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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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welcher 1163520 pariser Schuh lang ist. Dieser Faden wird noch zwischen zween polirten Stahlcylindern durchgezogen und abgeplattet, wodurch seine Länge noch um den siebenten Theil vergrößert wird. Hieraus läst sich nun durch Rechnung finden, daß das Goldblättchen, welches seine Oberfläche umkleidet, wenn es überall gleich stark wäre, nur (1/345840) einer pariser Linie dick seyn könne. Da es aber unmöglich überall gleich stark ausgedehnt seyn kan, so läst sich annehmen, daß es Stellen gebe, wo die Dicke dieser Vergoldung kaum (1/500000) der pariser Linie beträgt. Diese erstaunenswürdige Ausdehnung des Goldes ist aber bey weitem noch nicht die höchste Grenze. Es ist kein Zweifel, daß man den Faden vielleicht noch bis über die doppelte hier angegebne Länge würde strecken, und dadurch die Dehnung noch höher treiben können, wenn es nöthig wäre.

Unter die weichen und flüßigen Materien, welche in vorzüglichem Grade dehnbar oder zähe sind, gehören vornehmlich das geschmolzene oder sehr erhitzte Glas, die Gummi und Harze, und die Materien, aus welchen die Spinnen und Seidenwürmer ihre Fäden ziehen.

Es ist bekannt, daß das Glas, durch die Hitze erweicht oder geschmolzen, alle Gestalten annimmt, und sich in die feinsten Fäden ausziehen läst. Diese Glasfäden haben auch, wenn sie erkalten, die Sprödigkeit oder Zerbrechlichkeit nicht mehr, die sonst dem Glase in größern Massen eigen ist; sie sind vielmehr desto biegsamer, je feiner und zärter man sie gebildet hat. Es ist sehr leicht, das Glas in solche Fäden auszuspinnen. Man hält das Ende eines Stückes Glas in die Flamme der Lampe, läst es durch die Hitze weich werden, hängt dann ein feines gläsernes Häckchen daran, das sogleich anhängt, und zieht dasselbe schnell aus. Es nimmt einen Glasfaden mit sich, den man mit Hülfe des Häckchens an den Umfang eines Spinnrads befestigt, und der sich durch Umdrehung des Rads immer weiter auszieht, so daß durch schnelle Umdrehung die Glasmasse, wie der Flachs am Rocken, abgesponnen, und der Faden um die Peripherie des Rads gewickelt


welcher 1163520 pariſer Schuh lang iſt. Dieſer Faden wird noch zwiſchen zween polirten Stahlcylindern durchgezogen und abgeplattet, wodurch ſeine Laͤnge noch um den ſiebenten Theil vergroͤßert wird. Hieraus laͤſt ſich nun durch Rechnung finden, daß das Goldblaͤttchen, welches ſeine Oberflaͤche umkleidet, wenn es uͤberall gleich ſtark waͤre, nur (1/345840) einer pariſer Linie dick ſeyn koͤnne. Da es aber unmoͤglich uͤberall gleich ſtark ausgedehnt ſeyn kan, ſo laͤſt ſich annehmen, daß es Stellen gebe, wo die Dicke dieſer Vergoldung kaum (1/500000) der pariſer Linie betraͤgt. Dieſe erſtaunenswuͤrdige Ausdehnung des Goldes iſt aber bey weitem noch nicht die hoͤchſte Grenze. Es iſt kein Zweifel, daß man den Faden vielleicht noch bis uͤber die doppelte hier angegebne Laͤnge wuͤrde ſtrecken, und dadurch die Dehnung noch hoͤher treiben koͤnnen, wenn es noͤthig waͤre.

Unter die weichen und fluͤßigen Materien, welche in vorzuͤglichem Grade dehnbar oder zaͤhe ſind, gehoͤren vornehmlich das geſchmolzene oder ſehr erhitzte Glas, die Gummi und Harze, und die Materien, aus welchen die Spinnen und Seidenwuͤrmer ihre Faͤden ziehen.

Es iſt bekannt, daß das Glas, durch die Hitze erweicht oder geſchmolzen, alle Geſtalten annimmt, und ſich in die feinſten Faͤden ausziehen laͤſt. Dieſe Glasfaͤden haben auch, wenn ſie erkalten, die Sproͤdigkeit oder Zerbrechlichkeit nicht mehr, die ſonſt dem Glaſe in groͤßern Maſſen eigen iſt; ſie ſind vielmehr deſto biegſamer, je feiner und zaͤrter man ſie gebildet hat. Es iſt ſehr leicht, das Glas in ſolche Faͤden auszuſpinnen. Man haͤlt das Ende eines Stuͤckes Glas in die Flamme der Lampe, laͤſt es durch die Hitze weich werden, haͤngt dann ein feines glaͤſernes Haͤckchen daran, das ſogleich anhaͤngt, und zieht daſſelbe ſchnell aus. Es nimmt einen Glasfaden mit ſich, den man mit Huͤlfe des Haͤckchens an den Umfang eines Spinnrads befeſtigt, und der ſich durch Umdrehung des Rads immer weiter auszieht, ſo daß durch ſchnelle Umdrehung die Glasmaſſe, wie der Flachs am Rocken, abgeſponnen, und der Faden um die Peripherie des Rads gewickelt

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[570/0584] welcher 1163520 pariſer Schuh lang iſt. Dieſer Faden wird noch zwiſchen zween polirten Stahlcylindern durchgezogen und abgeplattet, wodurch ſeine Laͤnge noch um den ſiebenten Theil vergroͤßert wird. Hieraus laͤſt ſich nun durch Rechnung finden, daß das Goldblaͤttchen, welches ſeine Oberflaͤche umkleidet, wenn es uͤberall gleich ſtark waͤre, nur (1/345840) einer pariſer Linie dick ſeyn koͤnne. Da es aber unmoͤglich uͤberall gleich ſtark ausgedehnt ſeyn kan, ſo laͤſt ſich annehmen, daß es Stellen gebe, wo die Dicke dieſer Vergoldung kaum (1/500000) der pariſer Linie betraͤgt. Dieſe erſtaunenswuͤrdige Ausdehnung des Goldes iſt aber bey weitem noch nicht die hoͤchſte Grenze. Es iſt kein Zweifel, daß man den Faden vielleicht noch bis uͤber die doppelte hier angegebne Laͤnge wuͤrde ſtrecken, und dadurch die Dehnung noch hoͤher treiben koͤnnen, wenn es noͤthig waͤre. Unter die weichen und fluͤßigen Materien, welche in vorzuͤglichem Grade dehnbar oder zaͤhe ſind, gehoͤren vornehmlich das geſchmolzene oder ſehr erhitzte Glas, die Gummi und Harze, und die Materien, aus welchen die Spinnen und Seidenwuͤrmer ihre Faͤden ziehen. Es iſt bekannt, daß das Glas, durch die Hitze erweicht oder geſchmolzen, alle Geſtalten annimmt, und ſich in die feinſten Faͤden ausziehen laͤſt. Dieſe Glasfaͤden haben auch, wenn ſie erkalten, die Sproͤdigkeit oder Zerbrechlichkeit nicht mehr, die ſonſt dem Glaſe in groͤßern Maſſen eigen iſt; ſie ſind vielmehr deſto biegſamer, je feiner und zaͤrter man ſie gebildet hat. Es iſt ſehr leicht, das Glas in ſolche Faͤden auszuſpinnen. Man haͤlt das Ende eines Stuͤckes Glas in die Flamme der Lampe, laͤſt es durch die Hitze weich werden, haͤngt dann ein feines glaͤſernes Haͤckchen daran, das ſogleich anhaͤngt, und zieht daſſelbe ſchnell aus. Es nimmt einen Glasfaden mit ſich, den man mit Huͤlfe des Haͤckchens an den Umfang eines Spinnrads befeſtigt, und der ſich durch Umdrehung des Rads immer weiter auszieht, ſo daß durch ſchnelle Umdrehung die Glasmaſſe, wie der Flachs am Rocken, abgeſponnen, und der Faden um die Peripherie des Rads gewickelt

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/584>, abgerufen am 22.11.2024.