&#x0364;r &#x017F;olche Fa&#x0364;lle, wo man zu den Punkten &#x017F;elb&#x017F;t nicht kommen kan. Die Anwendungen die&#x017F;er Mittel auf phy&#x017F;ikali&#x017F;che Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde, be&#x017F;onders auf die Entfernungen der Weltko&#x0364;rper und entlegner Orte auf der Erdfla&#x0364;che, geho&#x0364;ren unter diejenigen Erfindungen, welche dem men&#x017F;chlichen Ver&#x017F;tande vorzu&#x0364;glich zur Ehre gereichen.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[837/0851] deutlich ſieht, daß Newton dieſe Erklaͤrung der phyſikaliſchen Beſchaffenheit des Lichts fuͤr die wahrſcheinlichſte gehalten habe, ſo kan man es zulaſſen, ſie als ſein Syſtem anzuſehen, welches von dem Ausfließen oder Ausſtroͤmen des Lichts aus den leuchtenden Koͤrpern die angefuͤhrten Namen erhalten hat. Die vornehmſten Gruͤnde, welche man dem Emanationsſyſtem entgegenſetzen kan, hat Euler (Nova theoria lucis et colorum in Opuſc. varii argumenti, Berol. 1746. 4. p. 171—182.) vorgetragen. Man ſ. auch die Briefe an eine deutſche Prinzeſſin uͤber verſchiedene Gegenſtaͤnde der Phyſik und Philoſophie, Th. I. 24. Brief, und in dieſem Woͤrterbuche den Artikel: Licht. Entfernung, wahre, Abſtand, Diſtantia, Diſtance. Die kuͤrzeſte Linie, welche zwiſchen zween Gegenſtaͤnden gezogen werden kan. So wird die Entfernung zweener Punkte von einander durch die gerade Linie zwiſchen beyden, die Entfernung eines Punkts von einer Linie durch den Perpendikel angegeben, der ſich von jenem auf dieſe faͤllen laͤßt. In der Phyſik, wo die Rede von Koͤrpern iſt, nimmt man, wenn Entfernungen zu beſtimmen ſind, an oder in dieſen Koͤrpern gewiſſe Punkte von bekannter Lage an, z. B. bey kugelfoͤrmigen Koͤrpern ihre Mittelpunkte. So heißt Entfernung der Erde von der Sonne die gerade Linie zwiſchen den Mittelpunkten dieſer Weltkoͤrper. Auf der Erdkugel, die man hiebey als eine voͤllige Kugel betrachtet, wird die Entfernung der Orte, dieſer Geſtalt wegen, nicht fuͤr die gerade Linie, ſondern fuͤr den zwiſchen beyden enthaltenen Bogen eines groͤßten Kreiſes angenommen. Die Mittel, Entfernungen zu meſſen, lehrt die Geometrie, auch fuͤr ſolche Faͤlle, wo man zu den Punkten ſelbſt nicht kommen kan. Die Anwendungen dieſer Mittel auf phyſikaliſche Gegenſtaͤnde, beſonders auf die Entfernungen der Weltkoͤrper und entlegner Orte auf der Erdflaͤche, gehoͤren unter diejenigen Erfindungen, welche dem menſchlichen Verſtande vorzuͤglich zur Ehre gereichen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/851
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 837. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/851>, abgerufen am 06.05.2024.