höchst mangelhaften Kalendern. Die Vorschrift z. B. eine Feldarbeit am ersten Tage des Jahres vorzunehmen, war vergeblich; denn der Anfang des bürgerlichen Jahres rückte nach und nach durch alle Jahrszeiten durch: hingegen die Regel, sie an dem Tage zu verrichten, an welchem der Hundsstern mit Sonnenuntergang aufgeht, war sicher, weil sie auf eine bestimmte Stellung der Sonne, mithin immer auf eben dieselbe Jahrszeit, hinwies. Diese uralte Art, gewisse Tage zu bezeichnen, kömmt noch in einigen Schriften der Alten vor, besonders bey den Schriftstellern über den Feldbau, und bey den Dichtern, welche die dabey nöthigen Erwähnungen der Sternbilder als Veranlassungen zu Digressionen und dichterischen Ausschmückungen nützten. Sie nahmen die Sachen selbst großentheils aus ältern Schriftstellern anderer Länder, ohne eigne Kenntnisse davon zu haben, daher das, was z. B. Ovid in den Fastis vorbringt, weder auf seine Zeit und auf die Lage von Rom passend, noch auch unter sich selbst übereinstimmend ist (s. Kästner, astronomisches Mancherley, in Vollborths philolog. Bibl. II. Band.). Man findet auch in den astronomischen Schriften der Alten keine sonderlichen Belehrungen hierüber; das meiste Licht geben noch die Elemente des Geminus(Gemini Isagoge in Phaenomena s. Elementa astron. in Petavii Vranologio. Paris. 1600. fol.)
Die Neuern haben gefunden, daß man im Alterthum unter dem Worte, Aufgang, hauptsächlich dreyerley verstanden habe, das Hervortreten eines Sterns aus den Sonnenstralen, seinen Aufgang bey Aufgang der Sonne, und seinen Aufgang bey Untergang der Sonne. Diesen drey Arten des poetischen Aufgangs haben sie die Namen: Ortus heliacus, cosmicus und acronychos, beygelegt.
Das Hervortreten aus den Sonnenstralen,Ortus heliacus, Lever heliaque, ereignet sich an dem Tage, an welchem der Stern, der bisher nahe bey der Sonne gestanden hat, und durch ihren Glanz unsern Augen entzogen gewesen ist, sich zum erstenmale wieder zeigt, und in der Morgendämmerung auf eine kurze Zeit sichtbar wird.
hoͤchſt mangelhaften Kalendern. Die Vorſchrift z. B. eine Feldarbeit am erſten Tage des Jahres vorzunehmen, war vergeblich; denn der Anfang des buͤrgerlichen Jahres ruͤckte nach und nach durch alle Jahrszeiten durch: hingegen die Regel, ſie an dem Tage zu verrichten, an welchem der Hundsſtern mit Sonnenuntergang aufgeht, war ſicher, weil ſie auf eine beſtimmte Stellung der Sonne, mithin immer auf eben dieſelbe Jahrszeit, hinwies. Dieſe uralte Art, gewiſſe Tage zu bezeichnen, koͤmmt noch in einigen Schriften der Alten vor, beſonders bey den Schriftſtellern uͤber den Feldbau, und bey den Dichtern, welche die dabey noͤthigen Erwaͤhnungen der Sternbilder als Veranlaſſungen zu Digreſſionen und dichteriſchen Ausſchmuͤckungen nuͤtzten. Sie nahmen die Sachen ſelbſt großentheils aus aͤltern Schriftſtellern anderer Laͤnder, ohne eigne Kenntniſſe davon zu haben, daher das, was z. B. Ovid in den Faſtis vorbringt, weder auf ſeine Zeit und auf die Lage von Rom paſſend, noch auch unter ſich ſelbſt uͤbereinſtimmend iſt (ſ. Kaͤſtner, aſtronomiſches Mancherley, in Vollborths philolog. Bibl. II. Band.). Man findet auch in den aſtronomiſchen Schriften der Alten keine ſonderlichen Belehrungen hieruͤber; das meiſte Licht geben noch die Elemente des Geminus(Gemini Iſagoge in Phaenomena ſ. Elementa aſtron. in Petavii Vranologio. Pariſ. 1600. fol.)
Die Neuern haben gefunden, daß man im Alterthum unter dem Worte, Aufgang, hauptſaͤchlich dreyerley verſtanden habe, das Hervortreten eines Sterns aus den Sonnenſtralen, ſeinen Aufgang bey Aufgang der Sonne, und ſeinen Aufgang bey Untergang der Sonne. Dieſen drey Arten des poetiſchen Aufgangs haben ſie die Namen: Ortus heliacus, coſmicus und acronychos, beygelegt.
Das Hervortreten aus den Sonnenſtralen,Ortus heliacus, Lever heliaque, ereignet ſich an dem Tage, an welchem der Stern, der bisher nahe bey der Sonne geſtanden hat, und durch ihren Glanz unſern Augen entzogen geweſen iſt, ſich zum erſtenmale wieder zeigt, und in der Morgendaͤmmerung auf eine kurze Zeit ſichtbar wird.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0190"xml:id="P.1.176"n="176"/><lb/>
hoͤchſt mangelhaften Kalendern. Die Vorſchrift z. B. eine Feldarbeit am erſten Tage des Jahres vorzunehmen, war vergeblich; denn der Anfang des buͤrgerlichen Jahres ruͤckte nach und nach durch alle Jahrszeiten durch: hingegen die Regel, ſie an dem Tage zu verrichten, an welchem der Hundsſtern mit Sonnenuntergang aufgeht, war ſicher, weil ſie auf eine beſtimmte Stellung der Sonne, mithin immer auf eben dieſelbe Jahrszeit, hinwies. Dieſe uralte Art, gewiſſe Tage zu bezeichnen, koͤmmt noch in einigen Schriften der Alten vor, beſonders bey den Schriftſtellern uͤber den Feldbau, und bey den Dichtern, welche die dabey noͤthigen Erwaͤhnungen der Sternbilder als Veranlaſſungen zu Digreſſionen und dichteriſchen Ausſchmuͤckungen nuͤtzten. Sie nahmen die Sachen ſelbſt großentheils aus aͤltern Schriftſtellern anderer Laͤnder, ohne eigne Kenntniſſe davon zu haben, daher das, was z. B. Ovid in den <hirendition="#aq">Faſtis</hi> vorbringt, weder auf ſeine Zeit und auf die Lage von Rom paſſend, noch auch unter ſich ſelbſt uͤbereinſtimmend iſt (<hirendition="#b">ſ. Kaͤſtner,</hi> aſtronomiſches Mancherley, in Vollborths philolog. Bibl. <hirendition="#aq">II.</hi> Band.). Man findet auch in den aſtronomiſchen Schriften der Alten keine ſonderlichen Belehrungen hieruͤber; das meiſte Licht geben noch die Elemente des <hirendition="#b">Geminus</hi><hirendition="#aq">(Gemini Iſagoge in Phaenomena ſ. Elementa aſtron. in Petavii Vranologio. Pariſ. 1600. fol.)</hi></p><p>Die Neuern haben gefunden, daß man im Alterthum unter dem Worte, <hirendition="#b">Aufgang,</hi> hauptſaͤchlich dreyerley verſtanden habe, das Hervortreten eines Sterns aus den Sonnenſtralen, ſeinen Aufgang bey Aufgang der Sonne, und ſeinen Aufgang bey Untergang der Sonne. Dieſen drey Arten des poetiſchen Aufgangs haben ſie die Namen: <hirendition="#aq">Ortus heliacus, coſmicus</hi> und <hirendition="#aq">acronychos,</hi> beygelegt.</p><p>Das <hirendition="#b">Hervortreten aus den Sonnenſtralen,</hi><hirendition="#aq">Ortus heliacus, <hirendition="#i">Lever heliaque,</hi></hi> ereignet ſich an dem Tage, an welchem der Stern, der bisher nahe bey der Sonne geſtanden hat, und durch ihren Glanz unſern Augen entzogen geweſen iſt, ſich zum erſtenmale wieder zeigt, und in der Morgendaͤmmerung auf eine kurze Zeit ſichtbar wird.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[176/0190]
hoͤchſt mangelhaften Kalendern. Die Vorſchrift z. B. eine Feldarbeit am erſten Tage des Jahres vorzunehmen, war vergeblich; denn der Anfang des buͤrgerlichen Jahres ruͤckte nach und nach durch alle Jahrszeiten durch: hingegen die Regel, ſie an dem Tage zu verrichten, an welchem der Hundsſtern mit Sonnenuntergang aufgeht, war ſicher, weil ſie auf eine beſtimmte Stellung der Sonne, mithin immer auf eben dieſelbe Jahrszeit, hinwies. Dieſe uralte Art, gewiſſe Tage zu bezeichnen, koͤmmt noch in einigen Schriften der Alten vor, beſonders bey den Schriftſtellern uͤber den Feldbau, und bey den Dichtern, welche die dabey noͤthigen Erwaͤhnungen der Sternbilder als Veranlaſſungen zu Digreſſionen und dichteriſchen Ausſchmuͤckungen nuͤtzten. Sie nahmen die Sachen ſelbſt großentheils aus aͤltern Schriftſtellern anderer Laͤnder, ohne eigne Kenntniſſe davon zu haben, daher das, was z. B. Ovid in den Faſtis vorbringt, weder auf ſeine Zeit und auf die Lage von Rom paſſend, noch auch unter ſich ſelbſt uͤbereinſtimmend iſt (ſ. Kaͤſtner, aſtronomiſches Mancherley, in Vollborths philolog. Bibl. II. Band.). Man findet auch in den aſtronomiſchen Schriften der Alten keine ſonderlichen Belehrungen hieruͤber; das meiſte Licht geben noch die Elemente des Geminus (Gemini Iſagoge in Phaenomena ſ. Elementa aſtron. in Petavii Vranologio. Pariſ. 1600. fol.)
Die Neuern haben gefunden, daß man im Alterthum unter dem Worte, Aufgang, hauptſaͤchlich dreyerley verſtanden habe, das Hervortreten eines Sterns aus den Sonnenſtralen, ſeinen Aufgang bey Aufgang der Sonne, und ſeinen Aufgang bey Untergang der Sonne. Dieſen drey Arten des poetiſchen Aufgangs haben ſie die Namen: Ortus heliacus, coſmicus und acronychos, beygelegt.
Das Hervortreten aus den Sonnenſtralen, Ortus heliacus, Lever heliaque, ereignet ſich an dem Tage, an welchem der Stern, der bisher nahe bey der Sonne geſtanden hat, und durch ihren Glanz unſern Augen entzogen geweſen iſt, ſich zum erſtenmale wieder zeigt, und in der Morgendaͤmmerung auf eine kurze Zeit ſichtbar wird.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/190>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.