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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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dem Einathmen (Inspiratio) und dem Ausathmen (Exspiratio). Bey jenem erweitert sich die Brusthöhle, und die äußere Luft dringt durch die Luftröhre in die Lungenbläschen ein; beym Ausathmen wird diese Luft größtentheils wieder herausgetrieben, und die Brusthöhle zusammengezogen.

Mit Uebergehung dessen, was hiebey dem Anatomiker und Physiologen zu überlassen ist, z. B. des von Boerhave zuerst erklärten Mechanismus des Athmens rc. wollen wir bloß einige Untersuchungen berühren, in welche sich der Naturforscher, auch ohne Arzt zu seyn, einlassen kan.

Die Wirkungen der eingeathmeten atmosphärischen Luft auf die Lungen und den thierischen Körper überhaupt, sind: eine mechanische Verdünnung und Verfeinerung des Bluts, eine Ausführung überflüßiger oder schädlicher Theile, und die Unterhaltung der Wärme des Bluts.

Mechanisch werden durch das Ein- und Ausathmen die Bläschen der Lungen abwechselnd aufgeschwellt und wieder zusammengezogen, und daher die darüber hingehenden zarten Blutgefäße bald verlängert und gespannt, bald wiederum nachgelassen. Dieses immer fortgehende Abwechseln der Verlängerung und Verkürzung muß nothwendig das darinn befindliche Blut feiner verarbeiten, seine Bestandtheile inniger vermischen, das im Körper schon umgelaufene verbessern, und dem aus dem hinzukommenden Milchsafte neu entstehenden die gehörige Vollkommenheit geben.

Daß ferner das Athmen etwas dem thierischen Leben Zuträgliches in den Körper bringe, und etwas Ueberflüßiges oder Schädliches herausführe, erhellet daraus, weil die ausgeathmete Luft von einer ganz andern Beschaffenheit, als die eingeathmete, ist. Es ist eine längst bekannte Erfahrung, daß Thiere in eingeschloßner Luft nur eine Zeitlang athmen können, daß sie darinn nach einer gewissen Anzahl von Athemzügen endlich mit Verzuckungen sterben, und daß in solcher durch das Athemholen eines darinn gestorbenen Thieres verdorbner Luft, andere Thiere oft augenblicklich und auf den ersten Athemzug sterben. Eben dies widerfährt


dem Einathmen (Inſpiratio) und dem Ausathmen (Exſpiratio). Bey jenem erweitert ſich die Bruſthoͤhle, und die aͤußere Luft dringt durch die Luftroͤhre in die Lungenblaͤschen ein; beym Ausathmen wird dieſe Luft groͤßtentheils wieder herausgetrieben, und die Bruſthoͤhle zuſammengezogen.

Mit Uebergehung deſſen, was hiebey dem Anatomiker und Phyſiologen zu uͤberlaſſen iſt, z. B. des von Boerhave zuerſt erklaͤrten Mechanismus des Athmens rc. wollen wir bloß einige Unterſuchungen beruͤhren, in welche ſich der Naturforſcher, auch ohne Arzt zu ſeyn, einlaſſen kan.

Die Wirkungen der eingeathmeten atmoſphaͤriſchen Luft auf die Lungen und den thieriſchen Koͤrper uͤberhaupt, ſind: eine mechaniſche Verduͤnnung und Verfeinerung des Bluts, eine Ausfuͤhrung uͤberfluͤßiger oder ſchaͤdlicher Theile, und die Unterhaltung der Waͤrme des Bluts.

Mechaniſch werden durch das Ein- und Ausathmen die Blaͤschen der Lungen abwechſelnd aufgeſchwellt und wieder zuſammengezogen, und daher die daruͤber hingehenden zarten Blutgefaͤße bald verlaͤngert und geſpannt, bald wiederum nachgelaſſen. Dieſes immer fortgehende Abwechſeln der Verlaͤngerung und Verkuͤrzung muß nothwendig das darinn befindliche Blut feiner verarbeiten, ſeine Beſtandtheile inniger vermiſchen, das im Koͤrper ſchon umgelaufene verbeſſern, und dem aus dem hinzukommenden Milchſafte neu entſtehenden die gehoͤrige Vollkommenheit geben.

Daß ferner das Athmen etwas dem thieriſchen Leben Zutraͤgliches in den Koͤrper bringe, und etwas Ueberfluͤßiges oder Schaͤdliches herausfuͤhre, erhellet daraus, weil die ausgeathmete Luft von einer ganz andern Beſchaffenheit, als die eingeathmete, iſt. Es iſt eine laͤngſt bekannte Erfahrung, daß Thiere in eingeſchloßner Luft nur eine Zeitlang athmen koͤnnen, daß ſie darinn nach einer gewiſſen Anzahl von Athemzuͤgen endlich mit Verzuckungen ſterben, und daß in ſolcher durch das Athemholen eines darinn geſtorbenen Thieres verdorbner Luft, andere Thiere oft augenblicklich und auf den erſten Athemzug ſterben. Eben dies widerfaͤhrt

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[147/0161] dem Einathmen (Inſpiratio) und dem Ausathmen (Exſpiratio). Bey jenem erweitert ſich die Bruſthoͤhle, und die aͤußere Luft dringt durch die Luftroͤhre in die Lungenblaͤschen ein; beym Ausathmen wird dieſe Luft groͤßtentheils wieder herausgetrieben, und die Bruſthoͤhle zuſammengezogen. Mit Uebergehung deſſen, was hiebey dem Anatomiker und Phyſiologen zu uͤberlaſſen iſt, z. B. des von Boerhave zuerſt erklaͤrten Mechanismus des Athmens rc. wollen wir bloß einige Unterſuchungen beruͤhren, in welche ſich der Naturforſcher, auch ohne Arzt zu ſeyn, einlaſſen kan. Die Wirkungen der eingeathmeten atmoſphaͤriſchen Luft auf die Lungen und den thieriſchen Koͤrper uͤberhaupt, ſind: eine mechaniſche Verduͤnnung und Verfeinerung des Bluts, eine Ausfuͤhrung uͤberfluͤßiger oder ſchaͤdlicher Theile, und die Unterhaltung der Waͤrme des Bluts. Mechaniſch werden durch das Ein- und Ausathmen die Blaͤschen der Lungen abwechſelnd aufgeſchwellt und wieder zuſammengezogen, und daher die daruͤber hingehenden zarten Blutgefaͤße bald verlaͤngert und geſpannt, bald wiederum nachgelaſſen. Dieſes immer fortgehende Abwechſeln der Verlaͤngerung und Verkuͤrzung muß nothwendig das darinn befindliche Blut feiner verarbeiten, ſeine Beſtandtheile inniger vermiſchen, das im Koͤrper ſchon umgelaufene verbeſſern, und dem aus dem hinzukommenden Milchſafte neu entſtehenden die gehoͤrige Vollkommenheit geben. Daß ferner das Athmen etwas dem thieriſchen Leben Zutraͤgliches in den Koͤrper bringe, und etwas Ueberfluͤßiges oder Schaͤdliches herausfuͤhre, erhellet daraus, weil die ausgeathmete Luft von einer ganz andern Beſchaffenheit, als die eingeathmete, iſt. Es iſt eine laͤngſt bekannte Erfahrung, daß Thiere in eingeſchloßner Luft nur eine Zeitlang athmen koͤnnen, daß ſie darinn nach einer gewiſſen Anzahl von Athemzuͤgen endlich mit Verzuckungen ſterben, und daß in ſolcher durch das Athemholen eines darinn geſtorbenen Thieres verdorbner Luft, andere Thiere oft augenblicklich und auf den erſten Athemzug ſterben. Eben dies widerfaͤhrt

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/161>, abgerufen am 26.11.2024.