Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>


Sobald Newton diese Abweichung entdeckt hatte, berechnete er, daß sie bey den gewöhnlichen Fernröhren auf die Undeutlichkeit des Bildes 5000mal stärker wirke, als die Abweichung wegen der Gestalt des Glases, daß sie also das vornehmste Hinderniß ausmache, welches der Vollkommenheit der Fernröhre im Wege stehe, von denen es, wie er sagt, zu verwundern sey, daß sie die Gegenstände noch so deutlich zeigten, als es wirklich geschähe.

Er dachte nunmehr auf Mittel, diese Abweichung aufzuheben, ward aber unglücklicher Weise durch gewisse von ihm angestellte Versuche und daraus gefolgerte Sätze verleitet, es für unmöglich zu halten, daß man jemals bey Gläsern die Wirkung der Farbenzerstreuung werde aufheben können. Er gieng von dieser Zeit an ganz von den Gedanken an die Verbesserung der Gläser ab, und schlug statt der Fernröhre mit bloßen Gläsern die mit Spiegeln vor, s. Spiegeltelescop, weil bey der Zurückprallung des Lichts von Spiegeln keine Farbenzerstreuung statt findet. Dadurch ist die weitere Untersuchung dieser Materie beynahe um ein ganzes Jahrhundert verspätiget worden.

Endlich machte in neuern Zeiten, auf eine von Herrn Euler gegebne Veranlassung, der englische Künstler Dollond die wichtige Entdeckung, daß es allerdings möglich sey die Farbenzerstreuung auch bey Fernröhren mit Gläsern zu vermeiden, wenn man zu dieser Absicht die Gläser aus verschiedenen Glasarten zusammensetze. Hierauf gründet sich die Erfindung der Dollondischen achromatischen Fernröhre, in welchen die Abweichung wegen der Farbenzerstreuung vermieden wird, wovon man den Artikel: Achromatische Fernröhre, nach sehen kan.

Abweichung, katoptrische

oder Abirrung der Hohlspiegel, Aberratio ob figuram speculorum, Aberration de sphericite des miroirs, heißt der Unterschied, welcher bey Hohlspiegeln und Spiegeltelescopen daher entsteht, daß die sphärischen oder Kugelspiegel die aus einem Punkte ausgegangenen Lichtstralen nicht wieder in einen Punkt vereinigen, woraus eine Undeutlichkeit des Bildes


Sobald Newton dieſe Abweichung entdeckt hatte, berechnete er, daß ſie bey den gewoͤhnlichen Fernroͤhren auf die Undeutlichkeit des Bildes 5000mal ſtaͤrker wirke, als die Abweichung wegen der Geſtalt des Glaſes, daß ſie alſo das vornehmſte Hinderniß ausmache, welches der Vollkommenheit der Fernroͤhre im Wege ſtehe, von denen es, wie er ſagt, zu verwundern ſey, daß ſie die Gegenſtaͤnde noch ſo deutlich zeigten, als es wirklich geſchaͤhe.

Er dachte nunmehr auf Mittel, dieſe Abweichung aufzuheben, ward aber ungluͤcklicher Weiſe durch gewiſſe von ihm angeſtellte Verſuche und daraus gefolgerte Saͤtze verleitet, es fuͤr unmoͤglich zu halten, daß man jemals bey Glaͤſern die Wirkung der Farbenzerſtreuung werde aufheben koͤnnen. Er gieng von dieſer Zeit an ganz von den Gedanken an die Verbeſſerung der Glaͤſer ab, und ſchlug ſtatt der Fernroͤhre mit bloßen Glaͤſern die mit Spiegeln vor, ſ. Spiegelteleſcop, weil bey der Zuruͤckprallung des Lichts von Spiegeln keine Farbenzerſtreuung ſtatt findet. Dadurch iſt die weitere Unterſuchung dieſer Materie beynahe um ein ganzes Jahrhundert verſpaͤtiget worden.

Endlich machte in neuern Zeiten, auf eine von Herrn Euler gegebne Veranlaſſung, der engliſche Kuͤnſtler Dollond die wichtige Entdeckung, daß es allerdings moͤglich ſey die Farbenzerſtreuung auch bey Fernroͤhren mit Glaͤſern zu vermeiden, wenn man zu dieſer Abſicht die Glaͤſer aus verſchiedenen Glasarten zuſammenſetze. Hierauf gruͤndet ſich die Erfindung der Dollondiſchen achromatiſchen Fernroͤhre, in welchen die Abweichung wegen der Farbenzerſtreuung vermieden wird, wovon man den Artikel: Achromatiſche Fernroͤhre, nach ſehen kan.

Abweichung, katoptriſche

oder Abirrung der Hohlſpiegel, Aberratio ob figuram ſpeculorum, Aberration de ſphèricité des miroirs, heißt der Unterſchied, welcher bey Hohlſpiegeln und Spiegelteleſcopen daher entſteht, daß die ſphaͤriſchen oder Kugelſpiegel die aus einem Punkte ausgegangenen Lichtſtralen nicht wieder in einen Punkt vereinigen, woraus eine Undeutlichkeit des Bildes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0029" xml:id="P.1.15" n="15"/><lb/>
          </p>
          <p>Sobald <hi rendition="#b">Newton</hi> die&#x017F;e Abweichung entdeckt hatte, berechnete er, daß &#x017F;ie bey den gewo&#x0364;hnlichen Fernro&#x0364;hren auf die Undeutlichkeit des Bildes 5000mal &#x017F;ta&#x0364;rker wirke, als die Abweichung wegen der Ge&#x017F;talt des Gla&#x017F;es, daß &#x017F;ie al&#x017F;o das vornehm&#x017F;te Hinderniß ausmache, welches der Vollkommenheit der Fernro&#x0364;hre im Wege &#x017F;tehe, von denen es, wie er &#x017F;agt, zu verwundern &#x017F;ey, daß &#x017F;ie die Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde noch &#x017F;o deutlich zeigten, als es wirklich ge&#x017F;cha&#x0364;he.</p>
          <p>Er dachte nunmehr auf Mittel, die&#x017F;e Abweichung aufzuheben, ward aber unglu&#x0364;cklicher Wei&#x017F;e durch gewi&#x017F;&#x017F;e von ihm ange&#x017F;tellte Ver&#x017F;uche und daraus gefolgerte Sa&#x0364;tze verleitet, es fu&#x0364;r unmo&#x0364;glich zu halten, daß man jemals bey Gla&#x0364;&#x017F;ern die Wirkung der Farbenzer&#x017F;treuung werde aufheben ko&#x0364;nnen. Er gieng von die&#x017F;er Zeit an ganz von den Gedanken an die Verbe&#x017F;&#x017F;erung der Gla&#x0364;&#x017F;er ab, und &#x017F;chlug &#x017F;tatt der Fernro&#x0364;hre mit bloßen Gla&#x0364;&#x017F;ern die mit Spiegeln vor, <hi rendition="#b">&#x017F;. Spiegeltele&#x017F;cop,</hi> weil bey der Zuru&#x0364;ckprallung des Lichts von Spiegeln keine Farbenzer&#x017F;treuung &#x017F;tatt findet. Dadurch i&#x017F;t die weitere Unter&#x017F;uchung die&#x017F;er Materie beynahe um ein ganzes Jahrhundert ver&#x017F;pa&#x0364;tiget worden.</p>
          <p>Endlich machte in neuern Zeiten, auf eine von Herrn <hi rendition="#b">Euler</hi> gegebne Veranla&#x017F;&#x017F;ung, der engli&#x017F;che Ku&#x0364;n&#x017F;tler <hi rendition="#b">Dollond</hi> die wichtige Entdeckung, daß es allerdings mo&#x0364;glich &#x017F;ey die Farbenzer&#x017F;treuung auch bey Fernro&#x0364;hren mit Gla&#x0364;&#x017F;ern zu vermeiden, wenn man zu die&#x017F;er Ab&#x017F;icht die Gla&#x0364;&#x017F;er aus ver&#x017F;chiedenen Glasarten zu&#x017F;ammen&#x017F;etze. Hierauf gru&#x0364;ndet &#x017F;ich die Erfindung der Dollondi&#x017F;chen achromati&#x017F;chen Fernro&#x0364;hre, in welchen die Abweichung wegen der Farbenzer&#x017F;treuung vermieden wird, wovon man den Artikel: <hi rendition="#b">Achromati&#x017F;che Fernro&#x0364;hre,</hi> nach &#x017F;ehen kan.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Abweichung, katoptri&#x017F;che</head><lb/>
          <p>oder <hi rendition="#b">Abirrung der Hohl&#x017F;piegel,</hi> <hi rendition="#aq">Aberratio ob figuram &#x017F;peculorum, <hi rendition="#i">Aberration de &#x017F;phèricité des miroirs,</hi></hi> heißt der Unter&#x017F;chied, welcher bey Hohl&#x017F;piegeln und Spiegeltele&#x017F;copen daher ent&#x017F;teht, daß die &#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen oder Kugel&#x017F;piegel die aus einem Punkte ausgegangenen Licht&#x017F;tralen nicht wieder in einen Punkt vereinigen, woraus eine Undeutlichkeit des Bildes<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0029] Sobald Newton dieſe Abweichung entdeckt hatte, berechnete er, daß ſie bey den gewoͤhnlichen Fernroͤhren auf die Undeutlichkeit des Bildes 5000mal ſtaͤrker wirke, als die Abweichung wegen der Geſtalt des Glaſes, daß ſie alſo das vornehmſte Hinderniß ausmache, welches der Vollkommenheit der Fernroͤhre im Wege ſtehe, von denen es, wie er ſagt, zu verwundern ſey, daß ſie die Gegenſtaͤnde noch ſo deutlich zeigten, als es wirklich geſchaͤhe. Er dachte nunmehr auf Mittel, dieſe Abweichung aufzuheben, ward aber ungluͤcklicher Weiſe durch gewiſſe von ihm angeſtellte Verſuche und daraus gefolgerte Saͤtze verleitet, es fuͤr unmoͤglich zu halten, daß man jemals bey Glaͤſern die Wirkung der Farbenzerſtreuung werde aufheben koͤnnen. Er gieng von dieſer Zeit an ganz von den Gedanken an die Verbeſſerung der Glaͤſer ab, und ſchlug ſtatt der Fernroͤhre mit bloßen Glaͤſern die mit Spiegeln vor, ſ. Spiegelteleſcop, weil bey der Zuruͤckprallung des Lichts von Spiegeln keine Farbenzerſtreuung ſtatt findet. Dadurch iſt die weitere Unterſuchung dieſer Materie beynahe um ein ganzes Jahrhundert verſpaͤtiget worden. Endlich machte in neuern Zeiten, auf eine von Herrn Euler gegebne Veranlaſſung, der engliſche Kuͤnſtler Dollond die wichtige Entdeckung, daß es allerdings moͤglich ſey die Farbenzerſtreuung auch bey Fernroͤhren mit Glaͤſern zu vermeiden, wenn man zu dieſer Abſicht die Glaͤſer aus verſchiedenen Glasarten zuſammenſetze. Hierauf gruͤndet ſich die Erfindung der Dollondiſchen achromatiſchen Fernroͤhre, in welchen die Abweichung wegen der Farbenzerſtreuung vermieden wird, wovon man den Artikel: Achromatiſche Fernroͤhre, nach ſehen kan. Abweichung, katoptriſche oder Abirrung der Hohlſpiegel, Aberratio ob figuram ſpeculorum, Aberration de ſphèricité des miroirs, heißt der Unterſchied, welcher bey Hohlſpiegeln und Spiegelteleſcopen daher entſteht, daß die ſphaͤriſchen oder Kugelſpiegel die aus einem Punkte ausgegangenen Lichtſtralen nicht wieder in einen Punkt vereinigen, woraus eine Undeutlichkeit des Bildes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/29
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/29>, abgerufen am 19.04.2024.