zu. Wenn man Wasser in einer langen Röhre dem Froste aussetzet, und den Punkt bemerkt, bis an den seine Oberfläche reicht, so sieht man deutlich, daß sich das Wasser anfänglich durch die Kälte zufammenzieht, nahe beym Punkte des Gesrierens aber eine kleine Zeit still steht, und dann, indem es zu Eis wird, sich sehr schnell und stark ausdehnet. Diese Ausdehnung des Wassers beym Gefrieren erklärt sehr leicht, warum die Gefäße zerspringen, worinn Wasser plötzlich gefriert, besonders, wenn sie enge Oefnungen haben, und nicht stark genug sind, der Ausbreitung des Eises zu widerstehen. Aus eben dieser Ursache hebt der Frost bisweilen Schwellen und Pflaster in die Höhe, zersprengt oft mit einem heftigen Knalle Steine, Bäume, und die Röhren der Wasserleitungen, die man daher sorgfältig vor dem Froste bewahren, oder bey strenger Kälte ausleeren muß.
Die Gewalt, mit welcher das entstehende Eis auf die Zersprengung der Körper wirkt, die es eingeschlossen halten, ist erstaunenswürdig. Huygens hat hierüber einen berühmt gewordenen Versuch angestellt. Er füllte im Jahre 1667 ein eisernes Rohr, einen Finger dick, mit Wasser, verschloß es sehr genau an beyden Enden, setzte es einem starken Froste aus, und fand es nach zwölf Stunden an zween Orten zersprungen. Also hat in diesem Falle das gefrierende Wasser so viel Kraft, als das entzündete Schießpulver, und allem Ansehen nach weit mehr, als die aufs stärkste zusammengedrückte Luft in den Windbüchsen. Buot(Hist. de l'academ. roy. desSc. 1670.) hat diesen Versuch mit gleichem Erfolge wiederholet. Noch vollständiger sind die Versuche hierüber von der Akademie del Cimento zu Florenz ausgeführt worden (Tentamina experimentorum natur. captorum in academia del cim. ed. Petr. van Musschenbroek, Lugd. Bat. 1731. 4.). Unter vielen Gefäßen von Glas und von verschiedenen Metallen, die meistens Kugeln oder Sphäroide und sehr dick waren, und alle zersprangen, war auch eines von Kupfer, bey welchem Musschenbroek die zu seiner Zersprengung nöthige Kraft auf 27720 Pfund berechnet.
zu. Wenn man Waſſer in einer langen Roͤhre dem Froſte ausſetzet, und den Punkt bemerkt, bis an den ſeine Oberflaͤche reicht, ſo ſieht man deutlich, daß ſich das Waſſer anfaͤnglich durch die Kaͤlte zufammenzieht, nahe beym Punkte des Geſrierens aber eine kleine Zeit ſtill ſteht, und dann, indem es zu Eis wird, ſich ſehr ſchnell und ſtark ausdehnet. Dieſe Ausdehnung des Waſſers beym Gefrieren erklaͤrt ſehr leicht, warum die Gefaͤße zerſpringen, worinn Waſſer ploͤtzlich gefriert, beſonders, wenn ſie enge Oefnungen haben, und nicht ſtark genug ſind, der Ausbreitung des Eiſes zu widerſtehen. Aus eben dieſer Urſache hebt der Froſt bisweilen Schwellen und Pflaſter in die Hoͤhe, zerſprengt oft mit einem heftigen Knalle Steine, Baͤume, und die Roͤhren der Waſſerleitungen, die man daher ſorgfaͤltig vor dem Froſte bewahren, oder bey ſtrenger Kaͤlte ausleeren muß.
Die Gewalt, mit welcher das entſtehende Eis auf die Zerſprengung der Koͤrper wirkt, die es eingeſchloſſen halten, iſt erſtaunenswuͤrdig. Huygens hat hieruͤber einen beruͤhmt gewordenen Verſuch angeſtellt. Er fuͤllte im Jahre 1667 ein eiſernes Rohr, einen Finger dick, mit Waſſer, verſchloß es ſehr genau an beyden Enden, ſetzte es einem ſtarken Froſte aus, und fand es nach zwoͤlf Stunden an zween Orten zerſprungen. Alſo hat in dieſem Falle das gefrierende Waſſer ſo viel Kraft, als das entzuͤndete Schießpulver, und allem Anſehen nach weit mehr, als die aufs ſtaͤrkſte zuſammengedruͤckte Luft in den Windbuͤchſen. Buot(Hiſt. de l'academ. roy. desSc. 1670.) hat dieſen Verſuch mit gleichem Erfolge wiederholet. Noch vollſtaͤndiger ſind die Verſuche hieruͤber von der Akademie del Cimento zu Florenz ausgefuͤhrt worden (Tentamina experimentorum natur. captorum in academia del cim. ed. Petr. van Muſſchenbroek, Lugd. Bat. 1731. 4.). Unter vielen Gefaͤßen von Glas und von verſchiedenen Metallen, die meiſtens Kugeln oder Sphaͤroide und ſehr dick waren, und alle zerſprangen, war auch eines von Kupfer, bey welchem Muſſchenbroek die zu ſeiner Zerſprengung noͤthige Kraft auf 27720 Pfund berechnet.
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zu. Wenn man Waſſer in einer langen Roͤhre dem Froſte ausſetzet, und den Punkt bemerkt, bis an den ſeine Oberflaͤche reicht, ſo ſieht man deutlich, daß ſich das Waſſer anfaͤnglich durch die Kaͤlte zufammenzieht, nahe beym Punkte des Geſrierens aber eine kleine Zeit ſtill ſteht, und dann, indem es zu Eis wird, ſich ſehr ſchnell und ſtark ausdehnet. Dieſe Ausdehnung des Waſſers beym Gefrieren erklaͤrt ſehr leicht, warum die Gefaͤße zerſpringen, worinn Waſſer ploͤtzlich gefriert, beſonders, wenn ſie enge Oefnungen haben, und nicht ſtark genug ſind, der Ausbreitung des Eiſes zu widerſtehen. Aus eben dieſer Urſache hebt der Froſt bisweilen Schwellen und Pflaſter in die Hoͤhe, zerſprengt oft mit einem heftigen Knalle Steine, Baͤume, und die Roͤhren der Waſſerleitungen, die man daher ſorgfaͤltig vor dem Froſte bewahren, oder bey ſtrenger Kaͤlte ausleeren muß.
Die Gewalt, mit welcher das entſtehende Eis auf die Zerſprengung der Koͤrper wirkt, die es eingeſchloſſen halten, iſt erſtaunenswuͤrdig. Huygens hat hieruͤber einen beruͤhmt gewordenen Verſuch angeſtellt. Er fuͤllte im Jahre 1667 ein eiſernes Rohr, einen Finger dick, mit Waſſer, verſchloß es ſehr genau an beyden Enden, ſetzte es einem ſtarken Froſte aus, und fand es nach zwoͤlf Stunden an zween Orten zerſprungen. Alſo hat in dieſem Falle das gefrierende Waſſer ſo viel Kraft, als das entzuͤndete Schießpulver, und allem Anſehen nach weit mehr, als die aufs ſtaͤrkſte zuſammengedruͤckte Luft in den Windbuͤchſen. Buot (Hiſt. de l'academ. roy. desSc. 1670.) hat dieſen Verſuch mit gleichem Erfolge wiederholet. Noch vollſtaͤndiger ſind die Verſuche hieruͤber von der Akademie del Cimento zu Florenz ausgefuͤhrt worden (Tentamina experimentorum natur. captorum in academia del cim. ed. Petr. van Muſſchenbroek, Lugd. Bat. 1731. 4.). Unter vielen Gefaͤßen von Glas und von verſchiedenen Metallen, die meiſtens Kugeln oder Sphaͤroide und ſehr dick waren, und alle zerſprangen, war auch eines von Kupfer, bey welchem Muſſchenbroek die zu ſeiner Zerſprengung noͤthige Kraft auf 27720 Pfund berechnet.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/688>, abgerufen am 22.11.2024.
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