Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Es fällt aber bey dieser Voraussetzung zwoer wirklich verschiedenen E alles weit einfacher und gleichförmiger aus. Die Gesetze des Anziehens und Zurückstoßens, mithin auch die der Wirkungskreise, liegen unmittelbar in der Voraussetzung selbst. Man darf, um das Zurückstoßen zwoer -- E zu erklären, nicht, wie bey Franklin, zu dem äußern in der Luft enthaltnen E seine Zuflucht nehmen, weil hier die -- E in einer wirklichen Materie nicht blos in einem Mangel bestehen. Die Verbindung beyder Materien mit vollkommner Sättigung macht, daß sich gar keine Elektricität zeigt, weil alles E völlig gebunden ist. Wird durch Mittheilung mehr + E in den Körper gebracht, oder durch Vertheilung etwas von seinem vorigen + E frey, so zeigt er die Erscheinungen, die dem + E zukommen, und im entgegengesetzten Falle die, so dem -- E zugehören.

Das der innern Seite der Verstärkungsflasche zugeführte + E macht eben so viel + E der äußern Seite frey, und bindet eine gleiche Menge -- E in derselben. Ist also die äußere Seite mit hinlänglichen Leitern verbunden, so giebt sie denselben so viel + E ab, als frey wird, und nimmt aus ihnen so viel -- E an, als das + E der innern Seite bindet. Dies macht die Ladung der Flasche aus. Die E beyder Seiten binden einander; daher zeigen beyde Seiten, einzeln berührt, keine Elektricität, weil sie kein freyes oder sensibles E haben. Auch kan jede noch mehr E annehmen, wenn nur die andere eben so viel entgegengesetztes E erhalten kan. Ist das nicht, so kan jene auch weiter kein E annehmen. Denn der geringste Zusatz, den sie erhält, bleibt ungebunden oder frey, und stößt daher alles fernere gleichartige E ab.

Wird aber zwischen beyden Seiten eine leitende Verbindung gemacht, so macht sich auf einmal alles -- E und + E in beyden los. Aus der innern Seite geht eben das + E heraus, welches das -- E der äußern band, die äussere entläßt das -- E, welches das + E der innern band. Beyde Seiten befreyen also einander selbst von ihren Elektricitäten.


Es faͤllt aber bey dieſer Vorausſetzung zwoer wirklich verſchiedenen E alles weit einfacher und gleichfoͤrmiger aus. Die Geſetze des Anziehens und Zuruͤckſtoßens, mithin auch die der Wirkungskreiſe, liegen unmittelbar in der Vorausſetzung ſelbſt. Man darf, um das Zuruͤckſtoßen zwoer — E zu erklaͤren, nicht, wie bey Franklin, zu dem aͤußern in der Luft enthaltnen E ſeine Zuflucht nehmen, weil hier die — E in einer wirklichen Materie nicht blos in einem Mangel beſtehen. Die Verbindung beyder Materien mit vollkommner Saͤttigung macht, daß ſich gar keine Elektricitaͤt zeigt, weil alles E voͤllig gebunden iſt. Wird durch Mittheilung mehr + E in den Koͤrper gebracht, oder durch Vertheilung etwas von ſeinem vorigen + E frey, ſo zeigt er die Erſcheinungen, die dem + E zukommen, und im entgegengeſetzten Falle die, ſo dem — E zugehoͤren.

Das der innern Seite der Verſtaͤrkungsflaſche zugefuͤhrte + E macht eben ſo viel + E der aͤußern Seite frey, und bindet eine gleiche Menge — E in derſelben. Iſt alſo die aͤußere Seite mit hinlaͤnglichen Leitern verbunden, ſo giebt ſie denſelben ſo viel + E ab, als frey wird, und nimmt aus ihnen ſo viel — E an, als das + E der innern Seite bindet. Dies macht die Ladung der Flaſche aus. Die E beyder Seiten binden einander; daher zeigen beyde Seiten, einzeln beruͤhrt, keine Elektricitaͤt, weil ſie kein freyes oder ſenſibles E haben. Auch kan jede noch mehr E annehmen, wenn nur die andere eben ſo viel entgegengeſetztes E erhalten kan. Iſt das nicht, ſo kan jene auch weiter kein E annehmen. Denn der geringſte Zuſatz, den ſie erhaͤlt, bleibt ungebunden oder frey, und ſtoͤßt daher alles fernere gleichartige E ab.

Wird aber zwiſchen beyden Seiten eine leitende Verbindung gemacht, ſo macht ſich auf einmal alles — E und + E in beyden los. Aus der innern Seite geht eben das + E heraus, welches das — E der aͤußern band, die aͤuſſere entlaͤßt das — E, welches das + E der innern band. Beyde Seiten befreyen alſo einander ſelbſt von ihren Elektricitaͤten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0776" xml:id="P.1.762" n="762"/><lb/>
          </p>
          <p>Es fa&#x0364;llt aber bey die&#x017F;er Voraus&#x017F;etzung zwoer wirklich ver&#x017F;chiedenen <hi rendition="#aq">E</hi> alles weit einfacher und gleichfo&#x0364;rmiger aus. Die Ge&#x017F;etze des Anziehens und Zuru&#x0364;ck&#x017F;toßens, mithin auch die der Wirkungskrei&#x017F;e, liegen unmittelbar in der Voraus&#x017F;etzung &#x017F;elb&#x017F;t. Man darf, um das Zuru&#x0364;ck&#x017F;toßen zwoer <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> zu erkla&#x0364;ren, nicht, wie bey Franklin, zu dem a&#x0364;ußern in der Luft enthaltnen <hi rendition="#aq">E</hi> &#x017F;eine Zuflucht nehmen, weil hier die <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> in einer wirklichen Materie nicht blos in einem Mangel be&#x017F;tehen. Die Verbindung beyder Materien mit vollkommner Sa&#x0364;ttigung macht, daß &#x017F;ich gar keine Elektricita&#x0364;t zeigt, weil alles <hi rendition="#aq">E</hi> vo&#x0364;llig gebunden i&#x017F;t. Wird durch Mittheilung mehr <hi rendition="#aq">+ E</hi> in den Ko&#x0364;rper gebracht, oder durch Vertheilung etwas von &#x017F;einem vorigen <hi rendition="#aq">+ E</hi> frey, &#x017F;o zeigt er die Er&#x017F;cheinungen, die dem <hi rendition="#aq">+ E</hi> zukommen, und im entgegenge&#x017F;etzten Falle die, &#x017F;o dem <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> zugeho&#x0364;ren.</p>
          <p>Das der innern Seite der Ver&#x017F;ta&#x0364;rkungsfla&#x017F;che zugefu&#x0364;hrte <hi rendition="#aq">+ E</hi> macht eben &#x017F;o viel <hi rendition="#aq">+ E</hi> der a&#x0364;ußern Seite frey, und bindet eine gleiche Menge <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> in der&#x017F;elben. I&#x017F;t al&#x017F;o die a&#x0364;ußere Seite mit hinla&#x0364;nglichen Leitern verbunden, &#x017F;o giebt &#x017F;ie den&#x017F;elben &#x017F;o viel <hi rendition="#aq">+ E</hi> ab, als frey wird, und nimmt aus ihnen &#x017F;o viel <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> an, als das <hi rendition="#aq">+ E</hi> der innern Seite bindet. Dies macht die Ladung der Fla&#x017F;che aus. Die <hi rendition="#aq">E</hi> beyder Seiten binden einander; daher zeigen beyde Seiten, einzeln beru&#x0364;hrt, keine Elektricita&#x0364;t, weil &#x017F;ie kein freyes oder &#x017F;en&#x017F;ibles <hi rendition="#aq">E</hi> haben. Auch kan jede noch mehr <hi rendition="#aq">E</hi> annehmen, wenn nur die andere eben &#x017F;o viel entgegenge&#x017F;etztes <hi rendition="#aq">E</hi> erhalten kan. I&#x017F;t das nicht, &#x017F;o kan jene auch weiter kein <hi rendition="#aq">E</hi> annehmen. Denn der gering&#x017F;te Zu&#x017F;atz, den &#x017F;ie erha&#x0364;lt, bleibt <hi rendition="#b">ungebunden</hi> oder frey, und &#x017F;to&#x0364;ßt daher alles fernere gleichartige <hi rendition="#aq">E</hi> ab.</p>
          <p>Wird aber zwi&#x017F;chen beyden Seiten eine leitende Verbindung gemacht, &#x017F;o macht &#x017F;ich auf einmal alles <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> und <hi rendition="#aq">+ E</hi> in beyden los. Aus der innern Seite geht eben das <hi rendition="#aq">+ E</hi> heraus, welches das <hi rendition="#aq">&#x2014; E</hi> der a&#x0364;ußern band, die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere entla&#x0364;ßt das <hi rendition="#aq">&#x2014; E,</hi> welches das <hi rendition="#aq">+ E</hi> der innern band. Beyde Seiten befreyen al&#x017F;o einander &#x017F;elb&#x017F;t von ihren Elektricita&#x0364;ten.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[762/0776] Es faͤllt aber bey dieſer Vorausſetzung zwoer wirklich verſchiedenen E alles weit einfacher und gleichfoͤrmiger aus. Die Geſetze des Anziehens und Zuruͤckſtoßens, mithin auch die der Wirkungskreiſe, liegen unmittelbar in der Vorausſetzung ſelbſt. Man darf, um das Zuruͤckſtoßen zwoer — E zu erklaͤren, nicht, wie bey Franklin, zu dem aͤußern in der Luft enthaltnen E ſeine Zuflucht nehmen, weil hier die — E in einer wirklichen Materie nicht blos in einem Mangel beſtehen. Die Verbindung beyder Materien mit vollkommner Saͤttigung macht, daß ſich gar keine Elektricitaͤt zeigt, weil alles E voͤllig gebunden iſt. Wird durch Mittheilung mehr + E in den Koͤrper gebracht, oder durch Vertheilung etwas von ſeinem vorigen + E frey, ſo zeigt er die Erſcheinungen, die dem + E zukommen, und im entgegengeſetzten Falle die, ſo dem — E zugehoͤren. Das der innern Seite der Verſtaͤrkungsflaſche zugefuͤhrte + E macht eben ſo viel + E der aͤußern Seite frey, und bindet eine gleiche Menge — E in derſelben. Iſt alſo die aͤußere Seite mit hinlaͤnglichen Leitern verbunden, ſo giebt ſie denſelben ſo viel + E ab, als frey wird, und nimmt aus ihnen ſo viel — E an, als das + E der innern Seite bindet. Dies macht die Ladung der Flaſche aus. Die E beyder Seiten binden einander; daher zeigen beyde Seiten, einzeln beruͤhrt, keine Elektricitaͤt, weil ſie kein freyes oder ſenſibles E haben. Auch kan jede noch mehr E annehmen, wenn nur die andere eben ſo viel entgegengeſetztes E erhalten kan. Iſt das nicht, ſo kan jene auch weiter kein E annehmen. Denn der geringſte Zuſatz, den ſie erhaͤlt, bleibt ungebunden oder frey, und ſtoͤßt daher alles fernere gleichartige E ab. Wird aber zwiſchen beyden Seiten eine leitende Verbindung gemacht, ſo macht ſich auf einmal alles — E und + E in beyden los. Aus der innern Seite geht eben das + E heraus, welches das — E der aͤußern band, die aͤuſſere entlaͤßt das — E, welches das + E der innern band. Beyde Seiten befreyen alſo einander ſelbſt von ihren Elektricitaͤten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/776
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 762. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/776>, abgerufen am 24.11.2024.