Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Um eben diese Zeit (1610) gab die Erfindung des Fernrohrs dem Galilei Anlaß, in kurzer Zeit am gestirnten Himmel die wichtigsten Entdeckungen zu machen, die diesen großen Mann zu einer eifrigen Vertheidigung der copernikanischen Meynung veranlaßten, und ihn dadurch noch im hohen Alter bittern Kränkungen aussetzten. Dennoch erhielt durch diese Entdeckungen, mit Keplers Sätzen verbunden, diese Meynung den vollkommensten Sieg über alle Vorurtheile, und die folgenden Verbesserungen der Sternkunde setzen durchgängig die Wahrheit derselben voraus. Die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich und England gestifteten gelehrten Gesellschaften haben, unterstützt durch die Regenten, mit unermüdetem Fleiße durch Untersuchungen, Reisen und Beobachtungen in allen Welttheilen die Sternkunde zu erweitern gesucht, und ihr eine neue von der ehemaligen sehr vortheilhaft unterschiedene Gestalt gegeben. Newton legte endlich durch sein System der allgemeinen Schwere den Grund zu der physischen Astronomie, worüber das Alterthum nur geträumt, Descartes aber durch seine Wirbel eine allen Gesetzen der Mechanik zuwiderlaufende Erklärung gegeben hatte. Newton zeigte zuerst, daß die Mechanik des Himmels mit der Mechanik der Erdkörper völlig einerley sey. Es ist ein großer Triumph für seine Erfindungen, daß man nicht eher genaue Rechenschaft von allen Ungleichheiten und Abweichungen des Himmelslaufs hat ablegen, und die Tafeln mit dem Himmel selbst in Uebereinstimmung bringen können, als bis man Newtons Theorie mit den feinern Bestimmungen der neuern Beobachter und mit den Kunstgriffen der höhern Analysis verband. Durch diese Hülfsmittel hat Mayer in seinen vortreflichen Mondstafeln dem Monde seine Laufbahn bestimmt vorgezeichnet, dem Monde, dessen Lauf so verwickelt ist, quae multiformi ambage torserat animos contemplantium,
Um eben dieſe Zeit (1610) gab die Erfindung des Fernrohrs dem Galilei Anlaß, in kurzer Zeit am geſtirnten Himmel die wichtigſten Entdeckungen zu machen, die dieſen großen Mann zu einer eifrigen Vertheidigung der copernikaniſchen Meynung veranlaßten, und ihn dadurch noch im hohen Alter bittern Kraͤnkungen ausſetzten. Dennoch erhielt durch dieſe Entdeckungen, mit Keplers Saͤtzen verbunden, dieſe Meynung den vollkommenſten Sieg uͤber alle Vorurtheile, und die folgenden Verbeſſerungen der Sternkunde ſetzen durchgaͤngig die Wahrheit derſelben voraus. Die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich und England geſtifteten gelehrten Geſellſchaften haben, unterſtuͤtzt durch die Regenten, mit unermuͤdetem Fleiße durch Unterſuchungen, Reiſen und Beobachtungen in allen Welttheilen die Sternkunde zu erweitern geſucht, und ihr eine neue von der ehemaligen ſehr vortheilhaft unterſchiedene Geſtalt gegeben. Newton legte endlich durch ſein Syſtem der allgemeinen Schwere den Grund zu der phyſiſchen Aſtronomie, woruͤber das Alterthum nur getraͤumt, Descartes aber durch ſeine Wirbel eine allen Geſetzen der Mechanik zuwiderlaufende Erklaͤrung gegeben hatte. Newton zeigte zuerſt, daß die Mechanik des Himmels mit der Mechanik der Erdkoͤrper voͤllig einerley ſey. Es iſt ein großer Triumph fuͤr ſeine Erfindungen, daß man nicht eher genaue Rechenſchaft von allen Ungleichheiten und Abweichungen des Himmelslaufs hat ablegen, und die Tafeln mit dem Himmel ſelbſt in Uebereinſtimmung bringen koͤnnen, als bis man Newtons Theorie mit den feinern Beſtimmungen der neuern Beobachter und mit den Kunſtgriffen der hoͤhern Analyſis verband. Durch dieſe Huͤlfsmittel hat Mayer in ſeinen vortreflichen Mondstafeln dem Monde ſeine Laufbahn beſtimmt vorgezeichnet, dem Monde, deſſen Lauf ſo verwickelt iſt, quae multiformi ambage torſerat animos contemplantium, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0158" xml:id="P.1.144" n="144"/><lb/><hi rendition="#b">Kepler</hi> die wahren Geſetze des Planetenlaufs zog, und dadurch den Grund zur gehoͤrigen Berichtigung der Tafeln und zu allen neuern Erweiterungen der theoriſchen Sternkunde legte.</p> <p>Um eben dieſe Zeit (1610) gab die Erfindung des Fernrohrs dem <hi rendition="#b">Galilei</hi> Anlaß, in kurzer Zeit am geſtirnten Himmel die wichtigſten Entdeckungen zu machen, die dieſen großen Mann zu einer eifrigen Vertheidigung der copernikaniſchen Meynung veranlaßten, und ihn dadurch noch im hohen Alter bittern Kraͤnkungen ausſetzten. Dennoch erhielt durch dieſe Entdeckungen, mit Keplers Saͤtzen verbunden, dieſe Meynung den vollkommenſten Sieg uͤber alle Vorurtheile, und die folgenden Verbeſſerungen der Sternkunde ſetzen durchgaͤngig die Wahrheit derſelben voraus. Die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich und England geſtifteten gelehrten Geſellſchaften haben, unterſtuͤtzt durch die Regenten, mit unermuͤdetem Fleiße durch Unterſuchungen, Reiſen und Beobachtungen in allen Welttheilen die Sternkunde zu erweitern geſucht, und ihr eine neue von der ehemaligen ſehr vortheilhaft unterſchiedene Geſtalt gegeben. <hi rendition="#b">Newton</hi> legte endlich durch ſein Syſtem der allgemeinen Schwere den Grund zu der <hi rendition="#b">phyſiſchen</hi> Aſtronomie, woruͤber das Alterthum nur getraͤumt, <hi rendition="#b">Descartes</hi> aber durch ſeine Wirbel eine allen Geſetzen der Mechanik zuwiderlaufende Erklaͤrung gegeben hatte. Newton zeigte zuerſt, daß die Mechanik des Himmels mit der Mechanik der Erdkoͤrper voͤllig einerley ſey. Es iſt ein großer Triumph fuͤr ſeine Erfindungen, daß man nicht eher genaue Rechenſchaft von allen Ungleichheiten und Abweichungen des Himmelslaufs hat ablegen, und die Tafeln mit dem Himmel ſelbſt in Uebereinſtimmung bringen koͤnnen, als bis man Newtons Theorie mit den feinern Beſtimmungen der neuern Beobachter und mit den Kunſtgriffen der hoͤhern Analyſis verband. Durch dieſe Huͤlfsmittel hat <hi rendition="#b">Mayer</hi> in ſeinen vortreflichen Mondstafeln dem Monde ſeine Laufbahn beſtimmt vorgezeichnet, dem Monde, deſſen Lauf ſo verwickelt iſt, <hi rendition="#aq">quae multiformi ambage torſerat animos contemplantium,<lb/></hi></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0158]
Kepler die wahren Geſetze des Planetenlaufs zog, und dadurch den Grund zur gehoͤrigen Berichtigung der Tafeln und zu allen neuern Erweiterungen der theoriſchen Sternkunde legte.
Um eben dieſe Zeit (1610) gab die Erfindung des Fernrohrs dem Galilei Anlaß, in kurzer Zeit am geſtirnten Himmel die wichtigſten Entdeckungen zu machen, die dieſen großen Mann zu einer eifrigen Vertheidigung der copernikaniſchen Meynung veranlaßten, und ihn dadurch noch im hohen Alter bittern Kraͤnkungen ausſetzten. Dennoch erhielt durch dieſe Entdeckungen, mit Keplers Saͤtzen verbunden, dieſe Meynung den vollkommenſten Sieg uͤber alle Vorurtheile, und die folgenden Verbeſſerungen der Sternkunde ſetzen durchgaͤngig die Wahrheit derſelben voraus. Die in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich und England geſtifteten gelehrten Geſellſchaften haben, unterſtuͤtzt durch die Regenten, mit unermuͤdetem Fleiße durch Unterſuchungen, Reiſen und Beobachtungen in allen Welttheilen die Sternkunde zu erweitern geſucht, und ihr eine neue von der ehemaligen ſehr vortheilhaft unterſchiedene Geſtalt gegeben. Newton legte endlich durch ſein Syſtem der allgemeinen Schwere den Grund zu der phyſiſchen Aſtronomie, woruͤber das Alterthum nur getraͤumt, Descartes aber durch ſeine Wirbel eine allen Geſetzen der Mechanik zuwiderlaufende Erklaͤrung gegeben hatte. Newton zeigte zuerſt, daß die Mechanik des Himmels mit der Mechanik der Erdkoͤrper voͤllig einerley ſey. Es iſt ein großer Triumph fuͤr ſeine Erfindungen, daß man nicht eher genaue Rechenſchaft von allen Ungleichheiten und Abweichungen des Himmelslaufs hat ablegen, und die Tafeln mit dem Himmel ſelbſt in Uebereinſtimmung bringen koͤnnen, als bis man Newtons Theorie mit den feinern Beſtimmungen der neuern Beobachter und mit den Kunſtgriffen der hoͤhern Analyſis verband. Durch dieſe Huͤlfsmittel hat Mayer in ſeinen vortreflichen Mondstafeln dem Monde ſeine Laufbahn beſtimmt vorgezeichnet, dem Monde, deſſen Lauf ſo verwickelt iſt, quae multiformi ambage torſerat animos contemplantium,
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