Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


auf, und bey Maschinen sind selbst die bewegenden Kräfte mancherley Veränderungen ausgesetzt. Vorkehrungen, die dagegen gemacht werden, können, da diese Veränderungen zufällig sind, wieder zu viel thun, und die Geschwindigkeit zur Ungebühr vermehren. Daher ist es so schwer, Uhrwerke von völlig gleichförmigem Gange zu erhalten. Und selbst beym richtigsten Uhrwerke ist doch die Bewegung, in ihren Theilen betrachtet, von der Natur der gleichförmigen sehr weit entfernt, weil der Fortgang, den die bewegende Kraft bewirkt, von Zeit zu Zeit durch kleine Stillstände unterbrochen wird, welche die Hemmung veranlasset, daher die Bewegung nicht in einem fortgehet, sondern sprungweise geschieht, wobey an wahre Gleichförmigkeit in den einzelnen Theilen gar nicht zu denken ist. Eine vollkommen gleichförmige Bewegung könnte nur im leeren Raume, wo Reibung und Widerstand wegfielen, oder in einem äußerst dünnen Mittel statt finden.

In der Theorie hingegen, wo wir diese Hindernisse entfernen, beruht alles, was wir von den Gesetzen der Bewegung wissen, auf der Betrachtung der gleichförmigen Bewegung, von welcher hier nothwendig einige Sätze beygebracht werden müssen.

I. Wege oder Räume, die mit gleichförmigen Geschwindigkeiten in einerley Zeit zurückgelegt werden, verhalten sich, wie die Geschwindigkeiten. Jedermann wird sagen, daß eine unverändert bleibende Geschwindigkeit dreymal so groß, als eine andere, sey, wenn durch sie in eben der Zeit dreymal so viel Raum beschrieben wird, als durch die andere.

II. Zeiten, in denen einerley Räume mit gleichförmigen Geschwindigkeiten beschrieben werden, verhalten sich verkehrt, wie die Geschwindigkeiten. Jeder räumt ein, daß eine unverändert bleibende Geschwindigkeit nur den dritten Theil einer andern betrage, wenn durch sie eben der Raum erst in drey Stunden zurückgelegt wird, zu dessen Zurücklegung bey der andern nur eine Stunde nöthig ist.


auf, und bey Maſchinen ſind ſelbſt die bewegenden Kraͤfte mancherley Veraͤnderungen ausgeſetzt. Vorkehrungen, die dagegen gemacht werden, koͤnnen, da dieſe Veraͤnderungen zufaͤllig ſind, wieder zu viel thun, und die Geſchwindigkeit zur Ungebuͤhr vermehren. Daher iſt es ſo ſchwer, Uhrwerke von voͤllig gleichfoͤrmigem Gange zu erhalten. Und ſelbſt beym richtigſten Uhrwerke iſt doch die Bewegung, in ihren Theilen betrachtet, von der Natur der gleichfoͤrmigen ſehr weit entfernt, weil der Fortgang, den die bewegende Kraft bewirkt, von Zeit zu Zeit durch kleine Stillſtaͤnde unterbrochen wird, welche die Hemmung veranlaſſet, daher die Bewegung nicht in einem fortgehet, ſondern ſprungweiſe geſchieht, wobey an wahre Gleichfoͤrmigkeit in den einzelnen Theilen gar nicht zu denken iſt. Eine vollkommen gleichfoͤrmige Bewegung koͤnnte nur im leeren Raume, wo Reibung und Widerſtand wegfielen, oder in einem aͤußerſt duͤnnen Mittel ſtatt finden.

In der Theorie hingegen, wo wir dieſe Hinderniſſe entfernen, beruht alles, was wir von den Geſetzen der Bewegung wiſſen, auf der Betrachtung der gleichfoͤrmigen Bewegung, von welcher hier nothwendig einige Saͤtze beygebracht werden muͤſſen.

I. Wege oder Raͤume, die mit gleichfoͤrmigen Geſchwindigkeiten in einerley Zeit zuruͤckgelegt werden, verhalten ſich, wie die Geſchwindigkeiten. Jedermann wird ſagen, daß eine unveraͤndert bleibende Geſchwindigkeit dreymal ſo groß, als eine andere, ſey, wenn durch ſie in eben der Zeit dreymal ſo viel Raum beſchrieben wird, als durch die andere.

II. Zeiten, in denen einerley Raͤume mit gleichfoͤrmigen Geſchwindigkeiten beſchrieben werden, verhalten ſich verkehrt, wie die Geſchwindigkeiten. Jeder raͤumt ein, daß eine unveraͤndert bleibende Geſchwindigkeit nur den dritten Theil einer andern betrage, wenn durch ſie eben der Raum erſt in drey Stunden zuruͤckgelegt wird, zu deſſen Zuruͤcklegung bey der andern nur eine Stunde noͤthig iſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0346" xml:id="P.1.332" n="332"/><lb/>
auf, und bey Ma&#x017F;chinen &#x017F;ind &#x017F;elb&#x017F;t die bewegenden Kra&#x0364;fte mancherley Vera&#x0364;nderungen ausge&#x017F;etzt. Vorkehrungen, die dagegen gemacht werden, ko&#x0364;nnen, da die&#x017F;e Vera&#x0364;nderungen zufa&#x0364;llig &#x017F;ind, wieder zu viel thun, und die Ge&#x017F;chwindigkeit zur Ungebu&#x0364;hr vermehren. Daher i&#x017F;t es &#x017F;o &#x017F;chwer, Uhrwerke von vo&#x0364;llig gleichfo&#x0364;rmigem Gange zu erhalten. Und &#x017F;elb&#x017F;t beym richtig&#x017F;ten Uhrwerke i&#x017F;t doch die Bewegung, in ihren Theilen betrachtet, von der Natur der gleichfo&#x0364;rmigen &#x017F;ehr weit entfernt, weil der Fortgang, den die bewegende Kraft bewirkt, von Zeit zu Zeit durch kleine Still&#x017F;ta&#x0364;nde unterbrochen wird, welche die Hemmung veranla&#x017F;&#x017F;et, daher die Bewegung nicht in einem fortgehet, &#x017F;ondern &#x017F;prungwei&#x017F;e ge&#x017F;chieht, wobey an wahre Gleichfo&#x0364;rmigkeit in den einzelnen Theilen gar nicht zu denken i&#x017F;t. Eine vollkommen gleichfo&#x0364;rmige Bewegung ko&#x0364;nnte nur im leeren Raume, wo Reibung und Wider&#x017F;tand wegfielen, oder in einem a&#x0364;ußer&#x017F;t du&#x0364;nnen Mittel &#x017F;tatt finden.</p>
          <p>In der Theorie hingegen, wo wir die&#x017F;e Hinderni&#x017F;&#x017F;e entfernen, beruht alles, was wir von den Ge&#x017F;etzen der Bewegung wi&#x017F;&#x017F;en, auf der Betrachtung der gleichfo&#x0364;rmigen Bewegung, von welcher hier nothwendig einige Sa&#x0364;tze beygebracht werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
          <p><hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#b">Wege oder Ra&#x0364;ume, die mit gleichfo&#x0364;rmigen Ge&#x017F;chwindigkeiten in einerley Zeit zuru&#x0364;ckgelegt werden, verhalten &#x017F;ich, wie die Ge&#x017F;chwindigkeiten.</hi> Jedermann wird &#x017F;agen, daß eine unvera&#x0364;ndert bleibende Ge&#x017F;chwindigkeit dreymal &#x017F;o groß, als eine andere, &#x017F;ey, wenn durch &#x017F;ie in eben der Zeit dreymal &#x017F;o viel Raum be&#x017F;chrieben wird, als durch die andere.</p>
          <p><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Zeiten, in denen einerley Ra&#x0364;ume mit gleichfo&#x0364;rmigen Ge&#x017F;chwindigkeiten be&#x017F;chrieben werden, verhalten &#x017F;ich verkehrt, wie die Ge&#x017F;chwindigkeiten.</hi> Jeder ra&#x0364;umt ein, daß eine unvera&#x0364;ndert bleibende Ge&#x017F;chwindigkeit nur den dritten Theil einer andern betrage, wenn durch &#x017F;ie eben der Raum er&#x017F;t in drey Stunden zuru&#x0364;ckgelegt wird, zu de&#x017F;&#x017F;en Zuru&#x0364;cklegung bey der andern nur eine Stunde no&#x0364;thig i&#x017F;t.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0346] auf, und bey Maſchinen ſind ſelbſt die bewegenden Kraͤfte mancherley Veraͤnderungen ausgeſetzt. Vorkehrungen, die dagegen gemacht werden, koͤnnen, da dieſe Veraͤnderungen zufaͤllig ſind, wieder zu viel thun, und die Geſchwindigkeit zur Ungebuͤhr vermehren. Daher iſt es ſo ſchwer, Uhrwerke von voͤllig gleichfoͤrmigem Gange zu erhalten. Und ſelbſt beym richtigſten Uhrwerke iſt doch die Bewegung, in ihren Theilen betrachtet, von der Natur der gleichfoͤrmigen ſehr weit entfernt, weil der Fortgang, den die bewegende Kraft bewirkt, von Zeit zu Zeit durch kleine Stillſtaͤnde unterbrochen wird, welche die Hemmung veranlaſſet, daher die Bewegung nicht in einem fortgehet, ſondern ſprungweiſe geſchieht, wobey an wahre Gleichfoͤrmigkeit in den einzelnen Theilen gar nicht zu denken iſt. Eine vollkommen gleichfoͤrmige Bewegung koͤnnte nur im leeren Raume, wo Reibung und Widerſtand wegfielen, oder in einem aͤußerſt duͤnnen Mittel ſtatt finden. In der Theorie hingegen, wo wir dieſe Hinderniſſe entfernen, beruht alles, was wir von den Geſetzen der Bewegung wiſſen, auf der Betrachtung der gleichfoͤrmigen Bewegung, von welcher hier nothwendig einige Saͤtze beygebracht werden muͤſſen. I. Wege oder Raͤume, die mit gleichfoͤrmigen Geſchwindigkeiten in einerley Zeit zuruͤckgelegt werden, verhalten ſich, wie die Geſchwindigkeiten. Jedermann wird ſagen, daß eine unveraͤndert bleibende Geſchwindigkeit dreymal ſo groß, als eine andere, ſey, wenn durch ſie in eben der Zeit dreymal ſo viel Raum beſchrieben wird, als durch die andere. II. Zeiten, in denen einerley Raͤume mit gleichfoͤrmigen Geſchwindigkeiten beſchrieben werden, verhalten ſich verkehrt, wie die Geſchwindigkeiten. Jeder raͤumt ein, daß eine unveraͤndert bleibende Geſchwindigkeit nur den dritten Theil einer andern betrage, wenn durch ſie eben der Raum erſt in drey Stunden zuruͤckgelegt wird, zu deſſen Zuruͤcklegung bey der andern nur eine Stunde noͤthig iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/346
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/346>, abgerufen am 23.11.2024.