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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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den Merkur (1/150) des scheinbaren Sonnendurchmessers beträgt, und der von Morgen gegen Abend durch die Sonnenscheibe fortrückt.

Vor Erfindung der Fernröhre ist nie eine solche Begebenheit wahrgenommen worden, und Averrhoes, der den Merkur in der Sonne gesehen zu haben glaubte, hat wahrscheinlich einen großen Sonnenflecken für diesen Planeten genommen, welcher viel zu klein ist, als daß ihn das bloße Auge in der Sonne entdecken könnte. Kepler kündigte zuerst im Jahre 1627, nach seinen auf des Tycho Beobachtungen gegründeten rudolphinischen Tafeln, einen Durchgang des Merkurs auf 1631, und zween Durchgänge der Venus auf 1631 und 1761 an (Admonitio ad astronomos de miris rarisque anni 1631 phaenomenis, Lips. 1629. 4.). Da aber diese Vorhersagungen auf feinen Bestimmungen kleiner Größen beruhen, so traf der auf den 6 Dec. 1631 angesetzte Durchgang der Venus nicht ein; der Durchgang des Merkurs aber ward von Gassendi (Epist. ad Schickardum de Mercurio in Sole viso. et Venere invisa, in Gassendi Opp. To. IV. p. 499.) am 7 Nov. 1631 wirklich beobachtet. Kepler selbst war wenige Tage vorher (d. 4 Nov. 1631) gestorben. Seit dieser Zeit sind noch 15 andere Durchgänge des Merkurs, der letzte noch erst am 4 May 1786, beobachtet worden, und wir haben deren noch zween in diesem Jahrhunderte, 1789 d. 5 Nov. und 1799 d. 7 May, zu erwarten.

Im Jahre 1639 am 24 Nov. a. St. beobachtete Jeremias Horrockes in England zum erstenmale die Venus vor der Sonnenscheibe, welche an diesem Tage nach den Keplerischen Tafeln nur auswärts am Rande der Sonne vorbeystreichen sollte. Noch außer ihm beobachtete sein Freund William Crabtre, den er im voraus aufmerksam gemacht hatte, eben diese Begebenheit zu Manchester (s. Jer. Horroccii Venus in Sole visa, in Hevelii Selenographia, Gedan. 1647. fol). Nach diesem ist Venus noch zweymal, 1761 d. 6 Jun. und 1769 d. 3 Jun. in der Sonne gesehen worden, und ihre nächsten Durchgänge


den Merkur (1/150) des ſcheinbaren Sonnendurchmeſſers betraͤgt, und der von Morgen gegen Abend durch die Sonnenſcheibe fortruͤckt.

Vor Erfindung der Fernroͤhre iſt nie eine ſolche Begebenheit wahrgenommen worden, und Averrhoes, der den Merkur in der Sonne geſehen zu haben glaubte, hat wahrſcheinlich einen großen Sonnenflecken fuͤr dieſen Planeten genommen, welcher viel zu klein iſt, als daß ihn das bloße Auge in der Sonne entdecken koͤnnte. Kepler kuͤndigte zuerſt im Jahre 1627, nach ſeinen auf des Tycho Beobachtungen gegruͤndeten rudolphiniſchen Tafeln, einen Durchgang des Merkurs auf 1631, und zween Durchgaͤnge der Venus auf 1631 und 1761 an (Admonitio ad aſtronomos de miris rarisque anni 1631 phaenomenis, Lipſ. 1629. 4.). Da aber dieſe Vorherſagungen auf feinen Beſtimmungen kleiner Groͤßen beruhen, ſo traf der auf den 6 Dec. 1631 angeſetzte Durchgang der Venus nicht ein; der Durchgang des Merkurs aber ward von Gaſſendi (Epiſt. ad Schickardum de Mercurio in Sole viſo. et Venere inviſa, in Gaſſendi Opp. To. IV. p. 499.) am 7 Nov. 1631 wirklich beobachtet. Kepler ſelbſt war wenige Tage vorher (d. 4 Nov. 1631) geſtorben. Seit dieſer Zeit ſind noch 15 andere Durchgaͤnge des Merkurs, der letzte noch erſt am 4 May 1786, beobachtet worden, und wir haben deren noch zween in dieſem Jahrhunderte, 1789 d. 5 Nov. und 1799 d. 7 May, zu erwarten.

Im Jahre 1639 am 24 Nov. a. St. beobachtete Jeremias Horrockes in England zum erſtenmale die Venus vor der Sonnenſcheibe, welche an dieſem Tage nach den Kepleriſchen Tafeln nur auswaͤrts am Rande der Sonne vorbeyſtreichen ſollte. Noch außer ihm beobachtete ſein Freund William Crabtre, den er im voraus aufmerkſam gemacht hatte, eben dieſe Begebenheit zu Mancheſter (ſ. Jer. Horroccii Venus in Sole viſa, in Hevelii Selenographia, Gedan. 1647. fol). Nach dieſem iſt Venus noch zweymal, 1761 d. 6 Jun. und 1769 d. 3 Jun. in der Sonne geſehen worden, und ihre naͤchſten Durchgaͤnge

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[637/0651] den Merkur (1/150) des ſcheinbaren Sonnendurchmeſſers betraͤgt, und der von Morgen gegen Abend durch die Sonnenſcheibe fortruͤckt. Vor Erfindung der Fernroͤhre iſt nie eine ſolche Begebenheit wahrgenommen worden, und Averrhoes, der den Merkur in der Sonne geſehen zu haben glaubte, hat wahrſcheinlich einen großen Sonnenflecken fuͤr dieſen Planeten genommen, welcher viel zu klein iſt, als daß ihn das bloße Auge in der Sonne entdecken koͤnnte. Kepler kuͤndigte zuerſt im Jahre 1627, nach ſeinen auf des Tycho Beobachtungen gegruͤndeten rudolphiniſchen Tafeln, einen Durchgang des Merkurs auf 1631, und zween Durchgaͤnge der Venus auf 1631 und 1761 an (Admonitio ad aſtronomos de miris rarisque anni 1631 phaenomenis, Lipſ. 1629. 4.). Da aber dieſe Vorherſagungen auf feinen Beſtimmungen kleiner Groͤßen beruhen, ſo traf der auf den 6 Dec. 1631 angeſetzte Durchgang der Venus nicht ein; der Durchgang des Merkurs aber ward von Gaſſendi (Epiſt. ad Schickardum de Mercurio in Sole viſo. et Venere inviſa, in Gaſſendi Opp. To. IV. p. 499.) am 7 Nov. 1631 wirklich beobachtet. Kepler ſelbſt war wenige Tage vorher (d. 4 Nov. 1631) geſtorben. Seit dieſer Zeit ſind noch 15 andere Durchgaͤnge des Merkurs, der letzte noch erſt am 4 May 1786, beobachtet worden, und wir haben deren noch zween in dieſem Jahrhunderte, 1789 d. 5 Nov. und 1799 d. 7 May, zu erwarten. Im Jahre 1639 am 24 Nov. a. St. beobachtete Jeremias Horrockes in England zum erſtenmale die Venus vor der Sonnenſcheibe, welche an dieſem Tage nach den Kepleriſchen Tafeln nur auswaͤrts am Rande der Sonne vorbeyſtreichen ſollte. Noch außer ihm beobachtete ſein Freund William Crabtre, den er im voraus aufmerkſam gemacht hatte, eben dieſe Begebenheit zu Mancheſter (ſ. Jer. Horroccii Venus in Sole viſa, in Hevelii Selenographia, Gedan. 1647. fol). Nach dieſem iſt Venus noch zweymal, 1761 d. 6 Jun. und 1769 d. 3 Jun. in der Sonne geſehen worden, und ihre naͤchſten Durchgaͤnge

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/651>, abgerufen am 19.05.2024.