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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Ist beym Uebergange aus Glas in Luft (Tafel IV. Fig. 71.) der Sinus des Einfallswinkels SR größer, als 2/3 des Halbmessers SC (oder ist der Einfallswinkel SCR> 41° 49'), so müste der Sinus des Brechungswinkels grösser als 3/2·2/3. SC, d. i. größer, als der Halbmesser selbst, seyn, wlches unmöglich ist. Daher geht in diesem Falle der Stral SC dem Gesetze der Brechung gemäß gar nicht aus dem Glase. Er wird vielmehr nach dem Gesetze der Reflexion ganz gegen CT zurückgeworfen.

Da sich kleine Bogen ohne merkliche Abweichung wie ihre Sinus verhalten, so läst sich bey I. für kleine Einfallswinkel ohne sonderliche Fehler annehmen, daß sie selbst sich zu den Brechungswinkeln, wie m:n verhalten. Dies giebt eine leichtere Rechnung. So würde bey Luft und Glas für 30° Einfallswinkel, der Brechungswinkel 20° gefunden, welches von der richtigern Bestimmung (19° 28') nur um einen halben Grad abweicht. Bey II, wo die Brechungswinkel größer werden, wird man es nur bis auf Einfallswinkel von 18° mit gleicher Sicherheit anwenden können. Geschichte der Erfindung dieser Gesetze.

Die Wirkungen der Stralenbrechung fallen bey unzählbaren Veranlassungen in die Augen, und konnten daher den Alten nicht unbekannt bleiben. Allein ihre Begriffe davon waren höchst dunkel und unbestimmt. Der Araber Alhazen im 10ten oder 11ten, und Vitello, dessen Commentator im 13ten Jahrhunderte, deren Werke Friedrich Risner (Opticae thesaurus, Basil. 1572. fol.) herausgegeben hat, bemühten sich, mehr von der Stralenbrechung zu sagen, suchten auch durch Versuche die Größe und das Gesetz derselben zu entdecken, ohne doch etwas genaues darüber bestimmen zu können. Einige der schönsten Anwendungen dieser Lehre, der Gebrauch der Brillen und Hohlgläser, die Erklärung des Regenbogens, selbst die Fernröhre sind erfunden worden, ehe man noch das Gesetz der Brechung gekannt hat.


Iſt beym Uebergange aus Glas in Luft (Tafel IV. Fig. 71.) der Sinus des Einfallswinkels SR groͤßer, als 2/3 des Halbmeſſers SC (oder iſt der Einfallswinkel SCR> 41° 49′), ſo muͤſte der Sinus des Brechungswinkels groͤſſer als 3/2·2/3. SC, d. i. groͤßer, als der Halbmeſſer ſelbſt, ſeyn, wlches unmoͤglich iſt. Daher geht in dieſem Falle der Stral SC dem Geſetze der Brechung gemaͤß gar nicht aus dem Glaſe. Er wird vielmehr nach dem Geſetze der Reflexion ganz gegen CT zuruͤckgeworfen.

Da ſich kleine Bogen ohne merkliche Abweichung wie ihre Sinus verhalten, ſo laͤſt ſich bey I. fuͤr kleine Einfallswinkel ohne ſonderliche Fehler annehmen, daß ſie ſelbſt ſich zu den Brechungswinkeln, wie m:n verhalten. Dies giebt eine leichtere Rechnung. So wuͤrde bey Luft und Glas fuͤr 30° Einfallswinkel, der Brechungswinkel 20° gefunden, welches von der richtigern Beſtimmung (19° 28′) nur um einen halben Grad abweicht. Bey II, wo die Brechungswinkel groͤßer werden, wird man es nur bis auf Einfallswinkel von 18° mit gleicher Sicherheit anwenden koͤnnen. Geſchichte der Erfindung dieſer Geſetze.

Die Wirkungen der Stralenbrechung fallen bey unzaͤhlbaren Veranlaſſungen in die Augen, und konnten daher den Alten nicht unbekannt bleiben. Allein ihre Begriffe davon waren hoͤchſt dunkel und unbeſtimmt. Der Araber Alhazen im 10ten oder 11ten, und Vitello, deſſen Commentator im 13ten Jahrhunderte, deren Werke Friedrich Risner (Opticae theſaurus, Baſil. 1572. fol.) herausgegeben hat, bemuͤhten ſich, mehr von der Stralenbrechung zu ſagen, ſuchten auch durch Verſuche die Groͤße und das Geſetz derſelben zu entdecken, ohne doch etwas genaues daruͤber beſtimmen zu koͤnnen. Einige der ſchoͤnſten Anwendungen dieſer Lehre, der Gebrauch der Brillen und Hohlglaͤſer, die Erklaͤrung des Regenbogens, ſelbſt die Fernroͤhre ſind erfunden worden, ehe man noch das Geſetz der Brechung gekannt hat.

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[415/0429] Iſt beym Uebergange aus Glas in Luft (Tafel IV. Fig. 71.) der Sinus des Einfallswinkels SR groͤßer, als 2/3 des Halbmeſſers SC (oder iſt der Einfallswinkel SCR> 41° 49′), ſo muͤſte der Sinus des Brechungswinkels groͤſſer als 3/2·2/3. SC, d. i. groͤßer, als der Halbmeſſer ſelbſt, ſeyn, wlches unmoͤglich iſt. Daher geht in dieſem Falle der Stral SC dem Geſetze der Brechung gemaͤß gar nicht aus dem Glaſe. Er wird vielmehr nach dem Geſetze der Reflexion ganz gegen CT zuruͤckgeworfen. Da ſich kleine Bogen ohne merkliche Abweichung wie ihre Sinus verhalten, ſo laͤſt ſich bey I. fuͤr kleine Einfallswinkel ohne ſonderliche Fehler annehmen, daß ſie ſelbſt ſich zu den Brechungswinkeln, wie m:n verhalten. Dies giebt eine leichtere Rechnung. So wuͤrde bey Luft und Glas fuͤr 30° Einfallswinkel, der Brechungswinkel 20° gefunden, welches von der richtigern Beſtimmung (19° 28′) nur um einen halben Grad abweicht. Bey II, wo die Brechungswinkel groͤßer werden, wird man es nur bis auf Einfallswinkel von 18° mit gleicher Sicherheit anwenden koͤnnen. Geſchichte der Erfindung dieſer Geſetze. Die Wirkungen der Stralenbrechung fallen bey unzaͤhlbaren Veranlaſſungen in die Augen, und konnten daher den Alten nicht unbekannt bleiben. Allein ihre Begriffe davon waren hoͤchſt dunkel und unbeſtimmt. Der Araber Alhazen im 10ten oder 11ten, und Vitello, deſſen Commentator im 13ten Jahrhunderte, deren Werke Friedrich Risner (Opticae theſaurus, Baſil. 1572. fol.) herausgegeben hat, bemuͤhten ſich, mehr von der Stralenbrechung zu ſagen, ſuchten auch durch Verſuche die Groͤße und das Geſetz derſelben zu entdecken, ohne doch etwas genaues daruͤber beſtimmen zu koͤnnen. Einige der ſchoͤnſten Anwendungen dieſer Lehre, der Gebrauch der Brillen und Hohlglaͤſer, die Erklaͤrung des Regenbogens, ſelbſt die Fernroͤhre ſind erfunden worden, ehe man noch das Geſetz der Brechung gekannt hat.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/429>, abgerufen am 25.11.2024.