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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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in seinem 60sten Briefe einen Versuch mit einer dünnen Glasröhre CD (Taf. III. Fig. 32.), an deren Enden sich zwo luftleere und halb mit Wasser oder Weingeist gefüllte Kugeln A und B befinden. Hält man beyde Kugeln in den Händen, so zeigt sich keine Bewegung; hält man aber nur die eine Kugel, indem die andere kalt bleibt, so geht das Wasser sogleich aus der erwärmten in die kalte über, und kocht darinn so lange, als man die leere Kugel in der Hand behält. So lange diese Kugel noch Wasser enthält, das sich in Dämpfe verwandlet, bleibt sie immer kalt, so warm auch die Hand seyn mag; sobald aber das Wasser heraus ist, wird sie sogleich warm. Sie entzog nemlich vorher der Hand die Wärme, die zur Verdampfung verwendet ward, und erregte dadurch Empfindung der Kälte.

Auch erklärt sich, warum Wind oder Bewegung der Luft die Ausdünstung in so hohem Grade befördere. Die Winde erneuren die Luft um den ausdünstenden oder trocknenden Körper beständig, und führen neue noch nicht gesättigte Luft herbey, welche die Dämpfe schneller auflöset. Daher trocknen die Winde so schnell.

Die Wärme befördert die Ausdünstung, 1) weil sie mehr Elementarfeuer herbeybringt, 2) weil sie die auflösende Kraft der Luft verstärkt, 3) weil sie Bewegungen in der Luft verursachet.

Die nicht in der Luft aufgelösten Dämpfe setzen sich an den Oberflächen kalter Körper als Thau oder Krystallen an. Finden sie keinen kalten Körper hierzu, so vereinigen sie sich in Tropfen, Nadeln oder Bläschen, und geben dadurch die Anlagen zu Regen, Schnee, Wolken und Nebeln, s. Dünste.

In dünnerer Luft enstehen zwar wegen des geringern Drucks die Dämpfe leichter, es wird aber auch weniger davon in der Luft aufgelöset. Daher ist die Ausdünstung in dünnerer Luft schwächer, wofern nicht das Wasser sehr warm ist, und durch kalte Oberflächen ein beständiger Niederschlag bewirkt wird. Man sieht bisweilen unter der Glocke der Luftpumpe, bald nach den ersten Zügen, eine


in ſeinem 60ſten Briefe einen Verſuch mit einer duͤnnen Glasroͤhre CD (Taf. III. Fig. 32.), an deren Enden ſich zwo luftleere und halb mit Waſſer oder Weingeiſt gefuͤllte Kugeln A und B befinden. Haͤlt man beyde Kugeln in den Haͤnden, ſo zeigt ſich keine Bewegung; haͤlt man aber nur die eine Kugel, indem die andere kalt bleibt, ſo geht das Waſſer ſogleich aus der erwaͤrmten in die kalte uͤber, und kocht darinn ſo lange, als man die leere Kugel in der Hand behaͤlt. So lange dieſe Kugel noch Waſſer enthaͤlt, das ſich in Daͤmpfe verwandlet, bleibt ſie immer kalt, ſo warm auch die Hand ſeyn mag; ſobald aber das Waſſer heraus iſt, wird ſie ſogleich warm. Sie entzog nemlich vorher der Hand die Waͤrme, die zur Verdampfung verwendet ward, und erregte dadurch Empfindung der Kaͤlte.

Auch erklaͤrt ſich, warum Wind oder Bewegung der Luft die Ausduͤnſtung in ſo hohem Grade befoͤrdere. Die Winde erneuren die Luft um den ausduͤnſtenden oder trocknenden Koͤrper beſtaͤndig, und fuͤhren neue noch nicht geſaͤttigte Luft herbey, welche die Daͤmpfe ſchneller aufloͤſet. Daher trocknen die Winde ſo ſchnell.

Die Waͤrme befoͤrdert die Ausduͤnſtung, 1) weil ſie mehr Elementarfeuer herbeybringt, 2) weil ſie die aufloͤſende Kraft der Luft verſtaͤrkt, 3) weil ſie Bewegungen in der Luft verurſachet.

Die nicht in der Luft aufgeloͤſten Daͤmpfe ſetzen ſich an den Oberflaͤchen kalter Koͤrper als Thau oder Kryſtallen an. Finden ſie keinen kalten Koͤrper hierzu, ſo vereinigen ſie ſich in Tropfen, Nadeln oder Blaͤschen, und geben dadurch die Anlagen zu Regen, Schnee, Wolken und Nebeln, ſ. Duͤnſte.

In duͤnnerer Luft enſtehen zwar wegen des geringern Drucks die Daͤmpfe leichter, es wird aber auch weniger davon in der Luft aufgeloͤſet. Daher iſt die Ausduͤnſtung in duͤnnerer Luft ſchwaͤcher, wofern nicht das Waſſer ſehr warm iſt, und durch kalte Oberflaͤchen ein beſtaͤndiger Niederſchlag bewirkt wird. Man ſieht bisweilen unter der Glocke der Luftpumpe, bald nach den erſten Zuͤgen, eine

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[213/0227] in ſeinem 60ſten Briefe einen Verſuch mit einer duͤnnen Glasroͤhre CD (Taf. III. Fig. 32.), an deren Enden ſich zwo luftleere und halb mit Waſſer oder Weingeiſt gefuͤllte Kugeln A und B befinden. Haͤlt man beyde Kugeln in den Haͤnden, ſo zeigt ſich keine Bewegung; haͤlt man aber nur die eine Kugel, indem die andere kalt bleibt, ſo geht das Waſſer ſogleich aus der erwaͤrmten in die kalte uͤber, und kocht darinn ſo lange, als man die leere Kugel in der Hand behaͤlt. So lange dieſe Kugel noch Waſſer enthaͤlt, das ſich in Daͤmpfe verwandlet, bleibt ſie immer kalt, ſo warm auch die Hand ſeyn mag; ſobald aber das Waſſer heraus iſt, wird ſie ſogleich warm. Sie entzog nemlich vorher der Hand die Waͤrme, die zur Verdampfung verwendet ward, und erregte dadurch Empfindung der Kaͤlte. Auch erklaͤrt ſich, warum Wind oder Bewegung der Luft die Ausduͤnſtung in ſo hohem Grade befoͤrdere. Die Winde erneuren die Luft um den ausduͤnſtenden oder trocknenden Koͤrper beſtaͤndig, und fuͤhren neue noch nicht geſaͤttigte Luft herbey, welche die Daͤmpfe ſchneller aufloͤſet. Daher trocknen die Winde ſo ſchnell. Die Waͤrme befoͤrdert die Ausduͤnſtung, 1) weil ſie mehr Elementarfeuer herbeybringt, 2) weil ſie die aufloͤſende Kraft der Luft verſtaͤrkt, 3) weil ſie Bewegungen in der Luft verurſachet. Die nicht in der Luft aufgeloͤſten Daͤmpfe ſetzen ſich an den Oberflaͤchen kalter Koͤrper als Thau oder Kryſtallen an. Finden ſie keinen kalten Koͤrper hierzu, ſo vereinigen ſie ſich in Tropfen, Nadeln oder Blaͤschen, und geben dadurch die Anlagen zu Regen, Schnee, Wolken und Nebeln, ſ. Duͤnſte. In duͤnnerer Luft enſtehen zwar wegen des geringern Drucks die Daͤmpfe leichter, es wird aber auch weniger davon in der Luft aufgeloͤſet. Daher iſt die Ausduͤnſtung in duͤnnerer Luft ſchwaͤcher, wofern nicht das Waſſer ſehr warm iſt, und durch kalte Oberflaͤchen ein beſtaͤndiger Niederſchlag bewirkt wird. Man ſieht bisweilen unter der Glocke der Luftpumpe, bald nach den erſten Zuͤgen, eine

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/227>, abgerufen am 23.11.2024.