Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Ueber die Prüfung Geschichte zum Beyspiele nehmen. Dem einenwird es leicht, sich die ganze Folge und den Zu- sammenhang der Begebenheiten, so wie er durch fruchtbare und unfruchtbare Zeiten von Genealo- gie und Chronologie fortgeführt wird, einzuprä- gen; ohne daß irgend eine Begebenheit heftigen Eindruck genug gemacht hätte, um sich mit allen ihren kleinen Umständen, die allemal bey Bege- benheiten das Interessirende ausmachen, in seiner Einbildungskraft zu erhalten. -- Dem Geschichts- lehrer, dem eigentlichen Gelehrten im engsten Verstande des Worts, ist eine solche Erlernung nothwendig. -- Ein andrer findet unbeschreib- liche Mühe, diese Kette zusammenzusetzen; kaum denkt er sie vollständig zu haben, so sind schon wieder einige Glieder davon verloren gegangen; Namen ohne Begebenheiten, Zeitpunkte ohne Um- stände, die dieselben merkwürdig gemacht haben, entwischen ihm augenblicklich; und alle Mühe, diese Lücken wieder auszufüllen, ist verloren. Aber dafür bleibt das Bild großer Männer und großer Thaten mit allen seinen kleinen Zügen in seiner Ueber die Pruͤfung Geſchichte zum Beyſpiele nehmen. Dem einenwird es leicht, ſich die ganze Folge und den Zu- ſammenhang der Begebenheiten, ſo wie er durch fruchtbare und unfruchtbare Zeiten von Genealo- gie und Chronologie fortgefuͤhrt wird, einzupraͤ- gen; ohne daß irgend eine Begebenheit heftigen Eindruck genug gemacht haͤtte, um ſich mit allen ihren kleinen Umſtaͤnden, die allemal bey Bege- benheiten das Intereſſirende ausmachen, in ſeiner Einbildungskraft zu erhalten. — Dem Geſchichts- lehrer, dem eigentlichen Gelehrten im engſten Verſtande des Worts, iſt eine ſolche Erlernung nothwendig. — Ein andrer findet unbeſchreib- liche Muͤhe, dieſe Kette zuſammenzuſetzen; kaum denkt er ſie vollſtaͤndig zu haben, ſo ſind ſchon wieder einige Glieder davon verloren gegangen; Namen ohne Begebenheiten, Zeitpunkte ohne Um- ſtaͤnde, die dieſelben merkwuͤrdig gemacht haben, entwiſchen ihm augenblicklich; und alle Muͤhe, dieſe Luͤcken wieder auszufuͤllen, iſt verloren. Aber dafuͤr bleibt das Bild großer Maͤnner und großer Thaten mit allen ſeinen kleinen Zuͤgen in ſeiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="78"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Pruͤfung</hi></fw><lb/> Geſchichte zum Beyſpiele nehmen. Dem einen<lb/> wird es leicht, ſich die ganze Folge und den Zu-<lb/> ſammenhang der Begebenheiten, ſo wie er durch<lb/> fruchtbare und unfruchtbare Zeiten von Genealo-<lb/> gie und Chronologie fortgefuͤhrt wird, einzupraͤ-<lb/> gen; ohne daß irgend eine Begebenheit heftigen<lb/> Eindruck genug gemacht haͤtte, um ſich mit allen<lb/> ihren kleinen Umſtaͤnden, die allemal bey Bege-<lb/> benheiten das Intereſſirende ausmachen, in ſeiner<lb/> Einbildungskraft zu erhalten. — Dem Geſchichts-<lb/> lehrer, dem eigentlichen Gelehrten im engſten<lb/> Verſtande des Worts, iſt eine ſolche Erlernung<lb/> nothwendig. — Ein andrer findet unbeſchreib-<lb/> liche Muͤhe, dieſe Kette zuſammenzuſetzen; kaum<lb/> denkt er ſie vollſtaͤndig zu haben, ſo ſind ſchon<lb/> wieder einige Glieder davon verloren gegangen;<lb/> Namen ohne Begebenheiten, Zeitpunkte ohne Um-<lb/> ſtaͤnde, die dieſelben merkwuͤrdig gemacht haben,<lb/> entwiſchen ihm augenblicklich; und alle Muͤhe,<lb/> dieſe Luͤcken wieder auszufuͤllen, iſt verloren. Aber<lb/> dafuͤr bleibt das Bild großer Maͤnner und großer<lb/> Thaten mit allen ſeinen kleinen Zuͤgen in ſeiner<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [78/0084]
Ueber die Pruͤfung
Geſchichte zum Beyſpiele nehmen. Dem einen
wird es leicht, ſich die ganze Folge und den Zu-
ſammenhang der Begebenheiten, ſo wie er durch
fruchtbare und unfruchtbare Zeiten von Genealo-
gie und Chronologie fortgefuͤhrt wird, einzupraͤ-
gen; ohne daß irgend eine Begebenheit heftigen
Eindruck genug gemacht haͤtte, um ſich mit allen
ihren kleinen Umſtaͤnden, die allemal bey Bege-
benheiten das Intereſſirende ausmachen, in ſeiner
Einbildungskraft zu erhalten. — Dem Geſchichts-
lehrer, dem eigentlichen Gelehrten im engſten
Verſtande des Worts, iſt eine ſolche Erlernung
nothwendig. — Ein andrer findet unbeſchreib-
liche Muͤhe, dieſe Kette zuſammenzuſetzen; kaum
denkt er ſie vollſtaͤndig zu haben, ſo ſind ſchon
wieder einige Glieder davon verloren gegangen;
Namen ohne Begebenheiten, Zeitpunkte ohne Um-
ſtaͤnde, die dieſelben merkwuͤrdig gemacht haben,
entwiſchen ihm augenblicklich; und alle Muͤhe,
dieſe Luͤcken wieder auszufuͤllen, iſt verloren. Aber
dafuͤr bleibt das Bild großer Maͤnner und großer
Thaten mit allen ſeinen kleinen Zuͤgen in ſeiner
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