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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Kräfte kennen, mit welchen die Weltkörper auf einander wirken. Die Ordnung dieser drey Theile ist dem Gange des menschlichen Verstandes bey der Entwicklung der astronomischen Wahrheiten gemäß, der mit Beobachtung des scheinbaren anfieng, dann zu Vermuthungen des wirklichen fortschritt, und endlich, als diese zur höchsten Wahrscheinlichkeit gebracht waren, auch zur Entdeckung der Ursachen gelangte. Man könnte noch zween praktische Theile, die Anweisungen zu astronomischen Rechnungen und Beobachtungen (Astronomiam calculatoriam et observatoriam) hinzufügen.

Der Ursprung der Sternkunde ist ohne Zweifel ins höchste Alterthum zu setzen. Nichts konnte die Aufmerksamkeit der ersten Erdbewohner mehr reizen, als der große Anblick und der regelmäßige Lauf der Sonne, des Monds und der Gestirne: es war sogar nothwendig für sie, die zu ihren Beschäftigungen schicklichen Zeiten nach dem Laufe der Himmelskörper zu ordnen. Daher enthalten auch die Geschichtbücher und Denkmäler der ältesten Völker von den dunkelsten Zeiten des Alterthums her Beziehungen auf Kenntnisse des Himmels. Montucla (Hist. des mathematiques. Paris 1758. 4), Goguet (Ursprung der Gesetze, Künste und Wiss.; aus dem Franz. v. Hamberger, Lemgo 1760. III. B. 4.) und Bailly (Gesch. der Sternk. des Alterthums; aus d. Franz. von Wünsch, Leipz. 1777. 8.) haben dergleichen gesammelt, und der letztere sucht daraus das Resultat zu ziehen, im entferntesten Alterthume habe in den Gegenden der asiatischen Tartarey ein Volk gelebt, dessen Einsichten in den Wissenschaften fast den unsrigen gleich gekommen wären: dies Volk sey untergegangen, aber die Bruchstücke seiner Wissenschaften seyen unter den uns bekannten ältesten Völkern erhalten worden. Diese mit Belesenheit ausgeführte Hypothese möchte nach dem Urtheile der Kenner schwerlich mehr, als ein Spiel des Witzes seyn.

Unter den astronomischen Beobachtungen, von welchen sich Nachrichten erhalten haben, sind die ältesten sine-


Kraͤfte kennen, mit welchen die Weltkoͤrper auf einander wirken. Die Ordnung dieſer drey Theile iſt dem Gange des menſchlichen Verſtandes bey der Entwicklung der aſtronomiſchen Wahrheiten gemaͤß, der mit Beobachtung des ſcheinbaren anfieng, dann zu Vermuthungen des wirklichen fortſchritt, und endlich, als dieſe zur hoͤchſten Wahrſcheinlichkeit gebracht waren, auch zur Entdeckung der Urſachen gelangte. Man koͤnnte noch zween praktiſche Theile, die Anweiſungen zu aſtronomiſchen Rechnungen und Beobachtungen (Aſtronomiam calculatoriam et obſervatoriam) hinzufuͤgen.

Der Urſprung der Sternkunde iſt ohne Zweifel ins hoͤchſte Alterthum zu ſetzen. Nichts konnte die Aufmerkſamkeit der erſten Erdbewohner mehr reizen, als der große Anblick und der regelmaͤßige Lauf der Sonne, des Monds und der Geſtirne: es war ſogar nothwendig fuͤr ſie, die zu ihren Beſchaͤftigungen ſchicklichen Zeiten nach dem Laufe der Himmelskoͤrper zu ordnen. Daher enthalten auch die Geſchichtbuͤcher und Denkmaͤler der aͤlteſten Voͤlker von den dunkelſten Zeiten des Alterthums her Beziehungen auf Kenntniſſe des Himmels. Montucla (Hiſt. des mathematiques. Paris 1758. 4), Goguet (Urſprung der Geſetze, Kuͤnſte und Wiſſ.; aus dem Franz. v. Hamberger, Lemgo 1760. III. B. 4.) und Bailly (Geſch. der Sternk. des Alterthums; aus d. Franz. von Wuͤnſch, Leipz. 1777. 8.) haben dergleichen geſammelt, und der letztere ſucht daraus das Reſultat zu ziehen, im entfernteſten Alterthume habe in den Gegenden der aſiatiſchen Tartarey ein Volk gelebt, deſſen Einſichten in den Wiſſenſchaften faſt den unſrigen gleich gekommen waͤren: dies Volk ſey untergegangen, aber die Bruchſtuͤcke ſeiner Wiſſenſchaften ſeyen unter den uns bekannten aͤlteſten Voͤlkern erhalten worden. Dieſe mit Beleſenheit ausgefuͤhrte Hypotheſe moͤchte nach dem Urtheile der Kenner ſchwerlich mehr, als ein Spiel des Witzes ſeyn.

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[140/0154] Kraͤfte kennen, mit welchen die Weltkoͤrper auf einander wirken. Die Ordnung dieſer drey Theile iſt dem Gange des menſchlichen Verſtandes bey der Entwicklung der aſtronomiſchen Wahrheiten gemaͤß, der mit Beobachtung des ſcheinbaren anfieng, dann zu Vermuthungen des wirklichen fortſchritt, und endlich, als dieſe zur hoͤchſten Wahrſcheinlichkeit gebracht waren, auch zur Entdeckung der Urſachen gelangte. Man koͤnnte noch zween praktiſche Theile, die Anweiſungen zu aſtronomiſchen Rechnungen und Beobachtungen (Aſtronomiam calculatoriam et obſervatoriam) hinzufuͤgen. Der Urſprung der Sternkunde iſt ohne Zweifel ins hoͤchſte Alterthum zu ſetzen. Nichts konnte die Aufmerkſamkeit der erſten Erdbewohner mehr reizen, als der große Anblick und der regelmaͤßige Lauf der Sonne, des Monds und der Geſtirne: es war ſogar nothwendig fuͤr ſie, die zu ihren Beſchaͤftigungen ſchicklichen Zeiten nach dem Laufe der Himmelskoͤrper zu ordnen. Daher enthalten auch die Geſchichtbuͤcher und Denkmaͤler der aͤlteſten Voͤlker von den dunkelſten Zeiten des Alterthums her Beziehungen auf Kenntniſſe des Himmels. Montucla (Hiſt. des mathematiques. Paris 1758. 4), Goguet (Urſprung der Geſetze, Kuͤnſte und Wiſſ.; aus dem Franz. v. Hamberger, Lemgo 1760. III. B. 4.) und Bailly (Geſch. der Sternk. des Alterthums; aus d. Franz. von Wuͤnſch, Leipz. 1777. 8.) haben dergleichen geſammelt, und der letztere ſucht daraus das Reſultat zu ziehen, im entfernteſten Alterthume habe in den Gegenden der aſiatiſchen Tartarey ein Volk gelebt, deſſen Einſichten in den Wiſſenſchaften faſt den unſrigen gleich gekommen waͤren: dies Volk ſey untergegangen, aber die Bruchſtuͤcke ſeiner Wiſſenſchaften ſeyen unter den uns bekannten aͤlteſten Voͤlkern erhalten worden. Dieſe mit Beleſenheit ausgefuͤhrte Hypotheſe moͤchte nach dem Urtheile der Kenner ſchwerlich mehr, als ein Spiel des Witzes ſeyn. Unter den aſtronomiſchen Beobachtungen, von welchen ſich Nachrichten erhalten haben, ſind die aͤlteſten ſine-

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/154>, abgerufen am 02.05.2024.