Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Reihe dieser Berge, welche an der Westsette der uralischen Kette hinläuft, und eine unbeschreibliche Menge Elephanten-Nashorn- und Büffelknochen, so wie das gegrabne Elfenbein (ebur fossile) enthält, welches in Sibirien einen Handlungszweig ausmacht, und auch in Nordamerika gefunden wird, obgleich die Elephanten selbst nur unter wärmern Himmelsstrichen wohnen. In den stets gefrornen Gegenden der Ufer des Wilui fand man sogar das Geripp eines Rhinoceros mit noch erhaltener Haut und Ueberbleibseln von Sehnen und Knorpeln, woraus Pallas schließt, daß diese Berge und Hügel durch eine spätere aus den Wohnplätzen dieser Thiere hergekommene Ueberschwemmung entstanden seyen.

Die durch Ausbrüche des unterirdischen Feuers gebildeten Berge, Basalthügel, Traß- und Lavastrecken u. dgl. machen noch eine vierte Classe aus, von welcher die Artikel: Vulkane und Vulkanische Producte, umständlichere Nachricht geben werden.

Man wird aus dem Bisherigen leicht wahrnehmen, wie genau die Entftehung und Bildung der Berge mit der Geschichte der Erde selbst zusammenhänge. In der That sind die Berge die vornehmsten Denkmäler und Urkunden, aus welchen wir über die Veränderungen der Erdfläche Unterricht erhalten, und die Revolutionen, durch welche unser Wohnplatz in seinen gegenwärtigen Zustand übergegangen ist, einigermaßen errathen können. Freylich ist die Sprache dieser Urkunden nicht überall gleich deutlich, und die Erklärungen ihrer Ausleger weichen oft beträchtlich von einander ab. Ich könnte hier sehr viele Meynungen über die Entstehung der Berge anführen; da sie aber alle zugleich Hypothesen über die Geschichte der Erde enthalten, so werde ich sie, um einer Wiederholung auszuweichen, bey dem Worte: Erdkugel, vortragen.

Der Nutzen der Berge ist sehr mannigfaltig, und für die ganze Oekonomie der Natur auf der Erdfläche von äußerster Wichtigkeit. Bertrand hat dies in einer eignen Schrift (Essai sur les usages des montagnes, Zuric. 1754. 8.) ausgeführt. Sie dienen nicht nur zur Zierde der Erde


Reihe dieſer Berge, welche an der Weſtſette der uraliſchen Kette hinlaͤuft, und eine unbeſchreibliche Menge Elephanten-Nashorn- und Buͤffelknochen, ſo wie das gegrabne Elfenbein (ebur foſſile) enthaͤlt, welches in Sibirien einen Handlungszweig ausmacht, und auch in Nordamerika gefunden wird, obgleich die Elephanten ſelbſt nur unter waͤrmern Himmelsſtrichen wohnen. In den ſtets gefrornen Gegenden der Ufer des Wilui fand man ſogar das Geripp eines Rhinoceros mit noch erhaltener Haut und Ueberbleibſeln von Sehnen und Knorpeln, woraus Pallas ſchließt, daß dieſe Berge und Huͤgel durch eine ſpaͤtere aus den Wohnplaͤtzen dieſer Thiere hergekommene Ueberſchwemmung entſtanden ſeyen.

Die durch Ausbruͤche des unterirdiſchen Feuers gebildeten Berge, Baſalthuͤgel, Traß- und Lavaſtrecken u. dgl. machen noch eine vierte Claſſe aus, von welcher die Artikel: Vulkane und Vulkaniſche Producte, umſtaͤndlichere Nachricht geben werden.

Man wird aus dem Bisherigen leicht wahrnehmen, wie genau die Entftehung und Bildung der Berge mit der Geſchichte der Erde ſelbſt zuſammenhaͤnge. In der That ſind die Berge die vornehmſten Denkmaͤler und Urkunden, aus welchen wir uͤber die Veraͤnderungen der Erdflaͤche Unterricht erhalten, und die Revolutionen, durch welche unſer Wohnplatz in ſeinen gegenwaͤrtigen Zuſtand uͤbergegangen iſt, einigermaßen errathen koͤnnen. Freylich iſt die Sprache dieſer Urkunden nicht uͤberall gleich deutlich, und die Erklaͤrungen ihrer Ausleger weichen oft betraͤchtlich von einander ab. Ich koͤnnte hier ſehr viele Meynungen uͤber die Entſtehung der Berge anfuͤhren; da ſie aber alle zugleich Hypotheſen uͤber die Geſchichte der Erde enthalten, ſo werde ich ſie, um einer Wiederholung auszuweichen, bey dem Worte: Erdkugel, vortragen.

Der Nutzen der Berge iſt ſehr mannigfaltig, und fuͤr die ganze Oekonomie der Natur auf der Erdflaͤche von aͤußerſter Wichtigkeit. Bertrand hat dies in einer eignen Schrift (Eſſai ſur les uſages des montagnes, Zuric. 1754. 8.) ausgefuͤhrt. Sie dienen nicht nur zur Zierde der Erde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0325" xml:id="P.1.311" n="311"/><lb/>
Reihe die&#x017F;er Berge, welche an der We&#x017F;t&#x017F;ette der urali&#x017F;chen Kette hinla&#x0364;uft, und eine unbe&#x017F;chreibliche Menge Elephanten-Nashorn- und Bu&#x0364;ffelknochen, &#x017F;o wie das gegrabne Elfenbein <hi rendition="#aq">(ebur fo&#x017F;&#x017F;ile)</hi> entha&#x0364;lt, welches in Sibirien einen Handlungszweig ausmacht, und auch in Nordamerika gefunden wird, obgleich die Elephanten &#x017F;elb&#x017F;t nur unter wa&#x0364;rmern Himmels&#x017F;trichen wohnen. In den &#x017F;tets gefrornen Gegenden der Ufer des Wilui fand man &#x017F;ogar das Geripp eines Rhinoceros mit noch erhaltener Haut und Ueberbleib&#x017F;eln von Sehnen und Knorpeln, woraus Pallas &#x017F;chließt, daß die&#x017F;e Berge und Hu&#x0364;gel durch eine &#x017F;pa&#x0364;tere aus den Wohnpla&#x0364;tzen die&#x017F;er Thiere hergekommene Ueber&#x017F;chwemmung ent&#x017F;tanden &#x017F;eyen.</p>
          <p>Die durch Ausbru&#x0364;che des unterirdi&#x017F;chen Feuers gebildeten Berge, Ba&#x017F;althu&#x0364;gel, Traß- und Lava&#x017F;trecken u. dgl. machen noch eine vierte Cla&#x017F;&#x017F;e aus, von welcher die Artikel: <hi rendition="#b">Vulkane</hi> und <hi rendition="#b">Vulkani&#x017F;che Producte,</hi> um&#x017F;ta&#x0364;ndlichere Nachricht geben werden.</p>
          <p>Man wird aus dem Bisherigen leicht wahrnehmen, wie genau die Entftehung und Bildung der Berge mit der Ge&#x017F;chichte der Erde &#x017F;elb&#x017F;t zu&#x017F;ammenha&#x0364;nge. In der That &#x017F;ind die Berge die vornehm&#x017F;ten Denkma&#x0364;ler und Urkunden, aus welchen wir u&#x0364;ber die Vera&#x0364;nderungen der Erdfla&#x0364;che Unterricht erhalten, und die Revolutionen, durch welche un&#x017F;er Wohnplatz in &#x017F;einen gegenwa&#x0364;rtigen Zu&#x017F;tand u&#x0364;bergegangen i&#x017F;t, einigermaßen errathen ko&#x0364;nnen. Freylich i&#x017F;t die Sprache die&#x017F;er Urkunden nicht u&#x0364;berall gleich deutlich, und die Erkla&#x0364;rungen ihrer Ausleger weichen oft betra&#x0364;chtlich von einander ab. Ich ko&#x0364;nnte hier &#x017F;ehr viele Meynungen u&#x0364;ber die Ent&#x017F;tehung der Berge anfu&#x0364;hren; da &#x017F;ie aber alle zugleich Hypothe&#x017F;en u&#x0364;ber die Ge&#x017F;chichte der Erde enthalten, &#x017F;o werde ich &#x017F;ie, um einer Wiederholung auszuweichen, bey dem Worte: <hi rendition="#b">Erdkugel,</hi> vortragen.</p>
          <p>Der Nutzen der Berge i&#x017F;t &#x017F;ehr mannigfaltig, und fu&#x0364;r die ganze Oekonomie der Natur auf der Erdfla&#x0364;che von a&#x0364;ußer&#x017F;ter Wichtigkeit. <hi rendition="#b">Bertrand</hi> hat dies in einer eignen Schrift <hi rendition="#aq">(E&#x017F;&#x017F;ai &#x017F;ur les u&#x017F;ages des montagnes, Zuric. 1754. 8.)</hi> ausgefu&#x0364;hrt. Sie dienen nicht nur zur Zierde der Erde<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[311/0325] Reihe dieſer Berge, welche an der Weſtſette der uraliſchen Kette hinlaͤuft, und eine unbeſchreibliche Menge Elephanten-Nashorn- und Buͤffelknochen, ſo wie das gegrabne Elfenbein (ebur foſſile) enthaͤlt, welches in Sibirien einen Handlungszweig ausmacht, und auch in Nordamerika gefunden wird, obgleich die Elephanten ſelbſt nur unter waͤrmern Himmelsſtrichen wohnen. In den ſtets gefrornen Gegenden der Ufer des Wilui fand man ſogar das Geripp eines Rhinoceros mit noch erhaltener Haut und Ueberbleibſeln von Sehnen und Knorpeln, woraus Pallas ſchließt, daß dieſe Berge und Huͤgel durch eine ſpaͤtere aus den Wohnplaͤtzen dieſer Thiere hergekommene Ueberſchwemmung entſtanden ſeyen. Die durch Ausbruͤche des unterirdiſchen Feuers gebildeten Berge, Baſalthuͤgel, Traß- und Lavaſtrecken u. dgl. machen noch eine vierte Claſſe aus, von welcher die Artikel: Vulkane und Vulkaniſche Producte, umſtaͤndlichere Nachricht geben werden. Man wird aus dem Bisherigen leicht wahrnehmen, wie genau die Entftehung und Bildung der Berge mit der Geſchichte der Erde ſelbſt zuſammenhaͤnge. In der That ſind die Berge die vornehmſten Denkmaͤler und Urkunden, aus welchen wir uͤber die Veraͤnderungen der Erdflaͤche Unterricht erhalten, und die Revolutionen, durch welche unſer Wohnplatz in ſeinen gegenwaͤrtigen Zuſtand uͤbergegangen iſt, einigermaßen errathen koͤnnen. Freylich iſt die Sprache dieſer Urkunden nicht uͤberall gleich deutlich, und die Erklaͤrungen ihrer Ausleger weichen oft betraͤchtlich von einander ab. Ich koͤnnte hier ſehr viele Meynungen uͤber die Entſtehung der Berge anfuͤhren; da ſie aber alle zugleich Hypotheſen uͤber die Geſchichte der Erde enthalten, ſo werde ich ſie, um einer Wiederholung auszuweichen, bey dem Worte: Erdkugel, vortragen. Der Nutzen der Berge iſt ſehr mannigfaltig, und fuͤr die ganze Oekonomie der Natur auf der Erdflaͤche von aͤußerſter Wichtigkeit. Bertrand hat dies in einer eignen Schrift (Eſſai ſur les uſages des montagnes, Zuric. 1754. 8.) ausgefuͤhrt. Sie dienen nicht nur zur Zierde der Erde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/325
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/325>, abgerufen am 17.05.2024.