Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Jacob Bernoulli (De gravitate aetheris, Amst. 1683. 8. und in s. Opp. To. I. p. 45.) nimmt an, die Theilchen der Körper würden durch den Druck einer auf sie wirkenden flüßigen Materie zusammengehalten. Er nimmt zuerst die Luft für diese Materie an. Dies ist ganz falsch, weil der Zusammenhang fester Körper unter der Glocke der Luftpumpe nicht im mindesten geschwächt wird. Bernoulli selbst findet am Ende die Luft unzulänglich, und dies als einen Beweis für das Daseyn eines Aethers an, einer äußerst feinen, flüßigen und elastischen Materie, welche auf Theile, die sich genau berühren, zwischen denen sie sich also nicht aufhalten könne, nur von außen her wirke, und sie zusammendrücke. Habe ein Körper viel Zwischenräume, und verstatte also dem Aether, in das innere zu dringen und durch einen Gegendruck von innen heraus entgegen zu wirken, so sey der Zusammenhang schwächer; werde endlich der innere Gegendruck eben so stark, als der Druck von außen, so sey der Körper flüßig. Winkler (Anfgr. der Physik, §. 642 u. f.) berechnet hieraus, daß die Elasticität des Aethers 1912 mal stärker als die Elasticität der Luft seyn müsse, um einem küpfernen Drathe von (1/10) Zoll Durchmesser, der, um zerrissen zu werden, 299 Pfund Gewicht erfordert, seine Festigkeit zu geben. Newton selbst scheint dieser Hypothese nicht ganz abgeneigt gewesen zu seyn; wenigstens hat er das Wort Attraction nie in dem Sinne genommen, daß dadurch eine innere der Materie wesentliche Kraft verstanden werden sollte, welche jede fernere vielleicht im Stoß oder Druck eines äußern flüßigen Mittels liegende Ursache gänzlich ausschlösse. Man findet seine Aeußerungen hierüber bey den Worten: Attraction, Aether. Es bleibt aber immer unerklärbar, wie eine Materie, die alle Zwischenräume der Körper durchdringen soll, einen so starken Ueberschuß des Drucks von außen uber den Gegendruck von innen bewirken
Jacob Bernoulli (De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8. und in ſ. Opp. To. I. p. 45.) nimmt an, die Theilchen der Koͤrper wuͤrden durch den Druck einer auf ſie wirkenden fluͤßigen Materie zuſammengehalten. Er nimmt zuerſt die Luft fuͤr dieſe Materie an. Dies iſt ganz falſch, weil der Zuſammenhang feſter Koͤrper unter der Glocke der Luftpumpe nicht im mindeſten geſchwaͤcht wird. Bernoulli ſelbſt findet am Ende die Luft unzulaͤnglich, und dies als einen Beweis fuͤr das Daſeyn eines Aethers an, einer aͤußerſt feinen, fluͤßigen und elaſtiſchen Materie, welche auf Theile, die ſich genau beruͤhren, zwiſchen denen ſie ſich alſo nicht aufhalten koͤnne, nur von außen her wirke, und ſie zuſammendruͤcke. Habe ein Koͤrper viel Zwiſchenraͤume, und verſtatte alſo dem Aether, in das innere zu dringen und durch einen Gegendruck von innen heraus entgegen zu wirken, ſo ſey der Zuſammenhang ſchwaͤcher; werde endlich der innere Gegendruck eben ſo ſtark, als der Druck von außen, ſo ſey der Koͤrper fluͤßig. Winkler (Anfgr. der Phyſik, §. 642 u. f.) berechnet hieraus, daß die Elaſticitaͤt des Aethers 1912 mal ſtaͤrker als die Elaſticitaͤt der Luft ſeyn muͤſſe, um einem kuͤpfernen Drathe von (1/10) Zoll Durchmeſſer, der, um zerriſſen zu werden, 299 Pfund Gewicht erfordert, ſeine Feſtigkeit zu geben. Newton ſelbſt ſcheint dieſer Hypotheſe nicht ganz abgeneigt geweſen zu ſeyn; wenigſtens hat er das Wort Attraction nie in dem Sinne genommen, daß dadurch eine innere der Materie weſentliche Kraft verſtanden werden ſollte, welche jede fernere vielleicht im Stoß oder Druck eines aͤußern fluͤßigen Mittels liegende Urſache gaͤnzlich ausſchloͤſſe. Man findet ſeine Aeußerungen hieruͤber bey den Worten: Attraction, Aether. Es bleibt aber immer unerklaͤrbar, wie eine Materie, die alle Zwiſchenraͤume der Koͤrper durchdringen ſoll, einen ſo ſtarken Ueberſchuß des Drucks von außen uber den Gegendruck von innen bewirken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0530" xml:id="P.1.516" n="516"/><lb/> bewegen. Ueberdies haͤngen auch fluͤßige Koͤrper zuſammen, ja ſogar feſte, indem ihre Theile in heftiger Bewegung ſind, z. B. ſchwingende Saiten, toͤnende Glocken, Metalle, indem ſie gehaͤmmert werden, u. m.</p> <p><hi rendition="#b">Jacob Bernoulli</hi><hi rendition="#aq">(De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8.</hi> und in ſ. <hi rendition="#aq">Opp. To. I. p. 45.)</hi> nimmt an, die Theilchen der Koͤrper wuͤrden durch den Druck einer auf ſie wirkenden fluͤßigen Materie zuſammengehalten. Er nimmt zuerſt die Luft fuͤr dieſe Materie an. Dies iſt ganz falſch, weil der Zuſammenhang feſter Koͤrper unter der Glocke der Luftpumpe nicht im mindeſten geſchwaͤcht wird. Bernoulli ſelbſt findet am Ende die Luft unzulaͤnglich, und dies als einen Beweis fuͤr das Daſeyn eines <hi rendition="#b">Aethers</hi> an, einer aͤußerſt feinen, fluͤßigen und elaſtiſchen Materie, welche auf Theile, die ſich genau beruͤhren, zwiſchen denen ſie ſich alſo nicht aufhalten koͤnne, nur von außen her wirke, und ſie zuſammendruͤcke. Habe ein Koͤrper viel Zwiſchenraͤume, und verſtatte alſo dem Aether, in das innere zu dringen und durch einen Gegendruck von innen heraus entgegen zu wirken, ſo ſey der Zuſammenhang ſchwaͤcher; werde endlich der innere Gegendruck eben ſo ſtark, als der Druck von außen, ſo ſey der Koͤrper fluͤßig. <hi rendition="#b">Winkler</hi> (Anfgr. der Phyſik, §. 642 u. f.) berechnet hieraus, daß die Elaſticitaͤt des Aethers 1912 mal ſtaͤrker als die Elaſticitaͤt der Luft ſeyn muͤſſe, um einem kuͤpfernen Drathe von (1/10) Zoll Durchmeſſer, der, um zerriſſen zu werden, 299 Pfund Gewicht erfordert, ſeine Feſtigkeit zu geben.</p> <p><hi rendition="#b">Newton</hi> ſelbſt ſcheint dieſer Hypotheſe nicht ganz abgeneigt geweſen zu ſeyn; wenigſtens hat er das Wort Attraction nie in dem Sinne genommen, daß dadurch eine innere der Materie weſentliche Kraft verſtanden werden ſollte, welche jede fernere vielleicht im Stoß oder Druck eines aͤußern fluͤßigen Mittels liegende Urſache gaͤnzlich ausſchloͤſſe. Man findet ſeine Aeußerungen hieruͤber bey den Worten: <hi rendition="#b">Attraction, Aether.</hi> Es bleibt aber immer unerklaͤrbar, wie eine Materie, die alle Zwiſchenraͤume der Koͤrper durchdringen ſoll, einen ſo ſtarken Ueberſchuß des Drucks von außen uber den Gegendruck von innen bewirken<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [516/0530]
bewegen. Ueberdies haͤngen auch fluͤßige Koͤrper zuſammen, ja ſogar feſte, indem ihre Theile in heftiger Bewegung ſind, z. B. ſchwingende Saiten, toͤnende Glocken, Metalle, indem ſie gehaͤmmert werden, u. m.
Jacob Bernoulli (De gravitate aetheris, Amſt. 1683. 8. und in ſ. Opp. To. I. p. 45.) nimmt an, die Theilchen der Koͤrper wuͤrden durch den Druck einer auf ſie wirkenden fluͤßigen Materie zuſammengehalten. Er nimmt zuerſt die Luft fuͤr dieſe Materie an. Dies iſt ganz falſch, weil der Zuſammenhang feſter Koͤrper unter der Glocke der Luftpumpe nicht im mindeſten geſchwaͤcht wird. Bernoulli ſelbſt findet am Ende die Luft unzulaͤnglich, und dies als einen Beweis fuͤr das Daſeyn eines Aethers an, einer aͤußerſt feinen, fluͤßigen und elaſtiſchen Materie, welche auf Theile, die ſich genau beruͤhren, zwiſchen denen ſie ſich alſo nicht aufhalten koͤnne, nur von außen her wirke, und ſie zuſammendruͤcke. Habe ein Koͤrper viel Zwiſchenraͤume, und verſtatte alſo dem Aether, in das innere zu dringen und durch einen Gegendruck von innen heraus entgegen zu wirken, ſo ſey der Zuſammenhang ſchwaͤcher; werde endlich der innere Gegendruck eben ſo ſtark, als der Druck von außen, ſo ſey der Koͤrper fluͤßig. Winkler (Anfgr. der Phyſik, §. 642 u. f.) berechnet hieraus, daß die Elaſticitaͤt des Aethers 1912 mal ſtaͤrker als die Elaſticitaͤt der Luft ſeyn muͤſſe, um einem kuͤpfernen Drathe von (1/10) Zoll Durchmeſſer, der, um zerriſſen zu werden, 299 Pfund Gewicht erfordert, ſeine Feſtigkeit zu geben.
Newton ſelbſt ſcheint dieſer Hypotheſe nicht ganz abgeneigt geweſen zu ſeyn; wenigſtens hat er das Wort Attraction nie in dem Sinne genommen, daß dadurch eine innere der Materie weſentliche Kraft verſtanden werden ſollte, welche jede fernere vielleicht im Stoß oder Druck eines aͤußern fluͤßigen Mittels liegende Urſache gaͤnzlich ausſchloͤſſe. Man findet ſeine Aeußerungen hieruͤber bey den Worten: Attraction, Aether. Es bleibt aber immer unerklaͤrbar, wie eine Materie, die alle Zwiſchenraͤume der Koͤrper durchdringen ſoll, einen ſo ſtarken Ueberſchuß des Drucks von außen uber den Gegendruck von innen bewirken
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