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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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ohne alle Grenze vergrößern zu können. Was aber das erste betrift, so bleibt doch das Reiben immer da, und das letztere ist ein Irrthum. Herr de Lüc hat sich zwar verleiten lassen, die vorgegebne unendliche Vergrößerung als möglich einzuräumen: aber die Rechnung zeigt bald, daß man sie nie über das (m/n--n) fache treiben könne (wenn m, n, n specifische Schweren des Quecksilbers, untern oder obern Liquors bedeuten). Sind die Liquoren nach de la Hire's Vorschlage Weinsteinöl und Weingeist, also m, n, n; 14; 1,073; 0,866, so kan man das Steigen und Fallen des simpeln Barometers selbst bey unendlicher Verengerung der Röhre ci doch nicht über (14/1,073--0,866,) d. i. nicht ganz 70mal vergrößern. Ueberdies ist der Druck der Liquoren auf H ungleich, je nachdem der leichtere oder der schwerere den größern Theil der Höhe ausfüllt, daher zeigen gleiche Veränderungen dieses Instruments nicht gleiche Aenderungen des Drucks der Luft an. Durch den Uebergang der färbenden Theilchen verdunkelt sich die Grenze beyder Liquoren; die Wärme hat einen höchst verwickelten Einfluß, und es gilt auch hier der allgemeine Satz, daß die complicirtesten Werkzeuge die schlechtesten sind.

Schon 1665 hatte D. Hook (Micrographia, Tab. XXXVII. Fig. 4.) sein sogenanntes Radbarometer (Wheel- Barometer, Barometrum cyclicum) beschrieben, Taf. III. Fig. 44. Es krümmt sich unten in einen 2ten Schenkel, in welchem auf der Quecksilberfläche G ein eisernes Gewichtchen schwimmt, das an einem über die Rolle S geführten Faden durch das am andern Ende hängende Gegengewicht H fast, jedoch nicht völlig, getragen wird. Beym Auf- und Absteigen der Fläche G steigt und sinkt das erste Gewicht, dreht die Rolle S und den an ihrer Axe steckenden Zeiger, der auf einem getheilten Cirkel Grade des Steigens und Fallens angiebt. Hook hatte dadurch, daß er die obere Quecksilberfläche I in einer weiten Kugel steigen und fallen ließ, die Veränderungen noch merklicher


ohne alle Grenze vergroͤßern zu koͤnnen. Was aber das erſte betrift, ſo bleibt doch das Reiben immer da, und das letztere iſt ein Irrthum. Herr de Luͤc hat ſich zwar verleiten laſſen, die vorgegebne unendliche Vergroͤßerung als moͤglich einzuraͤumen: aber die Rechnung zeigt bald, daß man ſie nie uͤber das (m/n—ν) fache treiben koͤnne (wenn m, n, ν ſpecifiſche Schweren des Queckſilbers, untern oder obern Liquors bedeuten). Sind die Liquoren nach de la Hire's Vorſchlage Weinſteinoͤl und Weingeiſt, alſo m, n, ν; 14; 1,073; 0,866, ſo kan man das Steigen und Fallen des ſimpeln Barometers ſelbſt bey unendlicher Verengerung der Roͤhre ci doch nicht uͤber (14/1,073—0,866,) d. i. nicht ganz 70mal vergroͤßern. Ueberdies iſt der Druck der Liquoren auf H ungleich, je nachdem der leichtere oder der ſchwerere den groͤßern Theil der Hoͤhe ausfuͤllt, daher zeigen gleiche Veraͤnderungen dieſes Inſtruments nicht gleiche Aenderungen des Drucks der Luft an. Durch den Uebergang der faͤrbenden Theilchen verdunkelt ſich die Grenze beyder Liquoren; die Waͤrme hat einen hoͤchſt verwickelten Einfluß, und es gilt auch hier der allgemeine Satz, daß die complicirteſten Werkzeuge die ſchlechteſten ſind.

Schon 1665 hatte D. Hook (Micrographia, Tab. XXXVII. Fig. 4.) ſein ſogenanntes Radbarometer (Wheel- Barometer, Barometrum cyclicum) beſchrieben, Taf. III. Fig. 44. Es kruͤmmt ſich unten in einen 2ten Schenkel, in welchem auf der Queckſilberflaͤche G ein eiſernes Gewichtchen ſchwimmt, das an einem uͤber die Rolle S gefuͤhrten Faden durch das am andern Ende haͤngende Gegengewicht H faſt, jedoch nicht voͤllig, getragen wird. Beym Auf- und Abſteigen der Flaͤche G ſteigt und ſinkt das erſte Gewicht, dreht die Rolle S und den an ihrer Axe ſteckenden Zeiger, der auf einem getheilten Cirkel Grade des Steigens und Fallens angiebt. Hook hatte dadurch, daß er die obere Queckſilberflaͤche I in einer weiten Kugel ſteigen und fallen ließ, die Veraͤnderungen noch merklicher

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[245/0259] ohne alle Grenze vergroͤßern zu koͤnnen. Was aber das erſte betrift, ſo bleibt doch das Reiben immer da, und das letztere iſt ein Irrthum. Herr de Luͤc hat ſich zwar verleiten laſſen, die vorgegebne unendliche Vergroͤßerung als moͤglich einzuraͤumen: aber die Rechnung zeigt bald, daß man ſie nie uͤber das (m/n—ν) fache treiben koͤnne (wenn m, n, ν ſpecifiſche Schweren des Queckſilbers, untern oder obern Liquors bedeuten). Sind die Liquoren nach de la Hire's Vorſchlage Weinſteinoͤl und Weingeiſt, alſo m, n, ν; 14; 1,073; 0,866, ſo kan man das Steigen und Fallen des ſimpeln Barometers ſelbſt bey unendlicher Verengerung der Roͤhre ci doch nicht uͤber (14/1,073—0,866,) d. i. nicht ganz 70mal vergroͤßern. Ueberdies iſt der Druck der Liquoren auf H ungleich, je nachdem der leichtere oder der ſchwerere den groͤßern Theil der Hoͤhe ausfuͤllt, daher zeigen gleiche Veraͤnderungen dieſes Inſtruments nicht gleiche Aenderungen des Drucks der Luft an. Durch den Uebergang der faͤrbenden Theilchen verdunkelt ſich die Grenze beyder Liquoren; die Waͤrme hat einen hoͤchſt verwickelten Einfluß, und es gilt auch hier der allgemeine Satz, daß die complicirteſten Werkzeuge die ſchlechteſten ſind. Schon 1665 hatte D. Hook (Micrographia, Tab. XXXVII. Fig. 4.) ſein ſogenanntes Radbarometer (Wheel- Barometer, Barometrum cyclicum) beſchrieben, Taf. III. Fig. 44. Es kruͤmmt ſich unten in einen 2ten Schenkel, in welchem auf der Queckſilberflaͤche G ein eiſernes Gewichtchen ſchwimmt, das an einem uͤber die Rolle S gefuͤhrten Faden durch das am andern Ende haͤngende Gegengewicht H faſt, jedoch nicht voͤllig, getragen wird. Beym Auf- und Abſteigen der Flaͤche G ſteigt und ſinkt das erſte Gewicht, dreht die Rolle S und den an ihrer Axe ſteckenden Zeiger, der auf einem getheilten Cirkel Grade des Steigens und Fallens angiebt. Hook hatte dadurch, daß er die obere Queckſilberflaͤche I in einer weiten Kugel ſteigen und fallen ließ, die Veraͤnderungen noch merklicher

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/259>, abgerufen am 10.05.2024.