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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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nat. To. II. §. 1884.),
oder vielmehr Albinus, von dem die anatomischen Stellen dieses Buchs herrühren, sucht die Ursache in der corona ciliari, welche bey nahen Gegenständen erschlaffe, daher die von den Häuten gepreßte gläserne Feutigkeit die Krystallinse vordrücke und von der Netzhaut entferne, wodurch auch die Linse selbst flächer werde. Camper nimmt eine durch den Petitischen Canal bewirkte Veränderung der Gestalt der Linse an, und Sauvages glaubt, dieser Canal werde, wenn wir etwas scharf betrachten, von elektrischer Materie aufgetrieben. Molinet behauptete, die vier geraden Augenmuskeln zögen bey entfernten Gegenständen die harte Haut zusammen und verkürzten das Auge; Bohn und Boerhave, sie zögen die harte Haut von der Hornhaut ab, und verlängerten das Auge für nahe Gegenstände; andere haben theils die eine, theils die andere Wirkung den schiefen Augenmuskeln zugeschrieben. De la Hire (Sur les differens accidens de la vue. Mem. de l' acad. de Paris. 1749.) behauptete, es sey zum Deutlichsehen in verschiedenen Entfernungen blos eine verschiedne Eröfnung der Pupille nöthig, die sich bey Betrachtung naher Gegenstände merklich verengert. Diese Meinung, die schon längst verworfen war, haben le Roi (Mem, de Paris 1755.) und v. Haller (Elem. Physiolog. ed. Lausann. 1763. gr. 4. To. V. p. 516.) wieder erneuert. Die Stralenfasern, sagen sie, sind zu schwach, hängen auch nicht an die Linse an, und sind nicht muskulös, und bey dem großen Umfange der Grenzen des deutlichen Sehens mancher Augen müssen die Wirkungen weit beträchtlicher seyn, als Bewegung und Veränderung der Gestalt der Linse sie je hervorbringen könnten. Haller behauptet, es sey im Auge gar keine innere Bewegung zu finden, als die Erweiterung und Verengerung der Pupille, Iurins Muskelring sey ein Unding, die Kraft der äußern Augenmuskeln sey zu grob für so feine Veränderungen, auch gebe die harte Haut solchen Veränderungen nicht nach und die Verengerung der Pupille sey völlig hinreichend, weil auch im verfinsterten Zimmer die Bilder naher Dinge deutlicher würden, wenn man die Oefnung verengere.


nat. To. II. §. 1884.),
oder vielmehr Albinus, von dem die anatomiſchen Stellen dieſes Buchs herruͤhren, ſucht die Urſache in der corona ciliari, welche bey nahen Gegenſtaͤnden erſchlaffe, daher die von den Haͤuten gepreßte glaͤſerne Feutigkeit die Kryſtallinſe vordruͤcke und von der Netzhaut entferne, wodurch auch die Linſe ſelbſt flaͤcher werde. Camper nimmt eine durch den Petitiſchen Canal bewirkte Veraͤnderung der Geſtalt der Linſe an, und Sauvages glaubt, dieſer Canal werde, wenn wir etwas ſcharf betrachten, von elektriſcher Materie aufgetrieben. Molinet behauptete, die vier geraden Augenmuskeln zoͤgen bey entfernten Gegenſtaͤnden die harte Haut zuſammen und verkuͤrzten das Auge; Bohn und Boerhave, ſie zoͤgen die harte Haut von der Hornhaut ab, und verlaͤngerten das Auge fuͤr nahe Gegenſtaͤnde; andere haben theils die eine, theils die andere Wirkung den ſchiefen Augenmuskeln zugeſchrieben. De la Hire (Sur les differens accidens de la vue. Mém. de l' acad. de Paris. 1749.) behauptete, es ſey zum Deutlichſehen in verſchiedenen Entfernungen blos eine verſchiedne Eroͤfnung der Pupille noͤthig, die ſich bey Betrachtung naher Gegenſtaͤnde merklich verengert. Dieſe Meinung, die ſchon laͤngſt verworfen war, haben le Roi (Mém, de Paris 1755.) und v. Haller (Elem. Phyſiolog. ed. Lauſann. 1763. gr. 4. To. V. p. 516.) wieder erneuert. Die Stralenfaſern, ſagen ſie, ſind zu ſchwach, haͤngen auch nicht an die Linſe an, und ſind nicht muskuloͤs, und bey dem großen Umfange der Grenzen des deutlichen Sehens mancher Augen muͤſſen die Wirkungen weit betraͤchtlicher ſeyn, als Bewegung und Veraͤnderung der Geſtalt der Linſe ſie je hervorbringen koͤnnten. Haller behauptet, es ſey im Auge gar keine innere Bewegung zu finden, als die Erweiterung und Verengerung der Pupille, Iurins Muskelring ſey ein Unding, die Kraft der aͤußern Augenmuskeln ſey zu grob fuͤr ſo feine Veraͤnderungen, auch gebe die harte Haut ſolchen Veraͤnderungen nicht nach und die Verengerung der Pupille ſey voͤllig hinreichend, weil auch im verfinſterten Zimmer die Bilder naher Dinge deutlicher wuͤrden, wenn man die Oefnung verengere.

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[198/0212] nat. To. II. §. 1884.), oder vielmehr Albinus, von dem die anatomiſchen Stellen dieſes Buchs herruͤhren, ſucht die Urſache in der corona ciliari, welche bey nahen Gegenſtaͤnden erſchlaffe, daher die von den Haͤuten gepreßte glaͤſerne Feutigkeit die Kryſtallinſe vordruͤcke und von der Netzhaut entferne, wodurch auch die Linſe ſelbſt flaͤcher werde. Camper nimmt eine durch den Petitiſchen Canal bewirkte Veraͤnderung der Geſtalt der Linſe an, und Sauvages glaubt, dieſer Canal werde, wenn wir etwas ſcharf betrachten, von elektriſcher Materie aufgetrieben. Molinet behauptete, die vier geraden Augenmuskeln zoͤgen bey entfernten Gegenſtaͤnden die harte Haut zuſammen und verkuͤrzten das Auge; Bohn und Boerhave, ſie zoͤgen die harte Haut von der Hornhaut ab, und verlaͤngerten das Auge fuͤr nahe Gegenſtaͤnde; andere haben theils die eine, theils die andere Wirkung den ſchiefen Augenmuskeln zugeſchrieben. De la Hire (Sur les differens accidens de la vue. Mém. de l' acad. de Paris. 1749.) behauptete, es ſey zum Deutlichſehen in verſchiedenen Entfernungen blos eine verſchiedne Eroͤfnung der Pupille noͤthig, die ſich bey Betrachtung naher Gegenſtaͤnde merklich verengert. Dieſe Meinung, die ſchon laͤngſt verworfen war, haben le Roi (Mém, de Paris 1755.) und v. Haller (Elem. Phyſiolog. ed. Lauſann. 1763. gr. 4. To. V. p. 516.) wieder erneuert. Die Stralenfaſern, ſagen ſie, ſind zu ſchwach, haͤngen auch nicht an die Linſe an, und ſind nicht muskuloͤs, und bey dem großen Umfange der Grenzen des deutlichen Sehens mancher Augen muͤſſen die Wirkungen weit betraͤchtlicher ſeyn, als Bewegung und Veraͤnderung der Geſtalt der Linſe ſie je hervorbringen koͤnnten. Haller behauptet, es ſey im Auge gar keine innere Bewegung zu finden, als die Erweiterung und Verengerung der Pupille, Iurins Muskelring ſey ein Unding, die Kraft der aͤußern Augenmuskeln ſey zu grob fuͤr ſo feine Veraͤnderungen, auch gebe die harte Haut ſolchen Veraͤnderungen nicht nach und die Verengerung der Pupille ſey voͤllig hinreichend, weil auch im verfinſterten Zimmer die Bilder naher Dinge deutlicher wuͤrden, wenn man die Oefnung verengere.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/212>, abgerufen am 28.11.2024.