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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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entsteht Sollte diese Abweichung wegfallen, so müßte der Spiegel, wenn der Gegenstand sehr entfernt ist, eine parabolische Krümmung haben. Denn die Parabel hat die Eigenschaft, Stralen, welche mit ihrer Axe parallel einfallen, in ihrem Vrennpunkte genau zu vereinigen. Man hat daher den Metallspiegeln, die zu Telescopen dienen sollen, eine parabolische Krümmung zu geben gesucht, wovon man unter dem Artikel: Parabolische Spiegel, ein mehreres finden wird.

Abweichung der Magnetnadel, Declinatio s. Variatio acus magneticae, Declinaison ou Variation de l' aimant.

So nennt man denjenigen Winkel, um welchen die Richtung der Magnetnadel von der wahren Mittagslinie abweicht. Obgleich insgemein gesagt wird, der Magnet habe die Eigenschaft, sich mit einem gewissen Punkte nach Norden zu richten, und theile diese Eigenschaft, die man seine Polarität nennt, auch den mit ihm bestrichenen Nadeln mit, so gilt doch diese Behauptung nur mit einiger Einschränkung. Sowohl der Magnet selbst, als auch die Nadeln, richten sich in den wenigsten Fällen genau nach Norden; sie weichen fast allezeit von der wahren Richtung der Mittagslinie um einige Grade, gegen Osten oder Westen, ab.

Allem Ansehen nach hat man die Abweichung der Magnetnadel bald nach dem ersten Gebrauche des Compasses zur Schiffahrt entdecken müssen. Auch versichert Thevenot in seiner Reisebeschreibung (Recueil des voyages. Paris, 1681. 8.), aus einem Briefe des Peter Adsigerus gesehen zu haben, daß dessen Verfasser schon im Jahre 1269 eine Abweichung der Magnetnadel von 5 Graden wahrgenommen habe. Inzwischen finden sich doch die ersten zuverläßigen Beobachtungen dieser Abweichung nicht eher, als im sechszehnten Jahrhunderte. Herr de l'Isle besaß ein Manuscript eines Piloten Crignon aus Dieppe, vom Jahre 1534, welches dem Admiral Sebastian Chabot zugeeignet war, und worinn die Abweichung der Magnetnadel erwähnt ward; daher es ein Misverständuiß


entſteht Sollte dieſe Abweichung wegfallen, ſo muͤßte der Spiegel, wenn der Gegenſtand ſehr entfernt iſt, eine paraboliſche Kruͤmmung haben. Denn die Parabel hat die Eigenſchaft, Stralen, welche mit ihrer Axe parallel einfallen, in ihrem Vrennpunkte genau zu vereinigen. Man hat daher den Metallſpiegeln, die zu Teleſcopen dienen ſollen, eine paraboliſche Kruͤmmung zu geben geſucht, wovon man unter dem Artikel: Paraboliſche Spiegel, ein mehreres finden wird.

Abweichung der Magnetnadel, Declinatio ſ. Variatio acus magneticae, Declinaiſon ou Variation de l' aimant.

So nennt man denjenigen Winkel, um welchen die Richtung der Magnetnadel von der wahren Mittagslinie abweicht. Obgleich insgemein geſagt wird, der Magnet habe die Eigenſchaft, ſich mit einem gewiſſen Punkte nach Norden zu richten, und theile dieſe Eigenſchaft, die man ſeine Polaritaͤt nennt, auch den mit ihm beſtrichenen Nadeln mit, ſo gilt doch dieſe Behauptung nur mit einiger Einſchraͤnkung. Sowohl der Magnet ſelbſt, als auch die Nadeln, richten ſich in den wenigſten Faͤllen genau nach Norden; ſie weichen faſt allezeit von der wahren Richtung der Mittagslinie um einige Grade, gegen Oſten oder Weſten, ab.

Allem Anſehen nach hat man die Abweichung der Magnetnadel bald nach dem erſten Gebrauche des Compaſſes zur Schiffahrt entdecken muͤſſen. Auch verſichert Thevenot in ſeiner Reiſebeſchreibung (Recueil des voyages. Paris, 1681. 8.), aus einem Briefe des Peter Adſigerus geſehen zu haben, daß deſſen Verfaſſer ſchon im Jahre 1269 eine Abweichung der Magnetnadel von 5 Graden wahrgenommen habe. Inzwiſchen finden ſich doch die erſten zuverlaͤßigen Beobachtungen dieſer Abweichung nicht eher, als im ſechszehnten Jahrhunderte. Herr de l'Isle beſaß ein Manuſcript eines Piloten Crignon aus Dieppe, vom Jahre 1534, welches dem Admiral Sebaſtian Chabot zugeeignet war, und worinn die Abweichung der Magnetnadel erwaͤhnt ward; daher es ein Misverſtaͤnduiß

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[16/0030] entſteht Sollte dieſe Abweichung wegfallen, ſo muͤßte der Spiegel, wenn der Gegenſtand ſehr entfernt iſt, eine paraboliſche Kruͤmmung haben. Denn die Parabel hat die Eigenſchaft, Stralen, welche mit ihrer Axe parallel einfallen, in ihrem Vrennpunkte genau zu vereinigen. Man hat daher den Metallſpiegeln, die zu Teleſcopen dienen ſollen, eine paraboliſche Kruͤmmung zu geben geſucht, wovon man unter dem Artikel: Paraboliſche Spiegel, ein mehreres finden wird. Abweichung der Magnetnadel, Declinatio ſ. Variatio acus magneticae, Declinaiſon ou Variation de l' aimant. So nennt man denjenigen Winkel, um welchen die Richtung der Magnetnadel von der wahren Mittagslinie abweicht. Obgleich insgemein geſagt wird, der Magnet habe die Eigenſchaft, ſich mit einem gewiſſen Punkte nach Norden zu richten, und theile dieſe Eigenſchaft, die man ſeine Polaritaͤt nennt, auch den mit ihm beſtrichenen Nadeln mit, ſo gilt doch dieſe Behauptung nur mit einiger Einſchraͤnkung. Sowohl der Magnet ſelbſt, als auch die Nadeln, richten ſich in den wenigſten Faͤllen genau nach Norden; ſie weichen faſt allezeit von der wahren Richtung der Mittagslinie um einige Grade, gegen Oſten oder Weſten, ab. Allem Anſehen nach hat man die Abweichung der Magnetnadel bald nach dem erſten Gebrauche des Compaſſes zur Schiffahrt entdecken muͤſſen. Auch verſichert Thevenot in ſeiner Reiſebeſchreibung (Recueil des voyages. Paris, 1681. 8.), aus einem Briefe des Peter Adſigerus geſehen zu haben, daß deſſen Verfaſſer ſchon im Jahre 1269 eine Abweichung der Magnetnadel von 5 Graden wahrgenommen habe. Inzwiſchen finden ſich doch die erſten zuverlaͤßigen Beobachtungen dieſer Abweichung nicht eher, als im ſechszehnten Jahrhunderte. Herr de l'Isle beſaß ein Manuſcript eines Piloten Crignon aus Dieppe, vom Jahre 1534, welches dem Admiral Sebaſtian Chabot zugeeignet war, und worinn die Abweichung der Magnetnadel erwaͤhnt ward; daher es ein Misverſtaͤnduiß

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/30>, abgerufen am 18.04.2024.