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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Mairan giebt von dieser Ausdehnung des Wassers beym Gefrieren drey Ursachen an, deren erste die Menge der darinn entstehenden sichtbaren Luftblasen ist. Er glaubt, im flüßigen Wasser sey die Luft in viel feinere Theilchen gesondert, die sich in den Zwischenräumen des Wassers aufhalten könnten, und in diesem Zustande ihrer Elasticität gröstentheils beraubt wären; diese sammlen sich nach ihm beym Gefrieren in größere Blasen, welche nicht allein aus den Zwischenräumen des Wassers heraustreten, und dadurch mehr Raum leer lassen, sondern auch wegen ihrer Elasticität das Ganze mehr auseinander treiben. Er führt hiebey einen von ihm wiederholten Versuch des Huygens (Journal des sav. 25 Juillet 1672.) und Boyle (Philos. Trans. no. 62.) an, daß das Wasser durchs Auspumpen gereiniget seine specifische Schwere nicht ändere, daher die große Menge der darinn enthaltenen Luft sein Volumen nicht merklich vergrößern könne. Hr. Lichtenberg (Anm. zu Erxlebens Naturl. §. 426.) hält es für unwidersprechlich, daß die im Wasser eingeschloßne Luft einen Antheil an dieser Ausdehnung habe; daß der Luft aber alles hiebey zuzuschreiben sey, ist ihm deswegen zweifelhaft, weil bey seinem Versuche am 30 Dec. 1783 das so sorgfältig von Luft gereinigte Wasser beym Gefrieren im Vacuo dennoch das Gefäß zersprengte, und einen Schaum voller Blasen bildete.

Die zwote Ursache dieser Ausdehnung findet Mairan in der veränderten Lage der Bestandtheile des Körpers gegen einander, durch das Herausgehen der Luft. Er erklärt in diesem Abschnitte alles mechanisch, und stellt sich die Theile des Wassers als Sphäroide, die Theile der Luft als Stahlfedern vor, die sich im flüßigen Zustande um die Sphäroide winden, beym Gefrieren aber lostrennen, und die Wassertheilchen von einander entfernt halten. Da die Erfahrung hierüber gänzlich schweigt, so heißt dies wohl eher träumen, als erklären.

Die dritte Ursache setzt er in das Bestreben, welches die gefrierenden Wassertheilchen so deutlich zeigen, sich als Fäden unter Nebenwinkeln von60° und 120° an einander


Mairan giebt von dieſer Ausdehnung des Waſſers beym Gefrieren drey Urſachen an, deren erſte die Menge der darinn entſtehenden ſichtbaren Luftblaſen iſt. Er glaubt, im fluͤßigen Waſſer ſey die Luft in viel feinere Theilchen geſondert, die ſich in den Zwiſchenraͤumen des Waſſers aufhalten koͤnnten, und in dieſem Zuſtande ihrer Elaſticitaͤt groͤſtentheils beraubt waͤren; dieſe ſammlen ſich nach ihm beym Gefrieren in groͤßere Blaſen, welche nicht allein aus den Zwiſchenraͤumen des Waſſers heraustreten, und dadurch mehr Raum leer laſſen, ſondern auch wegen ihrer Elaſticitaͤt das Ganze mehr auseinander treiben. Er fuͤhrt hiebey einen von ihm wiederholten Verſuch des Huygens (Journal des ſav. 25 Juillet 1672.) und Boyle (Philoſ. Trans. no. 62.) an, daß das Waſſer durchs Auspumpen gereiniget ſeine ſpecifiſche Schwere nicht aͤndere, daher die große Menge der darinn enthaltenen Luft ſein Volumen nicht merklich vergroͤßern koͤnne. Hr. Lichtenberg (Anm. zu Erxlebens Naturl. §. 426.) haͤlt es fuͤr unwiderſprechlich, daß die im Waſſer eingeſchloßne Luft einen Antheil an dieſer Ausdehnung habe; daß der Luft aber alles hiebey zuzuſchreiben ſey, iſt ihm deswegen zweifelhaft, weil bey ſeinem Verſuche am 30 Dec. 1783 das ſo ſorgfaͤltig von Luft gereinigte Waſſer beym Gefrieren im Vacuo dennoch das Gefaͤß zerſprengte, und einen Schaum voller Blaſen bildete.

Die zwote Urſache dieſer Ausdehnung findet Mairan in der veraͤnderten Lage der Beſtandtheile des Koͤrpers gegen einander, durch das Herausgehen der Luft. Er erklaͤrt in dieſem Abſchnitte alles mechaniſch, und ſtellt ſich die Theile des Waſſers als Sphaͤroide, die Theile der Luft als Stahlfedern vor, die ſich im fluͤßigen Zuſtande um die Sphaͤroide winden, beym Gefrieren aber lostrennen, und die Waſſertheilchen von einander entfernt halten. Da die Erfahrung hieruͤber gaͤnzlich ſchweigt, ſo heißt dies wohl eher traͤumen, als erklaͤren.

Die dritte Urſache ſetzt er in das Beſtreben, welches die gefrierenden Waſſertheilchen ſo deutlich zeigen, ſich als Faͤden unter Nebenwinkeln von60° und 120° an einander

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[675/0689] Mairan giebt von dieſer Ausdehnung des Waſſers beym Gefrieren drey Urſachen an, deren erſte die Menge der darinn entſtehenden ſichtbaren Luftblaſen iſt. Er glaubt, im fluͤßigen Waſſer ſey die Luft in viel feinere Theilchen geſondert, die ſich in den Zwiſchenraͤumen des Waſſers aufhalten koͤnnten, und in dieſem Zuſtande ihrer Elaſticitaͤt groͤſtentheils beraubt waͤren; dieſe ſammlen ſich nach ihm beym Gefrieren in groͤßere Blaſen, welche nicht allein aus den Zwiſchenraͤumen des Waſſers heraustreten, und dadurch mehr Raum leer laſſen, ſondern auch wegen ihrer Elaſticitaͤt das Ganze mehr auseinander treiben. Er fuͤhrt hiebey einen von ihm wiederholten Verſuch des Huygens (Journal des ſav. 25 Juillet 1672.) und Boyle (Philoſ. Trans. no. 62.) an, daß das Waſſer durchs Auspumpen gereiniget ſeine ſpecifiſche Schwere nicht aͤndere, daher die große Menge der darinn enthaltenen Luft ſein Volumen nicht merklich vergroͤßern koͤnne. Hr. Lichtenberg (Anm. zu Erxlebens Naturl. §. 426.) haͤlt es fuͤr unwiderſprechlich, daß die im Waſſer eingeſchloßne Luft einen Antheil an dieſer Ausdehnung habe; daß der Luft aber alles hiebey zuzuſchreiben ſey, iſt ihm deswegen zweifelhaft, weil bey ſeinem Verſuche am 30 Dec. 1783 das ſo ſorgfaͤltig von Luft gereinigte Waſſer beym Gefrieren im Vacuo dennoch das Gefaͤß zerſprengte, und einen Schaum voller Blaſen bildete. Die zwote Urſache dieſer Ausdehnung findet Mairan in der veraͤnderten Lage der Beſtandtheile des Koͤrpers gegen einander, durch das Herausgehen der Luft. Er erklaͤrt in dieſem Abſchnitte alles mechaniſch, und ſtellt ſich die Theile des Waſſers als Sphaͤroide, die Theile der Luft als Stahlfedern vor, die ſich im fluͤßigen Zuſtande um die Sphaͤroide winden, beym Gefrieren aber lostrennen, und die Waſſertheilchen von einander entfernt halten. Da die Erfahrung hieruͤber gaͤnzlich ſchweigt, ſo heißt dies wohl eher traͤumen, als erklaͤren. Die dritte Urſache ſetzt er in das Beſtreben, welches die gefrierenden Waſſertheilchen ſo deutlich zeigen, ſich als Faͤden unter Nebenwinkeln von60° und 120° an einander

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/689>, abgerufen am 25.11.2024.