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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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die Brechungen, verhalten sollten, dadurch hinlänglich widerlegt.

Dollond fieng daher an, zu vermuthen, daß dasjenige, was er hier bey den Brechungen durch Wasser und Glas wahrgenommen hatte, auch bey Brechungen durch verschiedene Glasarten statt finden werde, und nahm sich daher vor, Prismen von verschiedenen Glasarten zu schleifen und an einander zu legen, um zu sehen, ob auch hiebey die Brechung in andern Verhältnissen, als die Farbenzerstreuung, verschieden seyn würde. Sobald er dies im Jahre 1757 vorgenommen hatte, zeigten sogleich die ersten Proben, daß die Sache die äußerste Aufmerksamkeit verdiene. (An Account of some experiments concerning the different refrangibility of light, by Mr. Iohn Dollond, in den Philos. Transact. Vol. L. Part. II. p. 733.)

Er fand nemlich das Verhältniß der Farbenzerstreuung gegen die Brechungen in einigen Glasarten weit stärker verschieden, als er zu hoffen gewagt hatte. Besonders war dieser Unterschied bey zwoen Glasarten sehr beträchtlich. Das englische Krystallglas oder Flintglas, eine sehr helle und weiße Glasart, zerstreute die Farben am stärksten, eine andere mehr grünliche, das Crownglas, am wenigsten, da doch beyder Brechungen fast gleich waren. Diese Entdeckung suchte Dollond sogleich zur Verbesserung der Fernröhren zu nützen. Er fieng an, Objectivgläser aus diesen beyden Glasarten zusammenzusetzen, welche das Licht ohne Farben brechen sollten. Damit die beyden mit einander verbundenen Gläser das Licht nach entgegengesetzten Seiten zerstreuen möchten, mußte das eine ein erhabnes, das andere ein Hohlglas seyn; und da die Stralen sich wirklich in einen Punkt der Axe vereinigen sollten, so mußte das erhabne die stärkste Brechung verursachen, und daher aus derjenigen Glasart verfertiget werden, welche bey stärkerer Brechung dennoch nur eine gleich große Farbenzerstreuung giebt, indem beyder Gläser Farbenzerstreuungen einander aufheben, und also gleich groß seyn musten. Diese Betrachtungen zeigten ihm, daß er seine Objectivgläser aus einem Hohlglase von Flintglas


die Brechungen, verhalten ſollten, dadurch hinlaͤnglich widerlegt.

Dollond fieng daher an, zu vermuthen, daß dasjenige, was er hier bey den Brechungen durch Waſſer und Glas wahrgenommen hatte, auch bey Brechungen durch verſchiedene Glasarten ſtatt finden werde, und nahm ſich daher vor, Prismen von verſchiedenen Glasarten zu ſchleifen und an einander zu legen, um zu ſehen, ob auch hiebey die Brechung in andern Verhaͤltniſſen, als die Farbenzerſtreuung, verſchieden ſeyn wuͤrde. Sobald er dies im Jahre 1757 vorgenommen hatte, zeigten ſogleich die erſten Proben, daß die Sache die aͤußerſte Aufmerkſamkeit verdiene. (An Account of ſome experiments concerning the different refrangibility of light, by Mr. Iohn Dollond, in den Philoſ. Transact. Vol. L. Part. II. p. 733.)

Er fand nemlich das Verhaͤltniß der Farbenzerſtreuung gegen die Brechungen in einigen Glasarten weit ſtaͤrker verſchieden, als er zu hoffen gewagt hatte. Beſonders war dieſer Unterſchied bey zwoen Glasarten ſehr betraͤchtlich. Das engliſche Kryſtallglas oder Flintglas, eine ſehr helle und weiße Glasart, zerſtreute die Farben am ſtaͤrkſten, eine andere mehr gruͤnliche, das Crownglas, am wenigſten, da doch beyder Brechungen faſt gleich waren. Dieſe Entdeckung ſuchte Dollond ſogleich zur Verbeſſerung der Fernroͤhren zu nuͤtzen. Er fieng an, Objectivglaͤſer aus dieſen beyden Glasarten zuſammenzuſetzen, welche das Licht ohne Farben brechen ſollten. Damit die beyden mit einander verbundenen Glaͤſer das Licht nach entgegengeſetzten Seiten zerſtreuen moͤchten, mußte das eine ein erhabnes, das andere ein Hohlglas ſeyn; und da die Stralen ſich wirklich in einen Punkt der Axe vereinigen ſollten, ſo mußte das erhabne die ſtaͤrkſte Brechung verurſachen, und daher aus derjenigen Glasart verfertiget werden, welche bey ſtaͤrkerer Brechung dennoch nur eine gleich große Farbenzerſtreuung giebt, indem beyder Glaͤſer Farbenzerſtreuungen einander aufheben, und alſo gleich groß ſeyn muſten. Dieſe Betrachtungen zeigten ihm, daß er ſeine Objectivglaͤſer aus einem Hohlglaſe von Flintglas

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[38/0052] die Brechungen, verhalten ſollten, dadurch hinlaͤnglich widerlegt. Dollond fieng daher an, zu vermuthen, daß dasjenige, was er hier bey den Brechungen durch Waſſer und Glas wahrgenommen hatte, auch bey Brechungen durch verſchiedene Glasarten ſtatt finden werde, und nahm ſich daher vor, Prismen von verſchiedenen Glasarten zu ſchleifen und an einander zu legen, um zu ſehen, ob auch hiebey die Brechung in andern Verhaͤltniſſen, als die Farbenzerſtreuung, verſchieden ſeyn wuͤrde. Sobald er dies im Jahre 1757 vorgenommen hatte, zeigten ſogleich die erſten Proben, daß die Sache die aͤußerſte Aufmerkſamkeit verdiene. (An Account of ſome experiments concerning the different refrangibility of light, by Mr. Iohn Dollond, in den Philoſ. Transact. Vol. L. Part. II. p. 733.) Er fand nemlich das Verhaͤltniß der Farbenzerſtreuung gegen die Brechungen in einigen Glasarten weit ſtaͤrker verſchieden, als er zu hoffen gewagt hatte. Beſonders war dieſer Unterſchied bey zwoen Glasarten ſehr betraͤchtlich. Das engliſche Kryſtallglas oder Flintglas, eine ſehr helle und weiße Glasart, zerſtreute die Farben am ſtaͤrkſten, eine andere mehr gruͤnliche, das Crownglas, am wenigſten, da doch beyder Brechungen faſt gleich waren. Dieſe Entdeckung ſuchte Dollond ſogleich zur Verbeſſerung der Fernroͤhren zu nuͤtzen. Er fieng an, Objectivglaͤſer aus dieſen beyden Glasarten zuſammenzuſetzen, welche das Licht ohne Farben brechen ſollten. Damit die beyden mit einander verbundenen Glaͤſer das Licht nach entgegengeſetzten Seiten zerſtreuen moͤchten, mußte das eine ein erhabnes, das andere ein Hohlglas ſeyn; und da die Stralen ſich wirklich in einen Punkt der Axe vereinigen ſollten, ſo mußte das erhabne die ſtaͤrkſte Brechung verurſachen, und daher aus derjenigen Glasart verfertiget werden, welche bey ſtaͤrkerer Brechung dennoch nur eine gleich große Farbenzerſtreuung giebt, indem beyder Glaͤſer Farbenzerſtreuungen einander aufheben, und alſo gleich groß ſeyn muſten. Dieſe Betrachtungen zeigten ihm, daß er ſeine Objectivglaͤſer aus einem Hohlglaſe von Flintglas

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/52>, abgerufen am 28.04.2024.